Optionskommunen Frage

Begonnen von Eric, 25. April 2023, 18:06:08

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Eric

Hallo, liebe Forenmitglieder!

Ich wende mich an Euch, da ich noch nicht lange Bezieher von ALG2/Bürgergeld bin, und in mehreren Dingen diesbezüglich nicht sonderlich Erfahrung besitze.
Ich habe mir aber beim durchforsten dieses Forums anhand vieler interessante Beiträge auch schon einiges Wissenswertes aneignen können.

Ich lebe derzeit in Essen, im Ruhrgebiet und beziehe seit Oktober '22 ALG2, jetzt seit dem 01.01.'23 Bürgergeld.
Ich hatte auch schon in der Vergangenheit die ein oder andere Frage an Euer Schwarmwissen herangetragen, und mir wurde immer recht gut von Euch geholfen.

Nun, wie ich schon oben beschrieben habe, lebe ich in Essen, und wie mir anhand eines Users in einem anderen Thread(es ging damals um ein anderes Thema), welchen ich im vergangenen Jahr verfasst habe, erklärt wurde, ist das Jobcenter Essen eine sogenannte "Optionskommune", welche nach meinen Informationen nach nicht den Weisungen der BA unterliegt.
Was heißt dies in der Praxis genauer? Können diese dann leichter Sanktionen verhängen usw.?
Mitte November vergangenen Jahres wurde ich nach der Bewilligung meines Erstantrages zu einem ersten, persönlichen Gespräch ins Jobcenter eingeladen.
Ich plane eigentlich aus persönlichen Gründen aus NRW und somit aus Essen wegzuziehen, dieses habe ich auch bei meinem Erstgespräch damals gegenüber dem SB unter anderem kommuniziert.
Ich möchte mich aber bei meiner Wohnungssuche in einem anderen Bundesland, welche sich aufgrund der ohnehin schon angespannten Wohnungsmarktlage, und mit meinem Hintergrund(Privatinsolvenz), als nicht sonderlich einfach gestaltet, nicht unter Druck setzen.
Vielleicht sollte ich der Vollständigkeit halber noch erwähnen das ich damals meine sogenannte Eingliederungsvereinbarung nicht unterschrieben habe.
Nun, wie dem auch sei, meinen nächsten Termin, einem Telefontermin, hatte ich dann etwa zweieinhalb Monate später, Ende Januar mit meinem SB.
Er wirkte genervt als ich Ihm mitteilte noch nichts passendes gefunden zu haben und sagte mir er habe seine Vorgaben "von oben". Was immer das heißen mag...
Er würde sich nochmals Mitte/Ende April mit mir in Verbindung setzen usw.
Heute erhielt ich per normalen Postbrief ein Schreiben des Jobcenters Essen mit einem weiteren Telefontermin für kommende Woche, allerdings von einem völlig anderen SB?!
Was mich nun etwas verwundert, aber nun gut...
Da ich von einem anderen User in meinem damaligen Thread vorgewarnt wurde, dass das Jobcenter Essen "berüchtigt" sei, bezugnehmend auch auf die Tatsache das es sich hier um eine sogenannte Optionskommune handelt, würde ich gerne von Euch wissen was das damit auf sich hat?
Haben die mehr Möglichkeiten einem das Leben unter ALG2 schwerer zu machen, oder wie?
Im benachbarten Gelsenkirchen oder Bochum sind es keine sogenannten Optionskommunen.
Arbeiten jene Jobcenter, welche keine Optionskommune sind anders, und wenn ja, wie?
Möchte gerne mein Wissen in all diesen Sachen rund um das ALG2 usw. erweitern, da, wie ich hier schon leider oftmals lesen musste, man ziemlich auf die Schnauze fliegen kann mir den Jobcentern.

Vielen Dank im vorraus,

Eric

Ottokar

Zitat von: Eric am 25. April 2023, 18:06:08ist das Jobcenter Essen eine sogenannte "Optionskommune", welche nach meinen Informationen nach nicht den Weisungen der BA unterliegt.
Was heißt dies in der Praxis genauer? Können diese dann leichter Sanktionen verhängen usw.?
D.h. nur, das die BA nicht weisungsbefugt ist, dieses JC sich demzufolge nicht an die von der BA erlassenen Arbeitsanweisungen zum SGB II halten muss und die BA dieses JC auch nicht auf dem Dienstweg zu irgendwas verpflichten kann.
Jede Optionskommune ist trotzdem an das SGB II gebunden und muss aus rechtlicher Sicht genau so handeln die anderen JC. Weisungsbefugt ist hier der oberste Dienstherr der Kommune (in Essen der Oberbürgermeister).
Und nein, eine Optionskommune kann nicht leichter Sanktionen verhängen.

Zitat von: Eric am 25. April 2023, 18:06:08und sagte mir er habe seine Vorgaben "von oben". Was immer das heißen mag...
Damit sind interne Arbeitsanweisungen gemeint, die meist nur mündlich erteilt werden und offiziell (z.B. bei einem Auskunftsersuchen nach IFG) nicht existieren.

Zitat von: Eric am 25. April 2023, 18:06:08Haben die mehr Möglichkeiten einem das Leben unter ALG2 schwerer zu machen, oder wie?
Nein, haben sie nicht.

Zitat von: Eric am 25. April 2023, 18:06:08Arbeiten jene Jobcenter, welche keine Optionskommune sind anders, und wenn ja, wie?
Gegenüber Leistungsbeziehern: nein.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Eric

Vielen Dann für die Auskunft, Ottokar!

Das hat mir weitergeholfen.

Das Jobcenter hier in Essen sei nämlich "berüchtigt" was die sogenannten Arbeitanweisungen anbelangt, wurde mir zugetragen, was mich dann doch zunächst etwas verunsichert hat.

MfG

horst

Zitat von: Eric am 25. April 2023, 18:06:08Vielleicht sollte ich der Vollständigkeit halber noch erwähnen das ich damals meine sogenannte Eingliederungsvereinbarung nicht unterschrieben habe.
Nun, wie dem auch sei, meinen nächsten Termin, einem Telefontermin, hatte ich dann etwa zweieinhalb Monate später, Ende Januar mit meinem SB.
Er wirkte genervt als ich Ihm mitteilte noch nichts passendes gefunden zu haben und sagte mir er habe seine Vorgaben "von oben". Was immer das heißen mag...
Er würde sich nochmals Mitte/Ende April mit mir in Verbindung setzen usw.
Heute erhielt ich per normalen Postbrief ein Schreiben des Jobcenters Essen mit einem weiteren Telefontermin für kommende Woche, allerdings von einem völlig anderen SB?!
der völlig andere ist dann meistens der Teamleiter er möchte sicher das mit deiner EGV klären.

Eric

@Horst

Aha, ja, danke...gut das in Betracht zu ziehen um darauf vorbereitet zu sein.
Meinen Informationen zufolge ist man ja nicht verpflichtet diese zu unterschreiben, richtig?

MfG


horst

Zitat von: Eric am 26. April 2023, 19:34:45Meinen Informationen zufolge ist man ja nicht verpflichtet diese zu unterschreiben, richtig?
muß man nicht, dann kommt meistens ein Verwaltungsakt.

Eric

@Ottokar & Horst

Vielen Dank für Eure Hilfe!

MfG

Leeres Portemonnaie

Zitat von: Eric am 25. April 2023, 18:06:08Arbeiten jene Jobcenter, welche keine Optionskommune sind anders, und wenn ja, wie?


Meine persönliche Erfahrung ist: Die Optionskommunen haben mehr Spielraum, da sie ihrer Kommune und nicht der AfA Rechenschaft ablegen müssen. Dieser Raum wird gern ausgenutzt im ausgiebigen dehnen von Entscheidungen, z. B. Umzug, und wenn man schlicht weder Nerven noch Zeit zum warten oder klagen hat, weil es drängt, dann steht man schnell ohne Geld da, weil die Opt.komm. lediglich eine Pauschale gibt, was rechtens ist (SG wurde bemüht), verständlich ist es zudem, da die Kommune anders haushaltet, und wenn man irgendwie in der Zeit der "Wartefrist" umgezogen ist, weil der Vermieter mit Zwangsräumung droht, tja dann ...  :weisnich: 

Also sie sitzen Fristen sehr gern aus. Wenn man's weiß, kann man sich besser vorbereiten.

Ein MA vom damaligen AAmt, der versetzt wurde, hat mit ggü nur mal verlauten lassen: "Also was in der Opt.komm. in xy-Stadt alles schiefgelaufen ist, das geht gar nicht ...".
 
Wo bin ich denn bloß hingekommen, und wie ist das passiert? 😦 🤧

Ottokar

Zitat von: Leeres Portemonnaie am 27. April 2023, 10:35:00weil die Opt.komm. lediglich eine Pauschale gibt, was rechtens ist (SG wurde bemüht),
Also wenn das SG das JC damit hat durchkommen lassen, war das Inkompetenz und Rechtsbruch.
Für Optionskommunen gilt das gleiche Recht wie für alle JC, d.h. Umzugskosten müssen in tatsächlicher Höhe erstattet werden - wenn diese erforderlich und angemessen sind. Für eine Pauschalierung gibt es keine Rechtsgrundlage.
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Leeres Portemonnaie

Ja, die sind damit durchgekommen. Ich habe mich auch sehr geärgert, aber war in dem Moment außer stande für weitere Schritte dagegen.
Dieses "kann" suggeriert einem auch immer, d. es eben nur eine "kann- Bestimmung" ist ...  :sad: 
Wo bin ich denn bloß hingekommen, und wie ist das passiert? 😦 🤧

Ottokar

Dieses "kann" gilt im Fall von Zwangsräumung nicht, denn für solche Fälle regelt das Gesetz ein "muss":
ZitatDie Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.
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Leeres Portemonnaie

Naja, Zusicherung zum Umzug hatte ich, auch neue Wohnung, es ging rein um die Zusage der Kosten, die anfallen, und wie das geregelt ist mit der Übernahme, und darauf kam keine Antwort mehr.
Deshalb wollte ich solange mit dem offiziellen Umzug warten, bis eine Kostenzusicherung, in welcher Summe auch immer, kommt. Denn wer ohne diese Zusicherung umzieht, kriegt ja dann auch nichts. 

Da aber die Verwaltung schon die Handwerker bestellt hatte für den 1. Tag nach meiner geplanten Wohnungsübergabe, haben sie mir mit Zwangsräumung gedroht.
Ich war total in Panik und habe gerechnet, wenn ich das dann auch noch bezahlen muss ... usw
Wo bin ich denn bloß hingekommen, und wie ist das passiert? 😦 🤧

Ottokar

Zitat von: Leeres Portemonnaie am 27. April 2023, 11:51:05Zusicherung zum Umzug hatte ich
Das allein ist relevant, damit muss das JC auch angemessene Umzugskosten übernehmen. Das JC kann sich nicht darauf herausreden, dass es zum Zeitpunkt des Umzuges noch nicht über den Antrag entschieden hatte. Dazu gibt es imho sogar ein BSG-Urteil.
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Fettnäpfchen

Ottokar

Zitat von: Ottokar am 27. April 2023, 16:26:00Dazu gibt es imho sogar ein BSG-Urteil.
Kann es sein das du das Urteil meinst
ZitatBUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 6.5.2010, B 14 AS 7/09 R

MfG FN
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Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Ottokar

Ja, dieses und ein weiteres, wo das BSG sich zu dem Fall im Gesetz geregelten Fall geäußerst hat, dass das JC die Kosten anerkennen muss. In dem Fall ist die Zusicherung der Kostenübernahme nur eine Formsache und keine Voraussetzung für den Leistungsanspruch.
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