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Mietspiegel Berlin/ Hütchenspielerei neigt dem Ende zu

Begonnen von skirmish, 14. Mai 2023, 13:03:16

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skirmish

Hallöchen, vor einem Jahr hatte ich mich hier mit einem Beitrag über die luftabschnürenden Berliner Mietsätze beschwert: https://hartz.info/index.php/topic,128667.0.html
Verlangt wurde von mir, in eine günstigere Wohnung umzuziehen, obwohl ich selbst vor Jahren (also noch vor den zwei Superkrisen) mit doppeltem Budget, besserer Lebenssituation, doppeltem Suchaufwand (da zwei Personen) nach 6 Monaten nur in der Lage war die Wohnung zu erhaschen, die jetzt schon zu teuer war. Es war nicht realistisch eine günstigere zu erhoffen, also musste ich die Differenz mit dem Regelsatz begleichen, was aber nach der Inflation plötzlich auch nicht mehr möglich war. Daher: Existenznot, made in Berlin.

Berlin betreibt ja schon seit vielen Jahren das schwammig legale Hütchenspiel mit seinem Mietspiegel, den es sich schon seit, was, 2015? weigert zu erneuern, und stattdessen immer nur mit festgesetzten Minimalprozenten nach einem nicht auf Krisen oder besondere Umstände reaktiven mathematischen Model standardmäßig leicht nach oben korrigiert. Als sehr praktischer Nebeneffekt muss es deswegen die Sozialleistungen, also speziell den Satz für angemessene Unterkunft nicht steigern, obwohl bereits vor der Pandemie eine heftige Mietexplosion stattfand, die jetzt durch Pandemie + Kriegsflüchtlinge mittlerweile natürlich in totales Chaos ausgeartet ist.

Berlin behauptete stattdessen weiterhin, dass ~0-2% mehr im Jahr absolut genug wären. Klagen gegen den Verzug bei der Aufstellung des Mietspiegels kamen bisher nicht vollständig durch, führten aber zu Reform. (hier ein Beispiel vom letzten Jahr: https://www.immobilienmanager.de/gerichtsurteil-berliner-mietspiegel-ist-ungueltig-11042022)
Ich glaube mich zu erinnern, dass die Stadt erfolgreich argumentiert hat, dass sie vom Gesetz her "nicht verpflichtet wären einen Mietspiegel auszustellen", was stimmen mag, aber definitiv eine faulende Lücke im System ist, wenn doch dieser (offenbar einfach zu fälschende/vernachlässigende) Mietspiegel dann trotzdem als verbindliche Grundlage für die Berechnung von Sozialleistungen an Zehntausende genutzt wird.

Obwohl es kein Sieg auf ganzer Linie war, hat das hiesige Landessozialgericht dem letzten Monat wohl endlich mal zugestimmt: https://www.gegen-hartz.de/urteile/buergergeld-urteil-miete-fuer-wohnung-kann-nicht-unangemessen-sein
Denen war nämlich aufgefallen, dass mittlerweile selbst geförderte Sozialwohnungen die lächerlich surreallen Höchstmieten der Stadt Berlin nicht mehr zu unterbieten vermögen. Die Stadt versuchte natürlich wieder ihren alten Trick mit dem gefälschten Mietspiegel hervorzuzaubern, aber es sieht so aus, als wäre dieser endlich betagt genug für ein Gericht, um jetzt direkt zu sagen, dass dieser nicht mehr als Grundlage für die Wohnungsrealität herhalten kann.
...Leider wie gesagt nur ein partieller Sieg, da sich das Urteil nur auf Sozialwohnungen bezieht. (Die Stadt hat dieses übrigens hier unter Punkt 3 bereits aufgenommen. Man gewährt jetzt 10% extra Kulanz im Spezialfall. Nicht gut genug.)
Da aber immerhin schon mal offiziell festgestellt wurde, dass die Bestimmung der Höchstgrenze sich nur auf falschen Zauber bezieht, und dieses Urteil obendrein nur einen Fall der 'milden' (prä-Weltdoppelkriese) Mietexplosionsepoche 2015-2016 abhandelt, kann man von hier aus vielleicht eine Expansion in einen allgemeinen Angriff gegen die systematischen Unterdeckungstaktiken der Stadt erwarten.

...Oder eventuell wird das alles schnell obsolet, da Berlin nach gezielten Reformen im letzten Jahr noch diesen Monat tatsächlich einen neuen Spiegel herauszugeben gedenkt.
Die Wellen davon bleiben abzuwarten. Auf Schadensersatz für die systematische Unterdeckung der letzten 3 Jahre kann ich so oder so aber wohl kaum hoffen.

//Edit: Ups, Moderatoren, es tut mir Leid, eigentlich sollte das ins Nachrichtenforum. Weil mein alter zitierter Beitrag ursprünglich hier saß, hab ich das jetzt fälschlich hier reingestellt. Sorry.