Unter welchen Bedingungen sind Sanktionen zulässig? - Bürgergeld Änderungen

Begonnen von bamhamer, 14. Dezember 2023, 03:57:04

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bamhamer

Hallo liebe Foren Mitglieder,

mir wurde eine Anhörung zum möglichen Eintritt einer Leistungsminderung zugestellt und ich bin etwas verwundert.

Es gibt für mich weder eine EV noch wurde mit mir ein Kooperationsplan erarbeitet oder auch nur zugestellt.

Ich habe einen Bewerbungsvorschlag bekommen auf den ich mich nicht beworben habe unter der Annahme dass ohne eine EV(bzw. neuerdings Kooperationsplan) keine Rechte und Pflichten festgelegt wurden und somit auch keine Sanktionen erfolgen können.

Zumindest war das in den Hartz4 Zeiten ja so.

Ist das mit dem Bürgergeld nun anders?
Ist die drohende Sanktion rechtmäßig?


gäbe es legitime Gründe mit denen man argumentieren kann um die drohende Sanktion abzuwenden?



Danke im voraus an jeden der mir antwortet und hilft!


DerGreif

War das Vermittlungsvorschlag schriftlich und enthielt eine Rechstfolgebelehrung?

Wenn ja, kannst du bei Nichbewerben sanktioniert werden.
Wenn nein, nicht.

BigMama

Zitat von: bamhamer am 14. Dezember 2023, 03:57:04Ich habe einen Bewerbungsvorschlag bekommen auf den ich mich nicht beworben habe unter der Annahme dass ohne eine EV(bzw. neuerdings Kooperationsplan) keine Rechte und Pflichten festgelegt wurden und somit auch keine Sanktionen erfolgen können.

Zumindest war das in den Hartz4 Zeiten ja so.


Das war auch zu Hartz IV Zeiten nicht so. Eine Rechtsfolgenbelehrung im Vermittlungsvorschlag war ausreichend. Es bedurfte hierfür nicht noch zusätzlich eine EGV.
Die Welt wird nicht von skrupellosen Verbrechern, finstren Kapitalisten oder machtgierigen Despoten regiert, sondern von einer gigantischen, weltumspannenden RIESENBLÖDHEIT.
Wer´s nicht glaubt, ist schon infiziert.
(Michael Schmidt-Salomon, GBS-Sprecher)

MeisterPelz

Wenn keine Rechtsfolgebelehrung dabei war, ignorierst du die Anhörung einfach und lässt das Jobcenter schön auflaufen, wenn sie dich sanktionieren wollen. Ich denke, dann werden später Angebote mit Rechtsfolgebelehrungen kommen.

Wenn du ein Vermittlungsangebot mit Rechtsfolgebelehrung bekommen hast, weise darauf hin, dass weder eine Eingliederungsvereinbarung noch eine Verwaltungsakt vorliegt. Die Eingliederungsvereinbarung oder der Verwaltungsakt muss individuell auf dich zugeschnitten sein, z.B. indem eine Potentialanalyse bei dir gemacht wurde, in der festgestellt wurde, auf was für Stellen du dich bewerben sollst. Das Jobcenter muss dich mindestens durch Übernahme der Bewerbungskosten, also auch Fahrten zu Bewerbungsgesprächen, unterstützen.

Ggf. musst du einen Widerspruch einreichen, der vermutlich abgelehnt wird, und dann klagen. Die Aktenzeichen zu den Gerichtsverfahren finde ich leider im Moment nicht. Da gab es schon mehrere Beschlüsse dazu. Die Jobcenter scheinen da ziemlich lernresistent zu sein.

DerGreif

Quatsch
Vermittlungsvorschlag mit Rechtsfolgebelehrerung=Pflicht zur Bewerbung, sonst Sanktionsmöglichkeit.
Auch ohne EGV/Koop

MeisterPelz

LSG NRW: Az: L 21 AS 456/21
BSG: Az: B 14 AS 42/15 R

Ohne individuelle Förderung ist generell keine Sanktion möglich. Bei mir lag sogar ein Verwaltungsakt vor. Solche Bewerbungsaufforderungen habe ich entweder ignoriert oder mich extrem dreist beworben und das Bewerbungsschreiben ohne Aufforderung dem Jobcenter zugesandt, um denen zu zeigen, wie ernst ich so was nehme. Sanktionen gab es mir nie. Das könnte bei anderen Bürgergeldempfängern anders aussehen und dann muss man dagegen vorgehen. Bei mir wissen sie ja, was ihnen blüht. Die betreffende Mitarbeiterin, die mir drohte, wurde versetzt. Sie ist jetzt laut Telefonliste für Bewerbungstrainings zuständig. Davor hat sie noch mit ihrem Studium angegeben  :grins:  Ich werde, auch aufgrund anderer Verfahren und Dienstaufsichtsbeschwerden im zweistelligen Bereich einfach nicht mehr eingeladen. Seitdem wird auch kein Verwaltungsakt mehr erlassen und schon gar nicht versucht man mir, einen Kooperationsvertrag anzudrehen.

Ich bin kein Querulant und ich bin gerne bereit, eine Weiterbildung anzunehmen, aber kommt man mir einmal blöd, komme ich den Leuten zehn Mal blöder. Wir sind hier schließlich nicht im Irrenhaus.

Ich würde generell gegen jedes noch so kleine Fehlverhalten des Jobcenters vorgehen und das auch nicht groß ankündigen. Anders kapieren die es nicht. Auch gegen die Führung des Jobcenters kann man vorgehen, denn oft schreiben sie falsche Sachen, um ihre Mitarbeiter zu schützen. Sieht man es dann direkt auf das Beschwerdemanagement und die Geschäftsführung ab, fangen sie alle schnell an, zu rennen.

bamhamer

Zitat von: MeisterPelz am 15. Dezember 2023, 13:52:09LSG NRW: Az: L 21 AS 456/21
BSG: Az: B 14 AS 42/15 R

Ohne individuelle Förderung ist generell keine Sanktion möglich. Bei mir lag sogar ein Verwaltungsakt vor. Solche Bewerbungsaufforderungen habe ich entweder ignoriert oder mich extrem dreist beworben und das Bewerbungsschreiben ohne Aufforderung dem Jobcenter zugesandt, um denen zu zeigen, wie ernst ich so was nehme. Sanktionen gab es mir nie. Das könnte bei anderen Bürgergeldempfängern anders aussehen und dann muss man dagegen vorgehen. Bei mir wissen sie ja, was ihnen blüht. Die betreffende Mitarbeiterin, die mir drohte, wurde versetzt. Sie ist jetzt laut Telefonliste für Bewerbungstrainings zuständig. Davor hat sie noch mit ihrem Studium angegeben  :grins:  Ich werde, auch aufgrund anderer Verfahren und Dienstaufsichtsbeschwerden im zweistelligen Bereich einfach nicht mehr eingeladen. Seitdem wird auch kein Verwaltungsakt mehr erlassen und schon gar nicht versucht man mir, einen Kooperationsvertrag anzudrehen.

Ich bin kein Querulant und ich bin gerne bereit, eine Weiterbildung anzunehmen, aber kommt man mir einmal blöd, komme ich den Leuten zehn Mal blöder. Wir sind hier schließlich nicht im Irrenhaus.

Ich würde generell gegen jedes noch so kleine Fehlverhalten des Jobcenters vorgehen und das auch nicht groß ankündigen. Anders kapieren die es nicht. Auch gegen die Führung des Jobcenters kann man vorgehen, denn oft schreiben sie falsche Sachen, um ihre Mitarbeiter zu schützen. Sieht man es dann direkt auf das Beschwerdemanagement und die Geschäftsführung ab, fangen sie alle schnell an, zu rennen.

vielen dank für die wirklich hilfreiche Antwort!
deine Vorgeschichte deckt sich ja ziemlich genau mit meiner ich hatte seit ich von diesem JC Leistungen beziehe noch kein einziges Gespräch mit einem SB zwecks EV,KP oder Potentialanalyse.

In diesem Fall werde ich dann einfach abwarten ob ich tatsächlich einen Sanktionsbescheid bekomme und dann mit deiner Argumentation Widerspruch einlegen.

september23

Zitat von: MeisterPelz am 15. Dezember 2023, 13:52:09Solche Bewerbungsaufforderungen habe ich entweder ignoriert oder mich extrem dreist beworben und das Bewerbungsschreiben ohne Aufforderung dem Jobcenter zugesandt, um denen zu zeigen, wie ernst ich so was nehme.
weil die Jobs nichts waren, was gepasst hätte?

MeisterPelz

Es gab hier auf der Webseite mal einen Artikel, der sogar ziemlich genau passte zu dem, was der Threadersteller hier geschildert hat. Leider finde ich ihn nicht mehr. Ein älterer Bürgergeldempfänger wurde nicht mehr gefördert, da es das Jobcenter für sinnlos hielt. Er hat dann doch noch eine Stelle gefunden und wollte sie dann nicht mehr annehmen. Da es aber keine Förderung gab, musste das Jobcenter die Sanktion zurücknehmen. Leider finde ich den Artikel nicht mehr. Ich dachte, ich hätte ihn vor ein bis zwei Monaten gelesen. War wohl doch schon älter.

Zitat von: september23 am 16. Dezember 2023, 12:21:47weil die Jobs nichts waren, was gepasst hätte?

U.a. ein Callcenter-Job. Damit habe ich schon negative Erfahrung gemacht.

Ottokar

Zitat von: MeisterPelz am 15. Dezember 2023, 13:52:09Ohne individuelle Förderung ist generell keine Sanktion möglich.
Wenn du weiterin solche gravierenden Falschinformationen verbreitest, hat das Konsequenzen!
Wann sanktioniert werden kann, ist in § 31 SGB II geregelt.
Etwas Derartiges ist dort nachweislich nicht geregelt.

Wie DerGreif und BigMama bereits korrekt schrieben, wird die Nichtbewerbung auf ein sanktionsbewehrtes zumutbares Jobangebot gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II sanktioniert. Das ist seit 2005 so und daran hat sich auch nichts geändert.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


MeisterPelz

Natürlich ist eine Sanktion auf ein Meldeversäumnis möglich. Man kann meine Aussage auch absichtlich missverstehen.

Mit dem zitierten Satz geht es mir um den speziellen Fall hier bzgl. Bewerbungsaufforderungen. Hat das Jobcenter nicht mindestens geregelt, wie es mit der Kostenübernahme bei Bewerbungen und Bewerbungsgesprächen aussieht, braucht sich auch nicht beworben zu werden. Das wurde höchstrichterlich entschieden. Punkt. Zudem kann das Jobcenter nicht willkürlich Bewerbungsaufforderungen raussenden, ohne vorher festgestellt zu haben, was für den Bürgergeldbezieher hier infrage kommt. Das geht ganz klar aus dem Urteil hervor. Ein bloße Aufforderung zur Bewerbung mit Rechtsfolgebelehrung reicht nicht aus. Das war bei mir selbst so und das ist auch beim Threadersteller so.

Es scheint so, dass du als Mod das zitierte Gesetz einfach nicht verstehst. Ich denke, die Richter wissen im Gegensatz zu dir schon, was sie da tun  :blum:

TripleH

Zitat von: MeisterPelz am 17. Dezember 2023, 15:35:19Es scheint so, dass du als Mod das zitierte Gesetz einfach nicht verstehst. Ich denke, die Richter wissen im Gegensatz zu dir schon, was sie da tun 

Ich glaube eher, dass du nicht verstehst. Die von dir genannte Entscheidung des BSG erging zur Frage, ob ein bei Nichtabschluss einer Eingliederungsvereinbarung diese ersetzende Verwaltungsakt die gleichen Konditionen aufweisen muss wie die zuvor nicht zustande gekommene Eingliederungsvereinbarung. Und nichts weiter.

Die Entscheidung hat genau nullkommanix mit der Frage zu tun, ob bei einem Vermittlungsvorschlag mit Rechtsfolgenbelehrung sanktioniert werden darf oder nicht.

Nicht umsonst sind das nämlich verschiedene Sanktionenstatbestände. Während Verletzungen im Kooperationsplan eine Sanktion nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II darstellt, ist die Nichtbewerbung oder Ablehnung zumutbarer Arbeit unter Nr. 2 zu subsummieren.

MeisterPelz

Sag mal, hast du das Urteil überhaupt gelesen? Stichwort Kostenübernahme für Bewerbungen? :wand: Rechtsverbindlich ist das nur in einem Kooperationsplan oder Verwaltungsakt festgelegt. Und was zumutbar ist, muss auch dort festgelegt werden, und zwar halbjährlich. Kein Wunder, dass Sozialgerichte und Landessozialgerichte immer wieder denselben Popanz bestätigen müssen und völlig überlastet sind. Ich dachte ja, dass das in meinem Fall mutwillig gemacht wurde, aber wenn hier Leute mit hunderten Beiträgen so was behaupten, kommen mir allmählich Zweifel auf.  :nea:

bamhammer, du kannst mich auch gerne persönlich kontaktieren. Ich hab das erfolgreich hinter mich gebracht und wenn dein Sachbearbeiter so stur ist wie manche Forenteilnehmer hier, könntest noch weiter Hilfe benötigen.

TripleH

Zitat von: MeisterPelz am 17. Dezember 2023, 19:00:10Sag mal, hast du das Urteil überhaupt gelesen?

Natürlich. Und zwar schon vor vielen Jahren.

Zitat von: MeisterPelz am 17. Dezember 2023, 19:00:10Stichwort Kostenübernahme für Bewerbungen?

Auch das hat nichts mit einer Sanktion wegen Nichtbewerbung auf einen VV zu tun.




MeisterPelz

Sehr gut. Dann hast du ja auch folgenden Teil gelesen:

ZitatDie Vereinbarung von Eigenbemühungen, insbesondere von individuell bestimmten und sanktionsbewehrten Bewerbungsbemühungen, ist nur angemessen, wenn deren Unterstützung durch Leistungen des Jobcenters, insbesondere durch die Übernahme von Bewerbungskosten, in der Eingliederungsvereinbarung konkret und verbindlich bestimmt ist (eine klare Regelung zu den Bewerbungskosten fordern Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 15 RdNr 29; Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 15 RdNr 52; Lahne in GK-SGB II, § 15 RdNr 33 f, Stand: Dezember 2013; Lauterbach in Gagel, SGB II / SGB III, § 31 SGB II RdNr 34, Stand: Dezember 2015).

Die Handhabung, nochmal eine eigenen Antrag auf Kostenerstattung stellen zu müssen, ist übrigens auch unzulässig. Der Sachbearbeiter darf keine Möglichkeit haben, die Kostenerstattung zu verweigern. Bewirbt sich der Bürgergeldempfänger am anderen Ende Deutschlands, sind Fahrt- und Hotelkosten für das Bewerbungsgespräch zu erstatten.