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Erbe, Anrechnung

Begonnen von Lygia, 10. November 2023, 17:41:42

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Lygia

Hallo,

@Ottokar

So meinte ich es, als Beispiel. Danke!

Eine andere Frage:

Muss das Sozialamt es im Rahmen eines Berliner Testaments akzeptieren, wenn ein Grundsicherungsempfänger einen Pflichtteilsverzicht zu Lebzeiten eines Elternteils unterschreibt oder leitet es diesen trotzdem auf sich über oder kürzt alternativ die Grundsicherung (bis zu 30%), wenn er durch den Pflichtteilsverzicht auf das Erbe verzichtet?

Genauer erklärt:

Die Eltern setzen ein Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel auf, d.h. verlangt ein Kind beim Erstversterbenden den Pfichtteil, bekommt es beim Tod des Letztversterbenden (Schlusserbe) auch nur den Pflichtteil.
Der Grundsicherungsempfänger unterzeichnet einen Pflichtteilsverzicht.

Es geht darum, dass es für den noch lebenden Elternteil evtl. eine große finanzielle Belastung sein könnte, den Pflichtteil auszubezahlen u. dafür evtl. ein Haus verkauft werden müsste.

Gibt es Erfahrungen, wie die Sozialämter mit so einem Fall umgehen?

Danke!

LG
Lygia

Ottokar

Zitat von: Lygia am 15. November 2023, 11:05:17Es geht darum, dass es für den noch lebenden Elternteil evtl. eine große finanzielle Belastung sein könnte, den Pflichtteil auszubezahlen u. dafür evtl. ein Haus verkauft werden müsste.
Hier kann der Elternteil die Stundung des Pflichtteils nach § 2331a BGB verlangen, ein Pflichtteilsverzicht ist dabei nicht erforderlich.

Zitat von: Lygia am 15. November 2023, 11:05:17Die Eltern setzen ein Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel auf, d.h. verlangt ein Kind beim Erstversterbenden den Pfichtteil, bekommt es beim Tod des Letztversterbenden (Schlusserbe) auch nur den Pflichtteil.
Der Grundsicherungsempfänger unterzeichnet einen Pflichtteilsverzicht.
...
Gibt es Erfahrungen, wie die Sozialämter mit so einem Fall umgehen?
Nein, dazu gibt es keine Erfahrungen, denn das hat sich zum 01.01.2023 grundlegend geändert, da seither Erbschaften dem Vermögen zugerechnet werden und damit der Vermögensschutz nach § 90 SGB XII greift.
Ob das Sozialamt hier Forderungen stellt oder Ansprüche geltend macht, hängt somit zunächst davon ab, ob durch die Erbschaft der Vermögensfreibetrag überschritten wird.
Hierbei sehe ich nur die Möglichkeit, dass das Sozialamt einen Ersatzanspruch in Höhe des ungeschützten Vermögens geltend macht.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Fettnäpfchen

Ottokar

Zitat von: Ottokar am 15. November 2023, 20:24:00Nein, dazu gibt es keine Erfahrungen, denn das hat sich zum 01.01.2023 grundlegend geändert, da seither Erbschaften dem Vermögen zugerechnet werden und damit der Vermögensschutz nach § 90 SGB XII greift.
:scratch: ich dachte Erbe gilt ab/seit 01.07.23 zum Vermögen.
Nur das es da keine vermeidbaren Probleme gibt.

MfG FN
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Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Ottokar

Das Erbschaften kein Einkommen und somit dem Vermögen zuzurechnen sind, regelt § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 SGB XII, diese Regelung trat lt. Artikel 5 und 13 Abs. 1 Bürgergeld-Gesetz zum 01.01.2023 in Kraft.
Die analoge Regelung in § 11a Abs. 1 Nr. 7 SGB II trat erst am 01.07.2023 in Kraft (Artikel 1 und 13 Abs. 2 Bürgergeld-Gesetz).
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Lygia

Hallo,

Zwei Fragen:

1a

Der Anwalt meiner Eltern vertritt jetzt die Ansicht, dass das neue Schonvermögen von 10 000€, dass man als Grundsicherungsempfänger nach SGBXII ab 1.1.2023 geltend machen kann, nicht für Pflichtteile gilt, was für mich überraschend ist. Das Schonvermögen soll nur für normale Erbfälle gelten.

Das würde bedeuteten, dass ich beim Tod des ersten Elternteils kein Schonvermögen habe, sondern das Erbe komplett zum Lebensunterhalt verwenden muss, was für mich von großem Nachteil wäre.

Meine Überlegung ist nun, dass sich meine Elter beim Erstversterbenden nicht gegenseitig als Alleinerben einsetzen, sondern mich zum regulären Erben machen, indem sie den überlebenden Elternteil z.B. mit 35% zum Erben machen u. mich z.B. zu 15% (der Pflichtteil liegt bei 2 Kindern bei 12,5%). Wäre es dann nicht ein normaler Erbfall, für den das Schonvermögen gelten müsste. Der Anwalt meint offenbar, dass das nicht möglich sei.

Ich verstehe nicht, was sich der Gesetzgeber dabei gedacht haben soll, wenn das Schonvermögen nur für den Tod des Zweitversterbenden gelten soll.

1b)

Der Anwalt erwähnt, dass zusätzlich zu dem Schonvermögen von 10 000€ offenbar weitere Freibeträge möglich sind u. zwar, wenn ich das richtig verstanden habe, für Eingliederungshilfe nach SGB IX, d.h. vielleicht für medizinische Hilfsmittel, Umbau der Wohnung, Rollstuhl etc.. (bis 45.000€ bei 4 Personen). Das hat er aber nicht näher erläutert u. ist offenbar nicht bereit zu erklären, was das bedeuten soll. Gilt das z.B. nur für Behinderte mit Ausweis oder Kranke mit Pflegestufe. Beides habe ich nicht.


2.

Gehört die Wohnungskaution, die inzwischen sich inzwischen in meinem Besitz befindet, weil sie abzahlen musste, nachdem das Sozialamt sie nur als Darlehen gewährt hatte zum Schonvermögen oder erst in dem Moment, in dem ich ausziehe u. sie dann ausbezahlt bekäme, denn im Moment kann ich über das Geld nicht verfügen, weil es sich auf dem Konto des Vermieters befindet.
Wird dieser Geldbetrag in Höhe von ca. 700€ erst dann vom Schonvermögen abgezogen, wenn ich ausziehe u. das Geld bekomme?

Vielen Dank für die Mühe!

LG
Lygia

Ottokar

#20
Zitat von: Lygia am 11. Februar 2024, 19:55:43Der Anwalt meiner Eltern vertritt jetzt die Ansicht, dass das neue Schonvermögen von 10 000€, dass man als Grundsicherungsempfänger nach SGBXII ab 1.1.2023 geltend machen kann, nicht für Pflichtteile gilt, was für mich überraschend ist. Das Schonvermögen soll nur für normale Erbfälle gelten.
Dann weise diesen Herrn mal darauf hin, dass seit 01.01.2024 § 82 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 SGB XII ausdrücklich Pflichtteilszuwendungen benennt. Der soll sich mal weiterbilden.

Zitat von: Lygia am 11. Februar 2024, 19:55:43Eingliederungshilfe
Eingliederungshilfe gehört nicht zum Vermögen sondern zum Einkommen und ist lt. § 82 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XII anrechenfrei.
Das zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung von behindertengerechtem Wohnraum gedachte Vermögen ist unabhängig von seiner Höhe geschützt.

Eine Mietkaution gehört lt. § 90 Abs. 1 SGB XII erst mit erfolgter Rückzahlung zum Vermögen.
Wenn du zu diesem Zeitpunkt bereits 10.000€ Vermögen hast, würden diese 700€ deinen Freibetrag übersteigen und das Sozialamt würde fordern, dass du diese 700€ zunächst zu deiner Lebensführung verbrauchst, bevor du wieder Anspruch auf Leistungen des SGB XII hast.
Du hast natürlich das Recht, dein Vermögen vor dem Zufluss der 700€ so umzuverteilen, dass es insgesamt geschützt ist, z.B. indem du dir eine neue Waschmaschine für 700€ kaufst.
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Lygia

#21
Danke für die Infos, Ottokar,

kann es sein, dass die von Dir angesprochene Änderung zum 1.1.2023 vorgenommen wurde u. nicht 2024?

Vielleicht ist es noch wichtig zu erwähnen, dass ich Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung erhalte, die von der Deutschen Rentenversicherung gezahlt u. nicht vom Sozialamt, das allerdings die Leistungen ausbezahlt. Ich habe allerdings keinen Anspruch auf eigene Rente, d.h. ich bekomme nur Grundsicherung u. keine Leistungen aus der Rentenkasse. Ich bekomme demnach keine Sozialhilfe.

LG

Lygia

Ottokar

§ 82 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 SGB XII wurde 2 Mal geändert.
Ab 01.01.2023 lautete die Fassung: "9. Erbschaften."
Da ausweislich der Gesetzesbegründung alle Arten von Erbschaften gemeint waren, einschl. Vermächtnisse und Pflichtteile, die Formulierung aber rechtliche Unstimmigkeiten hervorrief, da der Oberbegriff "Erbschaft" im BGB im Weiteren differenziert benutzt wird, wurde sie vom Gesetzgeber konkretisiert.
Ab 01.01.2024 lautete die konkretisierte Fassung: "9. einmalige Einnahmen aus Erbschaften, Vermächtnissen und Pflichtteilszuwendungen,"
Trotzdem sind Vermächtnisse und Pflichtteile bereits seit 01.01.2023 als Bestandteile von Erbschaften nach § 82 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 SGB XII nicht als Einkommen sondern als Vermögen zu berücksichtigen.
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Lygia

Vielen Dank, Ottokar,

ich habe gerade juristische Einschätzungen gelesen u. war soeben auf den Gedanken gekommen, dass das Gesetz vom 1.1.2024 angepasst worden sein könnte.
Danke für die exakte Einschätzung. Das hat der Anwalt übersehen, was ich nicht verstehen kann.

LG

Lygia