WBA abgelehnt wegen angeblich zuviel Vermögen.Its tricky

Begonnen von Begleiter21, 29. März 2024, 00:10:41

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Begleiter21

 Moin zusammen

Mein WBA wurde jetzt abgelehnt wegen Überschreitung der Vermögensgrenze um ca. 1200 €.

Jetzt ist es aber ja nicht so das ich Vermögen angehäuft hätte, sondern ich noch 3 Klagen beim SG anhängig habe(wird am 8.5 verhandelt alle 3 Klagen), sowie noch 2 Widersprüche, weil die EKS nicht richtig berechnet wurde. Es ist auf jeden Fall mit Nachzahlungen zu rechnen, deswegen habe vorsorglich den Betrag, den das JC ursprünglich einfordert, auf dem Konto gelassen, weil ich ja nicht weiß, was letztendlich im Widerspruch und Klageverfahren entschieden wird.

Wie sollte man nun vorgehen? Auf jedenfall Widerspruch einreichen, sicher. Das kann sich ja aber hinziehen.
Wäre ein Eilantrag möglich beim SG? Ich vermute aber mal das, die das beim SG aufgrund des (angeblichen) Vermögen gar nicht so eilig sehen.

Wichtig wäre mir jetzt als chronisch Kranker die Sache mit der Krankenversicherung.

Hat ein Widerspruch da aufschiebende Wirkung? Heißt, bliebe ich dann weiter krankenversichert?
Wäre jetzt auch nicht unbedingt das Problem sich für eine gewisse Zeit selber zu versichern, nur soweit mit bekannt ist, könnte ich das Geld für die KV nicht einfordern im Erfolgsfalle, da das JC mich in dem Falle ja komplett nachversichern würde. Ist das richtig so?

Wie da jetzt am besten vorgehen?Bin da etwas ratlos....


Begleiter21

Gut, das mit dem Widerspruch hat sich so weit geklärt wegen § 39 SHB II. Hatte ich nicht mehr auf dem Schirm.

Bei allem anderen bin ich jetzt weiter ratlos.Was würde Sinn machen?

Antrag auf einstweilige Anordnung auf aufschiebende Wirkung beim SG bis das Widerspruchsverfahren beendet ist?
Dem SG sind ja die drei Klagen bekannt und dass ich nachzahlen muss, ist ja unstrittig, es geht ja nur die Höhe bzw. um die richtige Berechnung. Deswegen kann ich ja bzw. konnte das überzahlte Geld nicht einfach ausgeben, weil ich ja letztendlich schließlich die Forderung ja auch bedienen muss. Und diese werden nicht unerheblich sein. De facto ist es ja zum Teil Geld was dem JC gehört, nur wie schon erwähnt ist durch die Falschberechnung die Höhe strittig. Aus meiner Sicht kann ich ja nicht einfach etwas überweisen.

Beim letzten Bewilligungszeitraum musste ich jetzt wieder ins Widerspruchsverfahren, da die Berechnung EKS seitens des JC fehlerhaft war.

Wenn ich jetzt den vom JC aus dem letzten Bewilligungszeitraum geforderten Betrag erstatte, ist dies als Anerkennung zu sehen oder bleibt das Widerspruchsverfahren bis zur endgültigen Klärung mit allen seinen Rechten bestehen?
Hintergrund ist der Gedanke, dass ich dann erst weit unter der Vermögensgrenze wäre.

Alles ziemlich tricky aber vielleicht weiß jemand Rat.

Ottokar

Zitat von: Begleiter21 am 29. März 2024, 00:10:41Mein WBA wurde jetzt abgelehnt wegen Überschreitung der Vermögensgrenze um ca. 1200 €.
Welche Art von Vermögen?
Wie hoch war dein monatlicher Bürgergeldanspruch?
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Begleiter21

Moin

Bin selbstständiger Aufstocker. Bürgergeldanspruch schwankend, zwischen 300 und 600 inc Miete

Zur Erklärung: 2020 war SB Wechsel bei mir in Leistungsbearbeitung. Dann gingen die Probleme los.Es wurde kein Durchschnittseinkommen errechnet, kein Verpflegungsmehraufwand, keine Fahrtkosten, die Berechnung war grundlegend falsch. Es ging dann quasi bei jedem Bescheid erst ins Widerspruchsverfahren, immer abgelehnt und dann ins Klageverfahren. Die erste Klage ist noch von 2020. Jetzt werden 3 Klagen zusammengefasst (der Sachverhalt ist im Grunde genommen immer der gleiche) und wird am 8.5 verhandelt.

Nachzahlungen meinerseits, also Überzahlungen vom JC sind unstrittig, nur wurde es nie korrekt ausgerechnet, mir blieb also nichts anders übrig ins Widerspruch und Klageverfahren zu gehen. Die Beträge, die das JC (falsch) ausgerechnet hat, blieben bei mir auf dem Konto, da ich ja nicht weiß, was ich jetzt genau zurückzahlen muss. Nicht das ich am Ende auf einmal mit nackten Taschen da stehe. Es ist, und das ist eben tricky, ja kein Vermögen, über das ich grundlegend verfügen kann, da ja Nachzahlungen kommen werden.

Das SG bei uns ist hoffnungslos überlastet. Wäre die Klagen bis Ende letzten Jahres abgearbeitet worden, dann hätten wir dieses Problem mit dem Vermögen jetzt gar nicht, weil ich ja dann (bei korrekter Berechnung) ich die Nachzahlungen schon längst hätte anstoßen können. So läuft der Kontostand natürlich bei jedem Bewilligungsbescheid weiter nach oben, obwohl ich ja (hört sich komisch an) das, was mir dann korrekterweise nicht zusteht, unbedingt loswerden will. Was ich aber nicht kann, wenn die Bescheide immer unkorrekt sind.Zu verschenken habe ich ja auch nichts.




TripleH

Wie hoch ist der Kontenstand? Wie hoch ist das vom JC berücksichtigte Schonvermögen? Wurde vom Jobcenter die Spezialnorm für Altersvorsorge für Selbständige angewandt?

Begleiter21

Schonvermögen 15.000. Nach Abzug Miete, Telefon/I-Net/49 € Ticket liege ich 1200 drüber.

Altersvorsorge Spezialnorm?

Also da wurde nichts angewandt.

TripleH

Dann geh in Widerspruch. Nach § Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist für Selbständige für jedes Jahr ein weiterer Freibetrag für Altersvorsorge zu gewähren, soweit du hauptberuflich selbstständig warst/bist und es keine gesetzliche Absicherung für die Rente gibt:

Zitatweitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,

https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__12.html

Ottokar

Zitat von: Begleiter21 am 29. März 2024, 18:42:58Bürgergeldanspruch schwankend, zwischen 300 und 600 inc Miete
Zitat von: Begleiter21 am 29. März 2024, 19:20:58Schonvermögen 15.000. Nach Abzug Miete, Telefon/I-Net/49 € Ticket liege ich 1200 drüber.
Miete, Telefon/I-Net/49 € Ticket spielen beim Vermögen keine Rolle.

Die Ablehnung ist klar rechtswidrig, da bei einem Monatsbedarf von durchschnittlich 450€ ein ungeschütztes Schonvermögen von 1.200€ gerade mal dem Bedarf für 3 Monate deckt, der Bewilligungszeitraum aber mind. 6 Monate dauert. Das JC hätte hier also eine Prognoseentscheidung treffen müssen.
Hinzu kommt noch, dass der von TripleH erwähnte Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II zur Altersabsicherung für Selbstständige nicht berücksichtigt wurde, sofern die Voraussetzungen dafür zutreffen.
Pro Jahr einer hauptberuflichen Selbstständigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, sind 8.000€ zu berücksichtigen.
Lies dazu mal die Weisung der BA zu § 12 SGB II: https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba023900.pdf

Wie bist du krankenversichert? Privat über deine Selbstständigkeit?
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Begleiter21

Erst mal Danke für den Tipp.Hatte ich jetzt nie auf dem Schirm. Verstehe ich die Rechnung jetzt richtig?
Beispiel:

18,6 % Beitragssatz x 600(Durchschnittsentgelt = 11160, aufgerundet würde 11500 € zusätzliches Schonvermögen bedeuten?

Oder ich gebe an das z.b 2000 € Rücklagen für die Alterssicherung vorgesehen sind? Ich habe im Mai eh noch einen Termin bei der Rentenberatung weil ich mich freiwillig rentenversichern möchte und da unter Umständen für 2023 noch nachzahlen wollte.


Ottokar

Du musst angeben, wieviel von deinem Vermögen der Altersabsicherung dient.
Ich würde da den Höchstbetrag ansetzen. Kommt das JC rechnerisch zu einem geringeren Betrag, ist das so lange unschädlich, wie die Differenz nicht zu einem Überschreiten des Vermögensfreibetrages führt.
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Begleiter21

Auch dir danke für den Tipp

KV ist bei mir gesetzlich über ALG II bzw. Bürgergeld Bezug. Wenn ich KK die richtig verstanden habe, setzt sich die Kasse mit mir in Verbindung, wenn das JC mich abmeldet( was vermutlich jetzt erst mal geschehen wird) damit ich mich dann freiwillig weiter versichern kann.

Widersprüche zögert das JC bei mir immer bis zum letzten hinaus. Ohne Drohung mit Untätigkeitsklage geht da gar nichts.

TripleH

Zitat von: Ottokar am 30. März 2024, 08:19:39Das JC hätte hier also eine Prognoseentscheidung treffen müssen.

Nein. Es gibt keinen fiktiven Vermögensverbrauch. Das ist gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung.

Zitat von: Begleiter21 am 30. März 2024, 08:27:05Verstehe ich die Rechnung jetzt richtig?

Der Jahresbetrag ist derzeit 8000 Euro (Fachliche Weisungen § 12 SGB II, Randziffer 12.18).und das mal die Jahre, die du hauptberuflich selbstständig bist.

Zitat von: Begleiter21 am 30. März 2024, 08:27:05Oder ich gebe an das z.b 2000 € Rücklagen für die Alterssicherung vorgesehen sind?

Da das Vermögen keiner gesonderten Anlageform bedarf, kannst alles bis zur Höhe der 8000 Euro mal x Jahre so beziffern.



Ottokar

Zitat von: Begleiter21 am 30. März 2024, 09:25:21KV ist bei mir gesetzlich über ALG II bzw. Bürgergeld Bezug.
Nach meinen Infos ist verwertbares ungeschütztes Vermögen wie einmaliges Einkommen zu berücksichtigen.
D.h. das JC hätte dieses auf 6 Monate aufteilen müssen, insbesondere damit der KV-Schutz nicht entfällt.

Zitat von: TripleH am 30. März 2024, 09:42:39Nein. Es gibt keinen fiktiven Vermögensverbrauch. Das ist gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung.
Bitte AZ, danke.
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TripleH

BSG, 30.07.2008 - B 14 AS 14/08 B (nur PDF)
      
https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BSG&Datum=30.07.2008&Aktenzeichen=B%2014%20AS%2014/08%20B

BSG, Urteil vom 20.02.2020, B 14 AS 52/18 R, Rz. 32

https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/2020_02_20_B_14_AS_52_18_R.html

ZitatHiermit korrespondiert, dass - in der Situation der Leistungsbewilligung - vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares Vermögen so lange zu berücksichtigen ist, wie es tatsächlich vorhanden ist; ein "fiktiver Vermögensverbrauch" also ebenso wenig stattfindet (BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 15/17 R - BSGE 125, 301 = SozR 4-4200 § 40 Nr 14 RdNr 20 f mwN; vgl zum SGB XII BSG vom 20.9.2012 - B 8 SO 20/11 R - SozR 4-3500 § 19 Nr 4 RdNr 14). Solange Vermögen zu berücksichtigen ist, steht es dem Leistungsanspruch im Sinne eines "Alles-oder-nichts" entgegen.

Ottokar

Vielen Dank.
Warum Behörden trotz gegensätzlicher Rechtsprechung Prognoseentscheidungen anweisen, bleibt offen.
Die o.g. Urteile stehen imho der Möglichkeit nicht entgegen, über den - nach Verbrauch des Vermögens zwangsläufig eintretenden - zukünftigen Leistungsanspruch vorläufig und mit dem Widerrufsvorbehalt des Ergebnisses einer erneuten Vermögensprüfung zu entscheiden. Gerade bei nur geringem Vermögen wäre das imho aufgrund der Existenzsicherungspflicht geboten, statt auf eine tagesgenaue erneute Antragstellung nach Vermögensverbrauch zu verweisen (wobei nicht erkennbar ist, ob dieser Hinweis hier überhaupt erfolgte).
Für den vorliegenden Fall ist das aber ohnehin unrelevant.
Hier hat das JC offensichtlich den Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II zur Altersabsicherung für Selbstständige nicht berücksichtigt, wo allein schon der Jahresbetrag deutlich höher ist als das lt. JC ungeschützte Vermögen. Das reicht als Widerspruchsgrund vollkommen aus.
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