Es ist spürbar, Mitmenschen verachten auch chronisch kranke Bürgergeldbezieher

Begonnen von Batzi471, 19. April 2024, 11:18:28

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Batzi471

Guten Tag wünsche ich allen!
In letzter Zeit werde ich noch depressiver als ich eigentlich schon bin. Grund ist, ich spüre, wie Mitmenschen mich irgendwie als Bürgergeldbezieher entlarven. Beim morgendlichen Einkauf im Markt oder wenn man über die Verwandtschaft mit Bekannten ins Gespräch kommt.
Bestes Beispiel ist es, morgens im Discounter.
Die Verkäuferin sieht mich jeden Tag um ca. 9.00 Uhr einkaufen und da fast morgens nur "Rentner" einkaufen, bin ich automatisch der faule Bürgergeldschmarotzer, der auch als Mensch natürlich in den Augen des Personals nichts Wert zu seien scheint.
Auf Kontakte mit Menschen, sage ich immer, beruflich bin ich in der Schicht. Ich lüge und verheimliche meine Befürftigkeit und Arbeitslosigkeit gegenüber anderen, weil es leider ein umstrittenes Thema ist. Meine Nachbarn wissen von meiner Arbeitslosigkeit. Das konnte ich nie groß verbergen. Sie stören sich nicht groß darum. Gott sei Dank!
Ich schäme mich und es schmerzt von Mitmenschen sich so zu verstecken.
Auf Wohnungsuche war ich mal, hier kann und darf man es nicht verheimlichen. Es ist erniedrigend wie groß hier die Vorurteile sind... bei wenigen potentiellen Vermietern dürfte ich meine Arbeitslosigkeit kurz erklären. Bei vielen bekam ich einfach gar keine Chance oder es wurden zu viele, private Fragen gestellt.  Dies auch mit wütenden Unterton. Auch sehr verachtend!

Wie geht ihr im Bekanntenkreis, Freunde und sonstigen Menschen um, diese euch gleich als "Schmarotzer" verurteilen oder das Thema demütigend gegenüber euch angehen?

Sheherazade

Zitat von: Batzi471 am 19. April 2024, 11:18:28Ich schäme mich und es schmerzt von Mitmenschen sich so zu verstecken.

Du weißt schon, dass Maskieren zum Krankheitsbild von Depressionen gehört? Auch das Lügen um sich selbst besser darzustellen als man sich selbst fühlt.

ZitatWie geht ihr im Bekanntenkreis, Freunde und sonstigen Menschen um, dir euch gleich als "Schmarotzer" verurteilen oder das Thema demütigend gegenüber euch angehen?

Ich konnte nichts davon lesen, dass du "verurteilt" wirst oder du demütigend angegangen wirst - was ich aber lesen konnte, ist, dass du so einiges in die dir unbekannte Gedankenwelt anderer, fremder Menschen hinein interpretierst und offenbar Untertöne wahrnimmst, die höchstwahrscheinlich nicht vorhanden sind oder dir sogar egal sein können. Du bist der Meinung, dass andere Menschen dich so sehen wie du dich selbst siehst.

Man kann andere Leute nicht ändern, nur sich selbst bzw. die Einstellung zu sich selbst.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Batzi471

Meiner Schwägerin und ihren Verwandten sagte ich damals, als wir uns zum 1. Mal überhaupt sahen, dass ich arbeitssuchend zurzeit bin. Sofort wurde ich als negativ vorverurteilt. "Wer Arbeit will, findet auch Arbeit" ohne mich zu kennen, wurde auf mir rumgehackt! Ganz weiser Spruch, der vielleicht bei unseren Eltern noch passte. Selbst als ich einen Aushilfsjob fand, war ich trotzdem noch der faule Arbeitslose für die Schwägerin. Ihr Vater verteidigte mich sogar. Ich will mich nicht besser darstellen, ich habe Sorge vor Erniedrigung und Beschimpfungen.

Susanne vom See

Lieber Batzi,

auch wenn du aktuell arbeitslos bist und vom Bürgergeld leben musst, bist du kein Schmarotzer!  :empathy:
Du bist ein wertvolles Glied in unserer Gesellschaft, denn auch durch deinen Einkauf im Discounter zahlst du Steuern und förderst damit das Bruttosozialprodukt.
Deine "Notlüge" mit der Schichtarbeit ist doch schon eine gute Idee, wie du dich hier präsentieren kannst.
 
Als Freiberuflerin kann ich mir z. B. meine Arbeitszeit selbst einteilen und gehe auch zu 99,9% vormittags mit den Rentnern zum Einkaufen  :mocking:

Um dein Selbstvertrauen zu stärken: schau doch mal, ob du dich irgendwo in deiner Gemeinde "nützlich" machen kannst. Sei es bei der Tafel, als Schulbegleiter oder bei der Caritas/Diakonie/AWO oder im Tierheim. Geh' da einfach mal hin oder rufe an und frage nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Die werden dich mit Kusshand nehmen (natürlich muss die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt für das JC gewährleistet sein). Evtl ergibt sich sogar ein richtiger Job für dich daraus.

Nur Mut! Du schaffst das und dann wirst du sehen, wie schön dein Leben wieder sein kann. :yes:

Liebe Grüße,

Susanne vom See

Sheherazade

Zitat von: Batzi471 am 19. April 2024, 11:48:04Ich will mich nicht besser darstellen, ich habe Sorge vor Erniedrigung und Beschimpfungen.

Du musst richtig lesen, was ich geschrieben habe. Das mit der Selbstdarstellung bezog sich auf die Märchen, die du anderen Menschen über dein Leben erzählst (z. B. Schichtarbeit). Deine Sorge vor Erniedrigung und Beschimpfungen sind ein Symptom von Depressionen, ebenso wie das Maskieren.

1. Geht dein Leben andere Leute gar nichts an und 2. sollte es dir egal sein, was andere Menschen über dich denken.

Hast du einen Therapeuten, mit dem du das Problem besprechen kannst?
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Batzi471

Ja, hatte ich ca. 4-6 mal schon bei verschiedenen. Zahlte damals sogar die Praxisgebühr alle 3 Monate.

talokatel823

Mit Menschen, die mich aus diesem Grund herablassend behandeln, will ich nichts zu tun haben und diese sind schonmal gar nicht meine Freunde. Wenn ich doch mal mit so jemandem in Kontakt treten muss, habe ich meine Mittel und Wege, damit umzugehen. Es ist traurig, wie kurzsichtig und arrogant viele Menschen sind, aber ich versuche nichts auf deren Meinung zu geben. Was hat man denn davon?
Es ist wie es ist und man sollte dazu stehen, anstatt sich selbst zu verleugnen. Andere haben sowieso keine Ahnung davon, was man in der eigenen Haut durchmacht. Oft sind sie sogar neidisch und projizieren ihre Unzulänglichkeiten/Unzufriedenheit auf andere, um sich besser zu fühlen.

Ich bin ebenfalls seit Längerem auf Wohnungssuche und es macht wütend, wie dreist und frech Vermieter teilweise sind. Aber ich achte weiterhin primär darauf, meine Rechte durchzusetzen und mich dagegen auch zu wehren, so gut ich kann. Das klappt mal mehr, mal weniger.

Sich ständig Gedanken darüber zu machen, was andere von einem halten, ist typisch für ein geringes Selbstwertgefühl. Daran zu arbeiten lohnt sich!

hotwert

Ich bin 33 und kaufe jedentag um 9 Uhr ein, interessiert keine Sau. Du bildest dir das ein, das ist Teil der depression.

Wenn mich jemand fragt was ich mache (beruflich) sag ich einfach ganz plump "nichts". Meist frägt dann auch keiner mehr nach. Was die wohl denken? Wüsste nicht warum mich das interessieren soll😂

OK ich könnte erzählen dass ich EM-Rente bekomme und garnicht arbeitssuchend bin, was ja auch die Wahrheit wäre. Aber ich hab keinen Grund mich zu rechtfertigen und jeder hat ja das Recht sich zu denken was er will.

Batzi471

Diese Sendungen im Fernsehen, "Hartz, aber herzlich" und die FotoZeitung, sorgt für Hetze. Oder auch Arno Dübel. Deutschlands frechster...

Sheherazade

Ja, und was ziehst du daraus für eine Schlußfolgerung?

Ich lebe auf dem Dorf, hier kennt jeder jeden und es interessiert kein Schwein, wer, wann und warum oder warum nicht arbeiten geht. Man freut sich einfach, dass man sich mal ungeplant trifft beim Einkaufen und hält ein Schwätzchen über Familie, Gesundheit und -wenn es sich ergibt- über die Arbeit oder die Probleme, Arbeit zu bekommen.

"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

HunzernKonzerrn

Gefühle diverser Art bestimmen auch das Geschehen.

Jener der intern auf lmma schalten kann, ist sicherlich zu beneiden.

ijctsh

Zitat von: Batzi471 am 19. April 2024, 11:18:28ich spüre, wie Mitmenschen mich irgendwie als Bürgergeldbezieher entlarven. Beim morgendlichen Einkauf im Markt oder wenn man über die Verwandtschaft mit Bekannten ins Gespräch kommt.

Ach komm, für deinen regelmäßigen morgendlichen Einkauf kann es so viele andere Gründe geben.
Deswegen hält dich bestimmt niemand für einen Bürgergeldbezieher.
Ich bin auch immer sehr früh Morgens unterwegs und werde so freudlich behandelt, wie alle anderen auch.
Im privaten Umfeld ist das was anderes. Jor, da gibt es auch Verwandte, die schlecht reden.
Und würde ich voll arbeiten, würden die trotzdem lästern. Weil sie immer Gründe finden werden.
Mein weniger privates Umfeld weiß gar nicht genau, was ich so mache. Wenn jemand fragt, lüge ich bei Bedarf. Das fordert die Gesellschaft.
Ganz früher sind die Männer morgens losgefahren/gelaufen, obwohl sie keine Arbeit mehr hatten. Nur um den Eindruck zu erwecken, berufstätig zu sein. So eine Mühe würde ich mir natürlich nicht machen ;)



Vollloser

Zitat von: Batzi471 am 19. April 2024, 14:22:28Oder auch Arno Dübel. Deutschlands frechster...

Hach jaaa. Arno Dübel - DER "moralische Anker" eines jeden nicht vermittelbaren, eines jeden und jede nicht vercommerzialisierbare/n...

Er ist letztes Jahr am 24. Mai gestorben. RIP
Hier ein Nachruf: https://youtu.be/-3dXEYBLMew  :yes:

PS: Arno Dübel war übrigens sogar auch chronisch krank (Tuberkulose in jüngeren Jahren, Leberzirrhose...), woran er dann letztlich auch verstorben ist. Wurde medial aber (vor seinem Tod) nie erwähnt !
Sei wirklich Kunde - und keine Ware !