Ratgeber Ortsabwesenheit

Begonnen von Ottokar, 15. November 2008, 13:03:10

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Ottokar

Die Pflichten zur Erreichbarkeit wurden zum 01.07.2023 in § 7b SGB II neu geregelt.
Ergänzend wurde mit Wirkung ab 08.08.2023 dazu die Erreichbarkeits-Verordnung (ErrV) bekannt gegeben.

Lt. § 7b SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte nur dann Leistungen, wenn sie sich im näheren Bereich des zuständigen Jobcenters aufhalten und werktäglich dessen Mitteilungen und Aufforderungen zur Kenntnis nehmen können.
Die Erreichbarkeit wird damit durch zwei Merkmale definiert:
1. Die Möglichkeit, Mitteilungen und Aufforderungen zur Kenntnis nehmen zu können.
2. Der Aufenthalt im näheren Bereich.
Ein Aufenthalt im näheren Bereich liegt vor, wenn das Jobcenter binnen 2 1/2 Stunden erreicht  werden kann. Zulässig ist dabei auch ein Aufenthalt im grenznahen Bereich eines an Deutschland grenzenden Landes, sofern man sich nicht weiter als 30 Kilometer von der Landesgrenze zu Deutschland aufhält. (§ 1 ErrV)
Die werktägliche (Mo-Sa) Kenntnisnahme von Mitteilungen und Aufforderungen ist auch dann gegeben, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte sicherstellen, dass diese durch Dritte zur Kenntnis genommen werden, welche die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person unverzüglich informieren.
Bei Mitteilungen und Aufforderungen, die am Samstag oder vor einem gesetzlichen Feiertag zugehen, reicht die Kenntnisnahme vor Beginn des nächsten Werktags.

Grundsätzlich benötigt jede erwerbsfähige leistungsberechtigte Person von ihrem Jobcenter eine Zustimmung zur Ortsabwesenheit.
Kinder unter 15 Jahren und nach § 8 SGB II Erwerbsunfähige benötigen demnach keine Zustimmung zur Ortsabwesenheit.
Auch Personen, bei denen der Grund für die Ortsabwesenheit die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist, benötigen lt. § 7b Abs. 2 S. 3 SGB II keine solche Zustimmung.
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die weder arbeitslos noch erwerbstätig sind (Elternzeit, Schüler, auch - verm. ungewollt - Teilnehmer von Eingliederungsmaßnahmen), haben lt. § 7b Abs. 3 S. 3 SGB II einen Rechtsanspruch auf die Zustimmung. Diese gilt lt. § 4 Abs. 4 S. 2 ErrV mit der Antragstellung als erteilt.
Ebenfalls einen Rechtsanspruch auf die Zustimmung haben Erwerbstätige für die Dauer ihres arbeitsvertraglichen Urlaubsanspruchs.
Für Samstage, Sonntage oder Feiertage ist keine Zustimmung erforderlich.

Bei der Zustimmung zu einem Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs wird unterschieden, ob ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht.
Ohne wichtigen Grund soll eine Zustimmung für max. 3 Wochen nur erteilt werden, wenn die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit durch den Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann eine Zustimmung erteilt werden. Wichtige Gründe sind u.a.:
- Teilnahme an einer ärztlich verordneten Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation,
- Teilnahme an einer Veranstaltung, die kirchlichen oder gewerkschaftlichen Zwecken dient oder im öffentlichen Interesse liegt, lt. § 5 ErrV für max. 3 Wochen pro Jahr,
- Aufenthalten außerhalb des näheren Bereichs, die überwiegend der Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit dienen,
- Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit, wenn die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Weitere wichtige Gründe sind lt. § 3 ErrV die Abwesenheit:
- im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes,
- wegen Pflegebedürftigkeit oder
- im Todesfall eines oder einer Angehörigen.
Dazu muss die Erforderlichkeit der Unterstützungsleistung nachgewiesen und die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit darf nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
Lt. § 4 Abs. 3 ErrV muss zusätzlich eine Erreichbarkeit (per Telefon, E-Mail, jobcenter.digital etc.) während der Abwesenheit sichergestellt werden.
Lt. § 5 Abs. 5 ErrV ist die Dauer der Abwesenheit auf insgesamt 12 Wochen im Jahr begrenzt.

Die Zustimmung zu einem Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs soll spätestens fünf Werktage vorher beantragt werden.
Eine Zustimmung ohne das ein wichtiger Grund vorliegt kann frühestens drei Monate im Voraus erteilt werden.

Auch wenn die Erreichbarkeit nach § 7b SGB II keine Leistungsvoraussetzung ist, entfällt für eine Person, die nicht erreichbar ist oder sich nicht im näheren Bereich des zuständigen Jobcenters aufhält, der Leistungsanspruch.

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Interessierten empfehle ich die fachliche Stellungnahme zur ErrV in Sozialrecht Justament Nr. 8 2023.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.