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Neue Weisungen der BA zu SGB II

Begonnen von Ottokar, 23. Februar 2012, 11:03:51

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Ottokar

Per 20.02.2012 hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) neue Weisungen zu §§ 11, 31, 31a, 31b und 63 SGB II veröffentlicht:
http://www.arbeitsagentur.de/nn_166486/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Allgemein/IW-SGB-II-Fachliche-Hinweise.html

Besonders besorgniserregend ist dabei eine Anweisung zu § 31a SGB II.
Unter 5. (2), Rz 31.54, weist die BA ihre Jobcenter an, unabhängig von der tatsächlich für Unterkunft und Heizung gezahlten Leistung, die komplette Miete direkt an den Vermieter zu zahlen, sobald in einer Bedarfsgemeinschaft (BG) auch nur eine Person sanktioniert wird.
Hierbei missachtet die BA nicht nur den Individualitätsgrundsatz der Leistung, der auch vom Bundessozialgericht (Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 8/06 R) eindeutig klargestellt wurde, indem es auch rechtswidrigerweise über die Leistungen für Unterkunft und Heizung von nicht sanktionierten BG-Mitgliedern verfügt.
Die BA nimmt dabei auch einen unzulässigen und rechtswidrigen Rückgriff auf und in die Regelleistung nicht sanktionierter BG-Mitglieder vor, der immer dann erfolgt, wenn die vom Jobcenter gezahlten Leistungen für Unterkunft und Heizung geringer sind, als die tatsächliche Miete.
Das ist dann der Fall, wenn die Sanktion auch die Unterkunftskosten mindert, oder aufgrund vermeintlich unangemessener Unterkunftskosten die Miete höher ist als die vom Jobcenter als angemessen anerkannte und der Sanktionierte nur noch diese erhält.
In diesen Fällen sollen die Jobcenter die komplette Miete an den Vermieter zahlen, was aber nur dann möglich ist, wenn die Differenz zwischen der gezahlten Leistungen für Unterkunft und Heizung und tatsächlichen Miete aus der Regelleistung genommen wird, was, aufgrund der Sanktion, immer die Regelleistung der nicht sanktionierten BG-Mitglieder betrifft. Diese ersetzen so mit ihrer Regelleistung den Teil der Unterkunftskosten des Sanktionierten, welcher durch die Sanktion gemindert wird.
Damit fordert die BA von ihren Jobcenter eine Sippenhaft für durch Sanktionen ungedeckte Unterkunftskosten, die in der Rechtsprechung (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen vom 08.07.2009, AZ. L AS 335/09 B ER) bereits als rechts- und verfassungswidrig angesehen wird.

Festzustellen ist, dass das SGB II keine Rechtsgrundlage bietet, im Fall einer Sanktion vom Individalitätsprinzip abzuweichen.
Auch fehlt es an einer Rechtgrundlage, im Fall einer Sanktion mehr als die nach § 22 SGB II dem Sanktionierten tatsächlich für ihn gezahlten Kosten für Unterkunft und Heizung an den Vermieter zu zahlen.
§ 31a Abs. 3 Satz 3 SGB II sieht wörtlich nur die Zahlung der an den sanktionierten Leistungsberechtigten tatsächlich für Unterkunft und Heizung erbrachten Kosten an den Vermieter vor. Für eine andere, zudem im Widerspruch zum SGB II stehende Auslegung, wie sie die BA hier getroffen hat, ist kein Raum.
Die o.g. Weisung der BA ist somit durch keine Rechtsgrundlage gedeckt und insofern eindeutig rechtswidrig.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Unwissender

Und was nutzt uns das, dass dies rechtswidrig ist? Erfährt man als Betroffener davon, dass die Miete direkt an den VM gezahlt wird per Bescheid? Denn sonst kann man ja nicht einmal dagegen vorgehen?
Dumm darf man sein, man muss sich nur zu helfen wissen!

Ottokar

Zitat von: Unwissender am 24. Februar 2012, 10:01:11Erfährt man als Betroffener davon, dass die Miete direkt an den VM gezahlt wird per Bescheid?
Nicht unbedingt, aber dagegen vorgehen kann man in jedem Fall.
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Unwissender

Da tauchen doch gleich ein paar Fragen zu den Arbeitshilfen der EGV auf:

Rz. 15.19b: Klarstellung, dass eine Zuweisung bei der AGH keine vorbereitende Handlung und damit kein Angebot, sondern einen Verwaltungsakt darstellt.

Ist das überhaupt legal? Denn so wie ich das verstehe, heisst das, dass man diese vereinbarte AGH annehmen muss. Das wäre aber nach dem GG (freie Arbeitsplatzwahl) rechtswidrig?

Rz. 15.31 alt: Streichung des Hinweises, dass bei Weigerung eine EinV abzuschließen keine Sanktion eintritt, weil die Regelung ersatzlos in § 31 gestrichen wurde

Wenn der o.g. Hinweis jetzt gestrichen wurde, würde dies ja heissen, dass die Weigerung eine EGV zu unterschreiben nun sanktioniert werden könnte?
Dumm darf man sein, man muss sich nur zu helfen wissen!

Meck

Da wurde eine ganze Menge geändert und angepasst betreffend §15 SGB II und da lohnt es sich auf jeden Fall, alles mal in Ruhe durchzugehen. Ich hatte es schon kurz überflogen und mir ist so Einiges aufgefallen.

Mal zu besseren Übersicht die aktuellen Änderungen -->>

Zitat von: http://www.harald-thome.de/media/files/SGB%20II%20DA/FH-15---20.08.2012.pdf• Rz. 15.2: Klarstellend wurde die Vertragsart aufgenommen; bei der EinV handelt es sich um Austauschvertrag i. S. d. § 55 SGB X
• Löschung Kapitel 2.3.2. (alt), weil die Organisationsform der AAgAw ausgelaufen ist; Streichung des Kapitels 3.3 in der Anlage
• Kapitel 2.3.2. (Rz. 15.10c bis 15.10h): Anpassung und Klarstellung zum datenschutzrechtlichen Umgang bei der Zusammenarbeit mit Beratungs- und Betreuungseinrichtungen
• Rz. 15.11a: Klarstellung zur Befristung der EinV bei erwerbsfähigen leistungsberechtigten Personen unter 25 Jahren, aufgrund der für diesen Personenkreis geltenden Rechtsfolgenbelehrung bei Pflichtverletzungen
• Rz. 15.14: Neu eingefügt: Die Gültigkeit der EinV nach Weg-fall der Hilfebedürftigkeit ist in Fällen des § 16g Abs. 2 in der EinV aufzunehmen.
• Rz. 15.17: Ergänzung zur Archivierung und Aufbewahrung der EinV als Original
• Rz. 15.18: Klarstellend aufgenommen: Die in der EinV vereinbarten Gegenleistungen müssen angemessen sein.
• Rz. 15.19b: Klarstellung, dass eine Zuweisung bei der AGH keine vorbereitende Handlung und damit kein Angebot, sondern einen Verwaltungsakt darstellt.
• Rz. 15.22: Verweis auf FH zu § 10 zu den Eigenbemühun-gen aufgenommen
• Rz. 15.22a: Neu eingefügt, dass auch vorbereitende Hand-lungen zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit Eigen-bemühungen sind.
• Rz. 15.22b: Klarstellend aufgenommen, dass alle erforderlichen Leistungen zur Eingliederung (z. B. Vermittlungsangebote und Eigenbemühungen) in der EinV bei Verweis auf ei-ne andere Tätigkeit aufzunehmen sind.
• Rz. 15.24: Rechtsgrundlage für Anpassung der EinV aufgenommen (§ 59 SGB X)
• Rz. 15.25: Neue Rechtsauffassung: Es bedarf der Kündi-gung der gültigen EinV, soweit die Festsetzung abweichen-der Regelungen durch einen ersetzenden Verwaltungsakt er-forderlich (§ 59 SGB X); Ergänzung der Beispiele.
• Rz. 15.59: Bei Aufnahme einer Nebenbestimmung in die EinV als VA bedarf es keiner gesonderten Aufhebung. Die Gültigkeit der EinV als VA ist bei Fällen des § 16g Abs. 2 ge-sondert aufzunehmen.
• Redaktionelle Anpassungen (z. B. einheitliche Verwendung des Begriffes JC)
LG Meck :bye:

Ottokar

Zitat von: Unwissender am 23. August 2012, 14:36:48Rz. 15.19b: Klarstellung, dass eine Zuweisung bei der AGH keine vorbereitende Handlung und damit kein Angebot, sondern einen Verwaltungsakt darstellt.

Ist das überhaupt legal? Denn so wie ich das verstehe, heisst das, dass man diese vereinbarte AGH annehmen muss. Das wäre aber nach dem GG (freie Arbeitsplatzwahl) rechtswidrig?
Das heißt nicht mehr und nicht weniger, als das die BA die Zuweisung zu einer AGH als Verwaltungsakt ansieht, so wie SG, LSG und BSG auch.

Zitat von: Unwissender am 23. August 2012, 14:36:48Rz. 15.31 alt: Streichung des Hinweises, dass bei Weigerung eine EinV abzuschließen keine Sanktion eintritt, weil die Regelung ersatzlos in § 31 gestrichen wurde

Wenn der o.g. Hinweis jetzt gestrichen wurde, würde dies ja heissen, dass die Weigerung eine EGV zu unterschreiben nun sanktioniert werden könnte?
Der Hinweis wurde gestrichen, weil die Sanktion für das Nichtunterschreiben einer EinV ebenfalls gestrichen wurde.
Da es diese Sanktion in § 31 SGB II somit nicht mehr gibt, wird auch der Hinweis, dass diese Sanktion unzulässig ist, nicht mehr benötigt.
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Gast22195

Die Bundesagentur für Arbeit hat eine neue ,,Sanktionsarbeitshilfe" herausgegeben. Nachdem dieses Jahr schon die Schallmauer ,,Eine Millionen" Sanktionen durchbrochen wurde, wollen sie das Fördern und Fordern offensichtlich weiter perfektionieren und insbesondere auf die Zielgruppe der U-25'er ausweiten. Vergessen wird von der BA dabei nur, dass das Fördern im SGB II über das ständige Streichen von Eingliederungsmitteln kaum noch oder auf einem Niveau stattfindet, welches man kaum noch fördern nennen kann.

http://www.arbeitsagentur.de/nn_165870/zentraler-Content/HEGA-Internet/A04-Vermittlung/Dokument/HEGA-11-2012-VA-Uebertragung-der-Ausbildungsvermittlung.html

Meck

Bundesagentur ändert Geschäftsanweisung zum Vermittlungsgutschein für Private Arbeitsvermittler - Geschäftsanweisung bleibt in großen Teilen rechtswidrig

Die Bundesagentur für Arbeit hat per 20.11.2012, veröffentlicht am 22.11.2012, die Geschäftsanweisung zum Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein - Maßnahmen Privater Arbeitsvermittler sowie das dazugehörige Hinweisblatt zum Gutschein geändert.

Nunmehr sollen, entgegen der bisherigen Belehrungen in den Hinweisblättern zum Gutschein seit der Rechtsänderung im April 2012, ab sofort die Arbeitsuchenden wieder mehrere Private Arbeitsvermittler beauftragen dürfen. Auch sei jetzt nun doch ein Vermittlungsvertrag zu schließen, wie vom Gesetz auch immer vorgesehen war.

Weiter lesen unter -->> http://www.sozialticker.com/bundesagentur-aendert-geschaeftsanweisung-zum-vermittlungsgutschein-fuer-private-arbeitsvermittler-geschaeftsanweisung-bleibt-in-grossen-teilen-rechtswidrig_20121212.html
LG Meck :bye:

Gast22195

#9
Neu hinzugekommen in den FH der BA ist der § 56 SGB II

Anzeige- und Bescheinigungspflichten bei Arbeitsunfähigkeit

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Publikation/pdf/Gesetzestext-56-SGB-II.pdf

Auch anderes ist auf den aktuellen Stand gebracht:

"Die Fachlichen Hinweise (FH) zu §§ 23, 26 und 31, 31a, 31b, 42a SGB II sowie die Fachlichen Hinweise zur KV/PV (Abschnitt B) wurden geändert und die Fachlichen Hinweise zu § 56 SGB II erstmalig erstellt."


http://www.arbeitsagentur.de/nn_166486/zentraler-Content/HEGA-Internet/A07-Geldleistung/Dokument/HEGA-03-2013-VG-Fachliche-Hinweise-23-26-31-KV-56.html

Gast22195

Sehr bemerkenswert die RZ 56.11

Die Anwendung des § 56 Abs. 1 Satz 5 SGB II erstreckt sich infolge der Verweisung ausschließlich auf § 275 SGB V nicht auf privat krankenversicherte Personen.
Für privat Krankenversicherte fehlt es bislang an einer gesetzlichen Regelung.

Meck

#11
Ergänzend dazu HEGA 03/13 - 8 - Fachliche Hinweise zu § 56 SGB II -->>

Zitat2.5 FH zu § 56 SGB II

Neben der sogenannten Wegeunfähigkeitsbescheinigung steht den Jobcentern jetzt eine weitere Handhabe bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person zur Verfügung.

Die FH zu § 56 SGB II geben ausführliche Hinweise

- zu Regelbeispielen, unter deren Voraussetzungen Zweifel an der attestierten Arbeitsunfähigkeit bestehen können,
- zum Anwendungsbereich (Personenkreis),
- zu rechtlichen Konsequenzen (z. B. Sanktionen),
- zum Verfahren der Auftragserteilung durch die Jobcenter,
- zum Verfahren bei den Krankenkassen und beim MDK, inklusive Ergebnismitteilung an die Jobcenter und zum Abrechnungsverfahren (Rechnungslegung und Fallpauschalen).

Eine Sammlung aller relevanten Regelungen zur Anzeige- und Bescheinigungspflicht bei Arbeitsunfähigkeit sowie Musterdokumente finden Sie unter Geldleistungen > SGB II > Materielles Recht > Fachliche Hinweise SGB II - § 56 SGB II Anzeige- und Bescheinigungspflicht bei Arbeitsunfähigkeit.

Die Musterdokumente ,,Auftragsformular an die Krankenkasse" und ,,Auszahlungsauftrag" sind Anlage dieser HEGA.

Quelle: http://www.arbeitsagentur.de/nn_25650/zentraler-Content/HEGA-Internet/A07-Geldleistung/Dokument/HEGA-03-2013-VG-Fachliche-Hinweise-23-26-31-KV-56.html




ZitatEs gilt nun die ,,Vereinbarung des GKV-Spitzenverbandes und der Bundesagentur für Arbeit nach § 56 Abs. 2 SGB II.  Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkasse beteiligt sich daran.

Vorgehen in den Jobcentern

    Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss durch den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Jobcenter vorliegen
    Der Zweifel muss durch das Jobcenter begründet sein und dokumentiert werden.
    Postalischer Auftrag an die zuständige Krankenkasse des Leistungsberechtigten zur Einschaltung des MDK sollte durch eine Führungskraft freigegeben sein
    Dieses gilt nicht für Privatversicherte – hier fehlt es bislang an einer gesetzlichen Regelung
    Prüfung durch die Krankenkasse. Diese legt das Ergebnis dem Jobcenter vor
    Die Krankenkasse kann zusätzlich den MDK einschalten.
    Der MDK wird den Betroffenen, ohne Belehrung über die Rechtsfolgen, zu einer Begutachtung auffordern. Das Jobcenter erhält darüber Kenntnis.
    Das Jobcenter muss nun die fehlenden Rechtsfolgen des MDK ergänzen und lädt den Betroffenen förmlich zu diesem Termin ein.
    Das Jobcenter muss in diesem Fall die Fahrtkosten zur Begutachtung nach § 59 SGB II i.V. m. § 309 SGB III übernehmen.

ZitatFolgen für den Betroffenen

Stellt nun der MDK fest, dass keine Arbeitsunfähigkeit besteht, trotz Vorlage dieser zuvor beim Jobcenter, kann nach §§ 31 bzw. 32 sanktioniert werden. Der Betroffene muss nun das Gegenteil beweisen. Dabei gilt, dass die subjektive Rechtsvorstellung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, nicht für die objektive Feststellung von wichtigen Gründen durch das Jobcenter,  ausschlaggebend sind.

-->> http://altonabloggt.wordpress.com/2013/03/22/subjektivitat-vs-objektivitat-der-mdk-spielt-mit/
LG Meck :bye:

Meck

Kurze Info !!

Ich habe sämtliche Diskussionsbeiträge zum Thema § 56 SGB II - Anzeige- und Bescheinigungspflichten bei Arbeitsunfähigkeit hier abgetrennt und mit dem Thema im Nachrichtenbereich verknüpft -->> Neue Richtlinien: Arbeitsunfähigkeit bei Hartz IV.

So bleiben hier im Thema die Weisungen übersichtlich und gehen nicht durch Diskussionen unter. Inzwischen liefen im Forum 4 Themen zu diesem Sachverhalt und ich habe mal etwas sortiert.
LG Meck :bye:


coolio

Hat schon einer die üblichen Schweinereien  der BA darin gefunden?
Vordergründig klingt es nach Schonung der Leistungsberechtigten?