LSG Nds-Bremen: Hartz-IV-Empfänger muss Verbrauch des Vermögens offenlegen

Begonnen von Meck, 03. Juni 2015, 16:13:23

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MichaK

Zitat von: Gast39512 am 21. April 2018, 21:17:52
Es kommt ja aber darauf an, wie es gehandhabt wird.

es kann ja nun am Ende Niemand in den Kandidaten hineinsehen und seine wahre Absicht erkunden. Ob wer tatsächlich mit seinem Tun auf die Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit abzielt, wird im Einzelfall schwer zu beurteilen sein.
Es müssen also deutliche Anhaltspunkte dafür gegeben sein, dass Jemand sein Geld mit dem bewussten Ziel ausgegeben hätte, möglichst schnell Anspruch auf ALG II zu haben.
Anderenfalls müsste ja jeder Bürger sein Geld quasi so zusammenhalten, dass eine eventuelle Bedürftigkeit möglichst spät eintritt, was quasi jeden Bürger zu einem Leben auf dem Hartz-Niveau verpflichten würde. Wohl kaum mit dem GG vereinbar :grins:

Gast42062

Der Spielraum ist ja da, da hat der Gesetzgeber mit dem Schonvermögen die Richtung vorgegeben wenn auch ein mancher Politiker im Vorstand der öffentlichen im Hinterkopf, das die uns nicht unsere Banken plündern.

Ottokar

Zitat von: Gast39512 am 21. April 2018, 21:01:44
Jedoch wo ist die Grenze. Ab welchem Zeitpunkt darf man kein Geld mehr verprassen? Schon, wenn man Arbeitslosengeld bezieht? Wenn jetzt z.B. der 50 Geburtstag ansteht, und schon 2 Jahre die Party geplant ist & man einen Tag vorm 50. Geburtstag arbeitslos wird. Dann lieber die Party absagen? Es wird doch irgendwo eine Frist geben.
Deine Herangehensweise ist falsch.

Rechtsgrundlage ist § 34 SGB II, danach muss grob fahrlässiges Handeln vorliegen.
Grob fahrlässiges Handeln liegt lt. BSG u.a. immer dann vor, wenn unter vergleichbaren Umständen eine verständige verantwortungsvoll handelnde Person nicht so gehandelt hätte.
Bsp: Wenn man arbeitslos ist, weis das der ALG I Bezug endet und man noch keinen neuen Job hat, man deshalb in Kürze ALG II beantragen muss, ist es verantwortungslos und damit grob fahrlässig, Vermögen für Freizeitvergnügen zu verprassen, das man aufgrund der weiteren Arbeitslosigkeit sonst zur Vermeidung der Hilfebedürftigkeit nach SGB II für die Lebenshaltung benötigt hätte.

Konkret wird das nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen sowie der besonderen Umstände des Falles beurteilt (subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab).
Wenn also für die Person absehbar ist, dass sie ALG II beantragen muss, sofern sich an ihrer aktuellen Situation nichts ändert, und sie trotzdem ihr nach SGB II nicht geschütztes Vermögen in einer Weise aufbraucht, welche die drohenden Hilfebedürftigkeit verschlimmert, oder sogar erst herbeiführt, und ihr das bewusst ist, liegt grob fahrlässiges Handeln vor.
Z.B. darf man bestehende Schulden tilgen und notwendige Anschaffungen (z.B. neue Waschmaschine, weil alte defekt oder veraltet und teuer im Verbrauch) machen.
Und man darf auch einen Urlaub pro Jahr machen und auch eine Geburtstagsfeier, aber deren Kosten müssen sich an der drohenden Hilfebedürftigkeit orientieren. Statt einer 6000€ teuren Kreuzfahrt ist dann eben nur ein 1wöchiger Innlandsurlaub für 1000€ drin, oder statt einer opulenten Geburtstagsfeier für 3000€ nur eine bescheidene für 500€.

Kurz: es gibt dafür keine Frist, vielmehr ist der gesunde Menschenverstand gefragt.
Wem der fehlt, oder wer denkt, er könne sich dumm stellen, der muss halt die Konsequenzen tragen.
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Gast39512

Dankeschön!! Also nicht gaaanz verkehrt meine Herangehensweise. Es liegt zum einem am Urteilsvermögen des Antragsstellers, zum anderen gibt es aber auch Grenzwerte. Also z.B. 500€-Geburtstagsfeier würde ich ja als verprassen bezeichnen. Ich wäre bis jetzt z.b. davon ausgegangen, dass das jeder Richter genauso sieht. Doch da dort der Grenzwert ist, würde mich keine Strafe erwarten, wenn ich 500€ für meinen nächsten Geburtstag ausgebe, wenn ich Arbeitslosengeld beziehe.

Gast31592

Zitat von: Gast39512 am 22. April 2018, 10:28:59
Also z.B. 500€-Geburtstagsfeier würde ich ja als verprassen bezeichnen.

Na dann halt dich doch einfach an deine eigenen Maßstäbe und tisch uns nicht abwegige Beispiele auf.


Zitat von: Gast39512 am 22. April 2018, 10:28:59
Es liegt zum einem am Urteilsvermögen des Antragsstellers,

Wer sich auf Grund mangelndem Urteilsvermögen aktiv hilfsbedürftig macht, bekommt vermutlich Hartz4, aber gleichzeitig auch einen Betreuer, der das Geld dann verwaltet... so einfach ist es einfach nicht,  wie du dir das zurechtbasteln willst.

MichaK

Zitat von: Gast39512 am 22. April 2018, 10:28:59Ich wäre bis jetzt z.b. davon ausgegangen, dass das jeder Richter genauso sieht. Doch da dort der Grenzwert ist, würde mich keine Strafe erwarten, wenn ich 500€ für meinen nächsten Geburtstag ausgebe, wenn ich Arbeitslosengeld beziehe.

wenn du eine plausible Story hast, kannst du dein Vermögen auch beliebig ausgeben. Es darf halt das Ausgeben nicht im Hinblick auf die mögliche Sozialleistung erfolgt sein. Wenn es irgendwelche bestimmte Geldbeträge zu bestimmten Anlässen geben würde, müssten die ja irgendwo im Gesetz oder in einer Verordnung stehen. Genauso wäre es mit einem bestimmten "Stichtag". Steht auch nirgends.

Ottokar

Zitat von: Gast39512 am 22. April 2018, 10:28:59Doch da dort der Grenzwert ist
Nochmal: es gibt keinen Grenzwert!
Die Beurteilung erfolgt nach den Maßstäben des individuellen Einzelfalls.
Wenn man einen großen Bekannten- und Verwandtenkreis hat, in dem es üblich ist, dass alle zusammen Ereignisse wie den 50. Geburtstag groß feiern, dann können durchaus einige tausend Euro angemessen sein.
Hat man stattdessen nur 3 Gäste, können durchaus 500€ schon zuviel sein.
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Gast44817

11.Senat und gesunder Menschenverstand.Selten so gelacht.

Halten wir also mal fest.
Leistungen sind abgelehnt worden ohne das ein Beleg vorliegt das noch Vermögen vorhanden ist.

Es werden also Leistungen aufgrund von Mutmaßungen verwehrt. (Das Bundesverfassungsgericht hat das ganz klar verboten.)

Nun mal weiter.
Das BSG sagt ganz klar das nur das hier und jetzt gilt, selbst wenn er sozialwidriges verhalten an den Tag gelegt hat und sein Geld verbrannt hat, ist er bedürftig.
Das ein Rückerstattungsanspruch wegen sozialwidrigen Verhaltens bestehen könnte steht auf einem ganz anderen Blatt.

Nun mal zur Sozialwidrigkeit.
Das ist eine Gumminummer, ich wette der 11. Senat hat den Sachverhalt nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben.
der AS hatte ja immerhin eine Versicherung an Eides Statt im Verfahren abgegeben und der 11. Senat meint er lügt.
Wo soll das eigentlich aufhören mit der Sozialwidrigkeit.

Kann man in Zukunft von einem Arbeitnehmer verlangen das er sich wenn es Turbulenzen in seiner Firma gibt sich schonmal eine günstigere Wohnung sucht und nur gelder in Höhe des Hartz IV Satzes  zum leben verwendet um den Rest anzusparen ?
Es gibt durchaus Richter die das für gerechtfertigt halten.

Nun mal weiter.
jemand hat 50.000 € als Einkommen.
Nun hat er aber auch 48.000 € an Schulden.

Habe ich das jetzt richtig verstanden das er dann seine schulden nicht zurückzahlen soll weil er sonst bedürftig wird ?
Wäre der Pfändungsfreibetrag dann bei 48.000 € monatlich ?

Das der AS das unheimlich dämlich angestellt hat steht auf einem anderen Blatt, das heist aber nicht das ihm in der Leistungsklage die leistung nicht doch zugesprochen werden muß.
Er sollte dann nur belegen können was er mit dem Geld gemacht hat.
Denn eine verweigerung wegen sozialwidrigen Verhaltens gibt es nicht, sondern nur eine Rückforderung. 






Ottokar

Du hast die Urteilsbegründung offensichtlich nicht mal ansatzweise verstanden.
Die Leistungsablehnung erfolgte aus zwei Gründen:
1. Weil der Antragsteller nach eigenen Angaben noch über Vermögen oberhalb des Freibetrages nach § 12 SGB II verfügte, und
2. nicht belegen konnte, was er mit seinem restlichen Vermögen gemacht hatte.
Hätte nur der 2. Grund vorgelegen, hätte natürlich ALG II bewilligt und ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II geltend gemacht werden müssen.
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