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Hilfebereich => Fragen und Antworten zum Bürgergeld (ehem. Hartz IV/ALG II) => Thema gestartet von: mtk am 21. Dezember 2021, 13:44:22

Titel: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: mtk am 21. Dezember 2021, 13:44:22
Hallo, ich war bis Juni '21 Hartz 4 Empfänger, jetzt Rentner.
Jetzt kam eine geänderte/korrigierte Nebenkostenabrechnung von der Hausverwaltung für 2020.
2020 war ich Hartz 4 Empfänger und die damalige Nebenkostenabrechnung wurde vom Amt bezahlt.
Das Amt hat die Übernahme der Kosten (270€) abgelehnt, da ich ja jetzt nicht mehr bedürftig bin.
In 2020 war ich bedürftig und da sind die Kosten angefallen, kann mir da jemand Tipps geben?

Vielen Dank
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: am 21. Dezember 2021, 14:01:56
Fakt für das JC ist, was Stand heute der Fall ist.
Heute bist du nicht hilfebedürftig, somit entfällt eine Übernahme der Forderung aus der NK-Abrechnung.
Hätte die Abrechnung mit einem Guthaben für dich geendet, hättest du diese auch trotz Leistungsbezug in 2020 behalten dürfen.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: mtk am 21. Dezember 2021, 16:19:36
Danke, so ein Mist..........
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: MarcAnton am 21. Dezember 2021, 17:50:03
Zitat von: Nö am 21. Dezember 2021, 14:01:56
Fakt für das JC ist, was Stand heute der Fall ist.
Heute bist du nicht hilfebedürftig, somit entfällt eine Übernahme der Forderung aus der NK-Abrechnung.

Absoluter Quatsch. Wegen der gleichen Geschichte habe ich bereits vor dem SG geklagt und recht bekommen. Der Richter war so sauer, dass er keine Lust hatte ein Urteil zu schreiben, sondern beließ es bei "vollumfanglich entsprochen" und die Sache war in 5min bei der Güterverhandlung abgeschlossen....

P.S. Und ich quäl' mich im anderen Thema mit dem gleichen Halbwissen... :sad:


Zitat von: mtk am 21. Dezember 2021, 13:44:22
In 2020 war ich bedürftig und da sind die Kosten angefallen, kann mir da jemand Tipps geben?

Vielen Dank

Hallo mtk,

lass dich durch Halbwissen nicht entmutigen. Dein Zauberwort heißt "die tatsächlich enstandenen Kosten sind durch das JC zu übernehmen". Punkt! Es ist unerheblich ob du JETZT Rentner bist oder nicht, die Nachforderung stammt aus einer Zeit wo die "tatsächlichen Kosten" zu übernehmen waren. Punkt!

Schreib ein Widerspruch mit den "tatsächlich zu übernehmenden Kosten", warte nochmal ab und dann ab zum Gericht. Für solche Späßchen haben die dort überhaupt keine Lust und die Sache wird gleich vor Ort in der mündlichen Verhandlung entschieden.  :sehrgut:

P.S. Bei mir war es damals so, dass die BK-Abrechnung vom letzten Jahr (im Hartz 4 Bezug) im nächsten Jahr kam und zwar 2 Tage nachdem ich eine Stelle angetreten hatte und weg vom JC war.  :zwinker:
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: crazy am 21. Dezember 2021, 17:58:33
Blödsinn! Zuflussprinzip!
Wenn die Rente nur knapp über Grundsicherung liegt, wäre man jedoch wegen der Nachzahlung ggf. Bedürftig.
Der TE weiß was er hat an monatlicher Rente
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Flip am 21. Dezember 2021, 18:08:37
Als Rentner ist das Jobcenter gar nicht mehr zuständig. Kein Richter wird es also zur Übernahme verpflichten. Wenn durch die Nebenkostennachzahlung Bedürftigkeit im Monat der Fälligkeit entstünde, wäre das Sozialamt zuständig


Zitat von: MarcAnton am 21. Dezember 2021, 17:50:03P.S. Und ich quäl' mich im anderen Thema mit dem gleichen Halbwissen...

Glashaus - Steine. Viel Meinung, wenig Ahnung.

Zitat von: MarcAnton am 21. Dezember 2021, 17:50:03Schreib ein Widerspruch mit den "tatsächlich zu übernehmenden Kosten", warte nochmal ab und dann ab zum Gericht. Für solche Späßchen haben die dort überhaupt keine Lust und die Sache wird gleich vor Ort in der mündlichen Verhandlung entschieden. 

Ja gleich eine Minute nach Klageerhebung... Was sonst.

Vielleicht hattest du Glück und warst im Monat der Arbeitsaufnahme noch bedürftig. Vielleicht war auch der Vertreter des Jobcenters blöd und hat sich vom Richter ins Bockshorn jagen lassen. Stülpe deine "Erfahrungen", von denen du rechtlich wohl nichts verstanden hast, nicht einfach auf andere Problematiken über. Hier ist schonmal der Rentenbezug ein riesiger Unterschied.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: MarcAnton am 21. Dezember 2021, 18:31:46
Zitat von: crazy am 21. Dezember 2021, 17:58:33
Blödsinn! Zuflussprinzip!
Zitat von: Flip am 21. Dezember 2021, 18:08:37
Als Rentner ist das Jobcenter gar nicht mehr zuständig.

Jetzt ist aber Ruhe im Karton!  :sad:


Gericht: Sozialgericht Berlin
Aktenzeichen: S 101 AS 4461/06
Datum der Entscheidung: 23.10.06
Paragraph: §§ 7 Abs. 5, 22 Abs. 1 SGB II
Entscheidungsart: Urteil

Instanz 1: Sozialgericht Berlin - S 101 AS 4461/06
Instanz 2:
Instanz 3:
Redaktioneller Leitsatz:
Entscheidung: Urteil

Der Bescheid des Beklagten vom 9. Februar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2006 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die Betriebskostennachzahlung des Klägers zu zahlen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Übernahme einer Betriebskostennachzahlung durch den Beklagten.

Der Kläger bezog vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom Beklagten. Während dieses Zeitraums betrug die Warmmiete für seine 1-Zimmer-Wohnung 293,06 EUR (Kaltmiete 189,18 EUR, Vorauszahlung für die ,,kalten Betriebskosten" 70,88 EUR, Heizkosten- und Warmwasservorauszahlung 33,- EUR).

Zuletzt waren ihm durch Bescheid des Beklagten vom 28. Juni 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 654, 62 EUR bewilligt worden. Darin enthalten waren 284,06 EUR Kosten der Unterkunft.

Seit dem 1. Januar 2006 besucht der Kläger am Charlotte-Wolff-Kolleg an der Volkshochschule City West einen Kurs um das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg zu erlangen. Aus diesem Grunde wurde ihm vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin – Amt für Ausbildungsförderung – durch Bescheid vom 20. Februar 2006 Bundesausbildungsförderung in Höhe von 481,- EUR monatlich für den Zeitraum von Januar bis Juli 2006 bewilligt.

Mit Schreiben vom 6. Februar 2006 forderte die Vermieterin des Klägers eine Betriebskostennachzahlung in Höhe von 824,06 EUR für den Abrechnungszeitraum Januar bis Dezember 2005, hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 46 – 48 des Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen. Diese reichte der Kläger beim Beklagten ein. Durch Bescheid vom 12. April 2006 lehnte der Beklagte die Erstattung ab, da der Kläger aufgrund § 7 Abs. 5 und 6 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes habe.

Den von der jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers, Frau Rechtsanwältin Flecks, erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2006 zurück. § 22 Abs. 1 SGB II spreche von den ,,tatsächlichen Kosten", diese seien ausschließlich auf den Zeitraum der Fälligkeit der Forderung zu begrenzen. Die Betriebskostenabrechnung sei jedoch erst am 6. Februar 2006 – und damit außerhalb des Zeitraums des Leistungsbezugs – fällig geworden.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Mit dem Abstellen auf den Fälligkeitszeitpunkt der Nebenkostenabrechnung sei der Hilfebedürftige Zufälligkeiten ausgeliefert, da er keinen Einfluss auf die Erstellung der Abrechnung habe.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 12. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, an ihn die Betriebskostennachzahlung zu zahlen.


Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die streitgegenständlichen Bescheide.

Die Verfahrensbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2006 mitgeteilt, dass der Kläger derzeit noch einen Rechtsstreit mit seiner Vermieterin beim Amtsgericht Charlottenburg über die Höhe der Betriebskostennachzahlung führe.

Der Verwaltungsvorgang (1 Band) des Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen. Auf diesen sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schreiben wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben und hat in der Sache Erfolg. Der Kläger ist durch den versagenden Bescheid in seinen Rechten verletzt, da er einen Anspruch auf die Erstattung der Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2005 hat.

Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger die Erstattung der Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2005. Er bezog während des gesamten Jahres 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (einschließlich Kosten der Unterkunft) vom Beklagten. Zweifelhaft erscheint, was mit den ,,tatsächlichen Aufwendungen" gemeint ist. Es spricht überwiegendes dafür, diesen Begriff dahingehend auszulegen, dass die Kosten der Unterkunft in voller Höhe ersetzt werden sollen, unabhängig davon, wann sie fällig geworden sind. Denn anderenfalls wäre der Hilfebedürftige in der Tat Zufälligkeiten ausgesetzt, da er den Zeitpunkt der Abrechnung regelmäßig nicht beeinflussen kann. Hierauf hat auch die Verfahrensbevollmächtigte des Klägers hingewiesen. Da der Kläger im vorliegenden Fall während des gesamten Abrechnungszeitraums leistungsberechtigt nach dem SGB II gewesen war, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung der Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Dem steht nicht § 7 Abs. 5 SGB II entgegen. Hiernach haben Auszubildende, deren Ausbildung nach dem BaföG förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Denn die genannte Forderung ist während des Jahres 2005 entstanden und stellt so den damaligen Bedarf dar. Während des Jahres 2005 bezog der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Hierbei ist auch zu beachten, dass der Kläger nach wie vor unzweifelhaft hilfebedürftig ist und derzeit lediglich BaföG in weitestgehend pauschalierter Höhe erhält. Eine Erstattung der Heizkostennachzahlung im Rahmen der Bundesausbildungsförderung ist ausgeschlossen. Ob und inwieweit er einen Anspruch auf Erstattung der Nebenkostenabrechnung hätte, wenn seine Bedürftigkeit etwa durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit weggefallen wäre, kann dahinstehen.

Da die Höhe der Betriebskostenabrechnung noch nicht feststeht, war der Beklagte dem Grunde nach zur Übernahme der Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2005 zu verpflichten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: crazy am 21. Dezember 2021, 18:34:25
Genau, ganz großer Unzerschied!
Wenn man Gehalt,Lohn oder Rente bezieht ist es vorbei! Es sei denn man wird durch die Nachzahlung Hilfebedürftig. Und das weiß nur der TE...
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Frogger am 21. Dezember 2021, 18:40:10
Zitat von: mtk am 21. Dezember 2021, 13:44:22Jetzt kam eine geänderte/korrigierte Nebenkostenabrechnung von der Hausverwaltung für 2020.
Was wurde denn korrigiert? Handelte es sich um eine Korrektur der Abrechnung von 2020 für den Zeitraum 2019 oder gab es in dem Jahr schon eine Abrechnung für 2020?
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: MarcAnton am 21. Dezember 2021, 18:42:54
Zitat von: crazy am 21. Dezember 2021, 18:34:25
Wenn man Gehalt,Lohn oder Rente bezieht ist es vorbei! Es sei denn man wird durch die Nachzahlung Hilfebedürftig. Und das weiß nur der TE...

Das ist eben euer Denkfehler, zitat:


"Es spricht überwiegendes dafür, diesen Begriff dahingehend auszulegen, dass die Kosten der Unterkunft in voller Höhe ersetzt werden sollen, unabhängig davon, wann sie fällig geworden sind. "


Und genau das ist der Knackpunkt (hat auch bei mir funktioniert) -es ist unerheblich was der Ex-Hartz4-Empfänger jetzt macht, ob er Arbeit hat oder Rentner ist. Sein Anspruch auf Übernahme der BK bleibt, da er weder die Zustellung der Betriebskostenabrechnung beeinflussen kann, noch was er im nächsten Jahr machen wird. Es sind TATSÄCHLICH entstanden Kosten und diese sind zu übernehmen. Punkt.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: crazy am 21. Dezember 2021, 18:45:52
Falsch!
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Yavanna am 21. Dezember 2021, 18:46:23
Dann geh in Widerspruch und warte ab. Seit 2006 gab es bestimmt schon mehr Urteile zu dem Thema, mag nicht suchen. Außerdem wurde das SGB II seitdem mehrfach aktualisiert und ein SG Urteil ist nicht bindend für die JC, sondern eine Einzelfall Entscheidung
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Frogger am 21. Dezember 2021, 18:54:37
Zitat von: MarcAnton am 21. Dezember 2021, 18:42:54Sein Anspruch auf Übernahme der BK bleibt, da er weder die Zustellung der Betriebskostenabrechnung beeinflussen kann, noch was er im nächsten Jahr machen wird. Es sind TATSÄCHLICH entstanden Kosten und diese sind zu übernehmen. Punkt.
Schau dir doch mal bitte an wie alt die Entscheidung ist. Auch ist "nur" eine Entscheidung von einem Sozialgericht.
Es kommt wirklich auf die Entstehung der Hilfebedürftigkeit durch die Abrechnung an. Dann muss auch noch die Zuständigkeit geprüft werden. SGB XII oder SGB II.
Was auch der Grund ist, warum man bei niedrigen Nebenkosten darauf hinwirken muss, dass der Vermieter die Abschläge anpasst oder man selbst höhere Abschläge beim JC durchsetzen muss.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: MarcAnton am 21. Dezember 2021, 19:01:26
Zitat von: Yavanna am 21. Dezember 2021, 18:46:23
Dann geh in Widerspruch und warte ab.


Das rate ich dem TE auch. Nicht gleich aufgeben, weil ein anonymer User in einem Forum gesagt habe -das geht nicht!

Zitat von: Yavanna am 21. Dezember 2021, 18:46:23
Seit 2006 gab es bestimmt schon mehr Urteile zu dem Thema, mag nicht suchen.


Es mag sich einiges geändert haben, aber in dieser Hinsicht ganz bestimmt nicht. Man beachte: Das Urteil stammt aus der Zeit nach 1. Jahr Hartz4 Reformen. D.h. bis dahin mag es Neuland gewesen sein, aber nach fast 15 Jahren sind sicherlich etliche geplagte dazu gekommen -ob neue Arbeit, neue BG, Rentner, Lotto-Gewinner oder was auch immer. Dieses Geld steht einem zu, da der Vermieter auch genau so jährlich und pünktlich zum 31.12. die jeweilige BK-Abrechnung losschicken könnte...

Zitat von: Yavanna am 21. Dezember 2021, 18:46:23
Außerdem wurde das SGB II seitdem mehrfach aktualisiert und ein SG Urteil ist nicht bindend für die JC, sondern eine Einzelfall Entscheidung

Das mag nicht bindend für JC sein, aber sehr wohl richtungsweisend sowohl für Gerichte als auch für JC.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Frogger am 21. Dezember 2021, 19:32:18
ZitatLeitsatz (amtlich)
Aufwendungen durch eine Betriebskostennachforderung aus einem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis sind Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB 2, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der Entstehung als auch der Fälligkeit der Betriebskosten im SGB 2-Leistungsbezug stand und steht sowie die Aufgabe der Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt ist.
BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R

ZitatLeitsatz:
Nebenkostennachforderungen für eine Wohnung, die erst fällig geworden sind, nachdem diese nicht mehr bewohnt wird, und deren tatsächliche Entstehung nicht auf Zeiten der Hilfebedürftigkeit zurückgeht, sind kein anzuerkennender Bedarf für Unterkunft und Heizung (Abgrenzung von BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 50).
BSG Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 40/14 R
Du lagst also ganz offensichtlich falsch. Deine vorgelegte Entscheidung ist damit weder richtungsweisend noch in anderer Form berücksichtigenswert.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Flip am 21. Dezember 2021, 20:39:07
Zitat von: MarcAnton am 21. Dezember 2021, 18:31:46Jetzt ist aber Ruhe im Karton! 


Gericht: Sozialgericht Berlin
Aktenzeichen: S 101 AS 4461/06
Datum der Entscheidung: 23.10.06


Wir haben 2021. Die Entscheidung eines niederen Gerichtes der 1. Instanz aus 2006 ist ja nun wirklich nicht mehr aktuell. Siehe Beitrag von Frogger. Da hilft dir auch kein Karton.

Aber da du so gern erstinstanzliche Urteile hast, hier gern mal zum Nachdenken:

https://sgmz.justiz.rlp.de/de/startseite/detail/news/News/detail/pressemeldung-32012-sozialgericht-mainz/

ZitatWeil es sich um eine Nachforderung für das Jahr 2010 handelte, versuchte die Frau den Betrag vom Jobcenter zu erhalten. Gleichzeitig wandte sie sich an das Sozialgericht Mainz und begehrte Eilrechtsschutz (Az.: S 10 AS 200/12 ER). Sie sah sich im Recht, da sie keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Erstellung der Abrechnung habe. Denn wäre die Abrechnung noch 2010 erfolgt, hätte das Jobcenter die Kosten übernehmen müssen. Ein langwieriges Widerspruchs- und Klageverfahren könne sie aus finanziellen Gründen nicht abwarten. Das Gericht wies die Rechtssuchende aber darauf hin, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II grundsätzlich nur dann bewilligt werden können, wenn aktuell Hilfebedürftigkeit besteht. Dies sei bei der Frau aber offenbar nicht mehr der Fall, da sie mittlerweile nicht auf Leistungen des Jobcenters angewiesen ist. In diesem Fall muss ein ehemaliger Leistungsempfänger eine nachträglich geltend gemachte Forderung selbst begleichen, auch wenn sich die Forderung auf den Zeitraum des Leistungsbezugs bezieht.



Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Heinz-Otto am 22. Dezember 2021, 09:16:00
Im Gegenzug könnte man nämlich auch ein Guthaben aus Zeiten des Leistungsbezuges behalten, wenn man zum Zeitpunkt der Auszahlung des Guthabens nicht mehr im Leistungsbezug ist.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: mtk am 22. Dezember 2021, 14:15:09
Oha, mit so vielen Beiträgen hab ich nicht gerechnet.
Vielen Dank
bin allerdings nicht viel schlauer als vorher..........
Übrigens, meine Rente liegt knapp über der Bedürftigkeit, durch höhere Krankenkasse und überall Zuzahlungen (Zahnarzt etc) bin ich deutlich schlechter dran.
wenn ich widerspreche muss ich auch klagen, riesenaufwand und ungewiss.
Bin immer noch ratlos.

Gruß+Danke
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: justine1992 am 22. Dezember 2021, 14:33:07
Zitat von: mtk am 22. Dezember 2021, 14:15:09bin allerdings nicht viel schlauer als vorher..........
Die allererste Antwort sagt alles. Die weiteren sind Feinheiten, die Dich (evtl.) gar nicht betreffen.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Heinz-Otto am 22. Dezember 2021, 14:58:13
Es könnte ein einmaliger Anspruch über SGB XII geprüft werden, da zum Zeitpunkt der (Nach)Forderung aus BK der aktuelle Bedarf nicht gedeckt ist.

Ich denke dabei z. B. an
Achtes Kapitel Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten
Zitat§ 67 Leistungsberechtigte

1Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, sind Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. 2Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten und Neunten Buches gedeckt wird, gehen diese der Leistung nach Satz 1 vor.

iVm mit

Zitat§ 73 Hilfe in sonstigen Lebenslagen

1Leistungen können auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. 2Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: MarcAnton am 23. Dezember 2021, 14:58:11
Zitat von: Flip am 21. Dezember 2021, 20:39:07
Die Entscheidung eines niederen Gerichtes der 1. Instanz

Das was du hier "niederen Gerichtes" nennst ist das größte SG in Deutschland, weißt du, Ja?

Dass es wie bei jeder Geschichte auch anderslautende Urteile geben wird -reißt mich jetzt nicht vom Hocker. Der Punkt ist nur -ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Die Community ist auch nicht mehr das was sie mal war -anstatt im Sinne des TE Urteile zu suchen und ihn noch zu ermutigen, nimmst du dir extra die Zeit um nach genau gegenteiligen Urteilen zu suchen. Und? Fühlst du dich jetzt besser, ist dem TE damit geholfen oder galt das nur mir, weil ich den TE mit einem Urteil ermutigen wollte sein Begehren möglichst durchzusetzen?

P.S. Nichtsdestotrotz habe ich wegen einer vergleichbaren Geschichte geklagt und recht bekommen.


Zitat von: Heinz-Otto am 22. Dezember 2021, 09:16:00
Im Gegenzug könnte man nämlich auch ein Guthaben aus Zeiten des Leistungsbezuges behalten, wenn man zum Zeitpunkt der Auszahlung des Guthabens nicht mehr im Leistungsbezug ist.

Wir sind offenbar auf der gleichen Wellenlänge (auch im anderen Thema), denn genau an das habe bei den o.g. Urteilen auch gedacht. Denn sie stellen somit die ganze KdU auf den Kopf, denn wenn man Nachzahlungen selbst begleichen soll -auf welcher Rechtsgrundlage müßte man dann Guthaben hergeben?

Es heißt doch immer: Guthaben als auch Nachzahlungen (sofern angemessen) gehören immer dem JC, weil das JC lediglich in eine Art Vorleistung geht und erst mit der Betriebkostenabrechnung der Saldo gemacht wird.

Die Urteile sind aber auch sonst nicht stimmig, denn so wie die Anwältin aus meinem Urteil argumentiert hat wonach das Fälligkeitsdatum einer Betriebkostenabrechnung pures Lotto wäre und jeder ehemalige Hartz4-Empfänger an das Zufallsprinzip hinge -ob seine Kosten übernommen werden oder nicht. Das ist nicht nur eine Ungleichbehandlung dererer, die einfach "Glück" hatten die Betriebkostenabrechnung vor Jobantritt zu bekommen, sondern hier wird Tür und Tor für Betrug eröffnet, da kleinere Vermieter sicherlich mit sich reden lassen würden (ala jetzt gleich alles vom JC auf den Tisch oder vortragen dass man ohnehin ein P-Konto habe und nicht soviel im neuen Job verdienen würde...) und somit Nachzahlungen manipulierbar sind. Von den Fällen, wo die Hartz4 Bezieher bei ihren Eltern zur Miete wohnen -möchte ich erst gar nicht reden....

Zitat von: mtk am 22. Dezember 2021, 14:15:09
bin allerdings nicht viel schlauer als vorher..........
....
wenn ich widerspreche muss ich auch klagen, riesenaufwand und ungewiss.

Lass dich nicht verunsichern -die Sozialgerichte sind das beste an unserem "Rechtsstaat". Denn hier kann jeder Betroffene kostenlos (!) klagen und sehen wie das Gericht entscheidet. Diese "Freiheit" hast du im Zivilrecht nicht -im Zweifel trägst du alle Gerichskosten und musst sogar die Gegenseite bezahlen.

Und das ist kein Riesenaufwand. Nimm doch einfach den Text aus meinem Urteil und ersetze die relevanten Sachen mit deinen Daten und mach ein "Widerspruch" daraus. Das JC wird wahrscheinlich wieder auf ihre Position pochen -aber jetzt gehst du mit dem Bescheid nun zum Gericht. Dort hilft dir der Rechtspfleger -und das wars. Ab dann liegt alles in den Händen des Richters -und beste dabei ist: Dir entsteht kein Schaden, du kannst also nur gewinnen!  :zwinker:

Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Quinky am 23. Dezember 2021, 15:15:43
MTK,

Antrag an das Sozialamt wegen Übernahme der Nachzahlung von € .......
WENN durch die Nachzahlung einmalig für einen Monat Bedürftigkeit entsteht, sind die Kosten vom Sozialamt zu übernehmen. Allerdings nur in der Höhe, wie Du bedürftig würdest.
Beispiel:
Die Nachzahlung beträgt ja 270€
Regelsatz und Mietkosten betragen beispielsweise 900€
Deine Rente beträgt jedoch beispielsweise 950€ netto
somit sind 50€ von Dir zu übernehmen, die restlichen 220€ müßte das Sozialamt übernehmen
Anmerkung:
Bei der Ermittlung des anrechenbares Einkommens sind im SGB XII allerdings keine Versicherungspauschale zu berücksichtigen, sondern die echten Kosten einer bestehnden Hausrat- bzw. Haftpflicht Versicherung. Sollte ein KFZ vorhanden sein, sind ebenfalls die KFZ-Haftpflicht zu berücksichtigen
Beispiel:
Hausrat 5€/Monat vorhanden, Haftpflicht 10€/Monat vorhanden, Kfz-Haftpflicht keine
Berechnung:
950€ Rente netto, minus 15€ vorhandene Versicherungen = 935 anrechenbares Einkommen.
Von den 270€ müssen indem Falle nur 35€ selbst bezahlt werden, der Rest vom Sozialamt.
Du musst natürlich Deine echten Zahlen bei der Rechnung einsetzen.

Gruß
Ernie
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Flip am 23. Dezember 2021, 15:57:50
Zitat von: MarcAnton am 23. Dezember 2021, 14:58:11Das was du hier "niederen Gerichtes" nennst ist das größte SG in Deutschland, weißt du, Ja?

Es ist eine Kammer eines erstinstanzlichen Gerichtes. Kein LSG, kein BSG. Also "niederes" Gericht. Ob nun groß oder klein.

Zitat von: MarcAnton am 23. Dezember 2021, 14:58:11Dass es wie bei jeder Geschichte auch anderslautende Urteile geben wird -reißt mich jetzt nicht vom Hocker.

Muss es auch nicht. Ändert nichts daran, dass zur Einführung des SGB II im Jahr 2005 viele Gerichte recht komische Urteile von sich gegeben haben, die zwischenzeitlich schon längst nicht mehr aktuell sind. Insoweit reißt mich dein Urteil von 2006!!!! nicht vom Hocker.

Zitat von: MarcAnton am 23. Dezember 2021, 14:58:11Fühlst du dich jetzt besser, ist dem TE damit geholfen oder galt das nur mir, weil ich den TE mit einem Urteil ermutigen wollte sein Begehren möglichst durchzusetzen?

Es ist keine Hilfe, jemanden auf Grundlage eines längst überholten Urteils in einen langwierigen und aussichtslosen Rechtsstreit zu führen. Dein "kostenlos" kann im Übrigen bei der eindeutigen Rechtslage ganz schnell zu "teuer" werden. Es gibt nämlich Gerichte, die Mutwillenskosten verhängen.

Der Antrag beim Sozialamt ist der einzig richtige Ratschlag.


Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: MarcAnton am 24. Dezember 2021, 10:55:00
Zitat von: Flip am 23. Dezember 2021, 15:57:50
Der Antrag beim Sozialamt ist der einzig richtige Ratschlag.

Das ist in der Tat der elegantere Weg das Problem zu lösen. Nichtsdestotrotz würde ich aber trotzdem zweigleisig fahren und parallel einen Widerspruch dem JC schreiben. Da solche Anträge i.d.R. 3-4 Wochen bearbeitet werden -hätte man nach ca. 4 Wochen beide Bescheide (JC und Sozialamt) und man könnte sogar gegen beide (einzeln) klagen und sehen was dabei raus kommt.


P.S. Aber der Ratschlag von @Quinky ist genau das, was ich mit der Community gemeint habe: Während du akribisch nach gegenteiligen Urteilen gesucht hast, hat sich ein anderer User im Sinne des TE bemüht und gute Lösungsmöglichkeiten gefunden... :zwinker:
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Heinz-Otto am 24. Dezember 2021, 12:48:35
Zitat von: MarcAnton am 24. Dezember 2021, 10:55:00
P.S. Aber der Ratschlag von @Quinky ist genau das, was ich mit der Community gemeint habe: Während du akribisch nach gegenteiligen Urteilen gesucht hast, hat sich ein anderer User im Sinne des TE bemüht und gute Lösungsmöglichkeiten gefunden... :zwinker:

Jetzt bin ich aber beleidigt ;) Nee, Scherz
Der Vorschlag das über SGB XII zu machen kam schon am 22. von mir, nebst Nennung der Rechtsgrundlage.
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: MarcAnton am 24. Dezember 2021, 14:03:09
Zitat von: Heinz-Otto am 24. Dezember 2021, 12:48:35


Der Vorschlag das über SGB XII zu machen kam schon am 22. von mir, nebst Nennung der Rechtsgrundlage.

Uiii. Das ist mir echt entgangen -wahrscheinlich weil nur auf den §§ hingewiesen hast. Und da weiß man nicht genau was dahinter steckt. Bei @Quicky war es leichter nachzuvollziehen was er meint und sofort verständlich und plausibel. Nichtsdestotrotz warst du ja indirekt angesprochen, da du als erster diesen Weg aufgezeigt hast und im Sinne des TE (mit)gedacht hast. Das war auch mein Ansatz bei "community" -umso mehr solche User wie dich und Quiky, umso besser... :zwinker:

P.S. Das ist ja vergleichbar mit dem GEZ_Beitrag: Niemand darf wegen dieser Höhe unter dem Existenzminimum rutschen und von daher wird er auch bei Geringverdienern übernommen. Bei den Betriebskosten genau so: Der TE rutscht wegen der Nachzahlung unter dem Existenzminimum und es wäre ja kein Existenzminimum wenn jeder nach Belieben drunter rutschen könne...
Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Flip am 24. Dezember 2021, 16:18:14
Zitat von: MarcAnton am 24. Dezember 2021, 10:55:00Während du akribisch nach gegenteiligen Urteilen gesucht hast, hat sich ein anderer User im Sinne des TE bemüht und gute Lösungsmöglichkeiten gefunden...


Das ist schon echt frech langsam. Vielleicht liest du mal meine Beiträge richtig. Dass das Sozialamt zuständig ist, habe ich bereits in meinem allerersten Beitrag am 21.12. in diesem Thema geschrieben. Lange vor Quinky:


Zitat von: Flip am 21. Dezember 2021, 18:08:37
Als Rentner ist das Jobcenter gar nicht mehr zuständig. Kein Richter wird es also zur Übernahme verpflichten. Wenn durch die Nebenkostennachzahlung Bedürftigkeit im Monat der Fälligkeit entstünde, wäre das Sozialamt zuständig





Titel: Re: Nebenkosten bei Hartz 4
Beitrag von: Heinz-Otto am 25. Dezember 2021, 11:48:41
Stimmt! Haben dummerweise einige nicht wahrgenommen.
Das ist auch der Unterschied zum damaligen gewonnenen SG-Urteil.
Für Auzubis sind die JC zuständig, für Rentner das Sozialamt.
Voraussetzung ist auch immer, dass eine Bedarfsunterdeckung besteht.