BVerfG: Verwehrung von Eilrechtsschutz bei drohender Wohnungslosigkeit

Begonnen von oldhoefi, 25. Juni 2016, 23:34:49

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oldhoefi

Bundesverfassungsgericht verwehrt sozialgerichtlichen Eilrechtsschutz bei drohender Wohnungslosigkeit

Es ging bei der Verfassungsbeschwerde darum, ob es zulässig ist, dass die Sozialgerichte ein eilgerichtliches Verfahren, bevor der Vermieter die Räumungsklage eingeleitet hat, ablehnen können.

Das BVerfG hat dazu festgestellt: ,,ob im Einzelfall auch aus anderen, der drohenden Wohnungslosigkeit vorgelagerten nennenswerten Beeinträchtigungen von Verfassungswegen ein zwingendes Bedürfnis nach der Gewährung von Eilrechtsschutz entstehen kann, konnte das Bundesverfassungsgericht in dem hier entschiedenen Fall dahinstehen. Denn dem Vorbringen des Beschwerdeführers ließ sich nicht entnehmen, dass der drohenden Wohnungslosigkeit vorgelagerte nennenswerte Beeinträchtigungen drohen".

Unter ,,nennenswerte Beeinträchtigungen" fallen hier, mehrere Tausend EURO Schulden durch Räumungsverfahren, gegnerische ggf. eigene Anwaltskosten und natürlich immer als Mietschuldner markiert zu sein, ganz zu schweigen der Stress für die Menschen zu wissen, gerichtliche Hilfe gibt es ggf. erst, wenn die Räumung unmittelbar bevorsteht. Mit dem Urteil wird der Rechtsgedanke der Wohnraumsicherung des § 22 Abs. 8 SGB II weitgehend außer Kraft gesetzt.

Hier wäre eine gesetzliche Korrektur im Rahmen der Diskussion um das 9. SGB II ÄndG sinnvoll, da ist eine unmittelbare Korrektur durch den Bundesrat gefragt.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18.04.2016 – AZ: 1 BvR 704/16

Volltext --> http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/04/rk20160418_1bvr070416.html

(Zitat und Quelle: Harald Thomé - Newsletter vom 20.06.2016)

Meph1977

Nach lesen der Entscheidung kann ich das Fazit nicht nachvollziehen. Die Vermieterin hat schriftlich zugesagt auf den Ausgang des SG Verfahrens zu warten von daher ist der Kläger nicht mehr unmittelbar von einer Wohnungslosigleit bedroht.
Seid vorsichtig was ihr dem JC erzählt. Die machen aus nem französischen Rotwein eine rothaarige Französin und drehen euch noch eine BG mit der Französin an.

Gast37751

Zitat von: oldhoefi am 25. Juni 2016, 23:34:49
Unter ,,nennenswerte Beeinträchtigungen" fallen hier, mehrere Tausend EURO Schulden durch Räumungsverfahren, gegnerische ggf. eigene Anwaltskosten und natürlich immer als Mietschuldner markiert zu sein, ganz zu schweigen der Stress für die Menschen zu wissen, gerichtliche Hilfe gibt es ggf. erst, wenn die Räumung unmittelbar bevorsteht.
Gibt es ein Grundrecht darauf, von Schulden und Stress freigestellt zu werden? Um es kurz zu machen: Nein, das gibt es nicht. Also gibt es für das BVerfG auch keinen Grund einzugreifen.

Zitat von: oldhoefi am 25. Juni 2016, 23:34:49
Mit dem Urteil wird der Rechtsgedanke der Wohnraumsicherung des § 22 Abs. 8 SGB II weitgehend außer Kraft gesetzt.
Vielleicht mag mal jemand Herrn Thome ins Gedächtnis rufen, dass das BVerfG keine Superrevisionsinstanz ist, sondern ausschließlich anhand des Verfassungsrechts entscheidet.