EVG als Verwaltungsakt, aber ohne Pflichten

Begonnen von Pleitedieb, 28. September 2021, 12:16:29

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Pleitedieb

Moin Forum,

war heute morgen beim JC. Habe eine neue Sachbearbeiterin. Diese wollte mir eine ziemlich sinnlose Maßnahme anreden. Natürlich äusserte ich direkt meine Zweifel daran. Schlussendlich wollte sie mich da einfach anmelden. EGV habe ich natürlich nicht unterschrieben. Einen Verwaltungsakt dazu hat sie mir dann mitgegeben. Ich wollte mich gerade ans Schreiben eines Widerspruchs machen, da fiel mir etwas merkwürdiges an dem Bescheid auf. Und zwar fehlt einfach der Teil mit meinen Pflichten, oder den von mir übernommenen Aufgaben. In der nicht unterschriebenen EGV ist er natürlich drin, aber im Bescheid nicht. Auffällig ist, dass die zweite Seite des Bescheids etwas schmal aussieht. Vieleicht ein Druckfehler. Die Rechtsfolgebelehrungen sind vollständig drin. Meine Frage ist nun, ob ich trotzdem Widerspruch einlegen soll, oder einfach nichts tun, da auf dem Bescheid ja keine Aufgaben/Pflichten stehen? Was ist, wenn das ein Druckfehler ist? Ist der Bescheid dann so gültig, oder darf in in ein paar Tagen Post vom JC erwarten?
Mein vorläufiger Widerspruch sieht bis jetzt so aus:

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit oben aufgeführten Bescheid vom 28.09.2021 erlassen Sie eine Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt. Damit bin ich nicht einverstanden und erheben daher fristgerecht

   WIDERSPRUCH

Begründung:

In dem Verwaltungsakt bieten Sie mir eine Teilnahme an der Maßnahme: .... an. Bereits vor Ort äusserte ich Frau ... meine Zweifel an der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme. Mit keinem Wort habe ich erwähnt, dass ich an einer solchen Maßnahme teilnehmen möchte. Da auf dem genannten Bescheid keinerlei Pflichten meinerseits ersichtlich sind, sondern nur die Aufgaben des zuständigen Beraters, sehe ich somit auch keine Notwendigkeit für einen solchen Bescheid.

Daher erhebe ich Widerspruch gegen den von Ihnen erlassenen Verwaltungsakt ein.


Was sagt ihr dazu?

Liebe Grüße

[gelöscht durch Administrator wegen Erreichen der Speicherfrist]

Ottokar

Du irrst, die Teilnahme an der Maßnahme ist dein Pflicht.
Jedoch ist diese EinV aus anderen Gründen absolut rechtswidrig.
Zunächst mal wurde nur eine Pflicht vereinbart, keine Gegenleistung des JC, damit ist diese EinV bereits wegen einseitiger sittenwidriger Benachteiligung unzulässig.
Eine Zuweisung zu einer (Eingliederungs)Maßnahme muss hinreichend bestimmt sein und dazu enthalten:
- die Art der Maßnahme,
- die konkreten Inhalte der Maßnahme,
- den Träger/Veranstalter,
- den Maßnahmeort,
- den zeitlichen Umfang (Beginn und Dauer, an welchen Tagen),
- die zeitliche Verteilung (zu welcher Uhrzeit),
- welches Eingliederungskonzept mit der Maßnahme verfolgt wird,
- warum diese Maßnahme individuell erforderlich ist.
Zu beachten ist auch, dass die Zusatzkosten, welche durch die Teilnahme an der Maßnahme entstehen, vom Leistungsträger zusätzlich gezahlt werden müssen.
Außerdem sind noch die allgemeinen Zumutbarkeitskriterien nach § 10 SGB II zu beachten.
Nichts davon ist in der EinV enthalten.
Sofern hier nicht noch eine separate Zuweisung kommt, ist diese unzulässig.
Letztlich ist auch die Maßnahme ansich unzulässig, da sie mit Profiling und Beratung lediglich gesetzlich geregelte Pflichten des JC umfasst, wobei ein Profiling lt. § 15 SGB II immer dem Abschluss einer EinV vorausgehen muss.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Pleitedieb

Eine solche Zuweisung habe ich ebenfalls erhalten (im Anhang). Habe nicht gedacht, dass die dann noch wichtig ist aufgrund des VA.

[gelöscht durch Administrator wegen Erreichen der Speicherfrist]

Ottokar

Für die Zuweisung gilt ebenfalls, was ich schon oben schrieb.
Hier fehlen:
- die Art der Maßnahme,
- die konkreten Inhalte der Maßnahme,
- Begründung, welches Eingliederungskonzept mit der Maßnahme verfolgt wird,
- Begründung, warum diese Maßnahme individuell erforderlich ist.
Ohne diese Inhalt kann man nicht beruteilen, ob die Maßnahme individuell erforderlich und angemessen ist.
Rechtsgrundlage für eine ev. Sanktion ist die Zuweisung, nicht die (inhaltlich vollkommen vermurkste) EinV.
Du musst somit auch gegen die Zuweisung Widerspruch einlegen.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Pleitedieb

Wunderbare Antwort, vielen Dank.
Dann werde ich das in mein Schreiben einbauen. Sollten das zwei separaten Widerspruchsschreiben sein, oder geht das auch in einem?
Und meine letzte Frage dazu:
Die Antwort auf den Widerspruch wird ja wahrscheinlich erst nach Beginn der Maßnahme ankommen. Soll ich da trotzdem hingehen und einfach nichts unterschreiben, oder es komplett ignorieren?

Vielen lieben Dank

Ottokar

Zitat von: Pleitedieb am 28. September 2021, 16:15:03Sollten das zwei separaten Widerspruchsschreiben sein, oder geht das auch in einem?
Ich würde es trennen, es handelt sich ja um zwei verschiedene Verwaltungsakte.

Zitat von: Pleitedieb am 28. September 2021, 16:15:03Die Antwort auf den Widerspruch wird ja wahrscheinlich erst nach Beginn der Maßnahme ankommen. Soll ich da trotzdem hingehen und einfach nichts unterschreiben, oder es komplett ignorieren?
Wenn du nicht hingehst, wird das JC mit an Sicherheit grenzender Warscheinlichkeit eine Sanktion erlassen.
Du kannst zwar im Widerspruch beantragen, den Vollzug der Zuweisung auszusetzen, aber ich kenne keinen Fall, in dem ein JC so einen Antrag schon mal bewilligt hätte.
Du kannst einen solchen Antrag auch beim SG stellen, doch auch dort hat so ein Antrag nur selten Erfolg. Meist wird darauf verweisen, dass es ausreichend sei, im Falle einer Sanktion gegen diese vorzugehen.
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