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Firmenwagen

Begonnen von Jessi B, 18. Januar 2022, 08:11:37

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Jessi B

Also, ich lebe mit meinem Partner (z.Z. arbeitslos und schwerbehindert) und meinem Sohn (Schüler) zusammen. Da jedoch aktuell nur ich arbeiten gehe sind wir Aufstocker. Ich verdiene bei 120 Stunden 1200€ brutto, was 955€ netto macht. Soweit so gut.
Vor 4 Monaten kam dann mein Chef auf mich zu und teilte mir mit, dass er mich als "Springer" für die Firma braucht (6 Filialen in unterschiedlichen Städten) und mir deshalb einen Firmenwagen zur Verfügung stellt, den ich dann auch privat nutzen könne. Wenn ich dazu nicht bereit wäre, müsse er mich leider kündigen und Jemanden einstellen, der das übernimmt, da die anderen MitarbeiterInnen des Unternehmens schon alle mittlerweile zu alt und/oder unflexibel sind oder gar keinen Führerschein haben.
Tolle Sache, dachte ich mir, doch bei der nächsten Abrechnung sah die Sache leider nicht mehr so gut aus.
Da ich durch die korrekte Anwendung der 1% Regel in eine andere Einkommensklasse Falle wird mein Einkommen nun höher besteuert und am Ende fehlen mir knapp 85€ netto, also auch auf dem Konto.  :heul:
Ich habe dann die Abrechnung und auch den passenden Kontoauszug mit der Bitte um Bearbeitung aufgrund von Änderungen bei der Sozialargentur eingereicht. Nach langer Wartezeit und 2 weiteren Abrechnungen bekam ich dann endlich mal eine Rückmeldung:

"Sehr geehrte Frau B.,
in den Monaten 10/21 – 12/21 haben Sie von Ihrem Arbeitgeber Zahlungen für Ihre Autofahrten erhalten.
Diese Zahlungen werden nicht angerechnet und stehen Ihnen vollständig zu.
Ich habe weiterhin nur Ihre 1200 Brutto und 954,99 Netto im System vorgegeben."

Kann mir jemand sagen ob das so richtig ist und wenn ja, es mir verständlich erklären?
Ansonsten wäre ich dankbar für jede Information und jeden Tipp, der mir hilft, doch noch an das uns fehlende Geld zu kommen.
Vielen Dank

Depri2022

Nuja, Du hast jetzt quasi ein Auto bekommen für 85 Euro jetzt ein Auto. Inklusive Steuern und Versicherung etc. Eigentlich geht es nicht günstiger. Und die Unterhaltung eines PKW ist nunmal in dem Freibetrag auf Erwerbseinkommen enthalten.
Hast Du noch ein Privat Auto? Das könnte dann weg.
Ob die Berechnung so für Dich günstiger ist oder es sich SB nur einfach machen wollte?

Jessi B

Nein, ich habe keinen privaten PKW. Bis dato bin ich mit dem Fahrrad gefahren, kostenlos, gesund und umweltfreundlich. Privat bräuchte ich auch keinen PKW, aber da ich sonst wieder arbeitslos geworden wäre habe ich mich darauf eingelassen.
Verstehe ich das also richtig, dass mir nichts anderes übrig bleibt als zwischen Pest und Cholera zu wählen?

Depri2022

Im Prinzip ja. Kommt der neue gesetzliche Mindestlohn verdienst Du auf jeden Fall mehr.
Und sowieso, frag mal nach Gehaltserhöhung, schließlich hast Du neue Aufgaben bekommen als Springer.Wie lange bist Du schon da? Was machst Du beruflich?
10 Euro/h ist ziemlich wenig. Eine Reinigungskraft bekommt mehr

Jessi B

Ich arbeite seit ca. 2,5 Jahren als ungelernte Kraft im Einzelhandel im Bereich Tabak, Presse, Lotto. Leider sind dort nur 10€/Std. vollkommen normal, da ja ausschließlich preisgebundene Artikel verkauft werden und somit kein Spielraum bzgl. der Mage besteht.
Außerdem übernehme ich genau die gleichen Aufgaben wie vorher, nur jetzt halt fast jeden Tag an einem anderen Standort.
So kommt es auch ab und an vor, dass ich mal Ware von der einen Filiale zur Anderen mitnehme, aber das ist auch schon Alles.

Heinz-Otto

Wenn du den PKW privat kaum brauchst, könntest du ein Fahrtenbuch führen.
Das ist zwar etwas Aufwand, man gewöhnt sich aber dran.
https://www.finanztip.de/fahrtenbuch/

Bedeutet Springer, dass du jeweils von zu Hause zu den unterschiedlichen Filiale fährst?
Stichworte: Einsatzwechseltätigkeit. Regelmäßige Betriebsstätte lt. AV.
Die Fahrzeit/Wegezeit zu Kunden/Filiale mit einem PKW kann Arbeitszeit sein. Auch von zu Hause aus.
Falls es da zu Problemen kommt.
https://www.bundestag.de/resource/blob/677508/b0ce6a60520f58ab71b96487938c8e6d/WD-6-130-19-pdf-data.pdf
ZitatWegezeiten können zwischen Fahrten vom Wohnort zum Betrieb oder zu einer außerhalb gelegenen Arbeitsstätte entstehen. Daneben kann Wegezeit auch die Fahrtzeit vom Betrieb zu einer außerhalb gelegenen Arbeitsstätte sein. Wege zwischen einzelnen Betriebsstätten sind Betriebswege und arbeitszeitrechtlich und vergütungsrechtlich Arbeitszeit, soweit tarifvertraglich nicht etwas anderes bestimmt ist.

Wegezeiten können auch vom Wohnort direkt zu einer außerhalb gelegenen Arbeitsstätte anfallen. Der Grundsatz, dass der Beschäftigte von der Wohnung zu seiner Arbeitsstätte einen eigennützigen Zweck verfolgt, greift dann nicht ein, wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit vereinbarungsgemäß außerhalb des Betriebes zu erfüllen hat. Die Fahrt gehört jedenfalls dann zu seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht, wenn der Arbeitnehmer auf Anordnung seines Arbeitgebers von seiner Wohnung aus direkt zu seiner Arbeitsstätte, beispielsweise zu einem Kunden, fährt.10 Arbeitszeit und Vergütungspflicht beginnen in diesem Fall mit der Fahrt am Wohnort und enden mit der Rückkunft des Arbeitnehmers an seinem Wohnort. Es spielt somit keine Rolle, ob die auswärtige Arbeitsstelle vom Wohnort oder vom Betrieb aus angesteuert wird

BAG, Urteil vom 22.4.2009, 5 AZR 292/08 und BAG Urteil vom 25.04.2018 - 5 AZR 424/17
https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/einsatzwechseltaetigkeit_idesk_PI42323_HI520914.html
ZitatDas entscheidende Merkmal liegt darin, dass die konkrete Arbeitstätigkeit nicht an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung der ersten Tätigkeitsstätte, sondern außerhalb erbracht wird.
Arbeitsrecht: Fahrtzeiten zur außerhalb des Betriebs gelegenen Einsatzstelle sind vergütungspflichtige Arbeitszeiten (BAG, Urteil v. 25.4.2018, 5 AZR 424/17). Besteht keine ausdrückliche Vereinbarung über die Tragung der entstehenden Kosten, kann sich ein Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers aus § 670 BGB analog ergeben (BAG, Urteil v. 16.10.2007, 9 AZR 170/07).

Statt mehr Lohn, könnte der AG auch steuerfreie Sachzuwendungen (bis 50 € monatl.) geben. Das kommt ihn billiger und würdigt trotzdem deine Flexibilität.
https://www.finanztip.de/steuerfreie-sachzuwendungen/


Jessi B

Ich fahre sowohl von zu Hause aus zu den verschiedenen Filialen als auch im Tagesverlauf von einer Filiale zur Anderen. Das mit dem Fahrtenbuch möchte mein Chef nicht.

Heinz-Otto

Warum nicht? Das ist für dich günstiger und ich wüsste nicht, wo er einen Nachteil hat.
Er braucht dich ja auch. Du kennst den Betrieb bist eingearbeitet und musst flexibel sein, da sollte man dir auch entgegenkommen.

Jessi B

Einfach aufgrund schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit in Form von nicht ordentlich geführtem Fahrtenbuch und unrechtmäßiger Privatnutzung. Ein gebranntes Kind scheut halt das Feuer und das kann ich grundsätzlich auch sehr gut nachvollziehen.

Gast32644

Die 1% Regelung kann nur angewandt werden, wenn zwischen dem AN und AG ein entsprechender Vertrag abgeschlossen wurde. Meist handelt es sich dabei um Leasingfahrzeuge, die für diesen Zweck extra angeschafft werden. Die 1% Regelung lohnt sich nämlich nur für den AN, wenn das Fahrzeug in der Anschaffung möglichst teuer war.

Die TE kann jetzt nicht einfach hergehen und beschließen, dass sie doch lieber ein Fahrtenbuch nutzen würde. Der Zug ist abgefahren. Da diese Verträge aber immer eine Laufzeit haben, kann sie hergehen und beim nächsten mal auf das Fahrtenbuch bestehen, wenn sie der Meinung ist, dass ihr die 1% Regel Probleme bereitet.

karida

Wenn Du den Firmenwagen tatsächlich nicht privat nutzen möchtest, besprich das mit Deinem Chef. Dann soll der Wagen dort stehen bleiben wo Du bisher gearbeitest hast und Du fährst weiter mit dem Fahrrad dorthin. Von da aus kannst Du dann ja zu Deinem Einsatzort mit diesem PKW fahren und nach der Arbeit stellst Du ihn dort wieder ab. Dann hast Du keinen Geldwerten Vorteil und wieder Dein altes Nettogehalt. Der Chef hat den Vorteil, dass Du privat den Wagen nicht abnutzt und der kein Benzin für Privatfahrten tanken muss.
Wenn Du den Wagen bei Dir zu Hause parkst, musst Du den GV zahlen und es ist korrekt wie die Agentur das handhabt. Fahrtenbuch macht kein Arbeitgeber gerne mit. Das führt bei Betriebsprüfungen immer wieder zu Beanstandungen und den Stress tut sich keiner gerne an.

Heinz-Otto

Zitat von: karida am 20. Januar 2022, 17:22:29
Wenn Du den Firmenwagen tatsächlich nicht privat nutzen möchtest, besprich das mit Deinem Chef. Dann soll der Wagen dort stehen bleiben wo Du bisher gearbeitest hast und Du fährst weiter mit dem Fahrrad dorthin. Von da aus kannst Du dann ja zu Deinem Einsatzort mit diesem PKW fahren und nach der Arbeit stellst Du ihn dort wieder ab. Dann hast Du keinen Geldwerten Vorteil und wieder Dein altes Nettogehalt. Der Chef hat den Vorteil, dass Du privat den Wagen nicht abnutzt und der kein Benzin für Privatfahrten tanken muss.
Wenn Du den Wagen bei Dir zu Hause parkst, musst Du den GV zahlen und es ist korrekt wie die Agentur das handhabt. Fahrtenbuch macht kein Arbeitgeber gerne mit. Das führt bei Betriebsprüfungen immer wieder zu Beanstandungen und den Stress tut sich keiner gerne an.

Super Vorschlag  :sehrgut:

Fred

Fahrtenbuch oder 1% Regelung bestimmt ausnahmslos der Arbeitgeber. Viele wollen das Fahrtenbuch nicht, weil es vereinfacht gesagt zu viele Probleme macht.

Das Jobcenter darf den Firmenwagen nicht abrechnen, hierzu gibt es Urteile von LSGs. Einzig ein kleines SG in Berlin hat mal geurteilt, dass in einem speziellen Fall der Firmenwagen angerechnet werden kann.

Wenn Du aber quasi keine Wahlmöglichkeit in Bezug auf den Firmenwagen hattest, dann dürfen sie auf keinen Fall anrechnen. Du würdest ja sozusagen gezwungen werden mit weniger Geld zu leben, nur weil Du plötzlich so einen Karren vor der Türe stehen hast, den obendrein privat quasi gar nicht nutzt. Vielleicht nutzt Du ihn einmal in der Woche für einen Großeinkauf - jetzt steht er ja nun Mal da - aber das rechtfertigt nicht das Anrechnen des Firmenwagens.

Lass Dir von deinem Arbeitgeber bestätigen, dass die Jobausübung nur mit Firmenwagen möglich ist und lege Widerspruch ein.

Der Durchschnittsidiot sieht bei einem Firmenwagen immer gleich ein brutalen geldwerten Vorteil, ich hingegen sehr darin nur Nachteile. Also lehre dem Sachbearbeiter, dass das so nicht geht und wehre dich.

Was auch nicht geht, jedoch manchmal geraten wird, dass man die Privatnutzung vertraglich ausschließt, das macht kein Arbeitgeber mit. Und das Jobcenter darf sich in arbeitsvertragliche Angelegenheiten nicht einmischen!

Artikel 19. Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.

Fred

Z.B. steht in derartigen Jobangeboten auch drin, dass die Tätigkeit das Führen eines Firmenwagens voraussetzt beispielsweise für Außendienstmitarbeiter, etc. Oft wollen die Arbeitgeber ihren Fuhrpark auch einfach wegen dem Finanzamt ordentlich über die 1% Regelung Mitarbeitern zugeordnet haben. Grund hierfür ist, dass das Finanzamt bei nicht zugeordneten Fahrzeugen gern unterstellt, dass die von irgendwelchen Mitarbeitern dennoch genutzt werden; zumal man für nicht zugeordnete Firmenwägen eben das nervige Fahrtenbuch führen muss.

Auf keinen Fall darf das Jobcenter sagen, dass du ja jederzeit frei entscheiden kannst Firmenwagen ja oder nein. Und noch weniger dürfen sie behaupten, dass man die Privatnutzung ausschlagen kann. Achtung, weil manchmal sagen sie dann, dass du den Wagen ja wieder auf dem Hof des Arbeitgebers abstellen und abholen kannst; auch das muss der Arbeitgeber überprüfen und lehnt das dann oft ab.
Artikel 19. Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.

Jessi B

Erstmal vielen Dank für eure Antworten! ich habe mit meinem Chef gesprochen, der gibt mir jetzt schriftlich, dass ich "gezwungen" bin, den Wagen zu fahren und auf diese Weise abzurechnen und dass ich andernfalls meinen Job verlieren würde. Damit werde ich Widerspruch einlegen. Sobald ich neue Infos habe, lasse ich es euch wissen.