Neue KDU - muss die Behörde uns anschreiben?

Begonnen von Gast45217, 22. Januar 2022, 22:56:51

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Gast45217

Hallo,

wenn sich die angemessene KDU verändert, und man einen Mietvertrag darüber hat, muss die Behörde einen dann selber anschreiben oder den Bescheid korrigieren?

Falls ja, wo steht das? Worauf kann man sich beziehen?

CCR

darauf würde ich mich nicht verlassen und mir eine Mieterbescheinigung vom Eigentümer ausstellen lassen.

Gast45217

Die Behörde hat den Mietvertrag, eine Vermieterbescheinigung die Nebenkostenabrechnung und Kontoauszüge wo klaar aus dem Verwendungszweck herforgeht, dass es die Miete ist.

justine1992

Zitat von: Gast45217 am 22. Januar 2022, 22:56:51wenn sich die angemessene KDU verändert
Deine KdU haben sich geändert. Du hast eine Mieterhöhung bekommen und der zugestimmt? Du hast einen neuen Mietvertrag unterschrieben?

Zitat von: Gast45217 am 22. Januar 2022, 22:56:51muss die Behörde einen dann selber anschreiben oder den Bescheid korrigieren?
Du hast ja "der Behörde" den neuen Mietvertrag nicht ohne Kontext gegeben? Darauf wird "die Behörde" dann schon reagieren.
Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.

Sheherazade

Ich glaube, er meint, wenn sich die Angemessenheitsgrenzen (im Idealfall) nach oben verschoben haben, ob dann jeder Leistungsbezieher, der derzeit ggf. oberhalb der Angemessenheitsgrenze Miete zahlt, vom Jobcenter/Sozialamt angeschrieben wird.

Dazu vermute ich mal: Nein. Aber es schadet nichts, von sich aus das jeweilige Amt auf den Umstand aufmerksam zu machen - idealerweise schriftlich.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Gast45217

@Sheherazade, genau was du zusammengefast hast, meine ich auch.

Die KDU ist nach oben gestiegen.
Die Behörde hat den Mietvertrag schon bei Antragstellung erhalten und gesagt, dass nur die Angemessenheit übernommen wird. Das ist auch normal, weil vorher bei der vorherigen Behörde auch nur die Angemessenheit übernommen wurde.

Aber haben die Behörden nicht so etwas wie eine Pflicht zur Hilfe. Behinderte oder sehr eingeschränkte Menschen beim Sozialamt haben da Schwierigkeiten hinterherzukommen. Betreuer sind ebenfalls nicht so engagiert. Den Schaden hat der Behinderte.

Heinz-Otto

Dieses Thema habe ich auch. Bisher konnte ich nichts greifbares finden, wie man rechtlich fundiert begründen könnte.

Da die Angemessenheit der KdU bei uns nach dem WoGG bemessen wird, dachte ich, dass eine Anpassung von Amtswegen erfolgen müsste.
Analog zur Regelsatzerhöhung, die sich per Gesetz erhöht. Die wird ja auch ohne Antrag angepasst und neue Bescheide erteilt.

Wenn sich das WoG erhöht, was ja auch per Gesetz erfolgt, will es mir nicht einleuchten, warum diese Anpassung dann nicht auch ohne Antrag erfolgen muss.

Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. (§ 40 SGB I)

Denn KdU und viele alle andere Leistungen sind vom Erstantrag/WBA mit umfasst.
http://www.herbertmasslau.de/antragstellung-sgbii.html
ZitatIn seiner Entscheidung äußert sich das BSG auch zu der Frage, wie weit denn nun der Leistungsumfang des Hauptantrages (Erstantrag, Wiederholungsantrag) zu Beginn eines Bewilligungszeitraumes geht:

,,Das sind bei einem Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts regelmäßig alle im 1. und 2. Unterabschnitt des 2. Abschnitts des 3. Kapitels SGB II genannten Leistungen (...)."

Das sind dann Abschnitt 2 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
Unterabschnitt 1 Leistungsanspruch § 19 Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe Unterabschnitt 2 Arbeitslosengeld II und Sozialgeld § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts *), § 21 Mehrbedarfe, § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung.

Für mich ist es nicht so eindeutig dass gerade im Fall, wo man KdU aus dem RS bezahlen muss, die Anpassung der KdU beantragt werden muss.
Selbst wenn es so wäre, nutzt einem das mal wieder nichts, wenn die JC das nicht machen.
Ist das selbe Dilemma wie beider Verzinsungspflicht. Das missachten die JC meistens auch.

Fettnäpfchen

HeikoHammer

Zitat von: Gast45217 am 23. Januar 2022, 13:36:10@Sheherazade, genau was du zusammengefast hast, meine ich auch.
Das wäre dann vom Amt automatisch so zu übernehmen und die Erhöhung mit einzuberechnen. Kenne ich aus meiner Beistandtätigkeit.
Nennt sich irgendwas mit dynamisierung. Noch mal suchen...

Unterkunftskosten und Urteile
Zitat
- Urteil vom 17.02.2016, B 4 AS 12/15 R
Wurden die Kosten für Unterkunft und Heizung aufgrund eines nicht erforderlichen Umzuges auf die bisherigen begrenzt, ist bei Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen die dabei erfolgende Erhöhung auch bei der Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). D.h. die gedeckelten Kosten für Unterkunft und Heizung sind in gleichem Umfang zu erhöhen.

MfG FN
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.
Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Heinz-Otto

Fettnäpfchen,

weißt du auch, ob das JC/Sozialamt von sich aus die Bescheide ändern muss?
Denn das ist der springende Punkt.

Fettnäpfchen

Meiner Meinung nach ja denn die KdU sind in angemessener Höhe im Voraus zu entrichten und wenn die Angemessenheit steigt steigt auch der Zuschuss

Bei meinem ehemaligen Kumpel den ich oft begleitet habe wurde das vom JC automatisch gemacht und auf Nachfrage hiess es dass sie dazu verpflichtet sind.

MfG FN
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Flip

Nein. Die Behörde ist nicht verpflichtet, sämtliche bestandkräftige Bescheide ins Blaue hinein durchzuforsten.

ZitatIm Rahmen der Überprüfung von Amts wegen ist die Verwaltung nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht verpflichtet, die Akten von sich aus auf Rücknahmemöglichkeiten durchzuarbeiten. Es müssen sich vielmehr konkret in der Bearbeitung eines Falles Anhaltspunkte für eine Aufhebung ergeben (vgl. BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VH 1/07 R - juris-RdNr. 48; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23, juris-RdNr. 24 f; siehe auch Baumeister in jurisPK-SGB X, § 44 SGB X, RdNr. 133, Stand 4/2013; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2013, § 44 RdNr. 39; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X, RdNr. 24, Stand IX/2013). Anderenfalls würde der Verwaltung die Verpflichtung auferlegt, ihr bindend gewordenes Verwaltungshandeln "ins Blaue hinein" zu überprüfen.

https://www.anhaltspunkte.de/rspr/urteile/B_4_AS_22.13_R.htm

Heinz-Otto

#11
Danke @Flip

Das leuchtet dem Grunde nach ein.
Aber nicht im 21. Jhd. mit Computer und Software, wo in der e-Akte locker vermerkt werden kann, dass die KdU unangemessen ist.
Das kann locker auf Wiedervorlage gelegt werden, bzw. so eingerichtet werden, dass bei Erhöhung der Angemessenheit alle Betroffenen angezeigt werden.
Bei Kostensenkungsaufforderungen wissen sie schließlich auch, wann die 6 Monate abgelaufen sind und die Leistungen kürzen können.
Zu Gunsten der Betroffenen sieht es ja meistens anders aus.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Der Staat und die Gerichte haben die Rechte der Bürger auch zu schützen und dafür zu sorgen, dass zustehende Leistungen gewährt werden.

Die Urteile dienen oft dazu, die Behörden zu schützen und zu entlasten. Dass dabei mal über den Tellerrand geschaut wird, dass wir uns nicht mehr in den 70-er und 80-er Jahren befinden ist bei den Damen und Herren im Elfenbeiturm anscheinend zu viel verlangt.

EDIT: Warum ist das übertragbar? Bei der RS Erhöhung muss die Anpassung ja auch von Amts wegen erfolgen. Im Urteil geht es um einen Antrag.
mit dem obigen Fall hat das m. E. nichts zu tun. Das Urteil bezieht sich auf den Prüfumfang.
Dieses Urteil führte dazu, dass man genau bezeichnen muss, was überprüft werden soll.
Zitatf) Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24, juris-RdNr. 16; Merten in Hauck/Noftz, SGB X, K § 44 RdNr. 2, Stand XII/12; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2013, § 44 RdNr. 2, vor 44-49, RdNr. 1; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB X RdNr. 2, Stand IX/2013; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl. 2011, vor §§ 44-51 RdNr. 13; vgl. auch Voelzke/Hahn, SGb 2012, 685). Eine Konfliktlösung in diesem Sinne ist der Verwaltung jedoch nur möglich, wenn ihr "der Konflikt" bekannt ist. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen der Situation der Einleitung eines Überprüfungsverfahrens durch einen Antrag des Leistungsberechtigten oder der Verpflichtung der Verwaltung zur Überprüfung von Amts wegen (§ 44 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB X). Der Maßstab zur Bestimmung des Prüfumfangs ist gleich. Im Rahmen der Überprüfung von Amts wegen ist die Verwaltung nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht verpflichtet, die Akten von sich aus auf Rücknahmemöglichkeiten durchzuarbeiten. Es müssen sich vielmehr konkret in der Bearbeitung eines Falles Anhaltspunkte für eine Aufhebung ergeben

Konkrete Anhaltspunkte wären z. B. eine RS Änderung, Änderung der Rechtsprechung, Änderung der Angemessenheit.

Z. B. § 48

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

Warum sollten da gesetzliche Fortschreibungen und Anpassungen nicht dazu gehören?

Fettnäpfchen

Zitat von: Flip am 23. Januar 2022, 14:45:43Nein. Die Behörde ist nicht verpflichtet, sämtliche bestandkräftige Bescheide ins Blaue hinein durchzuforsten.
Darum geht es in dem verlinkten aber nicht sondern ob:
dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Das ist ja bei vorliegendem Fall bzw. Frage überhaupt nicht der Fall da es eindeutig um die Angemessenheitsgrenze geht die überschritten wurde und damit das Recht
(wenn überhaupt Rücksicht auf die Gesamtangemessenheit genommen wurde) richtig angewendet wurde.

D halt> für alles gibt es ein ja oder ein nein / ein Gesetzt dafür eins dagegen..

Dynamisierung ist für mich ein Wort das für mich impliziert das es automatisch gemacht werden muss.

Aber egal wenn erhöht wurde und nicht geleistet dann stellt man halt einen Antrag dann muss es gemacht werden. Mmn sogar rückwirkend bis zur Anpassung.

MfG FN
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Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.
Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Heinz-Otto

Genau Fettnäpfchen  :ok:
Darum habe ich meinen Beitrag oben nochmal editiert. Da hatte ich deinen Beitrag noch nicht gelesen.

Flip

Zitat von: Heinz-Otto am 23. Januar 2022, 14:52:35Aber nicht im 21. Jhd.

Es ist eine Entscheidung aus dem 21..Jahrhundert.

Zitat von: Heinz-Otto am 23. Januar 2022, 14:52:35Bei Kostensenkungsaufforderungen wissen sie schließlich auch, wann die 6 Monate abgelaufen sind und die Leistungen kürzen können.

Da setzt das JC auch die Frist, während eine Änderung der KdU Richtlinie oder des WoGG überhaupt nicht im Einflussbereich des JC liegt.

Zitat von: Heinz-Otto am 23. Januar 2022, 14:52:35Die Urteile dienen oft dazu, die Behörden zu schützen und zu entlasten. Dass dabei mal über den Tellerrand geschaut wird, dass wir uns nicht mehr in den 70-er und 80-er Jahren befinden ist bei den Damen und Herren im Elfenbeiturm anscheinend zu viel verlangt.

Das ist schön und gut. Meinungen und Bauchgefühl sind aber kein Recht und Gesetz.

Zitat von: Fettnäpfchen am 23. Januar 2022, 15:01:10Darum geht es in dem verlinkten aber nicht

Das BSG hat etwas Allgemeingültiges (das von mir Zitierte) auf § 44 SGB X angewendet. Es ist aber natürlich auch auf § 48 SGB X anwendbar.

Zitat von: Heinz-Otto am 23. Januar 2022, 14:52:35Warum sollten da gesetzliche Fortschreibungen und Anpassungen nicht dazu gehören?

Das WoGG ist keine Fortschreibung des § 22 SGB II. Anders als die Regelbedarfsstufen.