Vorsicht bei Informationen wegen Sanktionen von Sozi Simon auf der Forumsseite

Begonnen von Quinky, 05. Januar 2023, 13:19:59

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Quinky

Hallo,
meines Erachtens werden hier unrichtige Informationen weitergegeben. Es soll Sanktionen geben, wenn ein Meldetermin versäumt wird, obwohl der Aufstocker seinen kompletten Bedarf mit seinem Erwerbseinmkommen decken kann. Nach meinen Informationen ist das unmöglich, da ALGII ein Individualrecht ist und jeder nur seinen Bedarf decken muss, bei Aussprechen von Sanktionen jedoch NICHT den gesamten Bedarf der BG decken muss.
Die Berechnung einer Sanktion wird beurteilt, BEVOR die Bedarfsanteilsmethode angewendet wird.
Ebenfalls ist es unmöglich, das ein Azubi (er arbeitet ja vollschichtig), sanktioniert werden kann. Mehr als Erfüllung seiner Ausbildungspflicht kann er nicht nachkommen. Er kann nicht verpflichtet werden, neben seiner Ausbildung zusätzlich noch eine Arbeitsstelle anzunehmen, damit sein Bedarf gedeckt wird.
Ob Sozi Simon hier aus Nichtwissen geschrieben hat, kann ich nicht beurteilen. Er hat zwar richtige Hinweise gegeben, das nicht sanktioniert werden kann (obwohl manche Jobcenter das trotzdem versuchen werden), jedoch bin ich der Meinung, das hier teilweise ungünstige Berechnungen, die so nicht stimmen, veröffentlicht wurden.

Ernie

Sebastian

Hallo Quinky,

der Autor Sozi Simon ist nicht Mitglied des Forum. Er möchte Dir dennoch hier antworten, auch wenn es in dieser Form eher unüblich ist, quasi über Dritte zu antworten. LG Sebastian

Hier also die Antwort:

Danke für die Anmerkung Ernie.
Wenn ich dich richtig verstehe, bist du der Meinung, dass der Bedarf mit dem anzurechenden Einkommen, dass die Person erzielt, verglichen wird und wenn dann ein geringerer Betrag als die Kosten der Unterkunft herauskommen, dann darf nicht sanktioniert werden.
Ich würde mich freuen, wenn die rechtliche Lage so wäre, wie du sie verstanden hast. Leider ist dem nicht so.
 
§31a Abs4 S2 SGB II lautet:
"Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden."
 
Der "Zahlbetrag" ist der Betrag der vom Jobcenter ausgezahlt wird - siehe Screenshot aus dem Musterbescheid zum Arbeislosengeld 2 der BA.

Um diesen zu berechnen wird der persönliche Bedarf berechnet, ggf. das Kindereinkommen (bei Kindern bis 25Jahren) voll abgezogen und eben auch das nach der Bedarfsanteilmethode verteilte angerechnete Eltern-/Partnereinkommen abgezogen.
Bürgergeld ist eben im Gegensatz zu Alg1 eben kein Individualrecht wie du schreibst.
Wie du sicher weißt, richtet sich die Hilfebedürftigkeit nach Bedarfsgemeinschaften. Wäre Bürgergeld ein Individualrecht, könnte die berühmte Arztgattin für sich Bürgergeld beziehen, das Einkommen ihres Mannes würde ja nicht berücksichtigt, wie es bei Alg1 der Fall ist. Dass es eben kein Individualrecht ist, wird auch noch einmal in der neuen Vermögensregelung mit Verrechnung in der Bedarfsgemeisnchaft deutlich (bei dieser galt bisher tatsächlich ein modifiziertes Individualprinzip).
 
Ein Azubi kann leider trotz vollschichtiger Arbeit sanktioniert werden. Da er Leistungen bezieht, muss er auch seine Termine beim Jobcenter wahrnehmen, zB. für die Eingliederungsvereinbarung. Eine Ablehnung der Übernahme nach der Ausbildun wäre ein weiterer Sanktionsgrund. Wenn es sich bei der Ausbildung um eine Maßnahme (zB. Umschulung) handel, könnte er auch wegen maßnahmewidrigem Verhalten sanktioniert werden.
Redakteur bei http://www.gegen-hartz.de/

:: Alle von mir genannten Aussagen stellen KEINE Rechtsberatung dar, sondern entsprechen lediglich meiner persönlichen Auffassung! ::

Ottokar

Ich vermute mal, dass es um folgenden Artikel geht:
https://www.gegen-hartz.de/news/buergergeld-sanktionen-aber-nicht-fuer-alle

Sofern Quinky hierzu schreibt
Zitat von: Quinky am 05. Januar 2023, 13:19:59Es soll Sanktionen geben, wenn ein Meldetermin versäumt wird, obwohl der Aufstocker seinen kompletten Bedarf mit seinem Erwerbseinmkommen decken kann.
muss er den o.g. Artikel missverstanden haben, denn dort steht unter "Beispiel 3: Kind (17) in Ausbildung" ausdrücklich
Zitat132€ individuelle Leistung sind weniger als der individuelle Anteil an den Wohnkosten. Folglich kann nicht sanktioniert werden – egal aus welchem Grund.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Quinky

Das ein Azubis sanktioniert werden kann, wenn er gegen gesetzliche Regelungen verstößt ist schon richtig. Das ist aber nicht der Fall, wenn er sich korrekt verhält = vollschichtig der Ausbildung nachgeht.
Was soll in einer solchen EGV drinstehen, was nicht automatisch durch das SGBII vorgeschrieben ist?
Es ist völlig sinnlos, während der Ausbildung eine EGV zu vereinbaren. Es gibt nichts, was das Jobcenter in diesem Falle zusätzlich (außer der vollschichtigen Ausbildung) fordern könnte!
Auch müssen während der Ausbildung keine Termine (eine Massnahme nehme ich jetzt mal aus) wahrgenommen werden, weil sie sinnlos sind. Sinnlosen Forderungen muss man nicht nachkommen. Durch Verdienstmitteilung z.B. = diese muss erfolgen und wird auch durchgeführt ist eine Meldeaufforderung obsolet! Es existiert kein Grund, das der Azubi (während der Ausbildung) irgendetwas beim Jobcenter wahrnehmen muss, da es sinnlos ist!

Sebastian:Danke für die Anmerkung Ernie.
Wenn ich dich richtig verstehe, bist du der Meinung, dass der Bedarf mit dem anzurechenden Einkommen, dass die Person erzielt, verglichen wird und wenn dann ein geringerer Betrag als die Kosten der Unterkunft herauskommen, dann darf nicht sanktioniert werden.
Ich würde mich freuen, wenn die rechtliche Lage so wäre, wie du sie verstanden hast. Leider ist dem nicht so.

Nein, Du hast mich nicht richtig verstanden. Ich habe geschrieben, wenn sein anrechenbares Einkommen seinen GESAMTEN Bedarf deckt, dann kann er nicht sanktioniert werden. Deine Aussage bezieht sich meiner Meinung nach, wenn er zwar den Regelsatz, jedoch nicht seinen kompletten KDU-Anteil aus seinem anrechenbaren Einkommen deckt. Das sind zwei grundverschiedene Situationen.

Auch bin ich anderer Meinung beim Individualrecht.
Jeder hat das Recht, und zwar jeder einzelne (außer Minderjährige, hier müssen die Erziehungsberechtigten zustimmen), auf ALGII zu verzichten. Sogar innerhalb einer BG ist das rechtlich möglich (ob das sinnvoll ist, jetzt mal ausgeklammert). Allerdings werden bei einem Verzicht trotzdem die Bestimmungen des ALGII innerhalb einer BG berücksichtigt, d.h. bei einem Verzicht und Verdienstes wird innerhalb der BG nach der Bedarfsanteilsmethode gerechnet.
Dein Vermerk:

NACH der Ausbildung eine Übernahme zu verweigern, ist eine völlig andere Situation, das verstößt gegen den § 2 SGBII. Hier ist nicht nur eine Sanktion möglich, sondern er macht sich sogar ersatzpflichtig!
Während seiner Ausbildung, sofern er dieser korrekt nachgeht, ist keine Sanktion möglich. Einer Meldeaufforderung muss man nicht nachkommen, wenn durch die Verdienstbescheinigung bereits im voraus eine Meldung erfolgt ist (keine doppelte Aufforderung).

Ottokar

Zitat von: Quinky am 12. Januar 2023, 13:10:36Ich habe geschrieben, wenn sein anrechenbares Einkommen seinen GESAMTEN Bedarf deckt, dann kann er nicht sanktioniert werden.
Logisch, dann hat er ja auch keinen Anspruch auf ALG II.
Außer du wendest hier die Vertikalmethode an, wo die Bedarfsanteilsmethode gesetzlich vorgeschrieben ist. In dem Fall macht der Gesetzeswortlaut den Unterschied:
ZitatDie sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.
Danach kann auch in dem Fall sanktioniert werden, solange nicht die Kosten der Unterkunft und Heizung betroffen sind.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.