Wohnung Kündigung wegen Eigenbedarf

Begonnen von Lora123, 18. Februar 2023, 09:42:20

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Lora123

Wir haben letzte Woche die Kündigung unserer Wohnung wegen Eigenbedarf bekommen.

Eckdaten:
- wir wohnen in einem 2-Parteien Haus, unser "Vermieter", 80+ Jahre unter uns. Der Vermieter ist geistig eigentlich nicht mehr in einem Zustand, rechtskräftige Verträge und sowas zu unterschreiben (Schizophrenie und noch mehr)
- das erwachsene Kind des Vermieters wohnt 100 Meter entfernt (Eigenheim) und kümmert sich (Essen machen usw), es kommt zusätzlich die Caritas
- etwa 200 Meter entfernt ist noch ein Haus (Eigenheim), in welchem die beiden Enkel des Vermieters jeweils mit Partner wohnen

Das Dach des Hauses der Enkel wird bald neugemacht. Das habe ich erst vor rund 3 Wochen erfahren. Da wurde mir auch mündlich mitgeteilt, dass wir bald gehen müssen. Vor rund 2 Wochen also die schriftliche Kündigung.

Die Begründung ist, dass der Enkel wegen Renovierungsarbeiten am eigenen Haus das Haus verlassen muss. Zum 01.06 müssen wir hier raus sein. Die Kündigung wurde vom Kind des Vermieters geschrieben, ausgedruckt und vom Vermieter unterschrieben. Wir wohnen hier seit 2 1/2 Jahren. Kündigungsfrist also 3 Monate.

Ist das so überhaupt erlaubt? Ist das nicht ein temporärer Eigenbedarf?
Meine Frau und ich haben ein Kind, einen Hund und führerschein- und finanziell bedingt (meine Arbeit ist auf dem Land, keine Busse, keine Bahnen) nur ein Einkommen - wir suchen ohne Ende aber finden nix! Rund 800€ warm könnten wir bezahlen, drüber wirds knapp.

Einen Anwalt können wir uns leider nicht leisten. Meine Tochter müsste mitten im Schuljahr die Grundschule wechseln. Neue Bücher kaufen und alles was dazu gehört, das wird sehr teuer. Was, wenn wir nach dem 01.06 in der Wohnung bleiben, bis unsere Tochter wenigstens das Schuljahr beendet hat? Was ich damit meine, uns bleibt ja fast nichts aderes übrig, weil wir einfach keine Wohnung finden. Die meisten Vermieter wollen keine Hunde, manche sogar keine Kinder und andere wieder sagen "80m2 ist zu klein für 3 Personen".

Ich bitte um sachliche Antworten und nicht einfach "Geh zum Anwalt". Dort würde ich hingehen, wenn ich das Geld dafür hätte.

AlterGaul

Für eine Eigenbedarfskündigung gibt es exakte Vorgaben die eingehalten werden müssen und einfach mal so wegen Eigenbedarf kündigen funktioniert nicht. Ich würde erstmal nach den Kriterien für so eine Kündigung googlen und dann schauen wie du gekündigt worden bist. Sonst wende dich an den örtlichen Mieterverein die kennen sich damit aus.
"The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants."
Thomas Jefferson

Sheherazade

Zitat von: Lora123 am 18. Februar 2023, 09:42:20Die Begründung ist, dass der Enkel wegen Renovierungsarbeiten am eigenen Haus das Haus verlassen muss.

Ich mag mich irren, aber ich habe was im Hinterkopf, dass der Eigenbedarf für mindestens 3 Jahre gegeben sein muss, damit die Kündigung wirksam ist.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

OLD-MAN

In Fällen wie diesen erachte ich ein Hilfeforum nicht als den geeigneten Auskunftgeber und rate dir einen Rechtsanwalt für Mietrecht zu konsultieren!

Lora123

Der Fall ist so speziell, dass ich darüber leider nichts finde (zu viele Personen involviert). Google habe ich schon benutzt. Mieterschutzverein und sowas, ja, würde ich machen, aber das wird schwierig. I.d.R. arbeite ich 50+ Stunden die Woche. Wie läuft sowas mit einem Mieterschutzverein denn ab?

AlterGaul

Da solltest du dir Zeit für nehmen bevor du nachher wegen Fristversäumnisse auf der Straße sitzt. Du gehst zum Mieterverein wirst Mitglied und dann wirst du rechtlich beraten. Normalerweise übernehmen die, die Korrespondenz mit dem Vermieter und agieren wie ein Anwalt für dich auch wenn es nicht immer Anwälte sind.
"The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants."
Thomas Jefferson

Ratlos

#6
Zitat von: Lora123 am 18. Februar 2023, 09:42:20Die Begründung ist, dass der Enkel wegen Renovierungsarbeiten am eigenen Haus das Haus verlassen muss.
Klar kann dein VM das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Wohnung für sich oder für Familienangehörige braucht - siehe § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB
Cousin*innen gehören nicht dazu.

Von entscheidender Bedeutung ist wie lange die Renovierungsphase dauert.
Wegen z.B. einer neuen Dacheindeckung die nach 1-2 Wochen erledigt ist greift eine Kündigung wegen Eigenbedarf nicht. Gleiches gilt für kurze Umbauphasen (Wände versetzen etc.)
Der VM muss dir explizit mitteilen, was? renoviert werden soll. Der Kündigungsgrund Eigenbedarf muss transparent nachvollziehbar sein.

Stellt die Kündigung für dich eine besondere  Härte dar , kannst du er der Kündigung widersprechen
- siehe § 574 BGB  und kannst auch die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.
Allerdings muss der Widerspruch spätestens nach 2 Monaten erklärt werden.

Dein Interesse an der Fortsetzung muss  dem Interesse des Vermieters an der Kündigung überwiegen.
Das wäre z.B. u.U. der Fall wenn du deine Suche nach einer Ersatzwohnung möglichst lückenlos als erfolglos dokumentiert hast.

Bleibst du einfach in der Wohnung dauert es lange Monate bis er dich rauskriegt, denn dazu braucht er dann einen gerichtlichen Räumungstitel.

Zur besseren Beurteilung der Sachlage stelle doch bitte mal das Kündigungsschreiben anonymisiert hier rein


KuBe

Zitat von: Lora123 am 18. Februar 2023, 12:25:37Der Fall ist so speziell, dass ich darüber leider nichts finde (zu viele Personen involviert). Google habe ich schon benutzt. Mieterschutzverein und sowas, ja, würde ich machen, aber das wird schwierig. I.d.R. arbeite ich 50+ Stunden die Woche. Wie läuft sowas mit einem Mieterschutzverein denn ab?
Zum Thema Eigenbedarf gibt es zwei wichtige Aspekte. Er muss rechtsgültig sein und rechtsgültig formuliert sein.
So kann ein an sich berechtigter Bedarf aufgrund von Formfehlern ungültig sein.

Daher sollte man auch nicht reagieren, ehe man sich informiert hat. Denn sollte der Eigenbedarf berechtigt sein, aber aufgrund von Formfehlern so nicht rechtsgültig, sollte man den Vermieter nicht vor Mai 2023 darauf hinweisen.

Wieso? Na, weil er die Kündigung neu verfassen muss- und die Kündigungsfrist neu beginnt. Man gewinnt also Zeit.

Mieterschutzvereine beraten kostengünstig und wie genannt, man wird mit der Mitgliedschaft für den aktuellen Fall beraten und vertreten, zumindest außergerichtlich.

Man meldet sich an, zahlt den Jahresbeitrag und bekommt den Termin. Die Zeit sollte man sich in der Tat nehmen und wenn notfalls ein Urlaubstag eingesetzt werden müsste. Eventuell geht auch eine Beratung am Telefon, dann ist es Telefontermin und die wichtigen Unterlagen gehen per Mail raus.

Was das spezielle Thema angeht, klingt es schon schräg. Wird das Dach neu gemacht oder wird das ganze Geschoss umgebaut?
Es muss schon sehr genau begründet werden, in Abwägung der Interessen beider Parteien. Daher kommt man an eine rechtliche Beratung nicht vorbei. Aber mit dem MV geht es verhältnismäßig günstig.

Dass man Kind und Hund hat und mit beiden schwer eine neue Wohnung zu finden ist, ist allerdings kein Härtefall. Man sollte also eher schauen, ob die Kündigung rechtlich haltbar ist.

P.S. nur eine wichtige Sache sollte man vorab im Kopf haben: In einem Zwei-Parteienhaus, in dem der Vermieter wohnt, gilt ein anderes Kündigungsrecht, siehe § 573a
Diejenigen, die den Vermieter beraten und die Küdigung geschrieben haben, scheinen das nicht zu wissen. Das lässt hoffen, dass auch die Kündigung nicht wirksam, formuliert ist.
Würden sie das nutzen, müssten sie nicht mal eine Begründung haben. Allerdings verlängert sich die Kündigungsfrist von 3 auf 6 Monate, auch bei der Mietzeit von 2,5 Jahren.

OLD-MAN

Gerade wenn ....

Zitat von: Lora123 am 18. Februar 2023, 12:25:37Der Fall ist so speziell,

....ist, solltest du meinen Rat ....

Zitat von: OLD-MAN am 18. Februar 2023, 12:04:04einen Rechtsanwalt für Mietrecht zu konsultieren!

.....aufgreifen!

Was ist wohl teurer, einen ungerechtfertigten Umzug durchzuziehen oder eine Beratungsstunde bei einem Fachmann für Mietrecht?

Sollte der Umzug dennoch nicht verhindert werden können, kommst du auch über das Beratungshonorar hinweg!

Übrigens, auch Mieterschutzvereine arbeiten nicht umsonst (Mitgliedsbeitrag!)


Lora123

Reicht auch nur der Mieterschutzverein? Einen Anwalt kann ich mir nicht leisten.

Wenn der Mieterschutzverein aus den 3 Monaten Frist schon 8 machen könnte, würde uns das viel helfen (im Mai Widerspruch, dann neue Kündigung mit Frist 6 Monate also 8 insgesamt).

KuBe

Zitat von: Lora123 am 19. Februar 2023, 14:04:07Reicht auch nur der Mieterschutzverein? Einen Anwalt kann ich mir nicht leisten.
Ja, wie geschrieben. Man kann mit Eintreten des Rechtsfalls Mitglied werden. Es ist ein überschaubarer Betrag und nicht zu vergleichen mit dem Honorar des Anwalts. In der Höhe der Erstberatung beim Anwalt hat man 1-2 Jahre Mitgliedsbeitrag bezahlt.

Zitat von: Lora123 am 19. Februar 2023, 14:04:07Wenn der Mieterschutzverein aus den 3 Monaten Frist schon 8 machen könnte, würde uns das viel helfen (im Mai Widerspruch, dann neue Kündigung mit Frist 6 Monate also 8 insgesamt).
Der Mieterschutz kann das nicht. Es kann aber wie schon geschrieben überprüft werden, ob die Kündigung a) überhaupt rechtlich haltbar und b) formal korrekt ist.

Merkt man ENDE Mai an, dass die Kündigung nicht korrekt ist, muss sie neu verfasst werden. Damit gewinnt man Zeit.

Der Eigentümer könnte unter der Konstellation (zwei Parteien, eine bewohnt er) von seinem erleichterten Kündigungsrecht Gebrauch machen.

Dass man auf so eine merkwürdige und rechtlich heikle, da irgendwie unglaubwürdig klingende Eigenbedarfskündigung zurückgreift und nicht nach § 573 a, lässt hoffen, dass die Eigentümer rechtlich nicht gut informiert sind.

Jedenfalls ginge eine solche Kündigung (§ steht oben), ohne jede Begründung, dann verlängert sich die Kündigungsfrist aber um weitere 3 Monate.

Wohlgemerkt, ab dem Datum, aber dem sie rausgeht. Daher empfiehlt es sich nichts zu tun, ehe der Anwalt des Mieterschutzes sich das Ganze angeschaut hat.

Fettnäpfchen

Lora123

Zitat von: Lora123 am 19. Februar 2023, 14:04:07Reicht auch nur der Mieterschutzverein? Einen Anwalt kann ich mir nicht leisten.
Ich habe schon gelesen das User vom Mietverein "hängen" gelassen worden sind.
Und für einen RA gibt es ja noch die Möglichkeit der Beratungskostenhilfe, Prozesskostenhilfe (PKH)
Unter Umständen also bei Anspruch auf diese Unterstützung muss man das Geld aber zurückzahlen falls man später mehr oder ausreichend verdient. Das dürfte aber im Link beschrieben sein.

MfG FN
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.
Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

KuBe

Zitat von: Fettnäpfchen am 19. Februar 2023, 14:55:02Lora123

Zitat von: Lora123 am 19. Februar 2023, 14:04:07Reicht auch nur der Mieterschutzverein? Einen Anwalt kann ich mir nicht leisten.
Ich habe schon gelesen das User vom Mietverein "hängen" gelassen worden sind.
Und für einen RA gibt es ja noch die Möglichkeit der Beratungskostenhilfe, Prozesskostenhilfe (PKH)
Unter Umständen also bei Anspruch auf diese Unterstützung muss man das Geld aber zurückzahlen falls man später mehr oder ausreichend verdient. Das dürfte aber im Link beschrieben sein.

MfG FN
Jeder Mietverein ist so gut, wie der Anwalt, der dort arbeitet. Kann also genauso mit dem niedergelassenen in seiner Kanzlei passieren, dass man "hängen gelassen" wird. Zudem gibt es nicht allgemein die Möglichkeit zur Prozesskostenhilfe, sondern nur, wenn ein bestimmtes Einkommen unterschritten wird.

Für die erste Beratung - und das aus erster Hand und Erfahrung, also nicht gelesen- kann das eine sehr gute Anlaufstelle sein.

Im konkreten Fall muss der betreffende Anwalt des MSV sich erstmal nur anschauen, ob diese Kündigung formal überhaupt Bestand hat.



Ratlos

Aufpassen dass der MV keine Wartezeit in seinen Geschäftsbedingungen hat.
Ein Niedergelassener RA ist m.E. besser. Eine Erstberatung darf max. 190 € kosten,
eine weit weit ausführlichere Rechtsberatung darf bis 250 € kosten, falls man nicht einen geringeren Preis vereinbart. Das ist Gesetz (§ 34 u.a. RVG)

Lora123

Zitat von: Ratlos am 19. Februar 2023, 15:54:57Aufpassen dass der MV keine Wartezeit in seinen Geschäftsbedingungen hat.
Ein Niedergelassener RA ist m.E. besser. Eine Erstberatung darf max. 190 € kosten,
eine weit weit ausführlichere Rechtsberatung darf bis 250 € kosten, falls man nicht einen geringeren Preis vereinbart. Das ist Gesetz (§ 34 u.a. RVG)

Ist scon viel zu teuer, dann gehe ich lieber zum Mieterschutzverein.

ZitatDer Mieterschutz kann das nicht. Es kann aber wie schon geschrieben überprüft werden, ob die Kündigung a) überhaupt rechtlich haltbar und b) formal korrekt ist.
Was heißt das? Heißt das, die beraten einen nur und machen sonst nichts?