Betriebliche Einnahmen/Ausgaben nicht berücksichtigt, korrekt?

Begonnen von Genobrax, 21. April 2023, 11:45:38

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Genobrax

Hallo, liebe Forengemeinde.

Ich bezog von 08/22 bis 01/23 ALG II als Selbständiger. Nun erhielt ich 03/23 den abschließenden Bewilligungsbescheid.

Allerdings wurden meine betrieblichen Einnahmen/Ausgaben überhaupt nicht berücksichtigt. Kurzum, ich hatte in den diesen 6 Monaten insgesamt nur um die 300€ betriebliche Einnahmen, jedoch auch die gewohnten Fixkosten betrieblicher Natur (Telefon, Einkommensteuervorauszahlung, Nachzahlung Krankenkasse).

Ich hatte also ein finanzielles Defizit aufzuweisen. Es gibt aber keine Erstattung, es fand offensichtlich keine Berechnung statt.

Meine 2 Fragen:


  • Sofern ich dies im Merkblatt des JC richtig interpretiere, ist es doch aber so, dass betriebliche Einnahmen um die Ausgaben reduziert werden. Wenn ich mehr Aus- als Einnahmen hatte, müsste ich doch diese Summe erstattet bekommen? Ist dies richtig so?
  • Zählen meine Zahlungen für die private Altersvorsorge und Nachzahlungen an die Krankenkasse zu den betrieblichen Ausgaben? Lt. Merkblatt: ja, Abschnitt ,,C" in der EKS

Ich bin etwas irritiert, da ich doch der festen Meinung bin, Einnahmen minus Ausgaben = betrieblicher Gewinn oder Verlust.

Müsste meinem Falle (Verlust) eine Erstattung erfolgen? Lohnt ein Widerspruch?
Füpr etwaige Antworten vielen Dank vorab und viele Grüße.






 

Sheherazade

Betriebliche Verluste werden vom Jobcenter nicht ausgeglichen. Mehr als +/- 0 geht nicht.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Genobrax

Danke dir, liebe/r Sheherazade.

In diese Richtung dachte ich auch. Klar, dass ich nichts am JC verdienen möchte/will (keine Ausgaben in Form eines neuen Transporters oder einer neuen, teuren Büroausstattung oder so). Deswegen fragte ich lieber hier nach, um kompetente Antworten zu erhalten.

Dann hat alles seine Richtigkeit und ich bin beruhigt. Irritiert war ich ja nur, da Einnahmen (bspw. Erstattung Einkommensteuer) als Einkommen berechnet wurde, als Ausgabe dann aber nicht.

Also, danke nochmals.

Ottokar

Zitat von: Genobrax am 21. April 2023, 11:45:38Ich hatte also ein finanzielles Defizit aufzuweisen.
Das nennt sich unternehmerisches Risiko.

Zitat von: Genobrax am 21. April 2023, 11:45:38Es gibt aber keine Erstattung
Du erwartest allen Ernstes, dass dir das JC deine betrieblichen Verluste ersetzt?
Die hast du lt. Gesetz höchstpersönlich allein zu tragen.

Zitat von: Genobrax am 21. April 2023, 11:45:38Zählen meine Zahlungen für die private Altersvorsorge und Nachzahlungen an die Krankenkasse zu den betrieblichen Ausgaben?
Nein!
Das sind keine betrieblichen Ausgaben, sondern lt. § 11b Abs 1 SGB II vom anzurechnenden Einkommen abzusetzende Aufwendungen.
Wenn du kein Einkommen hattest, können diese Aufwendungen logischerweise auch nicht abgesetzt werden.

Im gleichen Zeitraum erfolgende betriebliche Einkommensteuervorauszahlungen und -erstattungen sind gegeneinander aufzurechnen.
Bei lediglich 300€ Einnahmen frage ich mich jedoch, warum das Finanzamt eine Einkommensteuervorauszahlung angesetzt hat, statt die Kleinunternehmerregelung anzuwenden.

Die Beitragsnachzahlung der KK hat nichts mit den betrieblichen Einnahmen und Ausgaben zu tun!
Krankenkassenbeiträge werden bei privat Versicherten bis zur Höhe des halbierten Beitrags im
Basistarif übernommen, im Jahr 2023 beträgt der maximale Zuschuss zur privaten Krankenversicherung 403,99 Euro monatlich.
Das JC muss bis zu diesem Beirag die Beitragsnachzahlung anerkennen und entsprechend Leistung nachzahlen.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Genobrax

Auch dir vielen Dank für deine ausführlichen Erläuterungen, Ottokar. Ich komme erst jetzt dazu, dies hier kurz kundzutun. Ich kenne mich leider im SGB II überhaupt nicht aus und fragte daher hier einfach mal nach, um Gewissheit zu erlangen.

Zu deiner Frage (bzgl. betriebliches Risiko, Ausgleich des betrieblichen Defizits); da würfelte ich wohl zu viel durcheinander. Nun, grundsätzlich unterlag ich der Annahme, dass Kosten und Belastungen im Zeitraum des Leistungsbezuges verrechnet werden (Einkommensteuererstattung, Krankenkassennnachzahlungen). Das dies allerdings sehr differenziert zu betrachten ist, blieb mir bisher verborgen.

Viel Halbwissen in meinem Umfeld veranlassten mich schließlich dazu, etwas skeptisch zu sein. Unter anderem der O-Ton eines Nachbarn: ,,Hol' dir das Geld wieder, mir wurde auch die Betriebskostennachzahlung für meine Wohnung erstattet." Sodass ich vermutete, okay, Steuererstattungen sind korrekterweise Einnahmen, dann sind wohl gleichermaßen auch die Zahlungen an die Krankenkasse (übrigens freiwillig gesetzlich versichert) zu berücksichtigende Ausgaben. Man denkt manchmal zu einfach (oder zu unlogisch?)

Mir ist/war daran gelegen, sowohl meine Rechte als auch Pflichten erläutert zu bekommen. Und da sind Eure Antworten Gold wert. Ich bin eben - wie vermutlich viele Teilnehmer hier - kein Verwaltungsfachwirt oder über Gebühr juristisch bewandert. Dies ist ja keine ,,Schande".

Ach ja, diese Kleinunternehmerregelung, nun ja, das war mal 2009/2010 in der Anfangszeit meines Geschäftes. Wobei mich eine Rückkehr zur Kleinunternehmerregelung 2022 nicht vor den vierteljährlichen Einkommensteuervorauszahlungen bewahrt hätte. Denn diese muss ich so oder so leisten.

Nun ist ja alles geklärt, dafür danke, es half mir sehr, Sheherazade u. Ottokar.  :danke: