Bürgergeld: Ab 1. Juli wird der Kooperationsplan mit Sanktionen eingeführt

Begonnen von Neo333, 11. Juni 2023, 17:22:19

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Neo333

ZitatAnstelle der alten Hartz-IV-Eingliederungsvereinbarung wird ab dem 1. Juli 2023 der "Plan zur Verbesserung der Teilhabe", kurz "Teilhabeplan", von den Jobcentern eingeführt. Was bedeutet das für Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld?

https://www.gegen-hartz.de/news/buergergeld-ab-1-juli-wird-der-kooperationsplan-mit-sanktionen-eingefuehrt

Unwissender

Mir gefällt die "Prämie" die es für die Maßnahmeteilnahmen etc. gibt! Darin sind dann bestimmt die Kosten (Fahrtkosten etc.) enthalten! Denn das es das geld "obendrauf" sozusagen als Motivationshilfe oder Belohnung gibt, kann ich mir nicht vorstellen!  :grins:
Dumm darf man sein, man muss sich nur zu helfen wissen!

Papagena

Für mich klingt das eher nur nach Umlabeln der bisherigen Eingliederungsvereinbarung, abgesehen von den Boni für Fortbildungen/Maßnahmen und der "Ganzheitlichen Betreuung"...

Zitat:

"Ganzheitliche Betreuung durch das Jobcenter

Neu ist die ganzheitliche Betreuung ("Coaching und aufsuchende Sozialarbeit"). Sie kann vom Jobcenter angeordnet oder in einem Mitwirkungsplan festgelegt werden.

Bürgergeld-Bezieher werden dann faktisch rund um die Uhr in allen Lebensbereichen betreut und angeleitet.

Das Jobcenter erfährt so buchstäblich alles über die Leistungsberechtigten und kann ihnen de facto vorschreiben, wie sie zu leben haben.

Damit diese umfassende Einmischung Dritter in höchstpersönliche Lebensbereiche nicht per se verfassungswidrig ist, darf die Verweigerung der Mitwirkung an einer solchen Maßnahme nicht sanktioniert werden."


Soll ich dann etwa einen rot-grünen Sozialarbeiter in meine Wohnung lassen?
Unfaßbar...  :kotz: verstößt das nicht gegen das Grundgesetz §13, welches den privaten Wohnbereich schützt?
,,Innere Freiheit und äußere Notwendigkeit, dies sind die beiden Pole der tragischen Welt."

August Wilhelm von Schlegel

Papagena

Sodele, hab da mal reingeschaut in dieses Unding:

Zitat, Seite 6:


"2.3 Freiwillige Teilnahme ohne Rechtsfolgen

Die Teilnahme an der ganzheitlichen Betreuung ist freiwillig und wird der/dem ELB ohne Ver-
weis auf etwaige Rechtsfolgen bei Ablehnung, Nichtantritt oder Abbruch der Maßnahme an-
geboten. § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II findet nach § 16k Absatz 4 SGB II keine Anwendung.
Die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses ist eine wesentliche Grundlage für die Förderung
nach § 16k SGB II. Die/der ELB kann die Maßnahme ablehnen und die Maßnahme jeder Zeit
abbrechen. Aus einer Ablehnung oder einem Abbruch dürfen dieser/diesem keine Nachteile
entstehen.

Der/die ELB ist nach Möglichkeit bei der Wahl zwischen allen von der gE angebotenen Durch-
führungsvarianten und bei der Wahl der coachenden Person zu beteiligen."


Quelle:

https://www.arbeitsagentur.de/datei/fachliche-weisung-zu-p-16k-sgb-ii_ba044156.pdf


Wenn ich das als Laie richtig verstanden habe, dann wissen die genau, was sie tun...und daß es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Daher keine Sanktionierung und schön auf Beamtendeutsch verschwurbelt formuliert: "auf freiwilliger Basis".


Erinnert mich ein wenig an Grundgesetz § 12 der "Freien Berufswahl", der unter H4 auch aufgeweicht/aufgelöst wurde.
,,Innere Freiheit und äußere Notwendigkeit, dies sind die beiden Pole der tragischen Welt."

August Wilhelm von Schlegel

Zitat von: Papagena am 12. Juni 2023, 14:11:39Grundgesetz § 12 der "Freien Berufswahl",
Na, wenn du schon so auf das Grundgesetz pochst, dann solltest du es auch korrekt wiedergeben bzw. zitieren.
Das Grundgesetz hat keine Paragraphen, sondern Artikel!

Was genau verstößt denn gegen den 12. Artikel des Grundgesetzes?
Wo genau wird das Recht, Beruf oder Arbeitsplatz frei zu Wählen denn genau beschnitten?
"Ich bin auch nur ein Mensch. Genauso wie ein weißer Hai auch nur ein Fisch ist". Zlatan Ibrahimovic

Papagena

Wie ich darauf komme?
Die Bewerbungspflicht mit Rechtsbelehrung auf die unpassendsten Jobs, die man zugeschickt bekommt.

Und auch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit finde ich sehr fragwürdig, wenn man noch nicht mal ein paar Tage Verwandte besuchen darf, ohne sich vorher abzumelden und um Erlaubnis zu fragen.


Artikel 11 Grundgesetz: Freizügigkeit (Ist es so recht werter Herr NÖ?)
,,Innere Freiheit und äußere Notwendigkeit, dies sind die beiden Pole der tragischen Welt."

August Wilhelm von Schlegel

Zitat von: Papagena am 12. Juni 2023, 15:16:10Artikel 11 Grundgesetz: Freizügigkeit (Ist es so recht werter Herr NÖ?)
Warum so Angriffslustig? Wenn man sich auf ein Gesetz beruft, sollte man es halt korrekt benennen können.
Wirkt dann einfach überzeugender.

Zitat von: Papagena am 12. Juni 2023, 15:16:10Und auch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit finde ich sehr fragwürdig, wenn man noch nicht mal ein paar Tage Verwandte besuchen darf, ohne sich vorher abzumelden und um Erlaubnis zu fragen.
Diese regelt sich nun mal in der Erreichbarkeitsanordnung und ist vom Jobcenter als Gesetz entsprechend anzuwenden.






"Ich bin auch nur ein Mensch. Genauso wie ein weißer Hai auch nur ein Fisch ist". Zlatan Ibrahimovic

Papagena

Dann gehe ich schwer davon aus, daß Du noch nie in den Genuß von H4 gekommen bist und nicht weißt, wie sich das anfühlt, wenn man um Erlaubnis fragen muß, ob man für ein paar Tage seine Verwandten besuchen möchte.

Aber gerne werde ich Dir das schildern:

Es fühlt sich an, als ob man ein JVA-Insasse sei, der um Freigang betteln muß.

,,Innere Freiheit und äußere Notwendigkeit, dies sind die beiden Pole der tragischen Welt."

August Wilhelm von Schlegel

Nadja

Papagena, ausserdem kann das Jobcenter diesen "Freigang" untersagen. Und ja, sich auf ein Stellenangebot bewerben zu müssen, um Sanktionen zu vermeiden, halte ich auch für mindestens fragwürdig.

Papagena

Hallo Nadja,  :bye:

bin kein Feind des Arbeitsamtes und seiner Angestellten und dankbar dafür, daß es diese Unterstützung überhaupt gibt, aber es existieren tatsächlich einige Dinge und Forderungen, die ich sehr grenzwertig finde. Man fühlt sich einfach entrechtet und ausgeliefert, als Mensch zweiter Klasse irgendwie.

Und das neue "Bürgergeld" ist nur der alte Wein im neuen Schlauch für mich, ergo H5.

Wenn jetzt auch noch die Wohnung und das Privatleben ausspioniert werden sollen, dann geht das in meinen Augen einfach zu weit.

Wenn alles tatsächlich rechtens wäre, warum bekommen dann so viele klagende Leistungsempfänger Recht vor den Sozialgerichten?
Und warum werden so viele Widersprüche doch noch akzeptiert?

Man kann nur schaun, daß man schnell wieder in Arbeit kommt, damit man diese Ungleichbehandlungen nicht mehr erdulden muß. Zermürbung, Verzweiflung, Existenzängste und letztendlich Depressionen und Aufgabe. Aber vielleicht ist genau das so gewollt...

Da lob ich mir doch die herzallerliebste SPD, der wir H4 zu verdanken haben, spielen sich jetzt auf, als große Retter in der Not, mit ihrem "avantgardistischen Bürgergeld".

Grüßle
Papagena




,,Innere Freiheit und äußere Notwendigkeit, dies sind die beiden Pole der tragischen Welt."

August Wilhelm von Schlegel

Kopfbahnhof

Zitat von: Unwissender am 12. Juni 2023, 09:38:27Darin sind dann bestimmt die Kosten (Fahrtkosten etc.) enthalten!
Auch so meine Vermutung, soll erst mal gut für die Öffentlichkeit klingen. (Augenwischerei)

Bin gespannt was die im JC da ausbrüten werden.
Für mich klingt es so, als sei man dann voll der Geharschte, wenn man das Ding unterschreibt.
Warum soll ich was Freiwillig unterschreiben, was absolut Einseitig zu meinen Lasten geht?

Ist ja fast so, als wenn ich mich bei einer Straftat selbst belaste.

Für mich gibt es keinen Grund etwas zu unterschreiben, wo mein Gegenüber zu absolut nichts Verpflichtet werden kann. (ich aber schon)

Zitat von: Papagena am 12. Juni 2023, 11:08:35in meine Wohnung lassen?
Musst du auch nicht, dazu kann keiner gezwungen werden.

Mir sollten die das besser gar nicht erst Anbieten, dann gibt es aber so was von Kontra.
Kommt so eine Sozialwurst so um die 20 - 30 und will mir Ü 60 mein Leben Erklären :lachen:  :lachen:

selbiger

Zitat von: Nö am 12. Juni 2023, 15:38:59Wenn man sich auf ein Gesetz beruft, sollte man es halt korrekt benennen können.
Wirkt dann einfach überzeugender.

man muss sich die gesetze mal genau anschauen..denn weiss man welchen zweck diese haben..und dabei geht es nicht nur leute in arbeit zu bringen..
allein arbeitssuche oder arbeitsaufname die man selber nicht möchte..aus welchen gründen auch immer,unter androhung von sanktionen hat etwas mit zwangsarbeit zu tun..weil du letztlich gewzungen bist diese anzunehmen wen du nicht deine existenz verlieren wilst..
das recht auf freie entfaltung bzw berufswahl usw..hat in diesem fall keine bedeutung..



Zitat von: Kopfbahnhof am 12. Juni 2023, 17:11:44Kommt so eine Sozialwurst so um die 20 - 30 und will mir Ü 60 mein Leben Erklären

kenne ich noch von meinem damaligem sb..frisch von der akademie..auch um die 18-20 und wollte mir was vom arbeiten erzählen.. :lol:
Sich zu Tode arbeiten,ist die einzige gesellschaftliche anerkannte Form des Selbstmordes.

Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge,die sie schon hundertmal gehört haben,als eine Wahrheit,die ihnen völlig neu ist.

Spring23

Zitat von: Papagena am 12. Juni 2023, 15:46:51Dann gehe ich schwer davon aus, daß Du noch nie in den Genuß von H4 gekommen bist und nicht weißt, wie sich das anfühlt, wenn man um Erlaubnis fragen muß, ob man für ein paar Tage seine Verwandten besuchen möchte.
Das Konstrukt lädt geradezu ein, dass man sich unwohl fühlt und sich gegängelt fühlt. ABER man sollte bedenken: Jeder Arbeitnehmer muss seinen Arbeitgeber "um Erlaubnis fragen", wenn er ein paar Tage der Arbeit fernbleiben will.

Es geht darum erreichbar sein zu können. Am Wochenende gehts ohne Frage.

Zitat von: Papagena am 12. Juni 2023, 15:46:51Aber gerne werde ich Dir das schildern:
Es fühlt sich an, als ob man ein JVA-Insasse sei, der um Freigang betteln muß.
Fühlt sich vielleicht weniger an, wenn man das obige bedenkt.

Bei allem Unmut: Die freie Berufswahl ist nicht eingeschränkt. Man muss halt zusehen, dass man die Voraussetzungen für diese schafft oder darauf hinarbeitet.

horst

Zitat von: selbiger am 13. Juni 2023, 06:42:12allein arbeitssuche oder arbeitsaufname die man selber nicht möchte..aus welchen gründen auch immer,unter androhung von sanktionen hat etwas mit zwangsarbeit zu tun..
Der Anreiz in Arbeit ist doch das niedrige Bürgergeld, da braucht es nicht die Androhung und Zwangsarbeit nur bei den Psychisch Kranken vielleicht.

Spring23

Zwangsarbeit war Arbeit von 12 und mehr Stunden ohne Pause, ohne Lohn, wenig zu essen und zu trinken, Sammelunterkünfte und nur manchmal Nutzung sanitärer Einrichtungen zur Körperpflege.
Bei Krankheit gab es nicht dank der bezahlten Krankenkasse Zugang zum Arzt, sondern nichts, oftmals aber den Transport ins Vernichtungslager.

Über die Bedingungen unter Bürgergeld und Co sollte man diskutieren. Aber nicht mit solchen geschmacklosen und das damalige Unrecht verharmlosende Vergleiche.