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Luisa Neubauer gibt Arbeitnehmern brisanten Rat: „Kündigt euren Job!“

Begonnen von Milla, 18. Juni 2023, 09:25:30

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Milla

Luisa Neubauer steht nicht für halben Sachen! Nun sorgt die 27-Jährige mit einem Appell für Wirbel.
https://www.derwesten.de/politik/luisa-neubauer-fridays-for-future-f-id300522534.html

Gehen diese Worte der Studentin an der Lebenswirklichkeit der Beschäftigten vorbei, die teilweise auch Familien mit ihrem Lohn ernähren müssen? Gibt es wirklich so viele grüne berufliche Alternativen und ethisch saubere Jobs? Oder spricht sie einfach eine unbequeme Wahrheit aus, die man nicht einfach wegwischen kann und sollte?
Abschieben schafft Wohnraum:  Deutschland hat Eigenbedarf!

Spring23

Ein bedeutsamer Aspekt: Es geht hier nicht um Jobs mit geringem Lohn oder schlechte Arbeitsbedingungen oder mit seiner Zeit besseres anzufangen, sondern um Klimaschädigende Jobs und Firmen, die sich "grün waschen".

Also soll hierzulande jeder, der einen solchen Job hat, der gut bezahlt sein kann, kündigen, damit der Umwelt gedient ist, während der Milliardenstaat China und weitere Länder munter ihren Dreck in die Umwelt blasen können.

Die Idee ist Blödsinn und hat nichts mit sozialen Gesichtspunkten zu tun.

Leeres Portemonnaie

Wo bin ich denn bloß hingekommen, und wie ist das passiert? 😦 🤧

Phil_N

Man sollte sich doch bitte nochmal anschauen, was genau sie gesagt hat. Wenn man die ganze Aussage ansieht, klingt es keinesfalls so ,,idiotisch" oder naiv. Im Wortlaut sagte sie:

,,Wenn ihr in einer Firma oder einer Organisation arbeitet, die sich grüner gibt, als sie eigentlich ist, macht da nicht mehr mit, sondern kündigt euren Job! Wenn Ihr die Wahl habt, lasst eure Ideen, eure Kreativität und eure Arbeitskraft nicht dort, wo Klimaziele gesteckt, aber kalkuliert nicht eingehalten werden."

Und sowas zu proklamieren ist absolut legitim. Dutzende Studien zeigen, dass Menschen – auch in gut bezahlten Arbeitsstellen – mitunter mit ihren Tätigkeiten hadern. Der leider viel zu früh verstorbene Soziologe David Graeber hat 2018 mit Bullshit Jobs ein lesenswertes Buch dazu geschrieben.

Ich selbst habe 2018 (da arbeitete ich noch im Jobcenter) auch mit mir gerungen und mir die Frage gestellt, was ich beruflich in den nächsten 30 Jahren eigentlich tun will. Meine Erkenntnis war, dass es ein Job im Jobcenter eindeutig nicht ist. Da spielten Überlegungen hinsichtlich dessen, etwas ,,Sinnhaftes" zu tun, durchaus auch eine Rolle.

Es gibt zweifellos Jobs, die müssen erledigt werden, weil die gesamte Gesellschaft sonst kollabieren würde. Es muss Leute geben, die unsere Straßen bauen, den Müll entsorgen, sich um die Wasserversorgung kümmern, Pakete ausfahren usw. Viele diese systemrelevanten Jobs sind körperlich anstrengend und eher mäßig bezahlt. Diese Jobs müsste – eben weil sie so essenziell und hart sind – viel besser bezahlt werden. Aber solange es genug Leute gibt, die sie ausführen, wird das nicht kommen.

Es gibt aber eben auch gut bezahlte Stellen, bei denen es für die Gesellschaft keinerlei Unterschied machte, ob die nun existieren oder nicht, vor allem im Bereich Marketing und Consulting. Und da finde ich es völlig okay, Leute, die in diesen Jobs tätig sind, immer mal wieder anzuregen, die Sinn-Frage zu stellen und sich der Heuchelei bewusst zu werden, welche sie unterstützen, wenn sie in einem die Umwelt verschmutzenden Konzern arbeiten, der aber letztlich greenwashing betreibt.

Mir ist völlig klar, dass es sich gar nicht jeder leisten kann, diese Sinn-Frage zu stellen. Wenn ich örtlich gebunden bin, eine Familie habe, eine Hypothek abbezahlen muss etc., ist es ein hohes Risiko, einen sicheren Job zu kündigen. Darum geht es aber gar nicht. Es geht darum, zu schauen, ob es nicht Alternativen gibt, sich aus dem Job heraus bei Unternehmen zu bewerben, die weniger heuchlerisch sind. Ich glaube, dass es das ist, wozu Frau Neugebauer aufruft. Und das haben vor ihr schon viele andere getan.

Was allerdings schwierig werden dürfte, ist, wirklich genug Unternehmen zu finden, die ganz real eine solche Alternative bilden. Denn die allermeisten Unternehmen müssen geradezu heucheln, wenn Sie möglichst viele Menschen ansprechen wollen – denn die Wünsche der Menschen sind so unterschiedlich.

Einige wollen möglichst billige Klamotten, andere möglichst nachhaltig produziertes Bio-Zeug. Ein Konzern, der beides im Angebot haben will, muss heucheln. Klar könnte man dann als Unternehmen so verfahren, nur eines von beidem zu machen (entweder super billig, oder teurer und öko), aber das birgt eben auch Risiken.

Ich will diesbezüglich nicht falsch verstanden werden. Ich will keineswegs gut heißen, dass Unternehmen heucheln! Ich unterstütze selbst jene Unternehmen, die das nicht tun. Ich will nur erklären, warum es so schwierig ist, als ethisch integres Unternehmen zu überleben. Als solches hat man am Markt nämlich so einige Nachteile.

Daher hat es oftmals nichts mit Boshaftigkeit zu tun, wenn Unternehmen heucheln, sondern ganz oft einfach mit ökonomischen Notwendigkeiten. Falls sich wer mehr dafür interessiert, hier ein längerer Text dazu, den ich vor einigen Jahren dazu geschrieben habe.
"In jedem Dorf gibt es eine Fackel, den Lehrer, und jemanden, der dieses Licht löscht, den Pfarrer." (Victor Hugo)

Spring23

Zitat von: Phil_N am 18. Juni 2023, 10:09:04Einige wollen möglichst billige Klamotten, andere möglichst nachhaltig produziertes Bio-Zeug. Ein Konzern, der beides im Angebot haben will, muss heucheln. Klar könnte man dann als Unternehmen so verfahren, nur eines von beidem zu machen (entweder super billig, oder teurer und öko), aber das birgt eben auch Risiken.

Ich will diesbezüglich nicht falsch verstanden werden. Ich will keineswegs gut heißen, dass Unternehmen heucheln! Ich unterstütze selbst jene Unternehmen, die das nicht tun. Ich will nur erklären, warum es so schwierig ist, als ethisch integres Unternehmen zu überleben. Als solches hat man am Markt nämlich so einige Nachteile.

Daher hat es oftmals nichts mit Boshaftigkeit zu tun, wenn Unternehmen heucheln, sondern ganz oft einfach mit ökonomischen Notwendigkeiten. Falls sich wer mehr dafür interessiert, hier ein längerer Text dazu, den ich vor einigen Jahren dazu geschrieben habe.
Genau das ist eine anschauliche Definition von Green Washing. Alibimäßig "Bio" produzieren, am besten in einem Land, dessen Bestechungsquote hoch genug ist, um dann mit Billigklamotten den Gewinn hoch zu fahren. Aber ist nicht boshaft, nee, ganz sicher nicht. Nur gierig.

Die Heuchelei: Die ökonomische "Notwendigkeit" möglichst viel Umsatz und Gewinn zu generieren, Natur und Arbeitskraft der Menschen (nicht nur hierzulande) auszubeuten, aber Pilatus-Like die Hände in Unschuld zu waschen.


Milla

Es gibt viele Deutsche Unternehmen die Nachhaltigkeit vorgaukeln.
Ein spontanes Beispiel was mir als erstes einfällt ist Rügenwalder Mühle. Die laut Angaben sich bald ganz aus dem Fleischgeschäft verabschieden wollen. Angeblich weil ihre Produkte soooo gefragt sind.
Das wahre Ziel ist aber das sie mit billigen Zusatzstoffen einen "Fleischersatz" zu schaffen mit dem sie höheren Gewinn machen.

Wer sich vegetarisch oder vegan ernährt, kann der Umwelt mehr schaden als Menschen, die Fleisch essen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des WWF. Weniger Fleischkonsum spart zwar Kohlendioxid. Die Produktion der Ersatzprodukte macht die Ökobilanz in Teilen jedoch wieder schlechter. Arg umstritten ist unter anderem die Nutzung von Soja. Der Grund: Obst, Gemüse oder Schalenfrüchte, die in Deutschland auf den Tisch kommen, stammen oft aus Anbaugebieten, in denen Wasser knapp ist. Dort müssen sie künstlich bewässert werden, was die Trockenheit in den Regionen zusätzlich verschärft.
Abschieben schafft Wohnraum:  Deutschland hat Eigenbedarf!

Leeres Portemonnaie

Zitat von: Milla am 18. Juni 2023, 10:52:54Wer sich vegetarisch oder vegan ernährt, kann der Umwelt mehr schaden als Menschen, die Fleisch essen.
 

... veg. ernährt, und oft stattdessen Ersatzprodukte konsumiert ... sollte dazu gesagt werden.
Nicht jeder macht es so, der sich überwiegend pflanzlich ernährt, das wird nur leider per se suggeriert.
Wo bin ich denn bloß hingekommen, und wie ist das passiert? 😦 🤧

horst

Zitat von: Leeres Portemonnaie am 18. Juni 2023, 09:53:13Dann machen den Job eben andere. So what.  :weisnich:
man stelle sich mal vor wenn im ganzen Land gestreikt würde dann wäre nur Chaos und Plündern.

Leeres Portemonnaie

Zitat von: horst am 18. Juni 2023, 11:17:51
Zitat von: Leeres Portemonnaie am 18. Juni 2023, 09:53:13Dann machen den Job eben andere. So what.  :weisnich:
man stelle sich mal vor wenn im ganzen Land gestreikt würde dann wäre nur Chaos und Plündern.


Verstehe jetzt den Zusammenhang zu meinen Gedanken nicht.  :schaem:
Wo bin ich denn bloß hingekommen, und wie ist das passiert? 😦 🤧

horst

Zitat von: Leeres Portemonnaie am 18. Juni 2023, 11:26:06Verstehe jetzt den Zusammenhang zu meinen Gedanken nicht.  :schaem:
wenn alle ihren Job kündigen wie von Luisa gefordert, dann würde ja keiner mehr den Job machen.Quasi ein Generalstreik.

Leeres Portemonnaie

Zitat von: horst am 18. Juni 2023, 11:34:39
Zitat von: Leeres Portemonnaie am 18. Juni 2023, 11:26:06Verstehe jetzt den Zusammenhang zu meinen Gedanken nicht.  :schaem:
wenn alle ihren Job kündigen wie von Luisa gefordert, dann würde ja keiner mehr den Job machen.Quasi ein Generalstreik.


Dann würden es eben andere machen.  :weisnich:
Und darum geht es an dieser Stelle doch auch nicht.

So eine Geschlossenheit ist, denke ich, nicht gegeben. (Kann man gut finden oder nicht.)
Sieht man doch in so vielen anderen Bereichen, der Bürger, der nach unten tritt ... Gutes Beispiel auch Corona, wenn jemd nicht des anderen Meinung war ...
Wo bin ich denn bloß hingekommen, und wie ist das passiert? 😦 🤧

anne


Werbung ist doch allgemein nicht gerade ehrlich. Welcher Konsument lässt sich davon noch blenden?
Arbeitnehmer in der Marketingbranche sind sich dessen doch auch bewusst. Aus ethischen Gründen würde ich diesen Arbeitsplatz nicht aufgeben. Macht einfach keinen Sinn.

Ist es Menschen denn überhaupt wichtig, ethisch zu konsumieren?
Wer heute noch an das klimaneutralität Märchen glaubt, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen.

Milla

ZitatAus ethischen Gründen würde ich diesen Arbeitsplatz nicht aufgeben
Wer sich aus ethischen Gründen für etwas entscheidet, tut dies aus Gründen der Moral.
ZitatArbeitnehmer in der Marketingbranche sind sich dessen doch auch bewusst.
Also ist das für dich ok wenn du eine Arbeit machst die eigentlich sinnlos ist. (deine Worte) Hauptsache du bekommst Geld dafür?
Warum macht der Arbeitnehmer in der Marketingbranche dann keine Ehrenamtstätigkeit mit Aufwandsentschädigung? Das wäre moralisch ok, weil man tut was sinnvolles. Als Philosoph würde mein Freund jetzt sagen: Ideal und Wirklichkeit geht nie überein, ein Rest bleibt immer.
Abschieben schafft Wohnraum:  Deutschland hat Eigenbedarf!

anne

Zitat von: Milla am 18. Juni 2023, 15:00:01Also ist das für dich ok wenn du eine Arbeit machst die eigentlich sinnlos ist. (deine Worte) Hauptsache du bekommst Geld dafür?
Ja
Es gibt nicht wenige sinnlose Jobs. Sollen die alle aufgegeben werden?
Beispiel ..es wird so viel Unnötiges produziert, soll das auch eingestellt werden?
Oder anders gefragt, kann Wirtschaftswachstum auch ökologisch, moralisch vertretbar sein?

Milla

Zitatkann Wirtschaftswachstum auch ökologisch, moralisch vertretbar sein?
Naja ich sag mal so, gute Politik und auch gute Unternehmen müssen Spielräume lassen, damit moralisches Handeln möglich ist.
ZitatWirtschaftswachstum
Wirtschaftswachstum führt zu Überkonsum, ohne dabei das individuelle und gesamte Wohlbefinden zu steigern finde ich. Ab einem gewissen Level lohnt zB Mehrarbeit nicht mehr, weil es ökonomisch unattraktiv wird.

Finde das übrigens ein sehr spannendes Thema. Müsste man vielleicht mal gesondert diskutieren.
Abschieben schafft Wohnraum:  Deutschland hat Eigenbedarf!