Alg 1, Bürgergeld und Minijob - Wie wird das geregelt?

Begonnen von Marie, 31. Juli 2023, 16:20:49

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Marie

Hey zusammen,

totales Chaos. Ich beziehe derzeit Alg 1, das ich mit Bürgergeld aufstocken muss. Nun frage ich mich, was passiert, wenn ich einen Minijob anfange.
Es ist ja so, dass man beim ALG 1 165€ behalten darf, beim Bürgergeld sind 100€ frei plus 20% des Restbetrags.

So weit so gut...

Nur frage ich mich, wie das am Ende dann aussehen soll. ALG 1 ist bei mir Vorrangig. Nehmen wir mal an, ich bekomm also 165€ freigeschrieben... würden diese 165€ dann wieder vom Bürgergeld abgezogen werden? (schließlich wird ja nur bis zum Existenzminimum aufgestockt)
Kennt sich damit jemand aus?
Oder wären dann die 165€ beim Bürgergeld auch anrechnungsfrei... oder eben so viel, wie ich an Freibetrag beim Bürgergeld bekommen würde...??? Also das ich dann am Ende den jeweils niedrigeren Betrag behalten darf  :wand: ?

Ich hoffe irgendjemand hat da den Durchblick in diesem Chaos  :weisnich: 

Schon einmal lieben Dank für eure Antworten :)

Liebe Grüße

Marie

DerGreif

Das Jobcenter rechnet zunächst dein ALG I in voller Höhe an. Wird es reduziert,  weil du zuviel verdienst, entsprechend weniger.
Dann wird der Lohn gemäß den Regeln des SGB II zusätzlich auch angerechnet.

Beispiel:
Du verdienst genau 165 Euro
Keine Änderung beim ALG I, volle Anrechnung
Anrechnung Bürgergeld: 165 - (100 + 65x0,2)= 165-113= 52 Euro anrechenbar

Wenn du mehr verdienst, wird der übersteigende Betrag beim ALG I voll abgezogen, im Bürgergeld aber mit Freibetrag. Daher stehst du dich mit höherem Verdienst etwas besser

Quinky

Bei glatt 165€ ist das einfach:
Das ALGI wird in bisheriger Höher ausgezahlt und auf das Bürgergeld angerechnet
Jetzt kommt der Minijob von 165€ = 100€ Grundfreibetrag plus 20% = 13€ = 113€ sind der Gesamtfreibetrag
somit wird vom Bürgergeld 52€ (165-113) abgezogen.
Komplizierter wird es, wenn mehr als 165€ verdient wird.
Kleine Rechnung:
Regelsatz plus Mietkosten sind 800€
ALGI beträgt 600€ (davon werden 30€ Versicherungspauschale abgezogen) = anrechenbares Einkommen von 570€
Somit Bedarf 800€ - 570€ Einkommen = 230€ ALGII/Bürgergeld.
Jetztkommt ein Minijob von 300€ hinzu.
jetzt wird es kompliziert.
Die Rechnung geht in mehreren Schritten.
als erstes wird das ALGI ermittelt
bisher 600€, da jedoch vom Minijob 135€ angerechnet wird beträgt das ALGI noch 465€
Jetzt kommt das Bürgergeld, ACHTUNG
das Jobcenter darf natürlich nur das reduzierte ALGI von 465€ berücksichtigen
= 800€ Bedarf minus 465€ ALGI = 335€ Bürgergeld
dieses Bürgergeld wird jedoch um den Minijob reduziert
300€ Minijob minus 140€ Freibetrag (100€ Grundfreibetrag plus 20% vom überschreitenden Betrag) = 160€ Anrechnungsbetrag Bürgergeld:
Du bekommst also
465€ ALGI
300€ Minijob
175€ Bürgergeld (335€ nach ALGI ermittelt - 160€ Anrechnung aus Minijob)

Es ist leider so kompliziert, da hier mehrere Grundlagen zusammentreffen (ALGI und Bürgergeld und unterschiedliche Freibetragsrechnungen)

Wenn der Lohn monatlich unterschiedlich hoch ist, geht es völlig durcheinander, da für jeden Monat die unterschiedlichen Berechnungen durchgeführt werden müssen.
Zusätzlich ist darauf zu achten, das beim Minijob nicht mehr als 14,9 Stunden in der Woche gearbeitet werden, da sonst das ALGI wegfällt.
Beispiel:
die 300€ werden in einer Woche verdient (25 Stunden a 12€)
dann fällt die 1 Woche das ALGI komplett weg, jedes mal muß ein NEUER Antrag auf ALGI gestellt werden (nach dieser 1 Woche), automatisch nach dieser einen Woche lebt das ALGI NICHT!!!! auf, sondern der Neuantrag ist erforderlich.
Selbstverständlich sind obige Berechnungen weiterhin erforderlich.
Ironie an:
Was wäre Deutschland ohne seine Bürokratie!
Ironie aus

Ernie

Marie

Uff, erstmal vielen Dank für die schnellen Antworten!

Das ist ja wirklich total kompliziert, aber ich glaube, ich habe es so einigermaßen begriffen.

Und deshalb lege ich mal noch eine Schippe drauf: was passiert denn, wenn man im Minijob mehr verdienen würde als das ALG 1. Ich bekomme wirklich sehr, sehr wenig ALG 1, weil ich zuvor nur in Teilzeit gearbeitet habe. Da bin ich schnell über dem Betrag, aber noch unter den 520€, die man als Mini-Jobber verdienen darf.

Sheherazade

Solltest du in deinem Minijob mehr als 14,9 Stunden je Woche arbeiten, verlierst du deinen Anspruch auf ALGI. Das solltest du vorrangig im Auge behalten. Dann stellt sich die Frage, wie man mehr als das niedrige ALGI abzüglich 165€ verdienen kann und trotzdem noch unter 520 € bleibt.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"