Mitwirkungspflichten bei bedarfsdeckendem Einkommen

Begonnen von GünsTiger, 25. August 2024, 11:59:09

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gargendus

In diesem Fall, in dem Person A in einer Bedarfsgemeinschaft (BG) lebt und ihre Rente rechnerisch ausreicht, um ihren eigenen Bedarf (Regelsatz und Mietanteil) zu decken, stellt sich die Frage nach der Mitwirkungspflicht gegenüber dem Jobcenter.

Grundsätzliche Mitwirkungspflichten
Nach § 60 SGB I besteht für jede Person, die Sozialleistungen (hier: Leistungen nach dem SGB II) beantragt oder erhält, eine Mitwirkungspflicht. Diese Mitwirkungspflicht umfasst unter anderem die Pflicht, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistungsgewährung erheblich sind, und entsprechende Belege vorzulegen.

Besonderheiten bei Person A
Da Person A voll erwerbsgemindert ist und ihre Rente ihren Bedarf vollständig abdeckt, ist sie grundsätzlich nicht auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Es wird jedoch eine Berechnung vorgenommen, bei der das Einkommen (hier: die Rente) von Person A auf die gesamte Bedarfsgemeinschaft verteilt wird, was die Berechnung der Leistungen für die anderen Mitglieder der BG beeinflusst.

Mitwirkungspflichten von Person A
Person A ist im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten verpflichtet, dem Jobcenter alle erforderlichen Informationen zu ihrem Einkommen (insbesondere ihre Rentenbezüge) zur Verfügung zu stellen. Dies ist notwendig, weil das Einkommen in der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt wird, um den Bedarf der anderen Mitglieder der BG zu berechnen.

Umfang der Mitwirkung
Der Umfang der Mitwirkung beschränkt sich auf die relevanten Informationen, die zur Berechnung des Bedarfs der gesamten Bedarfsgemeinschaft erforderlich sind. Insbesondere muss Person A ihre Rentenbescheide, Kontoauszüge oder sonstige Nachweise über das Einkommen dem Jobcenter vorlegen. Da das Einkommen von A für die Berechnung der Leistungen der anderen BG-Mitglieder relevant ist, ist die Mitwirkungspflicht in diesem Zusammenhang vollumfänglich gegeben.

Keine erweiterte Mitwirkungspflicht
Person A muss keine Informationen oder Unterlagen vorlegen, die nicht relevant für die Berechnung der Sozialleistungen sind. Ihre Mitwirkungspflicht erstreckt sich nur auf die Angaben, die zur Feststellung des Leistungsanspruchs der anderen BG-Mitglieder notwendig sind.

Zusammenfassung
Person A ist verpflichtet, alle Informationen und Unterlagen über ihr Einkommen dem Jobcenter zur Verfügung zu stellen, da diese Informationen relevant für die Berechnung des Bedarfs der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind. Der Umfang der Mitwirkungspflicht ist auf die relevanten Informationen beschränkt, die für die Feststellung der Leistungshöhe notwendig sind.

GünsTiger

@Sheherazade

Kindesunterhalt kann üblicherweise nur von leistungsfähigen Unterhaltspflichtigen gezahlt werden.

Ist der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig, springt normalerweise die Unterhaltsvorschusskasse ein. Unterhalt von nicht leistungsfähigen Unterhaltspflichtigen wird im UVG nicht zurückgefordert.

In diesen Fällen kommt also der Staat für den Unterhalt auf.

Warum dies im SGBII anscheinend abweichend gehandhabt wird, ist mir nicht klar.

@gargendus

Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Sind also keinerlei Sanktionen möglich, wenn das eigene Einkommen den eigenen Bedarf deckt und alle notwendigen Informationen zur Bedarfsberechnung zur Verfügung gestellt werden?


Sheherazade

Zitat von: GünsTiger am 26. August 2024, 13:00:46@Sheherazade

Kindesunterhalt kann üblicherweise nur von leistungsfähigen Unterhaltspflichtigen gezahlt werden.

Wenn die Kinder im gemeinsamen Haushalt leben, muss gar nichts "gezahlt" werden. Den Barunterhalt muss nur das getrennt lebende Elternteil entrichten. Anhaltspunkt dafür ist die Düsseldorfer Tabelle.

Vielleicht sollte deine Person A mal die Unterhaltsansprüche der Kinder gegenüber dem anderen Elternteil geltend machen (was im übrigen eine Pflicht ist) anstatt sich über das SGBII Gedanken zu machen.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

gargendus

Ja, grundsätzlich sind in diesem Fall keine Sanktionen gegen Person A möglich, wenn das eigene Einkommen ihren eigenen Bedarf vollständig deckt und alle notwendigen Informationen zur Bedarfsberechnung der Bedarfsgemeinschaft (BG) dem Jobcenter ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt werden. Hier sind die wichtigsten Punkte dazu:

Voraussetzungen für Sanktionen
Sanktionen nach dem SGB II sind in der Regel an Verstöße gegen Mitwirkungspflichten oder Pflichten zur Eigenbemühung gekoppelt. Typische Gründe für Sanktionen sind:

Verletzung von Meldepflichten (z. B. Nichterscheinen zu Terminen beim Jobcenter).
Verweigerung von Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit (z. B. Ablehnung einer zumutbaren Arbeit).
Verweigerung der Mitwirkungspflicht (z. B. Nichtvorlage von Nachweisen über Einkommen und Vermögen).
Situation von Person A
In diesem Fall:

Eigenes Einkommen deckt eigenen Bedarf: Da Person A durch ihre Rente ihren eigenen Bedarf deckt, ist sie nicht auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Damit entfällt auch die Notwendigkeit, Eigenbemühungen zur Eingliederung in Arbeit nachzuweisen, was eine häufige Ursache für Sanktionen ist.
Mitwirkungspflicht erfüllt: Wenn Person A alle relevanten Informationen zur Bedarfsberechnung der Bedarfsgemeinschaft (z. B. ihre Rentenbescheide) vorgelegt hat, erfüllt sie ihre Mitwirkungspflichten. Solange diese Informationen korrekt und vollständig sind, besteht kein Grund für das Jobcenter, Sanktionen zu verhängen.
Keine Sanktionen bei vollständiger Mitwirkung und eigenem Bedarf
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, sind Sanktionen nicht zulässig. Das Jobcenter kann Sanktionen nur dann verhängen, wenn Person A ihre Mitwirkungspflichten verletzt, was hier nicht der Fall ist. Da ihr eigenes Einkommen den eigenen Bedarf deckt und alle notwendigen Informationen zur Berechnung des Bedarfs der BG vorgelegt wurden, hat Person A ihren Pflichten vollumfänglich nachgekommen.

Zusammengefasst: Wenn Person A alle erforderlichen Informationen bereitgestellt hat und ihr eigenes Einkommen den eigenen Bedarf deckt, sind Sanktionen nicht gerechtfertigt.

(Keine Rechtsberatung! Angaben ohne Gewähr.)

GünsTiger

@Sheherazade

Durch die bedarfsreduzierende, anteilige Anrechnung des Einkommens von Person A bei den Kindern der Bedarfsgemeinschaft erfolgt eine indirekte Unterhaltsgewährung. Das mag man dann nennen, wie man will.

Der andere Elternteil ist aus Gründen, die hier nicht Thema sind, nicht barunterhaltspflichtig.

@gargendus

Vielen Dank! Deine Ausführungen berücksichtigen auch, dass die Rente den Bedarf von A nur theoretisch deckt, weil Teile der Rente als Einkommen der Kinder angerechnet werden und somit auf dem Papier wieder ein Bedarf bei A entsteht?

Bitte entschuldige, dass ich nochmals nachfrage, aber ich kann es immer noch nicht ganz verstehen und nachvollziehen.

Sheherazade

Zitat von: GünsTiger am 26. August 2024, 14:14:50@Sheherazade

Durch die bedarfsreduzierende, anteilige Anrechnung des Einkommens von Person A bei den Kindern der Bedarfsgemeinschaft erfolgt eine indirekte Unterhaltsgewährung. Das mag man dann nennen, wie man will.

Das nennt man Naturalunterhalt, etwas zu dem alle Eltern oder Elternteile ihren bei sich lebenden minderjährigen Kindern verpflichtet sind.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

GünsTiger

@Sheherazade
Wie man es nennt ändert nichts an der Tatsache, dass man im SGB einer unterhaltsrechtlich  nicht leistungsfähigen Person durch Anrechnung eigenes Einkommen entzieht. Im Bereich des UVG ist dies so nicht möglich. Kann jeder finden , wie er will, ist letztlich auch nicht das eigentliche Thema des Threads.