ALG1 bei selbstständiger Kündigung nach Krankschreibung

Begonnen von tenia, 08. Juni 2022, 13:15:17

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

tenia

Hallo liebe Gemeinschaft,

auf Rat eines Freundes habe ich mich hier angemeldet, weil ich mich im Augenblick in einer etwas komplizierten Lage befinde und etwas Rat und Klarheit suche. Also direkt zur Ausgangslage:

Ich bin aktuell Vollzeit berufstätig. Die Arbeit ist jedoch ziemlich stressig und seit einiger Zeit stehe ich auch im Privatleben unter Strom, so dass ich seit Beginn diesen Jahres häufiger krank geworden bin. Schließlich habe ich vor kurzem die Reißleine ziehen müssen, weil einfach gar nichts mehr richtig lief, und mein Hausarzt hat mich zunächst wegen Burnout krankgeschrieben und schließlich an einen Therapeuten weiter verwiesen. Ich habe jetzt also rund 4 Wochen Krankschreibung (nicht durchgehend).

Meine derzeitige Stelle wollte ich eigentlich Ende des Jahres wechseln (bin seit rund drei Jahren da, teils als Werkstudent). Jetzt habe ich mir vorgenommen, das vorzuziehen und so zeitnah wie möglich zu kündigen. Idealerweise würde ich mich dann gerne eine zeitlang auf meine Gesundheit konzentrieren und ALG1 beanspruchen (da ich 1.5 Jahre Vollzeit arbeitete, habe ich ja zumindest 6 Monate Anspruch darauf, so wie ich verstanden habe). Ich mache mir jedoch Sorgen, wie das mit der Sperrzeit zu handhaben ist, da ALG1 und selbstständige Kündigung ja eigentlich nicht so Hand in Hand gehen. Ich habe gelesen, dass es unter gewissen Umständen vekürzte Sperrzeiten geben kann, lieber frage ich jedoch noch einmal nach. Und wäre ein Aufhebungsvertrag evt. zu meinem Vor- oder Nachteil?

Außerdem, und das ist mir wirklich unangenehm zu sagen, ist aber vielleicht relevant, habe ich auch offiziell meinen Studienabschluss noch nicht in der Tasche. Die Bachelorarbeit ist hinter mir, ich habe nur eine normale Hausarbeit abzugeben, die auch nahezu fertig ist. Aber mit dem fließenden Übergang in die Arbeitswelt und anschließendem Stress... es wurde einfach links liegen gelassen, kein Weg es zu verschönigen. Kann das den Antrag ebenfalls beeinflussen?

Ich bedanke mich aus vollem Herzen für Ratschläge.

Liebe Grüße


Flip

Als Werkstudent dürftest du gar keinen Alg1 Anspruch haben. Und ungeachtet einer möglichen Sperrzeit: der Alg1 Bezug wäre auch kein Urlaubsgeld, damit man sich erholen kann.

Birgit63

Die jungen Leute können heutzutage nichts mehr ab. Arbeit ist stressig und Probleme im Privatleben. Das haben 100.000 andere Arbeitnehmer auch. Wenn die alle kündigen würden, dann wären wir aufgeschmissen. Keine Bahnen, keine Busse, keine Krankenpfleger, keine Altenpfleger, keine Polizisten etc. Ich kenne junge Menschen, die gehen wegen Liebeskummer für 3 Wochen in die Psychiatrie. Keine 4 Wochen später haben sie schon wieder einen neuen Freund. Unsere Jugend ist zu weich gespült. Das musste ich einfach mal loswerden.

Reiner1970

Zitat von: Birgit63 am 09. Juni 2022, 07:50:27Die jungen Leute können heutzutage nichts mehr ab. Arbeit ist stressig und Probleme im Privatleben. Das haben 100.000 andere Arbeitnehmer auch. Wenn die alle kündigen würden, dann wären wir aufgeschmissen. Keine Bahnen, keine Busse, keine Krankenpfleger, keine Altenpfleger, keine Polizisten etc. Ich kenne junge Menschen, die gehen wegen Liebeskummer für 3 Wochen in die Psychiatrie. Keine 4 Wochen später haben sie schon wieder einen neuen Freund. Unsere Jugend ist zu weich gespült. Das musste ich einfach mal loswerden.
Urteile niemals über Menschen, die in einer Situation sind, in der du noch nie warst (Isaak Öztürk)

Birgit63

Woher willst du wissen, dass ich noch nie in so einer Situation gewesen bin? Du kennst mich nicht. Ich habe schon mehrere Krisen hinter mir. Deshalb regt mich das ja so auf. Weil es leider kein Einzelfall ist. Heute rennt man schnell zum Psychiater, Psychologen etc. Dort wird dann für Monate krank geschrieben, eine Reha verordnet, in der dann aus den Menschen, die sowieso schon nur sich selbst sehen noch schlimmere Egoisten gemacht werden. Das erlebe ich direkt in meinem Umfeld. Man muss mit Krisen umgehen lernen. Den Kopf in den Sand stecken hilft nicht. Es gibt Menschen, die sind wirklich psychisch krank. Denen geht es wirklich sehr schlecht. Aber das ist nur ein Bruchteil von denen, die sich in psychologischer und psychotherapeutischer Behandlung befinden. Warum bekommt man denn keinen Termin beim Psychiater oder Psychologen? Man muss sich auf eine Warteliste setzen lassen. Weil immer gleich zum Psychiater oder Psychologen gerannt wird.

Caddy

Hallo,

ich war die Person, die 'tenia' vor einigen Tagen auf dieses Forum aufmerksam gemacht hat.
Aus dem Grund, da ich, als ich mich damals in einer komplizierten Situation befand und es mir nicht so gut ging, hier sehr gut geholfen wurde und das hier eigentlich als sehr nette und hilfsbereite Community kennengelernt habe.

Dann einmal hier reingeschaut um einen Eindruck über die Antworten zu bekommen - und es war dann doch relativ amüsant. Es reichte dann aber einmal in den anderen Beiträgen (von Flip und Birgit) zu blättern, ob sie immer so selbstgerecht und qualitativ nutzlos antworten - und wurde dann nicht enttäuscht. Leider wohl einfach Pech gehabt mit den beiden.

Zitat von: Flip am 08. Juni 2022, 18:16:30Als Werkstudent dürftest du gar keinen Alg1 Anspruch haben. Und ungeachtet einer möglichen Sperrzeit: der Alg1 Bezug wäre auch kein Urlaubsgeld, damit man sich erholen kann.

Wenn man den Post einmal wirklich aufmerksam gelesen hat, wird sich eigentich recht schnell klarstellen, dass es sich um keine Werkstudententätigkeit handelt sondern um eine versicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung. Und diese ist durchaus ALG1 (sofern die Bedingungen bzgl. Tätigkeitsdauer erfüllt sind) berechtigt.

Und bisschen frech mit dem Urlaubsgeld-Kommentar. Gerade wenn jemand dem Burnout nahe steht oder sich bereits darin befindet und sich einfach psychisch nicht mehr in der Lage dazu fühlt, die gelernte Tätigkeit (temporär) auszuführen. Urlaub als Unterstellung im nachvollziehbaren Krankheitsfall (siehe "wegen Burnout krankgeschrieben und schließlich an einen Therapeuten weiter verwiesen") ist wirklich an Empathielosigkeit kaum zu überbieten. Nutzlose Antwort.

Zitat von: Birgit63 am 09. Juni 2022, 07:50:27Die jungen Leute können heutzutage nichts mehr ab.

Richtig. Du bist sicher jeden Tag um 4 Uhr morgens aufgestanden, 20km zur Schule gelaufen, hast im Bergbau gearbeitet und dann nochmal 20km zurück. Die alte Leier von jungen Leuten und "wir hatten es schwerer". Kennt man. Ist aber dann auch irgendwann ausgelutscht und nur noch langweilig zu hören.

Zitat von: Birgit63 am 09. Juni 2022, 07:50:27Arbeit ist stressig und Probleme im Privatleben. Das haben 100.000 andere Arbeitnehmer auch. Wenn die alle kündigen würden, dann wären wir aufgeschmissen. Keine Bahnen, keine Busse, keine Krankenpfleger, keine Altenpfleger, keine Polizisten etc. Ich kenne junge Menschen, die gehen wegen Liebeskummer für 3 Wochen in die Psychiatrie. Keine 4 Wochen später haben sie schon wieder einen neuen Freund. Unsere Jugend ist zu weich gespült. Das musste ich einfach mal loswerden.

Arbeit kann stressig sein und ja, Probleme im Leben gehören dazu. Es ist aber eine Wahl sich weiter freiwillig kaputt zu ackern oder rechtzeitig die Reißleine zu ziehen (wie tenia es versucht). Du bevorzugst also, dass der Mensch sich lieber in die Depression arbeitet als auf seine Gesundheit zu achten? Coole Sichtweise! Nicht umsonst ist laut aktuellen Statistiken jeder fünfte Beschäftigte schon einmal mit Depression/Burnout diagnostiziert worden (Jacobi et al.) - und Corona hat das sicher auch nicht leichter gemacht.

Und man muss nicht immer vom Extremfall ausgehen. "Würden", "Wäre", "Hätte" - im Konjunktiv reden ist einfach nutzlos, weil es zu nichts sinnvolles beiträgt und nicht zu irgendeiner Lösung beiträgt.. Die Realität ist eben nicht im Konjunktiv.

Und natürlich wird es junge Leute, die wie du beschrieben hast, mit Liebeskummer sich krank schreiben lassen. Hat dich aber halt nicht zu interessieren. Du kennst die innere Welt dieser Person nicht. Von außen lässt sich immer leicht urteilen und wie sich ein Mensch fühlt. Aber grundsätzlich wirst es ihm nicht ansehen können. Würde also da bisschen vorsichtiger sein mit solchen Sätzen.

Zitat von: Birgit63 am 09. Juni 2022, 07:50:27Das musste ich einfach mal loswerden.
War schon klar. Selbstbezogenheit und die primäre Absicht, nur die eigene Meinung äußern zu wollen, hat sich recht schnell erahnen lassen.

Zitat von: Reiner1970 am 09. Juni 2022, 22:44:05Urteile niemals über Menschen, die in einer Situation sind, in der du noch nie warst (Isaak Öztürk)

Unterschreibe ich so. Anscheinend gibt es doch noch Leute mit bisschen Weitsicht und Empathie hier. Guter Post.

Zitat von: Birgit63 am 10. Juni 2022, 06:33:37Woher willst du wissen, dass ich noch nie in so einer Situation gewesen bin? Du kennst mich nicht. Ich habe schon mehrere Krisen hinter mir. Deshalb regt mich das ja so auf. Weil es leider kein Einzelfall ist. Heute rennt man schnell zum Psychiater, Psychologen etc. Dort wird dann für Monate krank geschrieben, eine Reha verordnet, in der dann aus den Menschen, die sowieso schon nur sich selbst sehen noch schlimmere Egoisten gemacht werden. Das erlebe ich direkt in meinem Umfeld. Man muss mit Krisen umgehen lernen. Den Kopf in den Sand stecken hilft nicht. Es gibt Menschen, die sind wirklich psychisch krank. Denen geht es wirklich sehr schlecht. Aber das ist nur ein Bruchteil von denen, die sich in psychologischer und psychotherapeutischer Behandlung befinden. Warum bekommt man denn keinen Termin beim Psychiater oder Psychologen? Man muss sich auf eine Warteliste setzen lassen. Weil immer gleich zum Psychiater oder Psychologen gerannt wird.

Und hier...wieder nur Selbstbezogenheit im belehrenden Ton ohne wirklich etwas hilfreiches hier im Thread beizutragen. Jemand, der in so einer Situation war, wird mehr Empathie und Verständnis gegenüber solchen Situationen entgegen bringen können.

Vielleicht lassen sich auch viele Leute einfach mehr krank schreiben und rennen mehr zum Psychiater, weil die Arbeit viele Leute (heutzutage) einfach nur krank macht? Und wer sagt, dass die Leute, die du mit "Es gibt Menschen, die sind wirklich psychisch krank. Denen geht es wirklich sehr schlecht" benennst, nicht wirklich krank sind? Dein Maßstab ist nicht der universelle Maßstab. Manche sind härter (resistenter) gebaut, andere weicher (weniger resistent).


Zitat von: Birgit63 am 10. Juni 2022, 06:33:37Warum bekommt man denn keinen Termin beim Psychiater oder Psychologen? Man muss sich auf eine Warteliste setzen lassen. Weil immer gleich zum Psychiater oder Psychologen gerannt wird.

Hätte da einige Antworten, die du sicher nicht lesen willst. Wenige Ärzte, vermutlich mehr Leute sind heutzutage krank in Kombination mit Übervölkerung, Enttabuisierung von Depression und Burnout.

Dazu kommt dazu, dass es verschiedene Arten von psychologischer Psychotherapie gibt (Verhaltenstherapie, Psychodynamik, Systematische Therapie und etliche Unterkategorie) - und neben Burnout, Depression etc. Leute sich auch mit anderen Beschwerden an einen Psychologien oder Psychiater wenden. So einfach wie du es dir hier machen willst, ist es leider nicht.

 
Zitat von: Birgit63 am 10. Juni 2022, 06:33:37Man muss mit Krisen umgehen lernen. Den Kopf in den Sand stecken hilft nicht.

Der einzige sinnvolle Satz, den ich hier von dir lesen durfte.


Gerne sind weitere (aber diesmal bitte hilfreiche) Ratschläge willkommen. Und vielleicht schafft man es diesmal auch, beim Thema von der Thread-Erstellerin zu bleiben.



BigMama

Meine Empfehlung ist, sich weiter krankschreiben zu lassen bis zur vollen Genesung. Danach kann immer noch gekündigt werden auf ärztlichen Rat hin. Hierdurch gibt es keine Sperrzeit bei der BA und auch gleich Alg I.
Wenn die TE nun länger als 6 Wochen krankgeschrieben ist hat sie Anspruch auf Krankengeld, welches auch anspruchsbegründend für Alg I ist. Nach Genesung und Beendigung kann direkt ein Antrag auf Alg I gestellt werden.

Kündigt die TE jetzt, braucht sie einen ärztlichen Nachweis, dass ihr aus medizinischer Sicht hierzu geraten wurde. Sonst gibt es 12 Wochen Sperrzeit.
Zudem erhält sie erst Alg I wenn sie wieder genesen ist und arbeiten kann. In der Zwischenzeit kann sie Alg II beantragen mit all seinen Folgen. Hier ist je nach Sachverhalt mit der Feststellung der Erwerbsfähigkeit zu rechnen.

Vom Handy getippt, daher evtl. Vertipper drin.
Die Welt wird nicht von skrupellosen Verbrechern, finstren Kapitalisten oder machtgierigen Despoten regiert, sondern von einer gigantischen, weltumspannenden RIESENBLÖDHEIT.
Wer´s nicht glaubt, ist schon infiziert.
(Michael Schmidt-Salomon, GBS-Sprecher)

geraldxx

Zitat von: Caddy am 10. Juni 2022, 07:38:48Hallo,

Richtig. Du bist sicher jeden Tag um 4 Uhr morgens aufgestanden, 20km zur Schule gelaufen, hast im Bergbau gearbeitet und dann nochmal 20km zurück. Die alte Leier von jungen Leuten und "wir hatten es schwerer". Kennt man. Ist aber dann auch irgendwann ausgelutscht und nur noch langweilig zu hören.

Naja, so ganz sollte man die Aussage "wir hatten es schwerer" nicht abwürgen, denn da ist mehr als nur ein bisschen Wahrheit dran. 20km zur Schule hab ich grad geprüft:

Grundschule: 2km täglich gelaufen
Realschule: 20km täglich mit dem Fahrrad, Winter mit dem Bus
Ausbildung: 80km täglich mit der Bahn, bin um 4.30Uhr aufgestanden um die Bahn um 5:10Uhr zu bekommen damit ich um 7Uhr im Betrieb war

Das würde heute niemand mehr auf sich nehmen. Ich auch nicht, denn rückblickend betrachtet hab ich es zwar durchgezogen, würde die 80km täglich allerdings nicht mehr fahren.

Zitat von: Caddy am 10. Juni 2022, 07:38:48Hätte da einige Antworten, die du sicher nicht lesen willst. Wenige Ärzte, vermutlich mehr Leute sind heutzutage krank in Kombination mit Übervölkerung, Enttabuisierung von Depression und Burnout.

Dazu kommt dazu, dass es verschiedene Arten von psychologischer Psychotherapie gibt (Verhaltenstherapie, Psychodynamik, Systematische Therapie und etliche Unterkategorie) - und neben Burnout, Depression etc. Leute sich auch mit anderen Beschwerden an einen Psychologien oder Psychiater wenden. So einfach wie du es dir hier machen willst, ist es leider nicht.

Ärzte gibt es genug. Vor allem Psychotherapeuten, die verdienen nämlich wirklich sehr gut. Auch mit Kassenpatienten (den Stundensatz, welcher 45min entspricht, willst du gar nicht wissen). Viele nehmen nur Privatpatienten, von 10 Psychotherapeuten hier in der Nähe nehmen grob geschätzt nur 30-40% Kassenpatienten in Therapie. Auch schwierige Fälle will kein Therapeut betreuen weil es genügend einfache Fälle gibt, so wie Birgit63 es beschrieben hat, weil jeder wegen 2 Wochen Bauchschmerzen zum Psychologen rennt. Aber das ist ein ganz anderes Thema.