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Aufrechnung ohne Aufrechnungsbescheid

Begonnen von Semia, 01. Juli 2022, 11:57:26

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Semia

Hallo,

dürfen SA vom Jobcenter eine Aufrechnung ohne Aufrechnungsbescheid einfach machen?

Ich hatte vor einigen Wochen eine Anhörung bezüglich einer Rückzahlung.

Ich hatte angeboten monatlich 30 Euro zurück zu bezahlen, was ich auch ab 01.06.2022 mache.

Jetzt hatte mir meine Sachbearbeiterin schon geschrieben, dass Sie zum 01.07.2022 aufrechnen wird. (Ich frage mich für was dann die Anhörung?).

Heute habe ich auf meinem Konto gesehen. Sie hat tatsächlich aufgerechnet.

Kann Sie das einfach? Oder muss Sie davor einen Bescheid erlassen?
Oder muss Sie einen Bescheid erlassen und kann dann schon aufrechnen?

Diana

JensM1

Zitatdürfen SA vom Jobcenter eine Aufrechnung ohne Aufrechnungsbescheid einfach machen?

Nein. s. u.. Aber evtl. ist der Bescheid einfach auf dem Postweg untergegangen? Ansonsten finde ich eine Aufrechnung ab dem 01.07.22 ziemlich dämlich, wenn du dagegen in Widerspruch gehst, also auf Umsetzung des vorherigen Bescheides bittest  - bspw. mangels Erhalt Aufrechnungbescheid - müssen die die Zahlungen wieder korrigieren. So kann man sich auch Arbeit machen...

Zitat"Die Aufrechnung ist gegenüber der leistungsberechtigten Person schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären" § 43 Abs. 4 S. 1 SGB II

Semia

Leider macht die mir dadurch auch Arbeit.

Ich habe gerade nochmal geschaut, in der Anhörung habe ich bereits mitgeteilt, dass ich einer Aufrechnung schon jetzt widerspreche.

Wie ist das? Dürfen die erst aufrechnen, wenn der Aufrechnungsbescheid rechtsgültig ist, oder ab Erlaß?

Diana

PetraL

Zitat von: Semia am 01. Juli 2022, 11:57:26Ich hatte vor einigen Wochen eine Anhörung bezüglich einer Rückzahlung.

Ich hatte angeboten monatlich 30 Euro zurück zu bezahlen, was ich auch ab 01.06.2022 mache.

Jetzt hatte mir meine Sachbearbeiterin schon geschrieben, dass Sie zum 01.07.2022 aufrechnen wird. (Ich frage mich für was dann die Anhörung?).

Heute habe ich auf meinem Konto gesehen. Sie hat tatsächlich aufgerechnet.
Ist es nicht eigentlich egal, ob du die 30 Euro selber überweist, oder ob sie dir direkt vom JC einbehalten werden?
Oder behält das JC mehr ein, z.B. die "Standard-" 10% vom Regelsatz oder 46 (49?) Euro oder so?
Oder hast du jetzt sogar doppelt gemoppelt, 30 Euro überwiesen + Aufrechnung von wieviel-auch-immer?
Wann war denn die Anhörung? Und wann war die Ankündigung der Aufrechnung?

Da auf mich auch eine Rückzahlung zukommt, interessieren mich die möglichen Fallstricke bei solchen Fällen natürlich sehr. Bei mir hatten Rückzahlungen in der Vergangenheit mehr oder weniger reibungslos geklappt, allerdings habe ich auch nie irgendwas selber überwiesen sondern immer auf den entsprechenden Bescheid gewartet und dann wurde halt immer aufgerechnet.
Wenn du jetzt doppelt gemoppelt hast, hat sich deine Restschuld immerhin um weitere xx Euro verringert und du bist früher fertig mit abzahlen - auch wenn das vielleicht nur ein sehr kleiner Trost ist, weil die xx Euro in der Kasse fehlen ...  :empathy:

P.S.: Diese Ankündigung der Aufrechnung ist doch aber eigentlich schon der Aufrechnungsbescheid, oder habe ich das falsch in Erinnerung?

JensM1

@OP

Du kannst einer Anhörung nicht wirksam widersprechen, ist ja erstmal nur eine Anhörung. Danach folgt der Rückforderungsbescheid, in dem u. a. zu prüfen ist (im Bescheid dargestellte Ermessensgründe) ob eine Aufrechnung in der gesetzlich vorgesehenen Höhe (10 % oder 30 %) vorgenommen werden kann. Dabei ist auch ggf auf von dir vorgetragene Gründe, die gegen eine Aufrechnung sprechen könnten, einzugehen.

Wenn du aber nur Sachen wie "ist mir zu viel, kann mir nur 30,00 Euro leisten" oä da rein schreibst, lieferst du keine relevanten Gründe, kenne deine Antwort nicht. Diese könnten aus zu bedienenden Schuldverpflichtungen, nachvollziehbar höheren nicht vom JC übernommenen Kosten (Schulgebühren, Leistungsausschluss Kind bspw wg Ablauf BAföG, nicht vollständig übernommenen Kdu u. ä. Mehrbelastungen) bestehen.

Aufrechnung ab Zustellung Bescheid ist m. E. grds möglich, aber da lieber noch mal nen Profi fragen. Ist aber so und so saudämlich, weil bei Widerspruch relativ viel Arbeit für JC und das auf Kosten des Steuerzahlers. Sollte so nicht umgesetzt werden.

Semia

Ich habe im Moment einfach noch andere Zahlungsverpflichtungen den  ich nachkommen muß und ich kann mir nicht vorstellen, dass es rechtens ist wenn man sich durch die Aufrechnung andersweilig verschuldet. Deswegen ist es mir lieber selbst zu entscheiden, welchen Betrag ich zurückzahle.

Mal abgesehen von der steigenden Inflation im Moment, die auch noch weiter steigt, halte ich die Regelsätze für rechtswidrig.

Es ist einfach Willkür der Sachbearbeiterin.
@Petra - Ich habe in der Vergangenheit immer meine Rückerstattung auf einmal bezahlt. Diesmal habe ich auch eine Ratenzahlung angeboten.

https://www.gegen-hartz.de/hartz-iv-vorsicht-bei-rueckforderungen-aufrechnungen#Widerspruch_gegen_die_Aufrechnung_einlegen_-_Was_muss_ich_machen

Da kannst du dich belesen. Sowie ich das rauslese, dürfen die erst aufrechnen wenn der Aufrechnungsbescheid rechtsgültig ist, ansonsten Eilantrag bei Gericht stellen.

Diana

Ratlos

Zitat von: JensM1 am 01. Juli 2022, 23:16:08u. a. zu prüfen ist (im Bescheid dargestellte Ermessensgründe)
Das hat jetzt nichts mit dem Faden zu tun. Aber was genau sind ErmessensGRÜNDE.
Da habe ich immer meine Zweifel.

PetraL

Zitat von: Semia am 03. Juli 2022, 11:25:19Da kannst du dich belesen. Sowie ich das rauslese, dürfen die erst aufrechnen wenn der Aufrechnungsbescheid rechtsgültig ist, ansonsten Eilantrag bei Gericht stellen.
Vielen Dank, @Semia  :ok:

Wenn ich das richtig interpretiere, hätte das JC bei uns bis jetzt immer nur "rechtswidrig" aufgerechnet - aber nunja, ist Vergangenheit und lässt sich nicht (mehr) ändern. Für die Zukunft bin ich jedenfalls - hoffentlich - durch diesen Thread gewappnet.

Allerdings verstehe ich das hier irgendwie nicht - du etwa?
"Legen Sie als erstes Widerspruch ein. Widersprüche gegen noch nicht bestandskräftige Aufrechnungsbescheide haben hier (!) aufschiebende Wirkung. Rückforderungen des Amtes und daraus resultierende Aufrechnungen unterliegen nicht dem § 39 SGB II (= sofortige Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten über Leistungen der Grundsicherung)."

Wann ist so ein Ding denn "bestandskräftig"? Anscheinend nicht - wie ich immer dachte - ab Zustellung = Kenntnisnahme des Empfängers?
Kann mir das vielleicht jemand in möglichst "einfachen" Worten erklären?

Zitat von: Ratlos am 03. Juli 2022, 11:42:10Aber was genau sind ErmessensGRÜNDE.
Du stolperst über die "Gründe" - ich stolpere immer über das "Ermessen" ...
Ermessen = lt. Wikipedia: "Das Ermessen räumt einem behördlichen Entscheidungsträger gewisse Freiheiten bei der Rechtsanwendung ein. "
Könnte man also auch mit "Willkür" übersetzen. Ermessensgründe können also durchaus einfach willkürliche Vorwände sein - aber das klingt so furchtbar negativ und gar nicht "schön"  :zwinker:
Das persönliche Ermessen kann natürlich auch für den Leistungsbezieher/-beantragenden positive Auswirkungen haben, Ausnahmen bestätigen immer die Regel und ich möchte hier natürlich keinen frei ermessenden Entscheidungsträger diffamieren  :blum:

Zitat von: Semia am 03. Juli 2022, 11:25:19halte ich die Regelsätze für rechtswidrig.
Damit stehst du ganz bestimmt nicht alleine da. Die 3 Euro "Erhöhung" zum 01.01.22 sind ja wohl auch eher der blanke Hohn, aber dazu gibt es ja auch noch einige andere Threads hier...
Ich halte es auch für rechtswidrig, dass ALGII-Empfänger und deren Kinder, die das Kindergeld am allernötigsten brauchen, bis auf 30 Euro Freibetrag nichts von dem Kindergeld haben, weil es ihnen als Einkommen wieder von den Regelleistungen abgezogen wird ...

Wir müssen uns halt wehren, so gut wir können. Und ich bin froh, dass es dieses Forum gibt, wo wir darin gestärkt und unterstützt werden. Schade, dass ich das Forum nicht schon vor 8 Jahren oder so entdeckt habe.

Zitat von: JensM1 am 01. Juli 2022, 23:16:08Wenn du aber nur Sachen wie "ist mir zu viel, kann mir nur 30,00 Euro leisten" oä da rein schreibst, lieferst du keine relevanten Gründe, kenne deine Antwort nicht. Diese könnten aus zu bedienenden Schuldverpflichtungen, nachvollziehbar höheren nicht vom JC übernommenen Kosten (Schulgebühren, Leistungsausschluss Kind bspw wg Ablauf BAföG, nicht vollständig übernommenen Kdu u. ä. Mehrbelastungen) bestehen.
Uns hat das JC nicht mal "angehört", sondern bis auf 100 Euro Freibetrag einfach die gesamte BAföG-Nachzahlung direkt vom Studentenwerk einkassiert. Ich bekam nur die Mitteilung, dass sie das machen. Dagegen durfte ich gar keinen Widerspruch einlegen, weil kein Verwaltungsakt und Widerspruch nicht zulässig.
Aber für die nächste Aufrechnung habe ich mir die von dir aufgeführten Gründe schonmal kopiert - Danke dir dafür.


Ratlos

Zitat von: PetraL am 03. Juli 2022, 12:32:26Wann ist so ein Ding denn "bestandskräftig"? Anscheinend nicht - wie ich immer dachte - ab Zustellung = Kenntnisnahme des Empfängers?
Der Zugang eines Bescheides ist erstmal Grundvoraussetzung für alles weitere.
Bestandskräftig wird ein Bescheid 4 Wochen nach Zugang bei dir, wenn du keinen Widerspruch einlegst.
Ist ein Bescheid aber bestandskräftig kann man auch im Nachhinen mittels eines Antrages auf einen Überprüfungsbescheid Einwendungen gegen den Sachverhalt prüfen lassen.
Der Fall wird dann quasi neu aufgerollt.
Das JC darf den Antrag auf Überprüfung nicht zurückweisen.

PetraL

Zitat von: Ratlos am 03. Juli 2022, 13:12:59Bestandskräftig wird ein Bescheid 4 Wochen nach Zugang bei dir, wenn du keinen Widerspruch einlegst.
:cool:
Gut zu wissen, DANKE !  :ok:

Ratlos

4 Jahre nach Bestandskraft hast du Zeit einen Überprüfungsantrag gegen einen dich belastenden Bescheid zu stellen, wenn es nicht um eine Nachzahlung geht.

Andernfalls besteht für das JC nach § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II eine Nachzahlungspflicht von nur 1 Jahr.

PetraL

Zitat von: Ratlos am 03. Juli 2022, 17:40:20wenn es nicht um eine Nachzahlung geht.
Da steh ich jetzt grad auf dem Schlauch bzw. der Leitung ...  :scratch:  :weisnich:
Nachzahlung von was an wen?

Ratlos

Was genau willst du denn erreichen?

BigMama

Zitat von: Ratlos am 03. Juli 2022, 13:12:59Bestandskräftig wird ein Bescheid 4 Wochen nach Zugang bei dir, wenn du keinen Widerspruch einlegst.
Es ist genau ein Monat und keine vier Wochen.

Zitat von: Ratlos am 03. Juli 2022, 17:40:204 Jahre nach Bestandskraft hast du Zeit einen Überprüfungsantrag gegen einen dich belastenden Bescheid zu stellen, wenn es nicht um eine Nachzahlung geht.
Das ist auch nicht ganz korrekt. Du kannst nur einen Überprüfungsantrag stellen für Bescheide die ab Januar des Vorjahres ergangen sind.
Die Welt wird nicht von skrupellosen Verbrechern, finstren Kapitalisten oder machtgierigen Despoten regiert, sondern von einer gigantischen, weltumspannenden RIESENBLÖDHEIT.
Wer´s nicht glaubt, ist schon infiziert.
(Michael Schmidt-Salomon, GBS-Sprecher)

Semia


Wenn ich das richtig interpretiere, hätte das JC bei uns bis jetzt immer nur "rechtswidrig" aufgerechnet - aber nunja, ist Vergangenheit und lässt sich nicht (mehr) ändern. Für die Zukunft bin ich jedenfalls - hoffentlich - durch diesen Thread gewappnet.

In dem Beitrag steht auch etwas über ältere rechtswidrige Aufrechnungen.

Allerdings verstehe ich das hier irgendwie nicht - du etwa?
"Legen Sie als erstes Widerspruch ein. Widersprüche gegen noch nicht bestandskräftige Aufrechnungsbescheide haben hier (!) aufschiebende Wirkung. Rückforderungen des Amtes und daraus resultierende Aufrechnungen unterliegen nicht dem § 39 SGB II (= sofortige Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten über Leistungen der Grundsicherung)."

Wann ist so ein Ding denn "bestandskräftig"? Anscheinend nicht - wie ich immer dachte - ab Zustellung = Kenntnisnahme des Empfängers?
Kann mir das vielleicht jemand in möglichst "einfachen" Worten erklären?

Bei dem Satz stolpere ich auch noch. Vielleicht noch mal den §39 lesen und verstehen :lachen:

Zitat von: Ratlos am 03. Juli 2022, 11:42:10Aber was genau sind ErmessensGRÜNDE.
Du stolperst über die "Gründe" - ich stolpere immer über das "Ermessen" ...
Ermessen = lt. Wikipedia: "Das Ermessen räumt einem behördlichen Entscheidungsträger gewisse Freiheiten bei der Rechtsanwendung ein. "
Könnte man also auch mit "Willkür" übersetzen. Ermessensgründe können also durchaus einfach willkürliche Vorwände sein - aber das klingt so furchtbar negativ und gar nicht "schön"  :zwinker:
Das persönliche Ermessen kann natürlich auch für den Leistungsbezieher/-beantragenden positive Auswirkungen haben, Ausnahmen bestätigen immer die Regel und ich möchte hier natürlich keinen frei ermessenden Entscheidungsträger diffamieren  :blum:

Deswegen macht es ja bei solchen Kann Bestimmungen auch Sinn vor Gericht zu gehen. Da bestimmt dann wieder jemand anderes.



Wir müssen uns halt wehren, so gut wir können. Und ich bin froh, dass es dieses Forum gibt, wo wir darin gestärkt und unterstützt werden. Schade, dass ich das Forum nicht schon vor 8 Jahren oder so entdeckt habe.

So ist es.

Ich werde morgen einfach mal anrufen. Mal sehen was die sagt.

Schlaft gut.

Diana