Karenzzeit bei Wohnkosten - Was geschieht bei Umzug?

Begonnen von Dannu, 10. April 2023, 17:17:10

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Dannu

Hallo Allerseits,

da mir wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde, musste ich mir eine neue Unterkunft suchen. Die Kosten werden allerdings die "Angemessenheit" um etwa 100 Euro überschreiten. Grund: Es war nichts Günstigeres für mich zu finden.
Wie ist das nun mit der Karenzzeit, wenn ich während der Karenzzeit in eine teurere Wohnung ziehen muss?
Werden dann nur die angemessenen Kosten anerkannt?
Ich habe gelesen, ich brauche vor dem Unterschreiben des Mietvertrags eine "Genehmigung" des Jobcenters.

Ich freue mich über eure Antwort, wenn ihr euch mit diesem Fall auskennt!


Hartzer Rolle

Hast du deine Suche ausreichend dokumentiert, dass nichts innerhalb der Angemessenheit zu finden war?
Wenn nicht, gilt der Umzug als ohne Zustimmung. Es könnte bei Notwendigkeit zwar nachträglich zugestimmt werden,  aber nicht bei einer zu teuren Wohnung.

Dannu

Zitat von: Hartzer Rolle am 10. April 2023, 17:27:50Hast du deine Suche ausreichend dokumentiert, dass nichts innerhalb der Angemessenheit zu finden war?
Wenn nicht, gilt der Umzug als ohne Zustimmung. Es könnte bei Notwendigkeit zwar nachträglich zugestimmt werden,  aber nicht bei einer zu teuren Wohnung.

Ich bin gerade dabei, die Situation zu dokumentieren und möchte die Tage eine Änderungsmitteilung einreichen. Der Mietvertrag ist noch nicht unterschrieben. Habe noch ein bisschen Zeit.

OLD-MAN

Zitat von: Dannu am 10. April 2023, 17:17:10Wie ist das nun mit der Karenzzeit, wenn ich während der Karenzzeit in eine teurere Wohnung ziehen muss?

Gilt m.W. nur bei Neuanmeldungen. Da du bereits Bezieher*in bist, gilt Angemessenheit und ohne vorherige "Genehmigung" auch nur die Altmiete!

Dannu

Zitat von: OLD-MAN am 10. April 2023, 17:36:32
Zitat von: Dannu am 10. April 2023, 17:17:10Wie ist das nun mit der Karenzzeit, wenn ich während der Karenzzeit in eine teurere Wohnung ziehen muss?

Gilt m.W. nur bei Neuanmeldungen. Da du bereits Bezieher*in bist, gilt Angemessenheit und ohne vorherige "Genehmigung" auch nur die Altmiete!

Ich habe gelesen, dass das nicht der Fall ist, wenn man den Umzug in eine teurere Wohnung begründen kann....

Hartzer Rolle

Das hatte ich überlesen, bzw nicht bedacht...
Karenzzeit nur für Neuanträge im Bürgergeld und solche, die während der Corona Sonderregelung über den angemessenen KDU lagen.

horst

Thome' schreibt.

ZitatNeu: Die Einleitung eines Kostensenkungsverfahren bei Unterkunft (nicht für Heizung) ist im Jahr 2023 auch für
Bestandsfälle unzulässig (§ 65 Abs. 3 SGB II), insofern nicht vorher schon wegen Unangemessenheit abgesenkt wurde (§ 65 Abs. 6 SGB I
Zeitliche Wirkung der Angemessenheitsfiktion: Zunächst gilt die Fiktionswirkung bis Ende des BWZ, wenn danach ein neuer
BWZ beginnt, der in die Sozialschutzregelung reinfällt, nochmal für sechs Monate. Erst danach darf das JC ein Kostensenkungs-
verfahren einleiten und dann gilt mind. nochmal sechs Monate (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II).

Hartzer Rolle

Zitat von: horst am 10. April 2023, 18:08:19Thome' schreibt.

ZitatFür Bewilligungszeiträume, die zwischen März 2020 und Dezember 2022 (§ 1 Abs. 1 Nr. VZVV) begonnen haben, gelten
die tatsächlichen Unterkunftskosten unwiderlegbar für sechs Monate als angemessen (§ 67 Abs. 3 SGB II /§ 141
Abs. 3 SGB XII). Die Angemessenheitsfiktion ist nicht auf Erst- oder Neuanträge begrenzt, sondern erfasst auch die
in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.12.2022 beginnenden Weiterbewilligungszeiträume (LSG Bayern 28.7.2021 – L 16 AS
311/21 B ER; LSG NRW 13.9.2021 - L 19 AS 1295/21 B ER; LSG Schleswig-Holstein 11.11.2020 – L 6 AS 153/20 B ER; LSG Niedersachsen-
Bremen 29.9.2020 - L 11 AS 508/20 B ER; LSG Sachsen- Anhalt 7.3.2022 - L 4 AS 40/22 B ER; Hessisches LSG 21.2.2022 - L 6 AS 585/21 B ER).
Die Fiktionswirkung gilt in folgenden Fallgruppen:
▪ Erst- oder Neuanträge: Antragstellende, die im Wirkungszeitraum SGB II - Leistungen beantragen (§ 67 Abs.3 S. 1 SGB II).
▪ Angemietete Wohnung: Für alle in dem Zeitraum angemieteten Unterkünfte, auch wenn diese als ,,unangemessen" gelten (§ 67 Abs. 3 S. 1 SGB II). In diesem Fall gilt die Fiktionswirkung bis Ende des Bewilligungszeit-
raums (BWZ) (LSG NSB 29.9.2020 - L 11 AS 508/20 B ER). Erfolgt danach ein neuer Bewilligungszeitraum, der in die
Sozialschutzregelung rein fällt, dann weitere sechs Monate.
▪ Begrenzung der KdU wegen fehlender Umzugserfordernis: Die Fiktionswirkung gilt auch bei einer vorherigen Begrenzung der KdU wegen eines ,,nicht erforderlichen Umzuges" nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II(LSG Bayern 28.7.2021 – L 16 AS 311/21 B ER
Rn 37).
Aber: wurde vor März 2020 die KdU schon wegen Unangemessenheit abgesenkt, gilt die Fiktionswirkung fürdiese Fälle nicht (§ 67 Abs. 3 S. 3 SGB II / § 141 Abs. 3 SGBXII)
Tipp: Die Fiktionswirkung gilt immer nur für sechs Monate, bei einem Folgeantrag wird sie wieder ausgelöst,durch eine etwaige Begrenzung des Antrages auf sechs Monate wird eine ununterbrochene Fiktionswirkung
erzeugt.
Gesetzeszweck der Angemessenheitsfiktion ist, dass sich SGB II - Leistungsbeziehende in der Zeit der Pandemie"nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssen" (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs 19/18107, S 25).
Zeitliche Wirkung der Angemessenheitsfiktion: Zunächst gilt die Fiktionswirkung bis Ende des BWZ, wenn danach ein neuer BWZ beginnt, der in die Sozialschutzregelung reinfällt, nochmal für sechs Monate. Erst danach darf das JC ein Kostensenkungsverfahren einleiten und dann gilt mind. nochmal sechs Monate (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II).
Die Einleitung eines Kostensenkungsverfahren bei Unterkunft (nicht für Heizung) ist im Jahr 2023 auch fürBestandsfälle unzulässig (§ 65 Abs. 3 SGB II), insofern nicht vorher schon wegen Unangemessenheit abgesenkt wurde (§ 65 Abs. 6 SGB II).
Neu
Angemessenheitsfiktion im Rahmen des Sozialschutz-Pakets und Karenzzeit

Zeitliche Wirkung der Angemessenheitsfiktion: Zunächst gilt die Fiktionswirkung bis Ende des BWZ, wenn danach ein neuer
BWZ beginnt, der in die Sozialschutzregelung reinfällt, nochmal für sechs Monate. Erst danach darf das JC ein Kostensenkungs-
verfahren einleiten und dann gilt mind. nochmal sechs Monate (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II).


Erläuterst du auch kurz in eigenen Worten,  was du jetzt noch zusätzliches Sinnvolles ergänzt hast!?

horst

Zitat von: Hartzer Rolle am 10. April 2023, 18:06:55Das hatte ich überlesen, bzw nicht bedacht...
Karenzzeit nur für Neuanträge im Bürgergeld und solche, die während der Corona Sonderregelung über den angemessenen KDU lagen.
so ist es, hab den Text noch einmal gekürzt, leider warst du schneller.  :smile:

Neu: Die Einleitung eines Kostensenkungsverfahren bei Unterkunft (nicht für Heizung) ist im Jahr 2023 auch für
Bestandsfälle unzulässig (§ 65 Abs. 3 SGB II), insofern nicht vorher schon wegen Unangemessenheit abgesenkt wurde (§ 65 Abs. 6 SGB I
Zeitliche Wirkung der Angemessenheitsfiktion: Zunächst gilt die Fiktionswirkung bis Ende des BWZ, wenn danach ein neuer
BWZ beginnt, der in die Sozialschutzregelung reinfällt, nochmal für sechs Monate. Erst danach darf das JC ein Kostensenkungs-
verfahren einleiten und dann gilt mind. nochmal sechs Monate (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II).

Hartzer Rolle

Zitat von: horst am 10. April 2023, 18:18:57
Zitat von: Hartzer Rolle am 10. April 2023, 18:06:55Das hatte ich überlesen, bzw nicht bedacht...
Karenzzeit nur für Neuanträge im Bürgergeld und solche, die während der Corona Sonderregelung über den angemessenen KDU lagen.
so ist es, hab den Text noch einmal gekürzt, leider warst du schneller.  :smile:
Ok, dann sorry  :flag:

Dannu

Habe gerade noch folgendes zum Thema Umzug während Karenzzeit gefunden:
"Im Falle eines Umzuges während der Karenzzeit ist zu berücksichtigen, dass nur die
angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als Bedarf zu übernehmen
sind, es sei denn, die Anerkennung höherer Aufwendungen ist vorab zugesichert
worden (vgl. § 35a Absatz 2 Satz 4 SGB XII). Durch die Begrenzung auf die angemessenen
Aufwendungen nach einem Umzug ohne Zustimmung entfällt faktisch die Karenzzeit,
selbst wenn sich die tatsächlichen Aufwendungen im Vergleich zur vorher bewohnten
Wohnung verringert haben."
Quelle: Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration

horst

Zitat von: Dannu am 10. April 2023, 17:17:10da mir wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde, musste ich mir eine neue Unterkunft suchen. Die Kosten werden allerdings die "Angemessenheit" um etwa 100 Euro überschreiten.
da bist du unangemessen solltest du nichts günstigeres finden. Da würde sonst jeder nach belieben sich mit dem VM streiten und sich eine teurere Wohnung suchen und JC zahlt, und sagen ist ja Karenzzeit.

Dannu

Zitat von: horst am 10. April 2023, 18:41:19
Zitat von: Dannu am 10. April 2023, 17:17:10da mir wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde, musste ich mir eine neue Unterkunft suchen. Die Kosten werden allerdings die "Angemessenheit" um etwa 100 Euro überschreiten.
da bist du unangemessen solltest du nichts günstigeres finden. Da würde sonst jeder nach belieben sich mit dem VM streiten und sich eine teurere Wohnung suchen und JC zahlt, und sagen ist ja Karenzzeit.

Richtig insofern, dass "einfach so" verständlicherweise nicht akzeptiert wird, aber es gibt in meinem Fall (und bestimmt auch anderen Fällen) zwingende Gründe.
Folgendes steht hier, siehe unter 2):
Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022)
§ 35a Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur, Aufwendungen bei Wohnungswechsel, Direktzahlung
(1) Als Bedarf für Unterkunft werden auch die unabweisbaren Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 90 Absatz 2 Nummer 8 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie in den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen die unabweisbaren Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbracht werden, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(2) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft haben Leistungsberechtigte den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach § 35 Absatz 3 Satz 1 und 2 maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen. Sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die neue Unterkunft unangemessen hoch, sind diese nur in Höhe angemessener Aufwendungen als Bedarf anzuerkennen, es sei denn, der zuständige Träger der Sozialhilfe hat den darüberhinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt. Eine Zustimmung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Innerhalb der Karenzzeit nach § 35 Absatz 1 Satz 2 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der Träger der Sozialhilfe die Anerkennung vorab zugesichert hat. Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkautionen, Genossenschaftsanteile und Umzugskosten können bei vorheriger Zustimmung übernommen werden; Mietkautionen und Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden. Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach Satz 5 werden, solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 5 Prozent der maßgebenden Regelbedarfsstufe getilgt.
(3) Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind auf Antrag der leistungsberechtigten Person durch Direktzahlung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu decken; § 43a Absatz 3 gilt entsprechend. Direktzahlungen an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte sollen erfolgen, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn
1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.

JensM1

Zitatda mir wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde, musste ich mir eine neue Unterkunft suchen. Die Kosten werden allerdings die "Angemessenheit" um etwa 100 Euro überschreiten. Grund: Es war nichts Günstigeres für mich zu finden

Die Umzugsnotwendigkeit ist damit gegeben, zusätzlich drohende Wohnungslosigkeit. Letztere führt in Berlin - wie andere Kommunen das handhaben, weiß ich nicht - zu einem Obdachlosigkeitsvermeidungszuschlag i. H. v. 20 % der angemessenen Kosten der Unterkunft. Solltest du alleinerziehend mit minderjährigen Kindern umziehen, gäbe es in Berlin noch mal 10 % Zuschlag Alleinerziehung auf die Bruttokaltmiete on Top.

Allerdings würden diese Zuschläge i. d. R. nur gewährt werden, wenn du dir VORHER die Zusicherung des für die neue Wohnung zuständigen Träges eingeholt hast.

Im Zweifel also vorher fragen und dann entscheiden...

horst

Zitat von: Dannu am 10. April 2023, 18:58:34Richtig insofern, dass "einfach so" verständlicherweise nicht akzeptiert wird, aber es gibt in meinem Fall (und bestimmt auch anderen Fällen) zwingende Gründe.
Folgendes steht hier, siehe unter 2):


ja du zitierst hier wie es bei Sozialhilfe ist, wird aber im SGBII ähnlich oder genauso sein. Bei dir ist vom VM gekündigt worden und musst nachweisen keine günstige Wohnung zu bekommen und das wird bei dir schwer werden bis unmöglich in Hamburg.