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Vergleich annehmen, ja/nein?

Begonnen von PetraL, 04. Juli 2024, 20:00:15

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TripleH

Wenn die Tochter im Klageantrag nicht erwähnt wurde, ist sie keine Klägerin, egal, ob die Mutter Vollmacht hatte oder nicht. Vollmachten kann man derer viele haben, die Rechte daraus muss man dann im Außenverhältnis aber auch dokumentieren. Nennt der Rechtsanwalt sie trotz Auftrag und Vollmacht also nicht innerhalb der zulässigen Klagefrist als Klägerin zu 2), dann kann man ihn in Regress nehmen, aber sie kann halt nicht mehr als Klägerin auftreten.




https://openjur.de/u/673995.html

ZitatDie Auslegung von Klageanträgen erfolgt nach dem Meistbegünstigungsprinzip (vgl nur BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 160/10 R = SozR 4-4200 § 26 Nr 2, RdNr 14 mwN). Dieser Grundsatz erstreckt sich aber regelmäßig nur auf die Antragsauslegung, nicht aber die Bestimmung der Kläger. Diese müssen sich vielmehr der konkreten Klageschrift entnehmen lassen. Etwas anderes ergibt sich für nach dem 30.6.2007 erhobene Klagen auch nicht mehr aus der Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R = BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1), mit welcher eine Erweiterung des Meistbegünstigungsprinzips auch für die Auslegung, welche Personen überhaupt Klage erhoben haben, erfolgte. Diese Erweiterung des Meistbegünstigungsprinzips galt nur für die Übergangszeit bis 30.6.2007. Bei den nach diesem Zeitpunkt erfolgten Klagen (maßgeblich: Antragszeitpunkt) sind wiederum die gewöhnlichen Auslegungskriterien anzusetzen.


Und da eben nur die Mutter Klägerin war, kann ihr auch nur ihr Kopfteil zugesprochen werden.

Sollte die TE dem Vergleich nicht zustimmen, werden wir das Urteil hoffentlich zu lesen bekommen und dann sollte sich die Frage klären.



Rotti

Zitat von: PetraL am 05. Juli 2024, 13:37:38Das Landessozialgericht sieht die Entscheidung des Sozialrechts Düsseldorf lediglich der Höhe nach als nicht korrekt an. Hintergrund ist der, dass Sie alleinige Klägerin in dem Verfahren sind.
Zitat von: Ottokar am 06. Juli 2024, 14:35:30Wenn die Tochter im Urteil nicht erwähnt worden sein sollte, ist das ein Form- bzw. Verfahrensfehler.
Ein Vergleich läuft doch immer dahin, das sich beide Parteien die Gerichts und Anwaltskosten teilen als beteiligter wirst nur du ja Recht bekommen.

Ottokar

#17
Fest steht, dass das SG sehr wohl in Kenntnis des Kopfteilprinzips den Betrag für Mutter und Tochter anerkannt hat. Eine Begründung dazu kennen wir ebensowenig wie die Beweggründe des SG, den Inhalt der Schriftsätze oder des Urteils. Diesbezügliche Spekulationen sind somit nicht hilfreich.
Nur mal angenommen, das SG hat die Kosten nachweislich Tochter und Mutter zugesprochen, so müsste das JC die Berufung separat jeweils gegen Tochter und Mutter richten. Richtet sich die Berufung nur gegen die Mutter, kann damit nur deren Kostenanteil angefochten werden, nicht der der Tochter. Genau das bedarf der Klärung.
Das LSG sieht hier nur einen Verstoß gegen das Kopfteilprinzip, ohne sich damit auseinanderzusetzen, warum das SG so entschieden hat, und genau diese Auseinandersetzung will das LSG mit dem Vergleichsvorschlag auch vermeiden. Genau das bedarf jedoch der Klärung UND Überprüfung durch das LSG, bevor man einen Vergleich überhaupt in Erwägung ziehen kann.
Abgesehen davon wäre PetraL hier durch ein Urteil nicht schlechter gestellt als durch den Vergleich.
Es besteht somit kein Vorteil darin, den Vergleich anzunehmen, und es gibt auch keine Pflicht, einen Vergleich anzunehmen.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


PetraL

Ich kann das Urteil gerne hier hochladen, wenn gewünscht. Soll ich auch die Berufungsklage mit dem Schmonsens vom JC hochladen?

PetraL

Zitat von: TripleH am 06. Juli 2024, 15:35:11Wenn die Tochter im Klageantrag nicht erwähnt wurde, ist sie keine Klägerin, egal, ob die Mutter Vollmacht hatte oder nicht. Vollmachten kann man derer viele haben, die Rechte daraus muss man dann im Außenverhältnis aber auch dokumentieren
Ja, genau so ist es wohl.

Die RA hat mich schon gestern direkt angerufen und sich eine gute halbe Stunde Zeit genommen, um mir die tatsächliche Rechtslage zu erklären. Ich denke, das ist sehr wichtig für ALLE Betroffenen:

Tatsächlich hätte meine Tochter genau genommen und um rechtssicher vorzugehen, bereits im Widerspruchsverfahren ausdrücklich mit genannt werden müssen.
Spätestens bei Klageerhebung durch den RA hätte sie aber explizit als weitere Klägerin mit aufgeführt werden müssen.
(Das war ein Fehler des RA. Dieser hätte wissen müssen, wie eine solche Klage ordnungsgemäß und formgerecht zu formulieren ist.)
Kind ist aber in den Brunnen gefallen, Klappe zu, Kind tot.

Sobald das Verfahren formell durch das LSG abgeschlossen wurde und das entsprechende Schriftstück vorliegt, kann man ggf. mittels Überprüfungsantrag (durch meine Tochter) oder ein evtl. Verfahren gegen den RA noch etwas von dem Geld retten.
Meine neue RA möchte da aber Schritt für Schritt vorgehen.

An der Annahme des Vergleichs führt kein - Vorteile bringender - Weg vorbei:
Die Gerichtskosten gehen auf jeden Fall zu Lasten der Öffentlichen Hand - also des Steuerzahlers.
Das Gericht legt daher Wert darauf, diese Kosten so gering wie möglich zu halten.
Lehnt ein Kläger einen für ihn - gegenüber dem zu erwartenden Urteil - nicht nachteiligen Vergleich ab, wird dies (vom Gericht) zu seinen Ungunsten gewertet und kann ein dann ergehendes Urteil zu seinen Ungunsten beeinflussen.
Desweiteren wird das Verfahren durch den Vergleich erheblich verkürzt, so dass man als Kläger schneller zu seinem Geld kommt (ob das dann auch praktisch so sein wird, muss abgewartet werden) und sich somit nur ein Vorteil für den Kläger ergibt.
An der nur hälftigen Übernahme der (also meiner) außergerichtlichen Kosten gibt es leider ebenfalls nichts zu rütteln, auch wenn das Jobcenter das gesamte Verfahren mutwillig durch Verstoß gegen geltendes Recht und Gesetz und den entsprechenden Handlungsanweisungen des Rhein-Kreises Neuss wider besseren Wissens herbei geführt hat, weil die Berufung bezüglich der Höhe der nachzuzahlenden Heizkosten berechtigt ist.
Daher der Vergleich.

Deshalb GANZ WICHTIG FÜR JEDEN BETROFFENEN: Bereits beim Widerspruch explizit für ALLE beteiligten BG-Mitglieder Widerspruch einlegen und diese einzeln namentlich aufführen.
2. Kommt es zu einer Klage, ganz genau darauf zu achten, dass auch wirklich alle BG-Mitglieder einzeln namentlich aufgeführt werden, für die geklagt wird, selbst für minderjährige Kinder.

Dieses extrem wichtige Wissen hatte ich leider nicht - was mich nun teuer zu stehen kommt. Macht man aber leider nix dran, die Rechtslage ist so.

Das mit dieser gewillkürten Prozeßstandschaft ist übrigens tatsächlich schon seit 2007 nicht mehr möglich und war nur während einer kurzen Übergangsphase 2006 eine Notlösung. Da muss es wohl eine Gesetzesänderung gegeben haben, von der dann damals bereits laufende Verfahren betroffen waren.

Ich hoffe, dass ich mit diesen (teuer bezahlten und noch zu bezahlenden) Erkenntnissen weiteren Betroffenen - zumindest für die Zukunft - ein wenig hilfreich sein kann.

TripleH

Zitat von: PetraL am 09. Juli 2024, 14:03:48Bereits beim Widerspruch explizit für ALLE beteiligten BG-Mitglieder Widerspruch einlegen und diese einzeln namentlich aufführen.

Im Widerspruchsverfahren ist das noch nicht so explizit notwendig aufgrund der Vertretungsvermutung des § 38 SGB II. Da reicht es, wenn es heißt "erhebe Widerspruch für mich und alle Mitglieder meiner BG". Außer, es handelt sich um die Rückabwicklung bereits bewilligter Leistungen (Erstattung, Aufrechnung, Sanktionen...). Da muss jedes volljährige Mitglied selbst in Widerspruch gehen oder explizit demjenigen, der Widerspruch erhebt, Vollmacht erteilen.

Zitat von: PetraL am 09. Juli 2024, 14:03:48Sobald das Verfahren formell durch das LSG abgeschlossen wurde und das entsprechende Schriftstück vorliegt, kann man ggf. mittels Überprüfungsantrag (durch meine Tochter) oder ein evtl. Verfahren gegen den RA noch etwas von dem Geld retten.

Für einen Überprüfungsantrag ist es zu spät. Der kann zulässig nur bis 2023 rückwirkend gestellt werden, es geht ja um gewünschte Nachzahlungen, nicht um die Erstattung von Leistungen, wo 4 Jahre gelten.

Zitat von: PetraL am 09. Juli 2024, 14:03:48Das war ein Fehler des RA. Dieser hätte wissen müssen, wie eine solche Klage ordnungsgemäß und formgerecht zu formulieren ist

Im Normalfall passiert das Rechtsanwälten, die selten im Sozialrecht unterwegs sind. Die haben erfahrungsgemäß die Meinung, dass das gesamte Bürgergeld einer BG ja einfach nur die Leistung von demjenigen ist, der arbeitslos ist und seine Kinder von "seinem" Bürgergeld ernähren muss. Im Prinzip händeln sie Bürgergeld wie Arbeitslosengeld oder die frühere Arbeitslosenhilfe und übersehen dabei, dass es in Wirklichkeit ein Individualanspruch ist. Es gibt auch seltene Fälle, wo Fachanwälte für Sozialrecht solche Fehler machen, aber dann haben die wahrscheinlich diese Bezeichnung einmal erworben und waren eher auf anderen Gebieten des Sozialleistungsrechts unterwegs.
 

PetraL

Zitat von: TripleH am 09. Juli 2024, 14:55:50Im Widerspruchsverfahren ist das noch nicht so explizit notwendig aufgrund der Vertretungsvermutung des § 38 SGB II. Da reicht es, wenn es heißt "erhebe Widerspruch für mich und alle Mitglieder meiner BG".
Zumindest dieses "für alle Mitglieder meiner BG" müsste - eigentlich - drin stehen. Man hat Glück, wenn das JC den Widerspruch auch bei Fehlen trotzdem für die gesamte BG akzeptiert. Rechtssicher ist das aber nicht.
Und um ganz auf Nummer sicher zu gehen, empfiehlt die RA die explizite Nennung aller betroffenen BG-Mitglieder.

Es macht nicht viel Arbeit und wenn man es weiß, kann man sich ja danach richten. Auch wenn das JC "aus Kulanz" einen Widerspruch ohne diesen Zusatz (für alle Mitglieder der BG) und erst recht ohne namentliche Nennung der Beteiligten in der Vergangenheit akzeptiert hat, ist - insbesondere aufgrund der ausufernden Einsparungswelle - damit zu rechnen, dass sich das jederzeit ändern kann und höchstwahrscheinlich auch wird.

P.S.:
Zitat von: TripleH am 09. Juli 2024, 14:55:50
Zitat von: PetraL am 09. Juli 2024, 14:03:48Das war ein Fehler des RA. Dieser hätte wissen müssen, wie eine solche Klage ordnungsgemäß und formgerecht zu formulieren ist

Im Normalfall passiert das Rechtsanwälten, die selten im Sozialrecht unterwegs sind. Die haben erfahrungsgemäß die Meinung, dass das gesamte Bürgergeld einer BG ja einfach nur die Leistung von demjenigen ist, der arbeitslos ist und seine Kinder von "seinem" Bürgergeld ernähren muss. Im Prinzip händeln sie Bürgergeld wie Arbeitslosengeld oder die frühere Arbeitslosenhilfe und übersehen dabei, dass es in Wirklichkeit ein Individualanspruch ist. Es gibt auch seltene Fälle, wo Fachanwälte für Sozialrecht solche Fehler machen, aber dann haben die wahrscheinlich diese Bezeichnung einmal erworben und waren eher auf anderen Gebieten des Sozialleistungsrechts unterwegs.
Das bedeutet, das kann durchaus JEDEM LE passieren - deshalb ist es m.E.n. so wichtig, Bescheid zu wissen.

TripleH

Zitat von: PetraL am 09. Juli 2024, 15:07:52Und um ganz auf Nummer sicher zu gehen, empfiehlt die RA die explizite Nennung aller betroffenen BG-Mitglieder.

Das ist eher eine Anwaltssache, also für Anwälte wichtig, weil die Kostenquote davon abhängig sein kann und in erster Linie will ein Anwalt Geld verdienen. Beispiel: bei einem Kind wird Unterhalt als Einkommen angerechnet, obwohl es keinen bekommt. Dadurch bekommt nur das Kind weniger Bürgergeld. Geht jetzt der Anwalt auch für Mutter, Vater und Geschwister in Widerspruch, kann es sein, dass er nicht die vollen Kosten für den eigentlich erfolgreichen Widerspruch bekommt, weil dieser ja für Mütter, Vater und Geschwister nicht notwendig und damit auch nicht erfolgreich war. Eine Privatperson, die als Kosten sowieso nur ein bisschen Porto geltend machen könnte, ist so ein "Fehler" eher unrelevant.

Zitat von: PetraL am 09. Juli 2024, 15:07:52Auch wenn das JC "aus Kulanz" einen Widerspruch ohne diesen Zusatz (für alle Mitglieder der BG) und erst recht ohne namentliche Nennung der Beteiligten in der Vergangenheit akzeptiert hat, ist - insbesondere aufgrund der ausufernden Einsparungswelle - damit zu rechnen, dass sich das jederzeit ändern kann und höchstwahrscheinlich auch wird.

Verfahrensrecht ist nicht ganz einfach und auch das Meistbegünstigstigtenprinzip ist mit zu beachten. Wobei es eben in der Rechtsprechung einen Unterschied macht, ob ein Fachmann (Anwalt - "hätte wissen müssen") oder eine rechtlicher Laie den Widerspruch erhebt.

Zitat von: PetraL am 09. Juli 2024, 15:07:52Das bedeutet, das kann durchaus JEDEM LE passieren - deshalb ist es m.E.n. so wichtig, Bescheid zu wissen.

Das ist richtig.
 


 

PetraL

Ein kurzes Update: Das Jobcenter hat den Vergleich abgelehnt - die bleiben bei ihrer Meinung, wir hätten verschwenderisch geheizt (trotz Gutachten und obwohl unser Verbrauch nur geringfügig über der sog. "abstrakten Nichtprüfungsgrenze" und manchmal auch darunter lag) und überhaupt hätten mir ja gar keine Leistungen zugestanden, weil das Sozialamt zuständig gewesen wäre (stimmt zwar nur für einen kleinen Teil des Zeitraums, aber naja) ...