Akteneinsicht Sozialgericht - Verfahren bereits beendet

Begonnen von GünsTiger, 11. Juli 2024, 14:45:22

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GünsTiger

Kann ich Akteneinsicht in Akten beim Sozialgericht für eigene Verfahren beantragen, die bereits abgeschlossen sind?

Ottokar

Als Verfahrensbeteiligter kann man jederzeit Akteneinsicht beantragen.
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Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


GünsTiger

@Ottokar

Das erleichtert mich sehr. Vielen herzlichen Dank für Deine Antwort!

TripleH

Aber nicht so einfach für bereits abgeschlossene Verfahren:

ZitatDas Recht auf Akteneinsicht steht sämtlichen Beteiligten i. S. d. § 69 zu, also auch den Beigeladenen. Mit dem Abschluss des Verfahrens endet die Beteiligtenstellung und somit grundsätzlich das Recht nach § 120 Abs. 1. Eine Ausnahme gilt, wenn ein Kläger nach rechtskräftigem Abschluss seines Verfahrens die Akteneinsicht zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens begehrt (LSG BW, Urteil v. 22.12.1983, L 9 X 148/83, juris).

https://www.haufe.de/sozialwesen/sgb-office-professional/jansen-sgg-120-akteneinsicht_idesk_PI434_HI768132.html

Was genau ist der Grund für die gewünschte Akteneinsicht und was genau soll eingesehen werden? Die Akten, die z. B. eine beklagte Behörde übersendet hat, wird nach Abschluss zurück geschickt oder jetzt neu vernichtet (wenn es z. B
nur ein Ausdruck der eAkte war).

GünsTiger

@TripleH

Danke für Deine Antwort.

Die Informationen in den Unterlagen dienen der Vorbereitung einer Klage, die allerdings mit dem abgeschlossenen Verfahren tatsächlich nur indirekt in Verbindung stehen.

Darüber hinaus sollen mögliche fachliche Fehler des Jobcenters dokumentiert werden.

Gibt es möglicherweise auch Wege, über die DSGVO eine Auskunft über den Akteninhalt zu bekommen?

TripleH

Na, in welche Akten willst du denn jetzt schauen? Die von Jobcenter? Vom Gericht? Irgendwelche Dritte?

Ottokar

ZitatDas Recht auf Akteneinsicht steht sämtlichen Beteiligten i. S. d. § 69 zu, also auch den Beigeladenen. Mit dem Abschluss des Verfahrens endet die Beteiligtenstellung und somit grundsätzlich das Recht nach § 120 Abs. 1. Eine Ausnahme gilt, wenn ein Kläger nach rechtskräftigem Abschluss seines Verfahrens die Akteneinsicht zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens begehrt (LSG BW, Urteil v. 22.12.1983, L 9 X 148/83, juris).
Das VG München, Urteil v. 13.07.2021 – M 32 K 20.6162, ist da anderer Meinung.
Danach bleibt die Beteiligtenstellung eines Beigeladenen auch nach dem Verfahren erhalten.
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-23293
Es ist auch kein logisch nachvollziehbarer Grund erkennbar, warum das nicht so sein soll.
Erst recht existiert keine gesetzliche Regelung dazu.
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TripleH

Die ZPO gilt hier aber nicht, da das SGG eine eigene Rechtsnorm zur Akteneinsicht enthält.

Ottokar

Das Urteil nimmt auch konkret und umfassend Bezug auf die Regelungen in SGG und VwGO.
Weder SGG noch VwGO regeln, dass die Beteiligtenstellung eines Beigeladenen nach dem Verfahren endet, genausowenig wie das die Beteiligtenstellung der Parteien über das Verfahren hinweg fortbesteht.
§ 120 SGG und § 100 VwGO beschränken die Akteneinsicht auch nicht auf laufende Verfahren und auch nicht auf die Parteien.
Die gesetzlichen Regelungen stehen jedenfalls in eklatantem Widerpruch zur 41 Jahre alten Rechtsauffassung des LSG-BW in L 9 X 148/83.
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TripleH

Das Verwaltungsgericht befasst sich in keinster Weise mit § 120 SGG. Und die Rechtsauffassung des LSG spiegelt sich auch in der aktuellen Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit wieder:

Zitat§ 120 Abs. 1 SGG gewährt den Beteiligten ein grundsätzlich unbeschränktes Recht der Einsicht in die Akten während eines anhängigen Klage- oder Berufungsverfahrens.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/legacy/122459


180

Einfach ausprobieren. Wenn etwas abgelehnt wird, wird der entsprechende Paragraph in der Antwort stehen, warum das nach deren Meinung nicht geht.
Danach einfach mit der nächsten Methode ausprobieren. Wenn du es zeitnah brauchst, halt parallel versuchen.

Kostet nichts und die Behörden machen für dich die Arbeit - wenn sie es nicht mal eben schnell kopieren wollen oder dir Einsicht gewähren wollen.

Ottokar

#11
Zitat von: TripleH am 13. Juli 2024, 09:52:21Das Verwaltungsgericht befasst sich in keinster Weise mit § 120 SGG
Etwas anderes habe ich auch nicht behauptet.

Zitat von: TripleH am 13. Juli 2024, 09:52:21Und die Rechtsauffassung des LSG spiegelt sich auch in der aktuellen Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit wieder:
Sehr weit hergeholt.

§ 120 SGG etc. ist natürlich nur für laufende Verfahren anzuwenden, man möge mir meine Unaufmerksamkeit nachsehen.
Im Zivilrecht ist nach beendetem Verfahren § 299 Abs. 2 ZPO anzuwenden, dessen Anwendung im Sozialrecht trotz § 202 SGG umstritten ist, obwohl das SGG keine Akteneinsicht durch Dritte regelt.
Daneben gibt es weitere Rechtsgrundlagen, wie die Gesetze zur Informationsfreiheit.

Wer ein berechtigtes Interesse geltend machen kann, das bei ehemals Beteiligten per se anzunehmen ist, dem wird vom Gericht i.d.R. Akteneinsicht gewährt. In diesem Sinne ist auch meine Antwort in Beitrag #1 gemeint und zu verstehen.
Unbeteiligte Dritte haben die Möglichkeit, durch Zustimmung aller ehemals Beteiligten Einsicht zu erhalten.
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TripleH

Zitat von: Ottokar am 13. Juli 2024, 12:07:24Etwas anderes habe ich auch nicht behauptet.

Dann habe ich das hier wohl falsch verstanden, ich ging davon aus, dass mit der Aussage die genannte Entscheidung des VG München gemeint war:

Zitat von: Ottokar am 13. Juli 2024, 08:13:55Das Urteil nimmt auch konkret und umfassend Bezug auf die Regelungen in SGG und VwGO.

Natürlich kann man es trotzdem versuchen. Ich habe auch schon selbst nach dem Abschluss von Verfahren Klage- und PKH-Akten des Gerichts übersendet bekommen, dann allerdings mit recht kurzer Frist zur Rücksendung. Wenn man einen nachvollziehbaren Grund nennt, ist es eigentlich kein Problem.

Allerdings werden einer Privatperson die Akten nicht übersendet.
 
 

jens123

Einfach Antrag auf Akteneinicht stellen, unter Angabe der Verfahrensnummer. Als Beteiligter sollte dir das Recht zustehen.

Mehr als ablehnen können die auch nicht; falls das geschieht, wird man das begründen. So weißt du, woran du bist.