Frage zur Nebenkostenabrechnung

Begonnen von Sese, 20. April 2025, 12:45:01

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Sese

Hallo liebes Forum,

ich lebe seit 12/2022 in meiner derzeitigen Wohnung und habe jetzt erst auf Nachfrage die Nebenkostenabrechnungen für 12/22 und das Jahr 2023 erhalten.
Für 12/22 muss ich 30 Euro nachzahlen.
Für 2023 habe ich ein Guthaben von 470 Euro.
Der Vermieter hat das verrechnet und mir 440 Euro auf mein Konto überwiesen.

Ich habe dem JC die Abrechnungen und den Überweisungsauftrag der 440 Euro auf mein Konto zugeschickt.

Die wollen mir aufgrund der versäumten Frist die 30 Euro von 12/2022 aber nicht verrechnen und fordern von mir die 470 Euro Guthaben aus dem Jahr 2023 zurück.

Wie sieht die Rechtsgrundlage aus ?

Dürfen sie die 470 Euro zurückfordern oder gilt vorrangig das Zuflussprinzpip ?
Schließlich habe ich nur 440 Euro erhalten.

Sheherazade

Zitat von: Sese am 20. April 2025, 12:45:01Die wollen mir aufgrund der versäumten Frist die 30 Euro von 12/2022 aber nicht verrechnen und fordern von mir die 470 Euro Guthaben aus dem Jahr 2023 zurück.

Ist korrekt. Dein Vermieter hätte die 30€ aus 2022 nicht abziehen bzw. einbehalten dürfen, da er die Frist zur BK-Abrechnung 2022 versäumt hat.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Sese

Hat er aber.

Daher sind mir nur 440 Euro "zugeflossen".

Sheherazade

Zitat von: Sese am 20. April 2025, 13:45:57Hat er aber.

Dann darfst du diese 30€ von deinem Vermieter zurückfordern, das ist dein Recht.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
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Ottokar

Guthaben und Nachzahlungen von Nebenkostenabrechnungen gehören im Fälligkeitsmonat zum KdUH Bedarf lt. § 22 SGB II, das ist sowohl gesetzlich als auch höchstrichterlich geklärt.
Wenn du die Nebenkostenabrechnungen für 2022 und 2023 jetzt erst im April 2025 bekommen hast, gehören diese - unabhängig vom jeweiligen Abrechungszeitraum - beide im April 2025 zum KdUH Bedarf. D.h. das JC muss sowohl die Nachforderung aus 2022 als auch das Guthaben aus 2023 berücksichtigen.
Hier ist für die Nachforderung aus 2022 allerdings bereits am 01.01.2024 Verjährung eingetreten (§ 556 Abs. 3 S. 3 BGB). Der Vermieter ist damit nicht mehr berechtigt, die Nachforderung aus 2022 mit dem Guthaben aus 2023 zu verrechnen. Das JC darf hier allerdings nicht einfach unter Verweis auf diese Verjährung die Nachforderung aus 2022 igorieren. Das JC kann dich jedoch dazu auffordern, das gesamte Guthaben von 2023 herauszufordern und gegebenenfalls herauszuklagen. Allerdings muss das JC dann auch die dabei entstehenden Kosten tragen, da diese nicht im Regelsatz enthalten sind.
Unabhängig davon darf das JC lt. § 11 SGB II nur den Guthabenbetrag als Einkommen berücksichtigen, der dir tatsächlich zugeflossen ist (Zuflussprinzip), also 440€.
Lt. 22 Abs. § SGB II mindert die Rückzahlung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung, eine Erstattungsforderung ist damit ohnehin unzulässig - außer sie bezieht sich auf die bereits für den Minderungsmonat gezahlten KdUH.

Ich würde mit dem o.g. gegen die Erstattungsforderung Widerspruch einlegen. Dieser entfaltet dann auch aufschiebende Wirkung.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Sese

Vielen Dank für die ausführlichen Informationen, Ottokar.

Ich muss noch richtigstellen, dass ich bis dato noch keine Rückforderung beziehungsweise Minderung der KDU für den nächsten Monat erhalten habe.
In meinem Post habe ich lediglich schon vorweggenommen, was mich vermutlich erwartet, da das Jobcenter mir bereits mitgeteilt hat, dass sie die Nachzahlung der KDU für 2022 wegen Verjährung nicht berücksichtigen werden.

Darüber hinaus gibt es noch ein weiteres Problem:
Die Nebenkostenabrechnung wurde nicht vom Vermieter erstellt, sondern vom Energieanbieter ISTA.

Diese Abrechnung beinhaltet unter anderem die Heizkosten, Wasserkosten sowie weitere Hausnebenkosten.
Das Jobcenter sieht diese Abrechnung allerdings nicht als vollständig an. Ich hatte mich schon selbst darüber gewundert und den Vermieter gefragt, was mit weiteren Posten wie Straßenreinigung, Müllabfuhr und ähnlichem sei.
Er antwortete mir, dass alles in der Abrechnung enthalten sei und keine zusätzliche Betriebskostenabrechnung mehr folgen werde.

Nun stellt sich mir die Frage, wie ich mich gegenüber dem Jobcenter verhalten soll, wenn sie die Abrechnung als unvollständig ansehen. Ich kann ja nur die Unterlagen einreichen, die ich tatsächlich erhalten habe.


Leeres Portemonnaie

Zitat von: Ottokar am 20. April 2025, 15:11:48Guthaben und Nachzahlungen von Nebenkostenabrechnungen gehören im Fälligkeitsmonat zum KdUH Bedarf lt. § 22 SGB II, das ist sowohl gesetzlich als auch höchstrichterlich geklärt.
Wenn du die Nebenkostenabrechnungen für 2022 und 2023 jetzt erst im April 2025 bekommen hast, gehören diese - unabhängig vom jeweiligen Abrechungszeitraum - beide im April 2025 zum KdUH Bedarf. D.h. das JC muss sowohl die Nachforderung aus 2022 als auch das Guthaben aus 2023 berücksichtigen.
Hier ist für die Nachforderung aus 2022 allerdings bereits am 01.01.2024 Verjährung eingetreten (§ 556 Abs. 3 S. 3 BGB). Der Vermieter ist damit nicht mehr berechtigt, die Nachforderung aus 2022 mit dem Guthaben aus 2023 zu verrechnen.

Aber ist denn hier nicht auch die Abrechnung von 2023 bereits verjährt?
Bei Nachzahlung wird die Frist beachtet, bei Guthaben nicht?
(Ist zwar verständlich, aber rechtlich gesehen ...?)
Wo bin ich denn bloß hingekommen, und wie ist das passiert? 😦 🤧

Sheherazade

Rechtlich gesehen:

ZitatKeine Nachforderungen bei verspäteter Zustellung

Haben Sie die Frist versäumt und die Nebenkostenabrechnung zu spät versendet, können Sie in der Regel keine Nachforderungen mehr geltend machen. Guthaben des Mieters bleiben von der Fristüberschreitung jedoch unberührt und müssen weiterhin ausgezahlt werden.
Quelle und mehr Infos
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Ottokar

Zitat von: Sese am 20. April 2025, 22:00:19Die Nebenkostenabrechnung wurde nicht vom Vermieter erstellt, sondern vom Energieanbieter ISTA.
Das spielt keine Rolle. Ein Vermieter hat das Recht, Dritte mit der Erstellung der Nebenkostenabrechnung zu beauftragen. Eine sich daraus ergebende Nachforderung muss er dann allerdings selbst stellen.

Zitat von: Sese am 20. April 2025, 22:00:19Das Jobcenter sieht diese Abrechnung allerdings nicht als vollständig an.
Auch das spielt keine Rolle.
Das JC hat mangels gesetzlicher Regelungen im SGB II keine Kompetenz, eine Nebenkostenabrechnung zu prüfen oder wegen vermuteter Mängel nicht anzuerkennen (fehlende rechtliche Zuständigkeit).
Ich weis, dass sich JC diese Kompetenz immer wieder anmaßen, aber die haben sie nicht.
Vermutet das JC Mängel bei der Nebenkostenabrechnung, kann es dich jedoch dazu auffordern, diese prüfen zu lassen und gegebenenfalls Widerspruch einzulegen, wobei der Widerspruch hinsichtlich einer Nachforderung keine aufschiebende Wirkung hat. Das JC kommt also auch bei einem Widerspruch gegen die Nebenkostenabrechnung nicht umhin, diese gemäß § 22 Abs. 1 SGB II anzuerkennen. Zudem muss das JC dann auch die für diese Rechtsverfolgung entstehenden Kosten tragen (Kostenübernahmezusicherung), da diese nicht im Regelsatz enthalten sind.
Weigerst du dich trotz Kostenübernahmezusicherung, die Nebenkostenabrechnung prüfen zu lassen und gegebenenfalls Widerspruch einzulegen, kann das JC einen Erstattungsanspruch nach § 34 SGB II geltend machen, wenn es dir böswilligen Vorsatz nachweisen kann und beweisen kann, das die Nebenkostenabrechnung fehlerhaft ist und wie hoch der deshalb beim JC verursachte Schaden ist.
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Sese

Ich habe mir die Abrechnungen nochmal genau angeschaut.
Da sind wirklich nur Heizkosten, Warmwasserkosten, Versicherungen und Kaminfeger enthalten.

Ich zahle 500 Kaltmiete + 50 kalte Nebenkosten + 100 Heizung/Warmwasser.

Der Vermieter verwendet also die monatlichen 150 Euro nur zur Deckung der oben genannten Kosten.

Wasser, Abwasser, Müll etc. fehlen.

Es scheint ihm egal zu sein, er ist da wohl sehr kulant.


Ottokar

Zitat von: Sese am 21. April 2025, 10:51:34Wasser, Abwasser, Müll etc. fehlen.
Dann ist die Abrechnung (als Teilabrechnung) unvollständig, das macht sie aber nicht fehlerhaft i.S.d. Gesetzes.
Vielmehr kann der Vermieter bis zum 31.12.2025 die fehlenden Kosten für 2024 nachberechnen und auch nachfordern (vgl. BGH in VIII ZR 133/10).

Eine Betriebskostenabrechnung muss für den Mieter inhaltlich nachvollziehbar und rechnerisch korrekt sein.
Fehlen für die Überprüfung der Berechnung erforderliche Informationen wie z.B. Gesamtkosten, Vorauszahlungen oder Umlageschlüssel, oder stimmen die Zahlen nicht mit den zugrunde liegenden Belegen überein, ist die Abrechnung fehlerhaft.
Ist die Abrechnung fehlerhaft, ist eine etwaige Nachzahlung nicht fällig, da ein einklagbarer Rechtsanspruch auf eine korrekte Abrechnung besteht. Kann der Vermieter diese nicht innerhalb der Abrechnungsfrist erstellen, kann er auch keine Nachzahlung mehr verlangen, außer er ist für die Verspätung nicht verantwortlich.
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Sheherazade

Zitat von: Ottokar am 21. April 2025, 10:59:46Vielmehr kann der Vermieter bis zum 31.12.2025 die fehlenden Kosten für 2024 nachberechnen und auch nachfordern.

Die lückenhafte Abrechnung ist aber für 2023 (und einen Monat aus 2022). Der Vermieter kann gar nichts mehr nachfordern.
 
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Sese

Aus Sicht meines Vermieters ist diese Teilabrechnung komplett.
Er sagt, darin sei alles enthalten.
Da wird nichts mehr kommen.

De facto sind dann die fehlenden Positionen anscheinend in der Grundmiete enthalten.

Aber wie erkläre ich das dem JC ?

Ottokar

Zitat von: Sese am 21. April 2025, 11:29:11Aus Sicht meines Vermieters ist diese Teilabrechnung komplett. Er sagt, darin sei alles enthalten. Da wird nichts mehr kommen.
Das musst du ja dem JC nicht erzählen.

Zitat von: Sese am 21. April 2025, 11:29:11Aber wie erkläre ich das dem JC ?
Ich verstehe die Frage nicht, denn du musst dem JC hier gar nichts erklären.
Das JC muss die Abrechnung in jedem Fall anerkennen. Tut es das nicht, musst du mittels Widerspruch und Klage dagegen vorgehen.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
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Sese

Das Jobcenter fordert mich aber mit Fristsetzung auf, die fehlenden Abrechnungen vorzulegen.

Also schreibe ich denen, dass mein Vermieter die vorliegenden Abrechnungen als vollständig ansieht und er keine weiteren Kosten geltend macht ?