9. SGB II-ÄndG beschlossen - erhebliche Änderungen treten am 01.08.2016 in Kraft

Begonnen von Ottokar, 21. Juli 2016, 16:53:10

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Ottokar

Zitat von: rubbel am 20. Oktober 2016, 19:02:56Das JC rechnet im Bescheid z.Z. so:

Gfb 199,50 Euro + Ehrenamt 55,00 Euro = 254,50 Euro

Freibeträge 30,90 Euro (Gfb) + 200,00 Euro (EA) = 230,90 Euro

anrechenbares Einkommen = 23,60 Euro 
Interessant, denn das ist falsch. An der Anrechnung bzw. Berechnung hat sich eigentlich nichts geändert.
Der 200€ Freibetrag ist ein Höchstbetrag, begrenzt vom tasächlichen Einkommen. Es gelten 100€ für Erwerbseinkommen und nochmal 100€ oben drauf für steuerfreie Einnahmen.
D.h. wenn z.B. das Erwerbseinkommen nur 80€ beträgt, gibt es darauf auch nur 80€ Grundfreibetrag, und wenn das steuerfreie Einkommen nur 50€ beträgt, gibt es darauf auch nur 50€ vom erhöhten Grundfreibetrag, insgesamt dann 130€ Freibetrag.

In deinem Fall müsste die Berechnung somit so aussehen:

199,50 Euro Erwerbseinkommen
- 100€ Grundfreibetrag
- 19,90€ Freibetrag Erwerbseinkommen
= 79,60€ anrechenbares Einkommen

55,00 Euro steuerfreie Einkommen
- 55€ Euro erhöhter Grundfreibetrag für steuerfreie Einkommen
= 0,00€ anrechenbares Einkommen
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rubbel

Zitat von: Ottokar am 21. Oktober 2016, 13:03:39
Interessant, denn das ist falsch.
Gebe ich dir vollkommen recht, ergibt sich auch aus dem BSG - Urteil vom 28.10.2014, Az.: B 14 AS 61/13 R. Vor diesem Urteil hat eigentlich jedes JC mehr oder weniger seinen eigenen Rechenweg angewendet.

schnuki

§ 56
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sollen in der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet werden, eine Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen und nachzuweisen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht darf nicht sanktioniert werden.

wie ist das zu verstehen, kann nun jeder auf eine Eingliederungsvereinbarung verpflichtet werden per unterschrift ? oder nur als VA ?
und wenn nicht unterschrieben wird dann Sanktion und ggf. Szialwidrigkeit, das dann die Leistungen erstatt werden müssen?



Gast40964

Eine EGV ist Ziel zum Eingliedern in den Arbeitsmarkt und darf nur Bestimmungen in dieser Richtung wie Auflagen über Bewerbskosten etc. beinhalten

Die Bestimmungen über Abwesenheit/Krankheit etc gehören nicht in eine Eingliederungsvereinbarung da wir auch ohne diese kraft Gesetz dazu verpflichtet sind.

oldhoefi

@Wolfsschrei,

Zitat von: Gast40964 am 30. Oktober 2016, 10:45:17Die Bestimmungen über Abwesenheit/Krankheit etc gehören nicht in eine Eingliederungsvereinbarung da wir auch ohne diese kraft Gesetz dazu verpflichtet sind.
Das wurde mit der Gesetzesänderung ab 01.08.2016 erweitert.

Ein Blick in § 56 Abs. 1 SGB II n. F. schafft Klarheit. --> https://dejure.org/gesetze/SGB_II/56.html

----------

@schnuki,

Zitat von: schnuki am 30. Oktober 2016, 08:51:47wie ist das zu verstehen, kann nun jeder auf eine Eingliederungsvereinbarung verpflichtet werden per unterschrift ? oder nur als VA ?
und wenn nicht unterschrieben wird dann Sanktion und ggf. Szialwidrigkeit, das dann die Leistungen erstatt werden müssen?
Der § 56 SGB II beinhaltet die Anzeige- und Bescheinigungspflicht bei AU. Was aber NICHT heißt, dass man deswegen zu einer EinV per Unterschrift gezwungen werden kann, vgl. § 15 SGB II.

Ebenso wenig findet § 31 Abs. 1 SGB II (Pflichtverletzung aus EinV) Anwendung. Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht einer AU, sofern in der EinV enthalten, darf nicht sanktioniert werden.

Ottokar

Viel interessanter ist dabei die sich aus § 55 SGB X für das JC ergebende Pflicht zu einer äquivalenten Gegenleistung und die sich daraus ergebende inhaltliche Anforderung an die Rechtsfolgenbelehrung der EinV.
Die Pflicht zu einer äquivalenten Gegenleistung besteht nämlich unabhängig davon, ob eine Pflichtverletzung sanktioniert werden darf oder nicht. Eine äquivalente Gegenleistung wäre in diesem Fall die Erstattung der Kosten der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und der Vorlage der AU beim JC. Denn ohne diese lt. § 55 SGB X zwingend erforderliche äquivalente Gegenleistung wäre die gesamte EinV lt. § 58 Abs. 3 SGB X nichtig, da lt. § 56 SGB II eine EinV nicht ohne diese Pflicht geschlossen werden soll.
Da eine Verletzung dieser Pflicht lt. § 56 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht sanktioniert werden darf, muss darüber zwingend in der Rechtsfolgenbelehrung der EinV informiert werden. Allerdings beinhaltet der von der BA vorgegebene Formulartext derzeit noch keinen solchen Hinweis, was quasi automatisch zur Unwirksamkeit der RFB und damit der EinV führt.
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Gast40964

 :danke:  Ottokar !

Eine Rüpckfrage dazu:

Erstattung der Kosten der AU Bescheinigung, damit   wäre das Porto gemeint oder?

Vorlage der AU Bescheinigung ist in obrige Kosten eingeschlossen da man den gelben Schein doch kostenlos vom Arzt bekommt bei AU-Schreibung hm hier stolpere ich etwas

Ottokar

Zitat von: Gast40964 am 03. November 2016, 12:55:00Erstattung der Kosten der AU Bescheinigung, damit   wäre das Porto gemeint oder?
... oder die Fahrkosten zum JC, je nach dem. Das kann man dann eben individuell in einer EinV regeln.

Es handelt sich ja um zwei Pflichten:
- Anzeige der AU: Post, Fax, telefonisch, E-Mail. Zumindest bei der Ersten, möglicherweise auch bei den ersten 3, fallen Kosten an.
- Vorlage der AU: Post, persönlich. Hier fallen definitiv Kosten an, entweder für Porto, wobei noch zu konkretisieren wäre, ob normaler Brief oder Einschreiben, oder eben alternativ Fahrkosten.
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Gast40964

  :wand: danke daran dachte ich gar nicht weil mein JC hier in nur 15 Minuten Fussweg erreichbar ist.... danke!

Gast41472

Hallo Ihrs,

SGB II § 22
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

Ottokar, Du hast das so formuliert...
Rückzahlungen bei den Betriebskosten werden nicht als Einkommen angerechnet, soweit diese auf Vorauszahlungen beruhen, die der Betroffene für nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Abrechnungszeitraum selbst gezahlt hat.

Ich habe von Januar bis September 2016 kein ALG 2 bezogen, deshalb meine Miete und alle Nebenkosten mit Strom selber geleistet. Da diese meine Vorauszahlung bis dahin ja keine anerkannte Aufwendung war, weil ja gar nicht sein konnten denke ich, dass wenn jetzt also eine Rückzahlung im Januar oder Februar kommen würde, dass JC nur Anspruch auf maximal den Anteil hat, den es für Oktober November und Dezember geleistet hat. (Die Abrechnung wird ja dann für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2016 gemacht.) Da meine SB etwas sauer auf mich war, hat Sie mir angekündigt, dass ich wegen der Betriebskostenabrechnung 2016 schon noch mein blaues Wunder erleben werde und meine "private" Leistungen dann weg sind. Ich sag immer gerne zu allem Leistungen auch wenn die "privat" sind.

In einem anderem Thread von Dir meine ich nämlich auch gelesen zu haben, dass es dann zwei Möglichkeiten gibt, wie diese Anteile dann auseinander genommen werden. Hoffe ich hab nicht hier dazu schon was überlesen.

Grüße
Nickname

Ottokar

§ 22 Abs. 3 SGB II greift hierbei nicht.
Die Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II soll lt. Begründung des Gesetzgebers sicherstellen, dass Rückzahlungen des Vermieters der vom Kommunalen Träger des SGB II gezahlten KdU auch diesem zugute kommen.
Wenn die Rückzahlung vom Vermieter also keine vom Kommunalen Träger des SGB II gezahlten KdU sind, darf § 22 Abs. 3 SGB II nicht angewendet werden. Leider sieht das BSG dies anders (B 4 AS 139/11 R).
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Gast6174

Hallo,

ich habe eine Frage zu § 15
"Die starre 6monatsfrist wird aufgehoben. Künftig kann eine EinV auch für kürzere Zeiträume geschlossen, oder eher als nach 6 Monaten ersetzt werden."

Mir wurde eine EGV vorgelegt ohne Gültigkeitsdauer. Konkret gültig vom xx.11.2016 gültig bis "auf weiteres"
Während dieser nicht konkret benannten Gültigkeitsdauer kann diese EGV fortgeschrieben werden.

"7. Fortschreibung dieser EGV
Die EGV wird regelmäßig überprüft und im  gegebenen Falle fortgeschrieben. Sollte aufgrund von wesentlichen Änderungen usw......sind sich beide Vertragsparteien darüber einig, dass eine Fortschreibung dieser EGV erfolgen soll. Das gleiche gilt, wenn dass Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen dieser Vereinbarung erreicht bzw. beschleunigt werden kann."

Mein AV meinte, dass von sofort an, jede EGV, bundesweit, ohne festgeschriebene Gültigkeit von-bis ausgestellt wird.

Hat das JC tatsächlich rechtlich die Möglichkeit, die EGV nach den neuen "Rechtsvereinfachungen" ohne Gültigkeitsdauer auszustellen?


amazone

@glaskugel
mir ist heute morgen das selbe passiert...auf nachfrage wurde mir nur gesagt, dass unbefristste egv aufgrund der letzten jc-leitungs-ansage jetze ebenso sei...
rechtsgrundlage war der av allerdings nicht bekannt.
lg amazone
wer nicht das unmögliche wagt, wird das mögliche niemals erreichen (bakunin)
freiheit ist immer die freiheit des andersdenkenden
(nach rosa luxemburg)

Gast6174

Zitat von: amazonemir ist heute morgen das selbe passiert.

Rechtsgrundlage und wo ich das genau nachlesen kann, war mein AV ebenfalls überfordert.
Steht denn auf Deiner EGV ebenfalls Gültigkeit von xx.xx.xxxx Gültigkeit bis...."bis auf Weiteres"?

Ottokar

Zitat von: Gast6174 am 22. November 2016, 14:59:57Mir wurde eine EGV vorgelegt ohne Gültigkeitsdauer. Konkret gültig vom xx.11.2016 gültig bis "auf weiteres"
Das ist klar rechtswidrig.

Zitat von: amazone am 22. November 2016, 15:58:21mir ist heute morgen das selbe passiert...auf nachfrage wurde mir nur gesagt, dass unbefristste egv aufgrund der letzten jc-leitungs-ansage jetze ebenso sei...
Und das auch.

Zitat von: amazone am 22. November 2016, 15:58:21rechtsgrundlage war der av allerdings nicht bekannt.
Kein Wunder, denn es gibt keine.
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