9. SGB II-ÄndG beschlossen - erhebliche Änderungen treten am 01.08.2016 in Kraft

Begonnen von Ottokar, 21. Juli 2016, 16:53:10

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Gast18959

Zitat von: Gast41472 am 28. November 2016, 13:03:43Bzw. eigentlich jetzt erst wurde im § 22 SGB II aufgenommen was mit, von Hilfsbedürftigen selbst erbrachten Eigenmitteln, passieren darf. Stimmt das wenigsten?

genau heisst es :

Zitat"Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht."
https://dejure.org/gesetze/SGB_II/22.html

Benötigt wohl erst die höchstrichterliche Auslegung.
Also ab wann handelt es sich um "nicht anerkannte Aufwendungen".

Setzt die Begrifflichkeit im § 22 Abs 3 SGB II voraus, dass sich der Betroffene im Leistungsbezug bereits befinden musste während er "nicht anerkannte Aufwendungen" aus seinem Vermögen zahlte,
oder,
handelt es sich ebenfalls um "nicht anerkannte Aufwendungen", wenn der nunmehr Betroffene diese Aufwendungen bereits vor seinem Leistungsbezug aus seinem Vermögen zahlte ?

Beide Varianten lassen sich aus dem Gesetzeswortlaut ableiten.

Gast41472

danke fürs helfen zum auseinander klabusdern.

Ich glaube immer noch daran, dass ein Gesetz so formuliert werden muss, dass es jeder mit einem IQ von 0 auch verstehen kann und vor allem darf. Eigentlich. Schon klar, dass Worte ausgelegt werden können, aber wenn schon eine Auslegung möglich ist, dann ist das meiner Meinung nach auch absichtlich geschehen.

"nicht anerkannte Aufwendung" Ja, für mich heißt das eben, alles was nicht anerkannt wurde. Was ich nicht beantragt hatte, kann nicht anerkannt gewesen sein. Alles was abgelehnt wurde, war nicht anerkannt.
Ich hoffe sehr, dass ich nicht die einzige sein werde, die im Falle eines Falles vor Gericht geht. Ich will nicht der Einzelkämpfer sein, wegen dessen Erfolg oder Misserfolg künftige Urteile ausfallen...  :schock:

ZitatBenötigt wohl erst die höchstrichterliche Auslegung.
:heul:

Ottokar

Zitat von: Gast18959 am 28. November 2016, 23:25:13Benötigt wohl erst die höchstrichterliche Auslegung.
Nix Auslegung, das ist eindeutig und nichts weiter als die Umsetzung höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. B 14 AS 83/12 R).

Es geht, auch lt. Begründung in Bt-Drs 18/8041, ausschließlich um KdU, die ein Leistungsbezieher selbst gezahlt hat. Warum (ob die KdU unangemessen sind oder nur noch Teilanspruch auf ergänzende KdU wegen Einkommen besteht) ist dabei unerheblich.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Gast18959

Zitat von: Ottokar am 01. Dezember 2016, 10:00:42Nix Auslegung, das ist eindeutig und nichts weiter als die Umsetzung höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. B 14 AS 83/12 R).

Wäre schön wenn du deine Aussage auch belegen und nicht nur per Nennung eines BSG-Urteils bzw einer BT-Drucksache behaupten würdest.
Darin ist aus meiner Sicht jedenfalls nichts geeignet um bei diesem Thema deine Aussage zu stützen.

Zitat aus dem Urteil :

RN 18
Zitatd) Dem steht auch der Regelungszweck des § 22 Abs 1 S 4 SGB II nicht entgegen. Hiernach sollen den kommunalen Trägern Guthaben zugutekommen, die wesentlich mit ihren Beiträgen aufgebaut worden sind (BT-Drucks 16/1696 S 26). Dazu bedient sich die Regelung aber einer typisierenden Ausgestaltung, die auf die Aufbringung der Mittel im Einzelnen nicht abstellt, wie der 4. Senat des BSG bereits entschieden hat; von wem konkret die Betriebskostenvorauszahlung in der Vergangenheit aufgebracht worden ist und auf wen demgemäß der zurückerstattete Betrag entfällt, ist für die Anrechnung ohne Bedeutung (BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 19).
http://openjur.de/u/709632.html

1.) Sollen den kommunalen Trägern die Mittel, die sie selbst "im wesentlichen" überzahlt haben, bei Rückzahlung zufliessen

2.) Hat sich die Rechtslage bezüglich der  "Aufbringung der Mittel im Einzelnen" entscheidend geändert

Die Neufassung ist dementsprechend also nicht eine Umsetzung bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung.


Zitat von: Ottokar am 01. Dezember 2016, 10:00:42Es geht, auch lt. Begründung in Bt-Drs 18/8041, ausschließlich um KdU, die ein Leistungsbezieher selbst gezahlt hat.

Zitat aus der Drucksache Gesetzesbegründung :

Seite 40
ZitatNach bisheriger Rechtslage mindert die Rückzahlung oder das Guthaben die (unangemessenen) Aufwendungen
im Monat der Berücksichtigung, so dass ein Teil der Rückzahlung oder des Guthabens auch den anerkannten Teil
der Bedarfe mindert
. Das ist unbillig, soweit der rückgezahlte Betrag der Höhe nach zuvor erbrachten Eigenmitteln
entspricht.
Durch die Änderung ist künftig der Betrag der Rückzahlung anrechnungsfrei, der sich auf Kosten für Haushaltsenergie
oder nicht anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung bezieht.
https://www.juris.de/jportal/docs/news_anlage/nlsr/pdf/1808041.pdf

Nix - Leistungsbezieher,
"zuvor erbrachte Eigenmittel" und eben nicht "Leistungen nach diesem Buch" 

Die zu klärende Frage bleibt auch weiterhin :

Muss der nicht anrechenbare, aus "Eigenmitteln" erbrachte Rückerstattungsanteil, im Leistungsbezug erwirtschaftet
worden sein oder sind auch die "Eigenmittel", die vor dem Leistungsbezug vorausgezahlt wurden, von der Anrechnung ausgenommen ?

der von mir unterstrichene Satzteil der Gesetzesbegründung :   "auch den anerkannten Teil der Bedarfe mindert"
- ist unbillig wenn aus Eigenmitteln vorfinanziert -
ist amS. ein klarer Hinweis, dass Vorauszahlungen aus Eigenmitteln vor dem Leistungsbezug in keinem Fall anzurechnen sind.

Ottokar

Zitat von: Gast18959 am 01. Dezember 2016, 18:32:12Wäre schön wenn du deine Aussage auch belegen und nicht nur per Nennung eines BSG-Urteils bzw einer BT-Drucksache behaupten würdest.
Mit Nennung des Urteils habe ich meine Aussage doch belegt, was willst du denn noch? Etwas in Stein gemeißeltes?
:wand:

Mit dem Lesen oder Verstehen des Gelesenen scheint es auch nicht zu klappen, denn da steht es doch:
Zitatnicht anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung

Die Kosten für Haushaltsenergie waren bislang schon generell kein Einkommen.
Und nun sind auch die Kosten der Unterkunft, die der ALG II Bezieher selbst erbracht hat, weil das JC sie nicht anerkannte, kein Einkommen.
Grundvoraussetzung ist also, dass das JC die Kosten, die der ALG II Bezieher im Abrechnungszeitraum selbst erbracht hat, zuvor nicht anerkannte und er sie deshalb selbst zahlen musste.
Noch eindeutiger geht es nicht.
Da steht absolut nichts davon, dass davon auch Kosten umfasst werden, die vor ALG II Bezug gezahlt wurden. Das ist nämlich gerade aufgrund der Formulierung des Gesetzestextes vollkommen unmöglich, weil in einem Zeitraum, der vor dem ALG II Bezug liegt, das JC logischerweise keine KdU anerkennen bzw. nur teilweise anerkennen kann.
Es handelt sich also eindeutig und ausschließlich um KdU, die das JC während eines ALG II Bezuges nicht anerkannt und der Betroffene deshalb selbst gezahlt hatte.
Auch Kosten, die während des ALG II Bezuges wegen Anrechnung von Einkommen auf die anerkannten KdU selbst gezahlt wurden, werden von dieser Regelung nicht umfasst. Eine Nichtanrechnung solcher Eigenleistungen ergibt sich sich lediglich aus der teleologischen Auslegung der neuen Regelung.
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Gast18959

Zitat von: Ottokar am 02. Dezember 2016, 12:17:36Da steht absolut nichts davon, dass davon auch Kosten umfasst werden, die vor ALG II Bezug gezahlt wurden. Das ist nämlich gerade aufgrund der Formulierung des Gesetzestextes vollkommen unmöglich, weil in einem Zeitraum, der vor dem ALG II Bezug liegt, das JC logischerweise keine KdU anerkennen bzw. nur teilweise anerkennen kann.

Ist doch genau meine Rede

Es steht da nicht

Es steht da allerdings ebenso nicht, dass diese Regelung lediglich "nicht anerkannte Aufwendungen" während des Leistungsbezug´s umfassen soll.
Denn wie du selbst sagst, sind Vorauszahlungen von vor dem Leistungsbezug ebenfalls "nicht anerkannte Aufwendungen" weil die Behörde sie logischerweise nicht anerkennen konnte.
In jedem Fall sind es aber Aufwendungen aus "Eigenmitteln", und genau diese sollen nun (entgegen dem von dir genanntem BSG-Urteil) nicht mehr als Einkommen angerechnet werden.

Aus meiner Sicht, greift diese Gesetzesänderung sehr wahrscheinlich viel tiefer.
Beim im selben Atemzug genannten Haushaltsstrom zB. war und ist die Rückerstattung, jedenfalls ab der damaligen Gesetzesänderung, richtiger Weise kein anrechenbares Einkommen mehr - und zwar unabhängig davon, ob die "Eigenmittel" vor oder während des Leistungsbezug´s eingesetzt wurden.
Übrigens entgegen dem auslösenden "Strom-Urteil" (B 14 AS 186/10 R)
Eine Unterscheidung zu den Modalitäten kommt weder im Gesetzestext noch in Gesetzesbegründung zum Ausdruck, man kann also davon ausgehen, dass beide Tatbestände in gleicher Weise "behandelt" werden sollen.

Für meine Sicht spricht auch, dass den Kommunen diese überschüssigen Mittel zurückfliessen sollen, die sie auch vorgeleistet haben. Eigenmittel, die der Betroffene irgendwann selbst aufbringen musste, zählen wohl eher nicht dazu.

Zitat von: Ottokar am 02. Dezember 2016, 12:17:36Mit dem Lesen oder Verstehen des Gelesenen scheint es auch nicht zu klappen

Scheint neuerdings zum Generalargument hier im Forum zu mutieren.
Einem Meinungsaustausch bzw einer dem folgenden Meinungsbildung doch wohl eher abträglich   :no:

oldhoefi

--> http://hartz.info/index.php?topic=102986.msg1138793#msg1138793

Ich möchte o. g. nochmal aufgreifen, da sich in letzter Zeit EinV-Vertrag mit Gültigkeitsdatum ,,bis auf weiteres" auffallend häufen. Insbesondere bei gE, deshalb befürchte ich fast, dass diese offene Geltungsdauer in den Vorlagen der BA hinterlegt ist.

Dazu bin ich einmal auf Ursachenforschung gegangen und habe mir meine Gedanken gemacht.

Den genauen Wortlaut und den Tenor des § 15 Abs. 3 SGB II n. F. habe ich verstanden und schließe mich @Ottokar an.

Die FH der BA unter Punkt 4.1 Rz 15.31 (zeitlicher Rahmen) enthalten wortgetreu folgende Aussagen:

,,Die EinV kann unbefristet oder befristet abgeschlossen werden. Sie muss spätestens nach 6 Monaten überprüft werden. Eine Befristung von weniger oder mehr als sechs Monaten kann mit Nennung des Grundes in der EinV erfolgen. Im Anschluss ist eine neue EinV abzuschließen."

So wie ich das interpretiere, kann nun ein SB die Geltungsdauer festsetzen (oder gar nicht), wie es ihm gerade in den Kram passt. Daher dürfte auch das ,,bis auf weiteres" herrühren, was aber nachweislich nicht aus dem Gesetzestext entnommen werden kann.

Satz 1 des § 15 Abs. 3 SGB II n. F. sagt unmissverständlich aus, eine EinV soll spätestens nach Ablauf von 6 Monaten gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden.

Die Fortschreibung (mit neuer EinV) wurde aber von der BA in dem o. g. zitierten Text komplett unterschlagen, so dass sich damit auch die Geltungsdauer von max. 6 Monaten aufhebt, wobei wir wieder bei ,,bis auf weiteres" wären.

Dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag unbefristet (laut FH) abgeschlossen wird und dieser dann spätestens nach 6 Monaten fortgeschrieben (laut Gesetz) werden soll, sind schon eklatante Widersprüche in sich. Aber ich frage mich zusätzlich, wie ein solcher gleichlautender ersetzender EinV-VA aussehen soll, wird dieser dann auch ,,bis auf weiteres" erlassen...?

:wand: Die BA baut Mist - eher bewusste Willkür - und die LE sollen dann den SB's die rechtskonforme Umsetzung des § 15 Abs. 3 SGB II n. F. beibringen.

(Sollte ich einen Denkfehler haben, lasse ich mich gerne berichtigen.)

Ottokar

Zitat von: Gast18959 am 02. Dezember 2016, 17:33:08Es steht da allerdings ebenso nicht, dass diese Regelung lediglich "nicht anerkannte Aufwendungen" während des Leistungsbezug´s umfassen soll.
Doch, tut es, und es steht schwarz auf weiß im Gesetz:
Zitatnicht anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung
Das SGB II beinhaltet ja so einige Wischiwaschi-Regelungen, aber gerade diese gehört nicht dazu.
Leugnen hilft da nicht.

Zitat von: Gast18959 am 02. Dezember 2016, 17:33:08Einem Meinungsaustausch bzw einer dem folgenden Meinungsbildung doch wohl eher abträglich
Das Offensichtliche zu leugnen und Anderen zu unterstellen, sie würden nur Behauptungen äußern ohne diese mit Beweisen zu untermauern, ist kein Meinungsaustausch, das ist purer Unverstand.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
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Gast41964

ZitatALG II ist in jedem Fall unpfändbar, egal auf welchem Konto.

Das war es bisher nicht. Alg 2 ist wie Arbeitseinkommen bei Pfändungen zu berücksichtigen. So der Bundesgerichtshof. Sofern man Alg 2, welches über den Freibetrag hinaus geht, nicht erfolgreich über das Jobcenter per P-Konto Bescheinigung bescheinigen lässt, so lange ist es dem Grunde nach pfändbar.




Bei  Thema P-Konto fragt man nicht bei seiner Bank, sondern in solchen Foren hier, beim Vollstreckungsgericht oder beim Anwalt an. Denn ALLE Banken sind beim Thema P-Konto inkompetent.

Ein P-Konto darf ( und durfte ) nie teurer sein, als das reine Girokonto zuvor. Das P-Konto bleibt als das Girokonto bestehen, welches es vorher war, nur das es fortan den automatischen Pfändungsschutz in sich trägt. Ein P-Konto stellt niemals ein eigenständiges Kontomodell dar. Die Kontoführungsgebühren dürfen sich nach Umwandlung zum P-Konto gerade nicht erhöhen.

Das alles ergibt sich schon aus dem Gesetz § 850k ZPO . Demnach stellt ein P-Konto immer nur eine Zusatzvereinbarung zum bisherigen Girokonto dar. Da die Banken zu dieser gesetzlichen Zusatzvereinbarung verpflichtet sind, dürfen sie sich diese Leistung nicht zusätzlich berechnen lassen.

Der Bundesgerichtshof ( BGH ) hat das mit seinen Urteilen vom 13.11.2012 und vom 13.07.2013 lediglich in detaillierter Form bestätigt. Die Entgeltklauseln gelten aber nicht erst seit den Urteilen, sondern seit Inkraftreten des Gesetz § 850k ZPO , also seit dem 1.07.2010 .

Pfändungen zu bearbeiten ist eine gesetzliche Pflicht aller Kreditinstitute, die nicht den Kunden berechnet werden darf. So der BGH schon in den 1990er Jahren.

Es gab Banken, die haben bis zu 35 € Kontoführungsgebühren für ein P-Konto verlangt. (!?) Und es gab und gibt Banken, die Gebühren für die Pfändungsbearbeitung verlangen. Die Volksbank Dresden hat zum Beispiel 30 € verlangt, wenn der Kunde ein Pfändung erhalten hat und die Bank diese bearbeiten musste. Absolut unzulässig.

Die Banken haben alle Juristen im Haus, kennen die Gesetzeslage und die Rechtslage ganz genau, agieren aber bewusst an dieser vorbei. Sicher ist es für Banken ein Mehraufwand Pfändungen zu bearbeiten. Aber man darf es eben nicht den Kunden berechnen.

Banken sind kriminelle Vereinigungen. Man kann ihnen das bloß nicht nachweisen. Staatsanwaltschaften verweisen immer auf den Zivilweg. Logisch:  der Staat schützt eben den Staat.

Gast18959

Zitat von: Ottokar am 03. Dezember 2016, 15:30:36Das Offensichtliche zu leugnen und Anderen zu unterstellen, sie würden nur Behauptungen äußern ohne diese mit Beweisen zu untermauern, ist kein Meinungsaustausch, das ist purer Unverstand.

Ich darf offen diskutieren ?

Weder leugne ich etwas Offensichtliches noch unterstelle ich dir etwas.

Zitat von: Ottokar am 03. Dezember 2016, 15:30:36Doch, tut es, und es steht schwarz auf weiß im Gesetz:
Zitat

    nicht anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung

Das SGB II beinhaltet ja so einige Wischiwaschi-Regelungen, aber gerade diese gehört nicht dazu.
Leugnen hilft da nicht.


Ob die Begrifflichkeit "nicht anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung" offensichtlich nur Aufwendungen im Leistungsbezug umfassen muss, lasse ich mal offen.
Sie steht jedenfalls nicht im Gesetz.

§ 22 Abs 3 SGB II
Zitat"Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht."

Deutlich zu lesen ist, dass der Gesetzgeber "nicht anerkannte Aufwendungen" von der Anrechnung freistellt und eben gerade nicht von "Bedarfen", die einen Anspruch auf Leistung möglicherweise suggerieren, spricht.
Insoweit gebe ich dir das ignorieren des Offensichtlichen gerne zurück.

Grundsätzlich ist bei der Auslegung zuforderst und streng dem Gesetzeswortlaut zu folgen, daneben sind Sinn und Zweck der Regelung zu erforschen.
"Nicht anerkannte Aufwendungen" sind zweifelsfrei auch die Aufwendungen, die vor dem Leistungsbezug aufgebracht werden mussten. Jedenfalls dann, wenn man sich der deutschen Sprache unvoreingenommen bedienen will.

Sinn und Zweck der Neuregelung sind in der Gesetzesbegründung im Wortlaut beschrieben :

ZitatNach bisheriger Rechtslage mindert die Rückzahlung oder das Guthaben die (unangemessenen) Aufwendungen
im Monat der Berücksichtigung, so dass ein Teil der Rückzahlung oder des Guthabens auch den anerkannten Teil
der Bedarfe mindert. Das ist unbillig, soweit der rückgezahlte Betrag der Höhe nach zuvor erbrachten Eigenmit-
teln entspricht.

So weit so klar
Nicht anzurechnende "zuvor erbrachte Eigenmittel" umfassen auch Vorauszahlungen die vor dem Leistungsbezug fällig waren.

Allerdings sorgt der Herr Gesetzgeber im Weiteren für einen erheblichen Konflikt in der Auslegung weswegen ich zu meiner, von dir gekänzelten, "Behauptung" komme :

Zitat von: Gast18959 am 28. November 2016, 23:25:13Benötigt wohl erst die höchstrichterliche Auslegung.

denn im letzten Absatz wird sich dann auf die von dir favorisierten nicht anerkannten "Bedarfe" bezogen, die aber ins Gesetz nicht übernommen sind :

ZitatDurch die Änderung ist künftig der Betrag der Rückzahlung anrechnungsfrei, der sich auf Kosten für Haushalts-
energie oder nicht anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung bezieht.
https://www.juris.de/jportal/docs/news_anlage/nlsr/pdf/1808041.pdf

Diesen Konflikt kann weder der kluge Ottokar - noch der unverständige mir reichts auflösen

Ottokar

Zitat von: Gast18959 am 03. Dezember 2016, 17:57:53Ob die Begrifflichkeit "nicht anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung" offensichtlich nur Aufwendungen im Leistungsbezug umfassen muss, lasse ich mal offen.
Sie steht jedenfalls nicht im Gesetz.
Ob Bedarfe oder Aufwendungen ist vollkommen egal. Diese Begriffe sind beliebig austauschbar.
Maßgeblich ist der Begriff "annerkannte", denn anerkennen kann diese Bedarfe/Aufwendungen nur das JC und auch nur während eines Leistungsbezuges.
Das schließt unmissverständlich und eindeutig Aufwendunden vor Leistungsbezug aus.

Zitat von: Gast18959 am 03. Dezember 2016, 17:57:53Diesen Konflikt kann weder der kluge Ottokar - noch der unverständige mir reichts auflösen
Es gibt dabei keinen Konflikt, es gibt nur jemanden, der die Begrifflichkeiten hartnäckig ignoriert.

Zitat von: Gast41964 am 03. Dezember 2016, 17:41:03
ZitatALG II ist in jedem Fall unpfändbar, egal auf welchem Konto.

Das war es bisher nicht. Alg 2 ist wie Arbeitseinkommen bei Pfändungen zu berücksichtigen. So der Bundesgerichtshof. Sofern man Alg 2, welches über den Freibetrag hinaus geht, nicht erfolgreich über das Jobcenter per P-Konto Bescheinigung bescheinigen lässt, so lange ist es dem Grunde nach pfändbar.
Das ist falsch. ALG II war gemäß § 850k Abs. 6 ZPO bislang für die Dauer von 14 Tagen ab der Gutschrift pfändungsfrei.
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Gast18959

Zitat von: Ottokar am 03. Dezember 2016, 20:32:42Ob Bedarfe oder Aufwendungen ist vollkommen egal. Diese Begriffe sind beliebig austauschbar.

Mit Verlaub
Genau hier liegt dein Denkfehler

Während der "Bedarf" im Sozialrecht das Notwendige beschreibt, stellen die "Aufwendungen" das Tatsächliche dar.
Weil die "Aufwendungen" höher, gleich oder niedriger sein können als der "Bedarf", ist ein Austausch dieser Begriffe nicht möglich, erst recht nicht beliebig.

beispielhaft :

§ 22 Abs. 1 Satz 1
Zitat"(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. "


Zitat von: Ottokar am 03. Dezember 2016, 20:32:42Maßgeblich ist der Begriff "annerkannte", denn anerkennen kann diese Bedarfe/Aufwendungen nur das JC und auch nur während eines Leistungsbezuges.

Richtig,
folglich sind Aufwendungen die vor dem Leistungsbezug vom Betroffenen aus seinem Vermögen geleistet wurden eindeutig  "nicht anerkannte Aufwendungen".  Sie konnten nicht anerkannt werden.
Diese "Aufwendungen" sind im Übrigen auch keine "Bedarfe", weil der Betroffene im fraglichen Zeitraum nicht anerkannt "bedürftig" war.
Da aber nur anerkannte Aufwendungen, die von den Kommunen auch aufgewendet wurden (spezialrechtliche Regelung - BSG), nach neuer Rechtslage anrechnungsfähig sind, bleiben vom Betroffenen selbst erbrachte Aufwendungen nunmehr ausser Betracht.

Auch das vom BSG entwickelte Zuflussprinzip kann hierbei keine Rolle mehr spielen, denn anders als bei der (auch von dir kritisierten) Steuererstattung kann nicht behauptet werden, dass sich die Mittel zum Zeitpunkt der Vorauszahlung nicht im Vermögen des Betroffenen befunden hätten, sie also erst im Rahmen der Rückerstattung zufliessen.

oldhoefi

@mir reichts,

erkläre mir mal den Unterschied zwischen ,,angemessenem Bedarf" und ,,anerkannten Aufwendungen".

Ich kann keinen finden.

Wenn der Bedarf angemessen ist, werden die Aufwendungen dafür anerkannt.

Wenn die Aufwendungen anerkannt sind, ist der Bedarf dafür angemessen.

Und wer legt fest, ob der Bedarf angemessen und die Aufwendungen dafür anerkannt werden – richtig, der Leistungsträger.

§ 22 SGB II Bedarfe für Unterkunft und Heizung - Auszug
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.
--> https://dejure.org/gesetze/SGB_II/22.html

Zitat von: Ottokar am 03. Dezember 2016, 20:32:42Maßgeblich ist der Begriff "anerkannte", denn anerkennen kann diese Bedarfe/Aufwendungen nur das JC und auch nur während eines Leistungsbezuges. Das schließt unmissverständlich und eindeutig Aufwendungen vor Leistungsbezug aus.
Ich komme demnach auch zu keinem anderen Ergebnis und schließe mich @Ottokar an.

Ottokar

Zitat von: Gast18959 am 06. Dezember 2016, 15:26:45Mit Verlaub
Genau hier liegt dein Denkfehler

Während der "Bedarf" im Sozialrecht das Notwendige beschreibt, stellen die "Aufwendungen" das Tatsächliche dar.
Und solange die Aufwendungen angemessen sind, sind sie als Bedarf anzuerkennen (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II) und unter dieser Voraussetzung sind diese Begriff austauschbar. Es ist also kein Denkfehler, sondern du hast nur nicht weit genug gedacht. Aber darum geht es hier gar nicht.
Es geht um den offensichtlichen Fakt, dass das JC Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nur dann als angemessen anerkennen kann, wenn es als Leistungsträger zuständig ist. Und das ist nur dann und so lange der Fall, wie jemand ALG II gezahlt bekommt.
Damit sich also Rückzahlungen für vom JC nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ergeben können, muss das JC zwangsläufig und unabdingbar zuvor entschieden haben, dass die Aufwendungen nicht in voller Höhe anerkannt und infolge dessen gezahlt wurden, was ebenso zwangsläufig und unabdingbar einen Leistungsbezug voraussetzt.
Es gibt also nur einen Fall, in dem Rückzahlungen für Unterkunft und Heizung auch vom JC nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beinhalten können:
Wenn der Hilfeempfänger während eines Leistungsbezuges Anteile der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die das JC nicht anerkannt hat, selbst (aus ALG II oder dort angerechnetem Einkommen) gezahlt hat.
Diese Gesetzesregelung ist auch folgerichtig, denn eine solche Rückzahlung resultiert entweder aus ALG II, oder beim ALG II angerechnetem Einkommen, was eine nochmalige Berücksichtigung als Einkommen ausschließt. Mit dieser Argumentation arbeiten wir hier im Forum schon seit Jahren und auch die Rechtsprechung folgt dem.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Gast18959

Zitat von: oldhoefi am 06. Dezember 2016, 17:11:09erkläre mir mal den Unterschied zwischen ,,angemessenem Bedarf" und ,,anerkannten Aufwendungen".

Ich kann keinen finden.

Ist doch ganz einfach - Es wird nicht unterschieden
Die "anerkannten Aufwendungen" entsprechen dem "angemessenem Bedarf".

Allerdings geht es hier ja gerade nicht um die "anerkannten Aufwendungen" die dem Bedarf entsprechen, sondern um die tatsächlichen Aufwendungen, die nur anerkannt werden können, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind.
Voraussetzung für die Anerkennung ist erstens die Beantragung und zweitens die bedarfsdeckende Angemessenheit.

zu 1.) Zwangsläufig sind nicht beantragte Leistungen "nicht anerkannte Aufwendungen" weil sie weder auf Angemessenheit zu prüfen noch zu bescheiden waren.
Das trifft auf jede nicht beantragte Leistung zu.

zu 2.) Aufwendungen die die Angemessenheitskriterien überschreiten, sind ebenfalls "nicht anerkannte Aufwendungen".
trifft zB. ebenso auf die Kosten für Haushaltstrom zu, eine Rückerstattung wird nicht gefordert egal ob das Guthaben vor oder während des Leistungsbezugs aufgebaut wurde.


Zitat von: oldhoefi am 06. Dezember 2016, 17:11:09Und wer legt fest, ob der Bedarf angemessen und die Aufwendungen dafür anerkannt werden – richtig, der Leistungsträger.

unlogische Schlussfolgerung - klassischer Zirkelschluss

"Da der Leistungsträger immer anerkennen muss, muss er auch immer nicht anerkennen"

Wie bereits mehrmals betont, kann der Leistungsträger die Aufwendungen nur prüfen und gegebenenfalls anerkennen wenn er dazu beauftragt ist.
Andernfalls bleiben die Aufwendungen das was sie sind - nicht durch den Leistungsträger anerkannte, zuvor selbst erbrachte Eigenmittel, mithin "nicht anerkannte Aufwendungen".

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Zitat von: Ottokar am 06. Dezember 2016, 18:36:06Aber darum geht es hier gar nicht.
Es geht um den offensichtlichen Fakt, dass das JC Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nur dann als angemessen anerkennen kann, wenn es als Leistungsträger zuständig ist. Und das ist nur dann und so lange der Fall, wie jemand ALG II gezahlt bekommt.

Nochmal, ja das bestreitet niemand, aber darum geht es genau nicht.
Es geht nicht um anerkannte Aufwendungen sondern um "nicht anerkannte Aufwendungen" und die setzen ein Tätigwerden der Behörde nicht voraus. Es bleiben so lange "nicht anerkannte Aufwendungen" bis eine Behörde anders entscheidet.

Zitat von: Ottokar am 06. Dezember 2016, 18:36:06Damit sich also Rückzahlungen für vom JC nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ergeben können, muss das JC zwangsläufig und unabdingbar zuvor entschieden haben, dass die Aufwendungen nicht in voller Höhe anerkannt und infolge dessen gezahlt wurden, was ebenso zwangsläufig und unabdingbar einen Leistungsbezug voraussetzt.

Das ist eben der Trugschluss,
Das JC entscheidet nicht über "nicht anerkannte Aufwendungen" , es prüft und erkennt Aufwendungen nur im Bedarfsrahmen an, tut es das nicht, sind und bleiben es "nicht anerkannte Aufwendungen".

Zitat von: Ottokar am 06. Dezember 2016, 18:36:06Es gibt also nur einen Fall, in dem Rückzahlungen für Unterkunft und Heizung auch vom JC nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beinhalten können:
Wenn der Hilfeempfänger während eines Leistungsbezuges Anteile der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die das JC nicht anerkannt hat, selbst (aus ALG II oder dort angerechnetem Einkommen) gezahlt hat.

Das kann nicht aus dem Gesetzeswortlaut abgeleitet werden, es steht schlicht nicht so geschrieben :

ZitatRückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

Keine Rede von ALG II oder angerechnetem Einkommen.
Hätte es der Gesetzgeber so gewollt, würde es da auch genau so stehen.

Zitat von: Ottokar am 06. Dezember 2016, 18:36:06Diese Gesetzesregelung ist auch folgerichtig, denn eine solche Rückzahlung resultiert entweder aus ALG II, oder beim ALG II angerechnetem Einkommen, was eine nochmalige Berücksichtigung als Einkommen ausschließt. Mit dieser Argumentation arbeiten wir hier im Forum schon seit Jahren und auch die Rechtsprechung folgt dem.

Noch mal dran erinnert, dass der Gesetzgeber bei der Anrechnung von "Stromguthaben" über die Rechtsprechung des BSG hinaus gegangen ist, "Stromguthaben" generell nicht mehr angerechnet werden dürfen, es keinen schlüssigen Hinweis gibt, dass der Gesetzgeber Aufwendungen aus Eigenmitteln für die KDU anders "behandeln" will.