Einladung mit Sanktionsandrohung

Begonnen von schwede1982, 14. Juni 2020, 13:48:07

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Gast48661

Na dann. Ist natürlich ein Grund mal wieder irgendwelche Themen zu shreddern. Da kannste auch nen roten Faden als Benutzerbild nehmen. Das passt dann genauso.  :sleep:

Fettnäpfchen

Zitat von: Gast48661 am 15. Juni 2020, 11:29:50
Zitat

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    gemäß Erreichbarkeitsanordnung bin ich lediglich dazu verpflichtet postralisch erreichbar zu sein. Auch aus Gründen der Nachweisbarkeit bitte ich ausschließlich um schriftliche Kommunikation.
    Sofern ihrerseits Bedarf zur Besprechung der beruflichen Situation besteht, so kann diese auf dem Postweg erfolgen, wobei ich anmerken darf, dass von meiner Seite aus derzeit kein Bedarf besteht.

    MfG

Naja das letzte würde ich nicht schreiben!!

MfG FN
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.
Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Gast48661

Zitat von: Fettnäpfchen am 15. Juni 2020, 14:36:56
Naja das letzte würde ich nicht schreiben!!

MfG FN
Kannst du das auch begründen? Ohne Rudeltiere.

Last Man Standing

Zitat von: Fettnäpfchen am 15. Juni 2020, 14:36:56Naja das letzte würde ich nicht schreiben!!
Den Gedanken teile ich. Habe eben große Augen beim Lesen bekommen.  :schock:

Dies bedeutet auch dass man derzeit keinen Bedarf und Interesse an der Vermittlung in Arbeit hat und Unterstützung hat.
Was im Umkehrschluss einer Erklärung gleich kommt auf Sozialleistungen zukünftig verzichten zu wollen. Das Eine gibt es nicht ohne die Bereitschaft für das Andere.

Gast48661

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 16:52:23
Dies bedeutet auch dass man derzeit keinen Bedarf und Interesse an der Vermittlung in Arbeit hat und Unterstützung hat.
Nein. das bedeutet das keineswegs. Das, was du vornimmst, ist eine Interpretation. Hat aber nichts mit der Bedeutung der Worte zu tun.
Das, was da geschrieben wird, bedeutet schlicht und ergreifend: Derzeit keinen Bedarf an einer Besprechung der beruflichen Situation im JC mit dem SB.
Wenn der SB das trotzdem möchte, kann er das Ganze gerne schriftlich durchführen. Von mir aus kann der Satz noch ergänzt werden.

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 16:52:23Was im Umkehrschluss einer Erklärung gleich kommt auf Sozialleistungen zukünftig verzichten zu wollen. Das Eine gibt es nicht ohne die Bereitschaft für das Andere.
Wo steht denn im SGB II, dass Besprechungen zur beruflichen Situation eine Leistungsvoraussetzung sind?


götzb

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 16:52:23
Zitat von: Fettnäpfchen am 15. Juni 2020, 14:36:56Naja das letzte würde ich nicht schreiben!!
Den Gedanken teile ich. Habe eben große Augen beim Lesen bekommen.  :schock:
Dies bedeutet auch dass man derzeit keinen Bedarf und Interesse an der Vermittlung in Arbeit hat und Unterstützung hat.
Was im Umkehrschluss einer Erklärung gleich kommt auf Sozialleistungen zukünftig verzichten zu wollen. Das Eine gibt es nicht ohne die Bereitschaft für das Andere.
Nein das eine darf man nicht mit den anderen verbinden. (SGB2)
Denn das ist keine Gesinnungsleistung, nur der mit wohlwollender Gesinnung bekommt diese.
Gerster wollte damals eine daraus machen, ist dem lieben Briefdienstler ohne Mindestlohn Lobbyist zum Glück nur als entfleuchter Furz verblieben.

Wenn du kein Interesse an einer Vermittlung hast, und diese auch kund tust, hast du trotzdem einen Leistungsanspruch.
Wer das so schreibt, könnte aber mit mehr Maßnahme und Aktiverungsmüll Angeboten "beglückt" werden.

Liebes Corona. Vielen Dank das dank dir die Jobcenter 3 Monate schließen mussten. #auch Pandemien haben ihre guten Seiten.
Arbeit bekämpfen, Automatisierung fördern ! Das evangelische Arbeitsethos ist das Grundübel dieser Gesellschaft.

Gast44116

Ich finde diesen Satz auch etwas hart und könnte negativ aufstoßen beim Arbeitsvermittler. Ein "natürlich stehe ich ihnen gerne in persönlichen Gesprächen zur Verfügung" würde ihn etwas abmildern, wenn er unbedingt sein muss.
Einfach weglassen wäre geschickter

Orakel

Ein Blick ins Gesetz hilft bei der Rechtsfindung!

Wer § 309 SGB III aufmerksam gelesen hat, müsste eigentlich selbst zu der Erkenntnis kommen, dass eine "Aufforderung" zu einer bestimmten Zeit am Telefon auf einen Anruf zu warten, noch nicht einmal ansatzweise durch diese Rechtsnorm gedeckt ist, im Übrigen auch nicht durch § 32 SGB II.

Zur Sicherheit fragen wir jemanden, der sich damit auskennt; hier Guido Becker, Richter am Sozialgericht Neuruppin:

"Die Meldung hat grundsätzlich persönlich zu erfolgen, nur dadurch kann der Zweck der Meldung erreicht werden. Eine fernmündliche Meldung ist auf eng umschriebene Ausnahmefälle zu beschränken; sie kommt z.B. in Betracht bei gesundheitlicher Behinderung des Meldepflichtigen, bei kurzfristiger Abstimmung wegen eines noch nicht endgültig festgelegten Vorstellungstermins bei einem Arbeitgeber oder zur sofortigen Unterrichtung des Vermittlers und Beraters über das Ergebnis einer Vorstellung beim Arbeitgeber."
(G. Becker in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 59 (Stand: 01.03.2020), Rn. 23)

Obgleich die Aufzählung nicht  abschließend ist, kann ich Anhaltspunkte für

ZitatIch möchte mit Ihnen Ihre aktuelle berufliche Situation besprechen.

beim besten Willen nicht erkennen.

Da wir einmal dabei sind, fragen wir auch noch Dr. Anja Weber, Richterin am Sozialgericht Berlin:

"Die Meldeaufforderung ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Sie individualisiert die gesetzliche abstrakte Meldeverpflichtung des Leistungsberechtigten, indem sie einen bestimmten Termin benennt, an dem dieser zu erscheinen hat mit der Folge, dass bei Nichterscheinen ohne Nachweis eines wichtigen Grundes eine Minderung des Regelbedarfes eintritt. Es wird mithin ein Einzelfall mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen geregelt." (Weber in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 32 (Stand: 01.03.2020), Rn. 30)

"Ein Meldeversäumnis liegt vor, wenn der Leistungsberechtigte einer wirksamen Aufforderung des Leistungsträgers nicht nachgekommen ist, wenn er also am vorgesehenen Tag nicht bei der in der Meldung bezeichneten Stelle persönlich erschienen ist bzw. den Untersuchungstermin nicht wahrgenommen hat. (aaO, Rn. 38)

Eine Sanktion würde allein schon an der Unwirksamkeit der Meldeaufforderung scheitern.

Das Schreiben des Jobcenters ist ein mehr oder weniger freundliches Angebot, dass man annehmen oder ignorieren kann, also auch das Telefon einfach klingeln lassen kann.

Noch Fragen, Kienzle?


Gast44116

 :sehrgut:

Super nachvollziehbar erklärt.  :ok:

schwede1982

Jo, super, dann hab ich ja nichts zu befürchten, wenn ich nicht dran gehe. Ich bin eh auf Kriegsfuß mit der Sachbearbeiterin. Ich bekomme keine online Bewerbungskosten mehr bezahlt. Sie meint es gäbe eine EGV, die ich nie bekommen habe. Selbst Fahrkosten möchte Sie mich überreden nicht zu beantragen, weil ich der einzige wäre der es täte.

Gast44116

#40
Zitat von: schwede1982 am 15. Juni 2020, 19:56:46
Selbst Fahrkosten möchte Sie mich überreden nicht zu beantragen, weil ich der einzige wäre der es täte.
Gute Taktik. Leider fallen darauf auch manche Leistungsbezieher rein.

Hier hat die Tage jemand 1€ für Onlinebewerbungen erhalten laut EGV. Also gibt es keine Gründe für 0€ dafür zu geben.

Ich würde die unterschriebene EGV in Kopie verlangen. Die Unterschrift müsste ja drauf sein eigentlich  :zwinker:

a_good_heart

Zitat von: schwede1982 am 15. Juni 2020, 19:56:46
Selbst Fahrkosten möchte Sie mich überreden nicht zu beantragen, weil ich der einzige wäre der es täte.

Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten im Anhang :zwinker:

[gelöscht durch Administrator wegen Erreichen der Speicherfrist]
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont... (Konrad Adenauer)

Last Man Standing

Zitat von: Gast48661 am 15. Juni 2020, 17:26:11Das, was da geschrieben wird, bedeutet schlicht und ergreifend: Derzeit keinen Bedarf an einer Besprechung der beruflichen Situation im JC mit dem SB.
Zitat von: götzb am 15. Juni 2020, 18:02:13Nein das eine darf man nicht mit den anderen verbinden. (SGB2)
Denn das ist keine Gesinnungsleistung, nur der mit wohlwollender Gesinnung bekommt diese.
Gerster wollte damals eine daraus machen, ist dem lieben Briefdienstler ohne Mindestlohn Lobbyist zum Glück nur als entfleuchter Furz verblieben.
Wenn du kein Interesse an einer Vermittlung hast, und diese auch kund tust, hast du trotzdem einen Leistungsanspruch.
Wer das so schreibt, könnte aber mit mehr Maßnahme und Aktiverungsmüll Angeboten "beglückt" werden.
Die Leistung nach dem SGB II ist kein bedingungslosen Grundeinkommen. Dem Anspruch auf Leistungen steht der u.a. der §2 SGB II gegenüber. Mit einer solchem Bekenntnis gegenüber einem Vermittler oder Fallmanager bringe ich klar zum Ausdruck, dass ich derzeit kein Interesse habe meine berufliche Situation zu besprechen und folge dessen natürlich auch nicht daran interessiert alle Möglichkeiten auszuschöpfen um die Hilfebedürftigkeit zu verringern oder zu gar ganz zu beenden. Dass dies zwangsläufig immense Probleme nach sich ziehen und dass diese Probleme sich auf die Auszahlung bzw. den Anspruch von Leistungen auswirken kann, dürfte doch offensichtlich sein.
Unabhängig davon, dass es keine Rechtsgrundlage für die Einladung zum Telefonat gibt, würde ich diese Formulierung auf keinen Fall verwenden. Damit macht man sich auch nicht zur Marionette des Systems und ob die Briefdienstler furzen oder nicht ist hier auch egal.

Gast48661

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 20:48:01
Die Leistung nach dem SGB II ist kein bedingungslosen Grundeinkommen.
Hat das hier jemand behauptet? Oder ist das wieder eine deiner sensationellen Interpretationen des geschriebenen.

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 20:48:01Dem Anspruch auf Leistungen steht der u.a. der §2 SGB II gegenüber. Mit einer solchem Bekenntnis gegenüber einem Vermittler oder Fallmanager bringe ich klar zum Ausdruck, dass ich derzeit kein Interesse habe meine berufliche Situation zu besprechen ....
Richtig. Dem stelle ich den erfahrungsgemäß nicht vorhandenen Mehrwert solcher Besprechungen gegenüber. Inwieweit bringt mich dich Besprechung denn in Lohn & Brot?

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 20:48:01...und folge dessen natürlich auch nicht daran interessiert alle Möglichkeiten auszuschöpfen um die Hilfebedürftigkeit zu verringern oder zu gar ganz zu beenden.
Reine Spekulation und Interpretation. Komme ich meinen Bewerbungsbemühungen nach und erfülle ich hierbei auch die Forderungen in einer evtl vorhandenen EGV (bzw EGV-VA), so erfülle ich auch die Erfordernisse gemäß § 2 SGB II. Ein Telefongespräch als Erfordernis, mal ganz abgesehen von dem ausschließlichen Erfordernis der postalischen Erreichbarkeit, bringt mich kein Stück schneller in Arbeit.

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 20:48:01Dass dies zwangsläufig immense Probleme nach sich ziehen und dass diese Probleme sich auf die Auszahlung bzw. den Anspruch von Leistungen auswirken kann, dürfte doch offensichtlich sein.
Das einzige, was hier offensichtlich ist, ist das, dass du die Rechtslage verkennst. @Orakel hat das wunderbar dargestellt. Den Beitrag solltest du dir nochmal zu Gemüte führen.

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 20:48:01Unabhängig davon, dass es keine Rechtsgrundlage für die Einladung zum Telefonat gibt, würde ich diese Formulierung auf keinen Fall verwenden.
Es gibt weder für die Einladung zum Telefonat noch zur Besprechung der beruflichen Situation übers Telefon eine Rechtsgrundlage.

Wie ich aber bereits geschrieben habe, kann der Satz auch dahingehend ergänzt werden, dass eine Besprechung der beruflichen Situation gerne postalisch erfolgen kann.

Orakel

Zitat von: Last Man Standing am 15. Juni 2020, 20:48:01
Dem Anspruch auf Leistungen steht der u.a. der §2 SGB II gegenüber.
[...]
Dass dies zwangsläufig immense Probleme nach sich ziehen und dass diese Probleme sich auf die Auszahlung bzw. den Anspruch von Leistungen auswirken kann, dürfte doch offensichtlich sein.

Nur mal so am Rande:

"Der Grundsatz des Forderns regelt die Pflichten der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen im Rahmen der Geltendmachung von Ansprüchen nach dem SGB II, wobei es sich mangels Einklagbarkeit rechtlich um Obliegenheiten mit Appellcharakter handelt." (Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 2 (Stand: 01.03.2020), Rn. 13)

"Rechtlich haben die in § 2 SGB II verankerten Pflichten lediglich Appellcharakter, weil sich aus ihnen unmittelbar keine entsprechenden gegebenenfalls im Wege des Verwaltungszwanges durchsetzbaren Ansprüche der Leistungsträger herleiten lassen. So kann insbesondere auch niemand zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zur Annahme einer Arbeitsgelegenheit gezwungen werden. Vielmehr handelt es sich, wie sich schon an der Positionierung im Kapitel 1 ablesen lässt, um eine Grundsatznorm, die erst über andere Regelungen, wie die zum Einsatz von Einkommen und Vermögen bzw. sonstige leistungsmindernde Vorschriften konkretisiert wird und regelmäßig nur im Zusammenhang mit ihnen Wirkung entfaltet. Sie begründet demzufolge auch keinen eigenen Ausschlusstatbestand, der als Rechtsgrundlage bei Hilfebedürftigkeit eine Leistungsverweigerung oder Leistungsminderung rechtfertigen würde, selbst wenn andere Sozialleistungen vorwerfbar nicht in Anspruch genommen werden können. Andernfalls hätte es der konkreten Leistungsausschlussnormen wie in §§ 31 ff. SGB II nicht bedurft." (aaO, Rn. 55)

Gesetzessystematik muss man halt auch verstehen ...