Müssen chronische Krankheiten dem Jobcenter gemeldet werden?

Begonnen von Ukn, 16. Februar 2022, 13:47:12

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Ukn

Hallo,

müssen chronische Krankheiten (körperlich o. psychisch) dem Jobcenter gemeldet werden, die ja potentiell die Arbeitsfähigkeit unter Umständen einschränken können?

Danke

Meph1977

Das Jobcenter darf wissen welche Einschränkungen sich aus den Erkrankungen ergeben aber aufgrund welcher Diagnosen die Einschränkungen bestehen geht das Jobcenter nichts an.
Seid vorsichtig was ihr dem JC erzählt. Die machen aus nem französischen Rotwein eine rothaarige Französin und drehen euch noch eine BG mit der Französin an.

Ukn

Wie stellt man selbst oder das Jobcenter fest, dass Einschränkungen auf Grund einer Erkrankung vorliegen?

Wenn man z.B. zum Berufspsychologen muss, muss man ihm dann bestehende Diagnosen mitteilen?

Bundspecht

Zitat von: Ukn am 16. Februar 2022, 13:54:34Wie stellt man selbst oder das Jobcenter fest, dass Einschränkungen auf Grund einer Erkrankung vorliegen?

In dem Falle, schickt dich das JC zum ÄD, die stellen dann fest inwiefern Du noch in der Lage bist zu Arbeiten. Aber auch bekommt das JC keine Diagnosen zu sehen !
So viele Idioten, und nur eine Sense.

Irgendwann legte der Tot seine Sense beiseite , und bestieg einen Mähdrescher, um den Idioten Herr zu werden !

Ukn

Also stellt man einfach erstmal so die Behauptung auf, man könne nicht arbeiten, und das JC schickt einem zum ÄD?

Zählt das auch, wenn man aus Menschenwürde heraus nicht arbeiten will, denn jeder Mensch sollte ja freiheitlich mit sich selbst übereinstimmend werden dürfen?

Wird dann damit das ALG 2 eingestellt bzw. erst gar nicht bewillig?

180

Hallo,
du musst es dem JC nur mitteilen, wenn du der Meinung bist, dass du weniger als 3h arbeitsfähig bist, weil du dann kein Anspruch auf ALG II hättest, sondern Sozialhilfe. Das ist vollkommen egal, was irgendwelche Ärzte behaupten, so lange du selbst offiziell glaubst, dass du mehr als 3h täglich arbeitsfähig bist. So lange du nichts anderes sagst oder zugibst, kann dir niemand nachweisen, dass du unberechtigt ALG II beziehst. ;)

Ansonsten gibt es nur 3 Möglichkeiten, wie das JC davon erfahren kann:
1. Der SB sieht es dir an (kannst nicht aufrecht gehend zum Termin erscheinen, wirkst psychisch extrem labil, ....).
2. Du verweigerst eine Maßnahme oder Bewerbung mit der Begründung, dass es dir aufgrund von gesundheitlichen Problemen nicht zumutbar sei.
3. Du sagst es dem SB (oder bist so ungeschickt dich zu verplappern). In wenigen Ausnahmefällen kann es Vorteile bringen die Gesundheitsprobleme zu benennen, wenn du z.B. deinen alten Beruf nicht mehr ausüben kannst und eine Umschulung bezahlt haben möchtest. Sofern der Zielberuf gefragt ist und das ärztliche Gutachten ergibt, dass du diesen voraussichtlich auch langfristig ausüben kannst, hast du viel bessere Chancen auf die Bewilligung, als wenn es nur dein "Wunsch" ohne Angaben von Gründen ist.


Du kannst jederzeit dem SB mitteilen "Ich habe gesundheitliche Einschränkungen, die sich auf meine Vermittelbarkeit auswirken." - dem SB muss diese Information reichen (es geht ihn nichts an, ob du chronischen Fußpilz, Gastritis oder sonst was hast). Dann MUSS der SB den äD mit der Begutachtung beauftragen und du bist verpflichtet dabei mitzuwirken. Es reicht den Gesundheitsfragebogen auszufüllen und selektiv Kopien von Vorbefunden zum persönlichen Begutachtungstermin mitzubringen. Es gibt keine Pflicht Schweigepflichtsentbindungen zu unterschreiben oder vorab Vorbefunde o.ä zu schicken.



kämpfer

Zitat von: Ukn am 16. Februar 2022, 13:54:34
Wie stellt man selbst oder das Jobcenter fest, dass Einschränkungen auf Grund einer Erkrankung vorliegen?

Wenn man z.B. zum Berufspsychologen muss, muss man ihm dann bestehende Diagnosen mitteilen?

Das macht nicht der JC sondern der ärztliche  Dienst des JC.

justine1992

Zitat von: Ukn am 16. Februar 2022, 14:19:21jeder Mensch sollte ja freiheitlich mit sich selbst übereinstimmend werden dürfen
Was meinst Du hier?
Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.

Ukn

Zitat von: justine1992 am 16. Februar 2022, 17:37:28
Zitat von: Ukn am 16. Februar 2022, 14:19:21jeder Mensch sollte ja freiheitlich mit sich selbst übereinstimmend werden dürfen
Was meinst Du hier?

Das man nicht erwerbstätig sein muss, um zu überleben, bzw. sich in aller Möglichkeit frei zu entfalten, sondern, wer arbeiten möchte oder will, kann es tun.

Die Politik setzt aber nicht alles daran, das solche Umstände z.B. geschaffen durch ein bedingungsloses Einkommen (durch z.B. Automatismus [Maschinenarbeit]) möglich werden, mMn.

Ob ein bedingungsloses Grundeinkommen schon zurzeit (Ohne vollständige Automatisierung) möglich ist, darüber gibt es keine einheitliche Meinung.

Formal ist es ALG 2 nicht, aber praktisch schon, denn laut Bundesverfassungsgericht darf niemand vollständig in seinem ALG 2 sanktioniert werden.
(Bei fehlender Mitwirkungspflicht z.B.)

180

Das wird nicht so einfach funktionieren.....
Du müsstest schon irgendwelchen Papierkram von Ärzten haben, der bescheinigt, dass du erhebliche gesundheitliche Einschränkungen hast. Ansonsten wird der äD dich mit geringen oder keinen Einschränkungen als erwerbsfähig einschätzen.
Übertreibst du es hingegen mit der Gesundheit und schaffst es den äD davon zu überzeugen, dass du weniger als 3h arbeitsfähig bist, kommt sofort der Brief vom JC, dass du binnen x Wochen einen Antrag beim Sozialamt auf Sozialhilfe stellen musst - der Versuch dich ans Sozialamt abzuschieben. Das JC muss so lange zahlen, bis du vom Sozialamt angenommen wirst. Aber bis dahin viel Spaß mit dem Affentheater der beiden Behörden und dem Papierkram.

Sozialhilfe hat einige Nachteile gegenüber ALG II vom JC:
1. In der Sozialhilfe gibt es 0,00 Förderung und Unterstützung für die Jobsuche (keine Bewerbungskosten, keine Umschulung, nichts).
2. Bei ALG II hast du 100€ Freibetrag zzgl. 20% von jedem Euro drüber.
3. Bei Sozialhilfe werden 70% vom ersten Cent an angerechnet. Beispiel: 100€ nebenjob mit 9h Arbeit pro Monat ergeben bei Sozialhilfe lächerliche 30€. Bei ALG II hingegen darfst du 100€ behalten.


Wenn du ALG II als bedingungsloses Grundeinkommen nutzen möchtest, solltest du ein paar Dinge beachten:
- Klappe halten (niemals poltisch äußern oder das du nicht arbeiten möchtest!)
- EGVen nicht unterschreiben, sondern ewig verhandeln, bis vielleicht irgendwann mal ein VA kommt.
- Gelegentlich mal ein paar Bewerbungen verschicken (nicht so hohe Qualität). Die Einladungen und Zusagen wegschmeißen und niemals gegenüber dem JC erwähnen. Die Absagen sammeln und als Beweismaterial nutzen, falls man dir vorwirft, du würdest nichts unternehmen um in den Arbeitsmarkt zu kommen.
- Maximal 30% Sanktion vom Regelsatz sind aktuell möglich. Eine vorläufige Leistungseinstellung ist bei fehlender Mitwirkung weiterhin möglich - das Geld muss nachgezahlt werden, sobald die Mitwirkung nachgeholt wurde.

Ukn

 @Lappa

erstmal danke für deine erste hilfreiche und nun auch neue hilfreiche Antwort.

Soweit ich gehört verstanden hatte im letzten Jahr, sollen 450€ Jobs komplett anrechnungsfrei werden. Nur steht im Koalitionsvertrag so weit ich nur finden konnte: "Um den individuellen Charakter des Bürgergelds zu stärken, werden wir auch im SGB II von der horizontalen auf die vertikale Einkommensanrechnung umstellen."

Vielleicht würde sich das dann auch auf die Sozialhilfe ausweiten, wie auch immer...

Meinst du, eine paranoide Schizophrenie würde ausreichen, um als erwerbsunfähig zu gelten?
In einem Magazin stand, dass es in D. 800 000 Menschen mit dieser Erkrankung gibt, und nur jeder "5.-10." arbeiten geht.

Normalerweise ist ja auch nichts gegen Arbeit anzuwenden, wenn sie ggf. Spaß machen soll, bzw. vorallem subjektiv gut, vorallem angemessen bezahlt ist.
Man sollte sich also nicht gleich komplett aufgeben, sondern ggf. versuchen, wenn man es denn will, doch berufstätig zu werden.

Wie es bei meiner Person ist, will ich hier nicht öffentlich kundig machen, aus Gründen :)

Aber H4 hört sich besser an, als Sozialhilfe.
Wobei man bei Sozialhilfe in Ruhe gelassen wird.
Bei H4 hat man noch Kontakt mit der Behörde...






Heinz-Otto

Zitat von: Ukn am 16. Februar 2022, 17:47:05
Formal ist es ALG 2 nicht, aber praktisch schon, denn laut Bundesverfassungsgericht darf niemand vollständig in seinem ALG 2 sanktioniert werden.
(Bei fehlender Mitwirkungspflicht z.B.)

Dieses Märchen hält sich hartnäckig, stimmt aber nicht.
Urteil des Ersten Senats vom 5. November 2019 - 1 BvL 7/16 - (Sanktionen im Sozialrecht)
Zitat208
(4) Schon angesichts der Eignungsmängel und der Zweifel an der Erforderlichkeit
einer derart belastenden Sanktion zur Durchsetzung legitimer Mitwirkungspflichten
ergibt sich in der Gesamtabwägung, dass der völlige Wegfall aller Leistungen nach
§ 31a Abs. 1 Satz 3 SGB II auch mit den begrenzten Möglichkeiten ergänzender
Leistungen nach § 31a Abs. 3 SGB II bereits wegen dieser Höhe nicht mit den hier
strengen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Unabhängig davon
hat der Gesetzgeber auch hier dafür Sorge zu tragen, dass trotz Wegfalls des Ar-
beitslosengeldes II die Chance realisierbar bleibt, existenzsichernde Leistungen zu
erhalten, wenn zumutbare Mitwirkungspflichten erfüllt werden oder, falls das nicht208
möglich ist, die ernsthafte und nachhaltige Bereitschaft zur Mitwirkung tatsächlich
vorliegt.
209
Anders liegt dies folglich, wenn und solange Leistungsberechtigte es selbst in der
Hand haben, durch Aufnahme einer ihnen angebotenen zumutbaren Arbeit (§ 31
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) ihre menschenwürdige Existenz tatsächlich und unmittel-
bar durch die Erzielung von Einkommen selbst zu sichern. Ihre Situation ist dann im
Ausgangspunkt derjenigen vergleichbar, in der keine Bedürftigkeit vorliegt, weil Ein-
kommen oder Vermögen aktuell verfügbar und zumutbar einsetzbar sind. Wird eine
solche tatsächlich existenzsichernde und im Sinne des § 10 SGB II zumutbare Er-
werbstätigkeit ohne wichtigen Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II willent-
lich verweigert, obwohl im Verfahren die Möglichkeit bestand, dazu auch etwaige Be-
sonderheiten der persönlichen Situation vorzubringen, die einer Arbeitsaufnahme bei
objektiver Betrachtung entgegenstehen könnten, ist daher ein vollständiger Leis-
tungsentzug zu rechtfertigen.

180

Da solltest du lieber mal zur Wahrsagerin gehen als dem Gelaber der Politiker in Berlin zu glauben. ;)

Es kommt auf die Auswirkungen der Krankheit drauf an. Wenn du öfter mal willkürlich Leute angreifst, weil du glaubst sie würden dich verfolgen, wirst du sicher arbeitsunfähig sein und man wird dich evtl. sogar für UNZURECHNUNGSFÄHIG halten.
Eine extrem dumme Idee, durch sowas Arbeit zu vermeiden. Du wirst jeden Konflikt mit dem JC verlieren, wenn der SB dann behauptet "Das stimmt garnicht, dass muss der Kunde sich eingebildet haben, der ist doch eh als paranoid und Schizophren bekannt." Und auch im Alltag wird es extrem schwer, wenn du erstmal als unzurechnungsfähig abgestempelt bist.....

Außerdem ist das vollkommen unnötig Gesundheitsprobleme vorzuschieben. Du musst einfach offiziell immer stets bemüht sein, um in Arbeit zu kommen - aber es darf nie klappen. Es reicht 2-3 mittelmäßige bis schlechte Bewerbungen pro Monat zu verschicken (die bekommt der SB nie zu sehen!). Die Absagen heftest du zu Hause im Ordner ab und nennst die Bewerbungen ggf. mal, wenn der SB fragt, wie es mit Bewerbungen läuft. NIEMALS von offenen Bewerbunge berichten!!! Immer erst, wenn die Absage vorliegt. Zusagen wandern direkt ins Altpapier. Das funktioniert natürlich nicht bei Vermittlungsvorschlägen. Da bewirbst du dich halt vernünftig, sorgst aber dafür, dass du nicht genommen wirst. Wenn dir das nicht gelingt oder spätestens nach 1 Monat Probezeit gekündigt zu werden, dann solltst du dich wirklich mal vom Arzt begutachten lassen.....


Und da du scheinbar einen angenehmen/ gut bezahlten Job machen willst: Du wirst eher im Lotto gewinnen, als das das JC dir deinen Traumjob vemittelt. Da musst du selbst suchen und dich bewerben, wenn du deinen Wunsch-Job haben möchtest.


Im Urteil steht ganz deutlich "willentlich verweigert" --> gegenüber dem JC/SB willst du IMMER arbeiten!!!!! Du äußerst niemals Ablehnung zur Arbeit und offiziell bist du frustriert, dass es trotz Bewerbungen nicht funktioniert! Was du privat denkst oder fühlst, darf das JC niemals erfahren. Problem gelöst.



Ukn

Zitatist daher ein vollständiger Leistungsentzug zu rechtfertigen.

Wird man dann zwanghaft in ein Krankenhaus / Psychiatrie eingewiesen und muss dann Behandlung und Nahrungsmittel selbst bezahlen notfalls mit Ersatzhaft oder lässt einen der Staat dann verhungernd sterben?


180

Nur wenn Eigen- oder Fremdgefährung besteht, darf irgendwas gegen deinen Willen geschehen.
Aber es ist extrem dumm sich etwas attestieren zu lassen, was ganz schnell dazu führen kann als "unzurechnungsfähig"/ "nicht geschäftsfähig" / ..... abgestempelt zu werden.

chronische Rückenschmerzen oder eine fette Depression, die verhindert, dass du zur Arbeit rechtzeitig ausm Bett kommst, sind doch mehr als genug und haben keine so großen Risiken.

Aber das wird eh ganz böse enden mit Fake Gesundheitsproblemen. Spätestens wenn du finanzielle Unterstützung vom JC beantragst für ne Qualifizierung, um deinen selbst gesuchten Traumjob anzutreten, hast du ein riesen Problem. Der SB wird dir wahrscheinlich alle Förderungen ablehnen und eher versuchen dich ans Sozialamt abzuschieben. Gibt doch genug Kunden, bei denen die Investition wahrscheinlicher zum Erfolg führen wird.