Sammelthema: Hartz IV wird Bürgerhartz - Sanktionsmoratorium aufgehoben!

Begonnen von Ottokar, 25. November 2022, 15:04:22

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Ottokar

Zitat von: SuuSanne am 26. November 2022, 19:18:10Die Frage war nach Pandemie-Sonderregelungen
Der Satz im Artikel kann u.U. so missverstanden werden, als würden die Pandemie-Sonderregelungen weitergelten. Das ist nicht so. Ich habe den Satz deshalb umformuliert:
ZitatDie zu Beginn der Pandemie eingeführten Sonderregelungen zum vereinfachten Zugang (§ 67 SGB II, gilt bis 31.12.2022) wurden in leicht geänderter Form als Karenzzeit dauerhaft übernommen, um die Wähler aus der bürgerlichen Mitte nicht zu verprellen.
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Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


FritzLoch

Der §84 SGB II

Zitat(1) § 31a ist bis zum Ablauf des 1. Juli 2023 nicht anzuwenden.
(2) § 32 ist bis zum Ablauf des 1. Juli 2023 mit der Maßgabe anzuwenden, dass Leistungen erst nach einem wiederholten Meldeversäumnis zu mindern sind. Ein wiederholtes Meldeversäumnis liegt vor, wenn das vorangegangene Meldeversäumnis weniger als ein Jahr zurückliegt.
(3) Die Minderung nach Absatz 2 ist bei mehreren Meldeversäumnissen auf 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt.

ist in der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 23.11.2022 "gestrichen", wonach Sanktionen ab 01.01.2023 möglich sein sollen

Die Aussage von Ottokar:

ZitatAufgrund der in § 84 SGB II geregelten Frist kann § 31a SGB II erst wieder ab 02.07.2023 angewendet werden.
Das hat i.V.m. der in § 31b SGB II geregelten 6monatsfrist, die das JC nach einer Pflichtverletzung zur Feststellung einer Minderung hat, zur Folge, dass eine Pflichtverletzung erst ab dem 02.07.2023 rückwirkend zum 03.01.2023 sanktioniert werden kann.
D.h. vor dem 03.01.2023 begangene Pflichtverletzungen können generell nicht sanktioniert werden und ab dem 03.01.2023 begangene Pflichtverletzungen können erst ab dem 02.07.2023 sanktioniert werden.

Wie ist der aktuelle Stand jetzt? Was passiert wenn in der endgültigen Fassung der §84 SGB II bestätigt wegfällt?



Waldschrat Pferdepension e.V.

Davis

Ein BGE wird es hier mit CDU und FDP nie geben, das sollte jetzt klar sein.


Samy

Zitat von: 111929 am 25. November 2022, 16:09:16Die Grundsicherung im Alter = auch Bürgergeld?  Was ist das Schonvermögen dort: bleibt es bei 10000 Euro ?

Meiner Erfahrung nach vermitteln die JC nicht in Arbeit: ich habe stets nur Pauschalangebote füt ZAFS bekommen. JC versuchen einen nur in 'Maßnahmen' zu stecken um einen los zu werden. Das wird sich noch verschärfen. Bei der dauernden Medienhetze gegen die 'faulen Hartzlern': das erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt natürlich enorm ;)-Und natürlich gibt es nicht massenhaft Arbeitsplätze und einen  'Fachkräftemangel' (ausgenommen im Gesundheits und Lehrbereich. Dort ist der Mangel aber staatlich gewollt !!) gibt es nicht.
Das Gerede vom 'Fachkräftemangel' dient dem  Interesse der Industrie: her mit  den Billiglöhnern aus dem Ausland...

Klar das mit der Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe bei den Hartz-Reformen das 'A'-sozial-System per se (mit Absicht !)überlastet wurde. Daran ändert sich nichts. Das im übrigen jeder der sich länger als ein Jahr  in Hartz 4 befindet als Hilfskraft ohne Ausbildung im System gespeichert wird führt zu der Lüge von den unqualifizierten Hartzlern.

Grotesk, was  die Herrschenden über das Kontroll+Schikanesystem schönrednerisch  von sich geben.

Leider war. Kann ich bestätigen. Anfragen auf Weiterbildung, Hilfe bei Jobsuche, Hilfe bei Ausbildung, Job Beratung für Jobs im Ausland... wurden bei mir vor Jahren alles abgelehnt. Hätte ich den Arsch damals nicht von alleine hochgehoben und mir alles selbst gesucht, Ausbildung, Job und Auslandsstudium, hätte ich heute gar nichts und wahrscheinlich schon ne goldene Auszeichung für die Mitgliedschaft in der 1000sten Sinnlosmaßnahme.

Unwissender

Hat sich irgendwas zu den AGHs geändert oder wird das so gehandhabt wie bisher?
Dumm darf man sein, man muss sich nur zu helfen wissen!

DerSofti

Also das hier kommt ja einer Entmündigung gleich von mündigen Bürgern dieses Landes:

ZitatGanzheitliche Betreuung
Neu ist die ganzheitliche Betreuung (,,Coaching und aufsuchende Sozialarbeit"). Das Jobcenter kann diese anordnen, oder in einem Kooperationsplan festlegen.
Leistungsbeziehende werden dann faktisch rund um die Uhr in allen Lebensbereichen überwacht und angeleitet. Das Jobcenter erfährt so buchstäblich alles über Leistungsempfänger und darf diesen de facto vorschreiben, wie sie zu leben haben.
Damit diese umfassende Einmischung Dritter in höchstpersönliche Lebensbereiche nicht per se verfassungswidrig ist, darf die Verweigerung der Mitwirkung bei einer solchen Maßnahme nicht sanktioniert werden.

AGoodHeart hatte dazu mal eine passende Grafik, wo so ein Coach durchs Schlüsselloch guckt, um zu Stalken.
Mich würde mal interessieren, wie das dann in der Praxis tatsächlich läuft, es wird sicherlich mehr als nur eine Möglichkeit geben, sich gegen diesen Eingriff zu wehren durch den Coach und den SB.
Bei mir ist jedenfalls die Klingel dauerhaft abgestellt und Freunde rufen immer auf meiner Privatnummer an, wenn sie zu mir wollen. Da weder Coach noch SB meine Privatnummer bekommen, werden Fremde erst garnicht zu mir vordringen können, denn ich habe mich ja abgekapselt in meinen Privatbereich.
Was arbeitet er denn? Hmm... irgendwas mit Computer.

Ottokar

Danke für die Hinweise!
Ich hab diese ungeheure Schweinerei tatsächlich übersehen.
Lt. Drucksache 20/4600 wird § 84 SGB II, der das Sanktionsmoratorium regelt, zum 01.01.2023 aufgehoben.
Das ist bereits beschlossen!
Ab 01.01.2023 werden alle Jobcenter wie gewohnt Pflichtverletzungen sanktionieren und - was viel schwerer wiegt - aufgrund § 31b SGB II können alle Pflichtverletzungen, die im Zeitraum 03.07.2022 bis 31.12.2022 begangen wurden, nun doch noch nachträglich sanktioniert werden.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
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Fritz1971

Zitat von: DerSofti am 28. November 2022, 10:18:17Also das hier kommt ja einer Entmündigung gleich von mündigen Bürgern dieses Landes:

ZitatGanzheitliche Betreuung
Neu ist die ganzheitliche Betreuung (,,Coaching und aufsuchende Sozialarbeit"). Das Jobcenter kann diese anordnen, oder in einem Kooperationsplan festlegen.
Leistungsbeziehende werden dann faktisch rund um die Uhr in allen Lebensbereichen überwacht und angeleitet. Das Jobcenter erfährt so buchstäblich alles über Leistungsempfänger und darf diesen de facto vorschreiben, wie sie zu leben haben.
Damit diese umfassende Einmischung Dritter in höchstpersönliche Lebensbereiche nicht per se verfassungswidrig ist, darf die Verweigerung der Mitwirkung bei einer solchen Maßnahme nicht sanktioniert werden.

AGoodHeart hatte dazu mal eine passende Grafik, wo so ein Coach durchs Schlüsselloch guckt, um zu Stalken.
Mich würde mal interessieren, wie das dann in der Praxis tatsächlich läuft, es wird sicherlich mehr als nur eine Möglichkeit geben, sich gegen diesen Eingriff zu wehren durch den Coach und den SB.
Bei mir ist jedenfalls die Klingel dauerhaft abgestellt und Freunde rufen immer auf meiner Privatnummer an, wenn sie zu mir wollen. Da weder Coach noch SB meine Privatnummer bekommen, werden Fremde erst garnicht zu mir vordringen können, denn ich habe mich ja abgekapselt in meinen Privatbereich.

Eine fehlende Mitwirkung dieses ganzheitlichen Schwachsinns kann nicht sanktioniert werden. :zwinker:

Oberfrank

Zitat von: Ottokar am 28. November 2022, 10:52:47Ab 01.01.2023 werden alle Jobcenter wie gewohnt Pflichtverletzungen sanktionieren und - was viel schwerer wiegt - aufgrund § 31b SGB II können alle Pflichtverletzungen, die im Zeitraum 03.07.2022 bis 31.12.2022 begangen wurden, nun doch noch nachträglich sanktioniert werden.


Das heisst das man uns erst in Sicherheit wiegt es kann nichts passieren, man verlässt sich drauf, und jetzt können die einem nachträglich (sorry) ans Bein pi**sen????

Das ist ja unglaublich !!!
Gruss aus Oberfranken
Frank

Knauzika

Zitat von: Ottokar am 28. November 2022, 10:52:47Danke für die Hinweise!
Ich hab diese ungeheure Schweinerei tatsächlich übersehen.
Lt. Drucksache 20/4600 wird § 84 SGB II, der das Sanktionsmoratorium regelt, zum 01.01.2023 aufgehoben.
Das ist bereits beschlossen!
Ab 01.01.2023 werden alle Jobcenter wie gewohnt Pflichtverletzungen sanktionieren und - was viel schwerer wiegt - aufgrund § 31b SGB II können alle Pflichtverletzungen, die im Zeitraum 03.07.2022 bis 31.12.2022 begangen wurden, nun doch noch nachträglich sanktioniert werden.

Kann das durch irgendwas noch gestoppt? beziehungssweise verändert werden?
Oder ist das jetzt entgültig?
:wand:

a_good_heart

Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont... (Konrad Adenauer)

Ottokar

Zitat von: Fritz1971 am 28. November 2022, 11:57:14Eine fehlende Mitwirkung dieses ganzheitlichen Schwachsinns kann nicht sanktioniert werden. :zwinker:
Natürlich ist das möglich, war es schon immer.
Nur nennt man das nicht "Sanktion", sondern verharmlosend und in Form einer Schuldzuweisung: "Folgen fehlender Mitwirkung" (§ 66 SGB I).
Sanktion: Zwangsmittel, das rechtsnormwidriges oder verhaltensnormwidriges Handeln dem so Handelnden Nachteile bringen soll, um ihn zur Einhaltung dieser Normen zu bewegen.

Zitat von: Oberfrank am 28. November 2022, 12:00:07Das heisst das man uns erst in Sicherheit wiegt es kann nichts passieren, man verlässt sich drauf, und jetzt können die einem nachträglich (sorry) ans Bein pi**sen????
Genau das heißt es.
"You're screwed!" Ihr wurdet von Scholz, Baerbock und Habeck gef***

Zitat von: Knauzika am 28. November 2022, 12:02:32Kann das durch irgendwas noch gestoppt? beziehungssweise verändert werden?
Nope.

Zitat von: Knauzika am 28. November 2022, 12:02:32Oder ist das jetzt entgültig?
Von Bundestag und Bundesrat gestern so beschlossen.
Das ist durch, der Zug abgefahren.
Alle die dachten, sie könnten das System mal so richtig f*** und ihm zeigen, was sie davon halten, sind jetzt selber gef***.
Merke: traue keinem Politiker, er wird dich für seinen persönlichen Vorteil jederzeit sofort und ohne jede Hemmung hinterrücks betrügen und opfern.
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Fettnäpfchen

Zitat von: Ottokar am 28. November 2022, 10:52:47Ab 01.01.2023 werden alle Jobcenter wie gewohnt Pflichtverletzungen sanktionieren und - was viel schwerer wiegt - aufgrund § 31b SGB II können alle Pflichtverletzungen, die im Zeitraum 03.07.2022 bis 31.12.2022 begangen wurden, nun doch noch nachträglich sanktioniert werden.
Na super da war mein Statement noch viel zutreffender als ich es ursprünglich meinte.
Zitat von: Fettnäpfchen am 26. November 2022, 17:17:20Man lehnt eine Maßnahme ja nicht einfach so ab sondern macht das rechtlich begründet dann gibt es auch keine Sanktion.

Wenn man natürlich meint was für ein schöner § ich lehne jetzt alles ab dann muss man sich nicht wundern wenn man für rechtswidrig geforderte und aufgedrängte Maßnahmen auch noch sanktioniert wird.

Das schreibe ich schon seit der § eingeführt wurde, hilft halt nur bei denen die es lesen und die es dann anders machen, falls möglich. Der Testlauf ist ja durch also ende 22 aber das Ergebnis ist schon im Bürgerhartz nachzulesen.
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Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Ottokar

Dazu hatte ich ja auch geraten, weil ich dem Braten nicht getraut habe.

Was bleibt unter dem Strich?
Alle Änderungen, welche tatsächlich Neuerungen darstellen und zu systemischen Veränderungen führen (höhere Vermögensfreibeträge, Karenzzeiten bei Vermögen und Unterkunftskosten, höhere Freibeträge für Midijobber, Aussetzung der Rente mit 63), kommen der verarmenden Mittelschicht zugute und bedienen das Narrativ vom Sozialschmarotzertum (Ganzheitliche Betreuung, Bürgergeldbonus), also dem Wählerclientel von CDU/CSU, FDP und in Teilen der SPD.
Die restlichen Änderungen (zu Sanktionen, Regelsatzerhöhungen) waren auch ohne Bürgergeldgesetz fällig.
Es wurde getrommelt, gebrüllt und auf jede erdenkliche Weise gelärmt. Und einmal mehr gegen Leistungsbezieher aufgehetzt.
Gewonnen haben nur die Politiker, die uns wieder und ein weiteres Mal verarscht haben.
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FritzLoch

Zitat von: Ottokar am 28. November 2022, 10:52:47Danke für die Hinweise!
Ich hab diese ungeheure Schweinerei tatsächlich übersehen.
Lt. Drucksache 20/4600 wird § 84 SGB II, der das Sanktionsmoratorium regelt, zum 01.01.2023 aufgehoben.
Das ist bereits beschlossen!
Ab 01.01.2023 werden alle Jobcenter wie gewohnt Pflichtverletzungen sanktionieren und - was viel schwerer wiegt - aufgrund § 31b SGB II können alle Pflichtverletzungen, die im Zeitraum 03.07.2022 bis 31.12.2022 begangen wurden, nun doch noch nachträglich sanktioniert werden.

Ich habe das auch leider erst durch Zufall gelesen weil sich alle irgendwie auf den §84 SGB II versteift, entsprechend mein Hinweis. Persönlich gehe ich nicht davon aus das rückwirkend für 2022 sanktionuiert wird, dass Sanktionsmoratorium greift noch bis 31.12.2022. Wovon ich jedoch ausgehe ist die Tatsache, dass ab dem 01.01.2023 die Post dann richtig abgeht.

Harald Thome hat sehr schöne Folien zum SGB II ausgearbeitet.


Waldschrat Pferdepension e.V.