Bürgergeld: Keine Zahlung von Nebenkosten

Begonnen von Vers, 08. April 2023, 10:04:42

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Vers

Hallo an Alle!

Ich habe leider Bürgergeld beantragen müssen (bin 60J. alt).
Die Miete wird übernommen, aber keinerlei Nebenkosten. Die Sachbearbeiterin bestand auf einer aktuellen
Nebenkostenabrechnung, aber die von 2022 bekomme ich erst im Juli/August 2023. Das habe ich ihr auch so gesagt. Ist ihr aber egal, also bekomme ich keinerlei Nebenkosten.
Ist das erlaubt?

Viele Grüße

Sheherazade

Hast du denn die Nebenkostenabrechnung von 2021 eingereicht? Die sollte auch reichen.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Vers

Hallo und danke für die Antwort.

Ja, habe ich, aber sie erkennt diese nicht an, sie besteht auf der aktuellen (die ich nicht habe)

Ottokar

#3
Nein, das ist nicht erlaubt.
Fordert die SB tatsächlich eine aktuelle Nebenkostenabrechnung? Diese Forderung wäre wegen offensichtlicher Unmöglichkeit der Nachweiserbringung rechtswidrig.
Der Vermieter hat bis 31.12.2023 Zeit, die Betriebskosten aus 2022 abzurechnen. Darauf hat man als Mieter keinen Einfluss, demzufolge kann es hierbei auch keine Mitwirkungspflicht geben. Eine Mitwirkungspflicht entsteht hier regelmäßig erst dann, wenn man die Betriebskostenabrechnung vom Vermieter erhalten hat.

Sofern das JC hier eine Mietbescheinigung fordert, sieht es ähnlich aus.
Der Nachweis der Betriebskosten mittels Mietvertrag und gegebenenfalls Miet- bzw. Betriebskostenerhöhungen ist vollkommen ausreichend. Die Forderung weiterer Nachweise, die das selbe Ergebnis haben, wäre eine unzulässige doppelte Datenerhebung.
Außerdem besteht die Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I nur dann und solange, bis das JC die benötigten Nachweise hat. Mit Mietvertrag und gegebenenfalls Miet- bzw. Betriebskostenerhöhungen hat das JC diese Nachweise, d.h. bei der Forderung nach einer Mietbescheinigung besteht keine erneute Mitwirkungspflicht zur Erhebung dieser Daten, da das JC diese Daten schon einmal erhoben und man dort bereits mitgewirkt hat.
Hinzu kommt, dass der Vermieter keine Pflicht hat, eine Mietbescheinigung auszustellen. Man kann also argumentieren, dass der Vermieter sich weigert.
Außerdem wird eine Mietbescheinigung regelmäßig nur von Sozialleistungsbehörden gefordert, das wissen auch die Vermieter. Das man Sozialleistungen beantragt muss man als Mieter dem Vermieter gegenüber aber nicht offenlegen.
Nur wenn die aktuellen Betriebskosten nicht anders nachgewiesen werden können, darf ein Nachweis in Form einer Mietbescheinigung gefordert werden. Allerdings darf dann auch nicht die Anerkennung der Betriebskosten verweigert werden, ein ausstehender Nachweis berechtigt das JC lt. § 41a Abs. 1 SGB II lediglich dazu, die Betriebskosten bis zum Nachweis nur vorläufig zu bewilligen.

Ich würde gegen den Bescheid sofort schr. Widerspruch einlegen mit dem o.g. als Begründung.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Vers

Vielen lieben Dank !!

Ich lege dann Widerspruch ein :smile:

Und Ja, die Frau will definitiv die Abrechnung von 2022.
Auch Heizkosten will sie nicht erstatten (ich heize mit einem Pelletofen und kaufe die Pellets Säckeweise da ich nur 45m2 bewohne und
keine Lagermöglichkeit habe).  Sie möchte gerne die Gesamtrechnung von 2022. Diese habe ich aber nicht. Wenn ich gewusst hätte daß ich 2023 Bürgergeld beziehen muss hätte ich die ganzen Einzelquittungen aufgehoben - habe ich aber nicht. Ich habe dies in den Antrag geschrieben und der Frau
auch am Telefon gesagt. Aber: Keine Rechnung = kein Geld.

Hartzer Rolle

Bei der Beschaffung der Pellets gilt das Zahldatum. Wenn du vor deinem Antrag schon genug angeschafft hast, werden die Kosten zunächst nicht übernommen. Vom nächsten Einkauf innerhalb des Bewilligungszeitraum  die Rechnung vorlegen, bzw. Im Vorfeld die Übernahme beantragen.
Der Anschaffungspreis wird nicht geteilt und in monatlichen Raten gewährt, wie ein regulärer Abschlag.

Ottokar

Zitat von: Vers am 08. April 2023, 10:25:42Auch Heizkosten will sie nicht erstatten (ich heize mit einem Pelletofen und kaufe die Pellets Säckeweise da ich nur 45m2 bewohne und
keine Lagermöglichkeit habe).  Sie möchte gerne die Gesamtrechnung von 2022.
Die Kosten von 2022 sind vollkommen irrelevant, lt. § 22 Abs. 1 SGB II besteht Anspruch auf die aktuellen Kosten. D.h. jedesmal wenn du jetzt einen Sack Pellets kaufst, reichst du den Kaufbeleg (im Kopie) ein, das JC muss dann unverzüglich die Kosten erstatten.
Wenn du mit Pellets heizt, wie erwärmst du das Wasser?
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Vers

Hallo
Das wurde mir nicht gesagt, dann kann ich ja zumindest den letzten Beleg versuchen einzureichen. (Immerhin 59€). Eigentlich wurde mir gar nichts gesagt, außer immer wieder: das kann ich nicht anrechnen ohne aktuelle Abrechnung.
Das Wasser erhitze ich mit einem Boiler, also mit Strom - den muss ich ja auch selbst zahlen.

Ich "wühle" mich im Moment durchs Internet um mich zu dem Thema zu informieren,
Vielen Dank für die Hilfe!

Ottokar

Zitat von: Vers am 08. April 2023, 16:33:45Das wurde mir nicht gesagt,
Klarer Verstoß des SB des JC gegen die Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten nach §§ 13 bis 15 SGB I.

Zitat von: Vers am 08. April 2023, 16:33:45Das Wasser erhitze ich mit einem Boiler, also mit Strom - den muss ich ja auch selbst zahlen.
Nein, musst du nicht.
Dafür steht dir Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserbereitung nach § 21 Abs. 7 SGB II zu - und zwar ab Erstantragstellung.
Das muss nicht separat beanragt werden, das JC muss diesen Anspruch ab Kenntnis berücksichtigen. Sofern das bislang nicht geschehen ist, längstens rückwirkend bis 01.01.2022.

Zitat von: Vers am 08. April 2023, 16:33:45dann kann ich ja zumindest den letzten Beleg versuchen einzureichen.
Du kannst alle Belege einreichen, und zwar rückwirkend bis zur Erstantragstellung, längstens bis 01.01.2022.

Rechtsgrundlage für die Geltendmachung rückwirkender Ansprüche ist § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II.
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horst

Zitat von: Ottokar am 09. April 2023, 10:12:09Klarer Verstoß des SB des JC gegen die Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten nach §§ 13 bis 15 SGB I.
das bekommt man normalerweise bei Antragstellung ausgehändigt und muss auch dafür Unterschreiben.

Ratlos

Die Aushändigung eines Blattt Papier mit den Mitwirkungspflichten und den JC-Möglichkeiten bei Nichtbefolgung genügt nicht.
Schau dir mal das BGH-Urteil vom 02.08.2018 an. Das gilt für JC und Grusiamt

Ottokar

Zitat von: horst am 09. April 2023, 13:01:31
Zitat von: Ottokar am 09. April 2023, 10:12:09Klarer Verstoß des SB des JC gegen die Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten nach §§ 13 bis 15 SGB I.
das bekommt man normalerweise bei Antragstellung ausgehändigt und muss auch dafür Unterschreiben.
Über zustehende Leistungen? Blödsinn!

Hier geht es doch nicht um Mitwirkungspflichten, sondern um zustehende Ansprüche auf Heizkosten und Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserbereitung, sowie die fehlenden oder gar falschen Informationen des JC dazu!
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Ratlos

Ich habe damit nur den User @ horst zu seinem Beitrag Nr. 9 bezüglich der angesprochenen Aufklärungs-/Beratungsoflicht geantwortet.
Zitat von: horst am 09. April 2023, 13:01:31
Zitat von: Ottokar am 09. April 2023, 10:12:09Klarer Verstoß des SB des JC gegen die Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten nach §§ 13 bis 15 SGB I.
das bekommt man normalerweise bei Antragstellung ausgehändigt und muss auch dafür Unterschreiben.

horst

Zitat von: Ottokar am 09. April 2023, 13:24:00
Zitat von: horst am 09. April 2023, 13:01:31
Zitat von: Ottokar am 09. April 2023, 10:12:09Klarer Verstoß des SB des JC gegen die Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten nach §§ 13 bis 15 SGB I.
das bekommt man normalerweise bei Antragstellung ausgehändigt und muss auch dafür Unterschreiben.
Über zustehende Leistungen? Blödsinn!

Hier geht es doch nicht um Mitwirkungspflichten, sondern um zustehende Ansprüche auf Heizkosten und Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserbereitung, sowie die fehlenden oder gar falschen Informationen des JC dazu!
Zitat von: Vers am 08. April 2023, 10:04:42Die Miete wird übernommen, aber keinerlei Nebenkosten. Die Sachbearbeiterin bestand auf einer aktuellen
Nebenkostenabrechnung, aber die von 2022 bekomme ich erst im Juli/August 2023.

Aufgeklärt wurde ja nur nicht richtig entschieden anscheinend.

Ratlos

Zitat von: horst am 09. April 2023, 13:33:32Aufgeklärt wurde ja nur nicht richtig entschieden anscheinend.
Der BGH hat in seinem Urteil den Inhalt einer Aufklärung und Beratung bis fast ins Detail definiert.