Sozialgericht Gotha hält Hartz IV Sanktionen für verfassungswidrig

Begonnen von Diskus, 27. Mai 2015, 15:25:32

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Gast36005

Wie bitte? Sozialversicherung? Wir sind im Jahre 10 von Hartz4. Bist du vllt. noch darin verhaftet? :scratch:
Verteidigung---zurückgezogen---larifari-Wörtelei. :schaem:

Bitte lesen: Und was wäre, wenn ??
Natürlich WÄRE es es möglich, zumindest ist es möglich, das mal zu denken. Damit sich klärt, welch Unfug das ist mit dem *wir zahlen aber auch Steuern...*.

Zieht man alle Steuern vom Betrag 399,- ab, bleibt übrig---WAS?
Natürlich ist die Mwst. eine Direktsteuer.
Und doch könnte ein *Rechner* ausrechnen, wieviel Steuern im Musterregelbedarf 399,- enthalten sind.
Ist zwar idiotisch---mit idiotischen Ergebnissen---aber wer denkt sich das mit den Steuern aus? DU!!

Das mit der Vorbeugung des Missbrauchs---hat sich ein Ausschuss aus den Fingern gesogen. Darauf muss man wirklich nicht einen Steuercent geben;-(


Gast26037

Zitat von: Gast36005 am 07. Juni 2015, 14:12:09Wie bitte? Sozialversicherung? Wir sind im Jahre 10 von Hartz4. Bist du vllt. noch darin verhaftet?

Nein, ich erlebe es immer wieder das mir Menschen z.B. auf dem JC erzählen das man ja auf die Kosten der Arbeitenden lebt, da die ja in die Sozialkasse ( sprich Arbeitslosenversicherung )einzahlen. Es ist vielen noch nicht bewusst, das dieses mit der Einführung von Hartz IV geändert wurde, leider!  :sad:

Zitat von: Gast36005 am 07. Juni 2015, 14:12:09Ist zwar idiotisch---mit idiotischen Ergebnissen---aber wer denkt sich das mit den Steuern aus? DU!!

Nee, unsere Regierung im stillen Kämmerlein!  :teuflisch:

                                                     :flag: :flag:

MichaK

Zitat von: Gast36005 am 07. Juni 2015, 14:12:09Das mit der Vorbeugung des Missbrauchs---hat sich ein Ausschuss aus den Fingern gesogen. Darauf muss man wirklich nicht einen Steuercent geben;-(

Hallo lenzen,

tja, steht wirklich so in dem Schreiben. Eingeholt wurde dazu auch die Stellungnahme des BM. Das war Nov. 2008.

Orakel

Zitat von: Gast26037 am 07. Juni 2015, 14:29:48
Es ist vielen noch nicht bewusst, das dieses mit der Einführung von Hartz IV geändert wurde, leider!

Was wurde mit der Einführung von Hartz IV geändert??? Arbeitslosengeld wurde aus Versicherungsbeiträgen finanziert, Arbeitslosenhilfe aus Steuermitteln, Sozialhilfe aus Steuermitteln ...

Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wurde als eine Sozialleistung zusammengefasst. Na und???

Ich frage mich, wem hier was nicht bewusst ist!

Gast18959

Zitat von: Gast28527 am 07. Juni 2015, 11:21:35aber ein nicht gewähren wollen von sozialen Leistungen, ist deshalb aber immer nur ein unterlassen von Leistungen eben als Druckmittel für eine Gegenleistung.   

Das ist allerdings eine nicht zutreffende Sicht auf die vorgeblich erlaubte Sanktionspraxis.
Selbst die sanktionsbefürwortenden Juristen gehen davon aus, dass das existenzsichernde Minimum stets zur Verfügung stehen muss und bestreiten auch nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch darauf.
@ 44lenzen
Der wirre Winkelzug um den Eingriff vermeintlich zu legitimieren, begründet sich in der Aufteilung des Regelsatzes in einen unabdingbaren überlebenswichtigen Anteil von 70% und einen darüber hinausgehenden entbehrlichen Anteil von 30%.
(Gutachten DRB)

Auf diese Weise wird die erste 30%ige Sanktion für nicht existenzgefährdent und somit zulässig erklärt.
Ab 40% sollen dann die Lebensmittelgutscheine die  die Würde wahrende   Mindestsicherung darstellen.
Dieser Argumentation hat das BVerfG bereits mehrfach und zuletzt auch ziemlich deutlich widersprochen.

ZITAT
"(1) Zum internen Ausgleich kann nicht pauschal darauf verwiesen werden, dass Bedürftige Leistungen zur Deckung soziokultureller Bedarfe als Ausgleichsmasse für andere Bedarfspositionen einsetzen könnten (so die Stellungnahme der Bundesregierung, mit Verweis auf BSG, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS
153/11 R -, juris, Rn. 60), denn der soziokulturelle Bedarf gehört zum grundrechtlich gesicherten, menschenwürdigen Existenzminimum. Auch die in der Pauschale für den Regelbedarf enthaltenen Leistungen für soziokulturelle Bedarfe sind keine frei verfügbare Ausgleichsmasse, da diese Bedarfe ebenfalls existenzsichernd zu decken sind (vgl. BVerfGE 125, 175 <223 f.>; 132, 134 <161, Rn. 64 f.>; oben C I 1 a). "


Selbst bei der Aufrechnung in Höhe von 10% eines gewährten Darlehns, verweist das Gericht auf ein Kürzungsverbot wenn der Regelsatz lediglich bedarfsdeckend bemessen ist.

ZITAT
"Auf ein nach § 24 Abs. 1 SGB II mögliches Anschaffungsdarlehen, mit dem zwingend eine Reduzierung der Fürsorgeleistung um 10 % durch Aufrechnung nach § 42a Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 24 Abs. 1 SGB II ab dem Folgemonat der Auszahlung verbunden ist, kann nur verwiesen werden, wenn die Regelbedarfsleistung so hoch bemessen ist, dass entsprechende Spielräume für Rückzahlungen bestehen. "
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2014/07/ls20140723_1bvl001012.html


Gast36005

Zitat von: Gast26037 am 07. Juni 2015, 14:29:48
Nein, ich erlebe es immer wieder das mir Menschen z.B. auf dem JC erzählen das man ja auf die Kosten der Arbeitenden lebt, da die ja in die Sozialkasse ( sprich Arbeitslosenversicherung )einzahlen. 
Das sagen dir Mitarbeiter des JC?? Sagen die auch, dass Sozialkassen  nur Aloversicherung heisst?? Das kann man sich schlecht vorstellen.
Zitat von: Gast26037 am 07. Juni 2015, 14:29:48Nee, unsere Regierung im stillen Kämmerlein! 
Achja?? Und du weisst davon?

@mir reichts
Danke für die 70%-Erklärung.

@MichaK
ich glaubs gern, aber darauf ist nichts zu geben. 1979?---meine Güte;-(

Gast28527

Zitat von: Gast18959 am 07. Juni 2015, 14:38:25Das ist allerdings eine nicht zutreffende Sicht auf die vorgeblich erlaubte Sanktionspraxis.
Eine der gängigsten Sanktionspraxen sind die Meldepflichts – Verletzungen, oder Mitwirkungspflichten (§60 folgend) - Verletzungen. Eine Gegenleistung, die es nach zu kommen gilt, drehe und wende es wie du willst --Gängige Praxis.

Zitat von: Gast18959 am 07. Juni 2015, 14:38:25Selbst die sanktionsbefürwortenden Juristen gehen davon aus, dass das existenzsichernde Minimum stets zur Verfügung stehen muss und bestreiten auch nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch darauf.
Und warum gibt es die Sanktionspraxis dennoch?  :empathy:


Orakel

Zitat von: Gast18959 am 07. Juni 2015, 14:38:25
Der wirre Winkelzug um den Eingriff vermeintlich zu legitimieren, begründet sich in der Aufteilung des Regelsatzes in einen unabdingbaren überlebenswichtigen Anteil von 70% und einen darüber hinausgehenden entbehrlichen Anteil von 30%.
(Gutachten DRB)

Das ist kein wirrer Winkelzug, sondern sollte endlich einmal ernsthaft diskutiert werden! Hinzu kommt, dass bislang nirgends in "irgendetwasgeldfuffzich" festgeschrieben wurde, was "sozio-kulturelles Existenzminimum" ist. Das BVerfG darf es nicht, weil ihm legislative Befugnisse nicht zustehen, der Gesetzgeber tut es nicht - aus welchen Gründen auch immer.

Da lohnt schon einmal ein Blick zu einem europäischen Nachbarn. Tschechien hat sich 2007 von der Warenkorbmethode konsequent verabschiedet. Eines der Hauptargumente war, dass jeder Warenkorb subjektiv sei und nicht die vielfältigen, unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen widerspiegeln könne.

Seither gilt in Tschechien ein Mindestbedarf (Životní minimum) und ein geringeres Existenzminimum (Existenční minimum); beides exakt in Kronen beziffert. Der Mindestbedarf ist gekoppelt an den nationalen Bruttodurchschnittsverdienst des ersten Halbjahres des Vorjahres, das Existenzminimum an die reale Preisentwicklung.

Zu allem Überfluss ist an beide Vorgaben auch noch der Mindestlohn gekoppelt, auch noch ohne Ausnahmen für Hundebesitzer oder Radfahrer oder so ...

Allerdings - die aufmerksamen Hüter des Grundgesetzes und Aufsichtsratsmitglieder des BVerfG werden es bemerkt haben - kann natürlich in den Differenzbetrag von Mindestbedarf und Existenzminimum mit ganz ganz pösen pösen Sanktionen eingegriffen werden. Das müsste für Deutschland natürlich ausgeschlossen werden, wegen Art. 1 bis 20 GG und was einem dazu noch so alles einfallen könnte ...

Gast36005

@Rolo
verletzte Mitwirkungspflichten nach §60ff SGB 1 werden NICHT sanktioniert.
Bitte lies nach unter § 66 f SGB 1, was da passiert.

Kürzung=Sanktion----das war das Thema.
Meldepflicht/Meldeversäumnis---richtig. Ein solches Versäumnis ohne wichtigen Grund kann sanktioniert werden.
Glaubt man der Statistik, sind das ca. 75% aller Sanktionen.

Warum noch immer Praxis? das wurde doch mehrfach beantwortet.
Weil 399,-  nach Ansicht der Entscheider eben MEHR sind als das existenzsichernde Minimum. Deswegen meinen sie, man dürfe davon noch was wegnehmen.
Aber wieviel???

Gast18959

Zitat von: Gast28527 am 07. Juni 2015, 15:24:43Und warum gibt es die Sanktionspraxis dennoch?

Hab ich doch dargelegt:

Der wirre Winkelzug um den Eingriff vermeintlich zu legitimieren, begründet sich in der Aufteilung des Regelsatzes in einen unabdingbaren überlebenswichtigen Anteil von 70% und einen darüber hinausgehenden entbehrlichen Anteil von 30%.
(Gutachten DRB)
http://www.drb.de/cms/index.php?id=723

Zitat von: Orakel am 07. Juni 2015, 15:47:38Das ist kein wirrer Winkelzug, sondern sollte endlich einmal ernsthaft diskutiert werden!

Mach ich doch, mit dem Ergebnis, ich schliesse mich der Auffassung des BVerfG´s an und betrachte die soziokulturelle Teilhabe als unbedingt notwendig für eine menschenwürdige Existenz

Orakel

Und das sind in Euro und Cent?

Ich habe keinen Zweifel, dass du ernsthaft an einer Antwort auf diese Frage interessiert bist. Es macht aber wenig Sinn, wenn wir hier im Forum diskutieren, uns irgendwann auch einmal einig sein sollten.

Der Vorschlag des DRB gehört endlich in das Haus mit der Glaskuppel ... Dort sind glasklare Entscheidungen gefragt ... Ich fürchte allerdings, darauf können wir lange warten ...

Gast35753

Zitat von: Orakel am 07. Juni 2015, 15:47:38
...  Das BVerfG darf es nicht, weil ihm legislative Befugnisse nicht zustehen, der Gesetzgeber tut es nicht - aus welchen Gründen auch immer. ...
Es wird sich hier und da ja herumgesprochen haben, dass mindestens seit 2005 aus dem BMAS, auch aus sg. wissenschaftlichen Beiräten und der sg. Hartz-Kommission die politischen Gründe kommuniziert wurden.
1. Der Druck auf Arbeitslose muss erhöht werden
2. Niemand darf sich in der sozialen Hängematte ausruhen
3. Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen

Die drei Punkte führen in der Gesamtheit regelmäßig zu unterdeckten Regelsätzen. Gestern gab es zu hören, dass sich die Anzahl von Stromabschaltungen allein in der Stadt Hamburg seit 2013 mehr als verdoppelt haben. Der Regelsatzanteil für Energie ist selbst den systemkonformen Medienberichten zu gering erschienen, die einen Durchschnittsbedarf von monatlich 43,00€ in der Stadt nannten. Dieser Mangel zieht sich Druck erzeugend durch alle "genehmigten" Positionen.
Es kann ja nicht der Geldmangel sein, den unser Ländle zu erleiden hat. Solche Prestigeobjekte wie Stuttgart 21, BER, Elbphilharmonie oder der Schutz von sechs Regierungschefs und einer Regierungschefin im groben Wert von 130 Millionen Euro für ein "schönes" Wochenende aktuell, sind da immer noch drin.
Man könnte auch auf einfache und platte Missgunst schließen, denn  wer will schon im Kino, im Theater oder im Konzertsaal, womöglich noch im ICE oder in einem Flieger Richtung Palmen neben einem verhartzten Bürgerlein sitzen. Womöglich sitzt so ein "verhartztes Unwesen" seine Gesundheit erhaltend nackend in einer Sauna neben einem hochgradig bürgerlichen Steuerzahler. Wer will schon in den Volkshochschulen oder in Universitäten mit öffentlichen Lesungen neben den medial und politisch als ungebildet beschimpften Ausgegrenzten seine Freizeit verbringen?
Das Druck ausüben und die Ausgrenzung sind mindestens im bürgerlichen Lager schlicht und einfach Programm!
Wir leben in einer politisch gewollten Wegwerfgesellschaft und Menschen die "der Markt" nicht mehr verwursten kann, werden schlicht und einfach weggeworfen. Ein bisschen Druck reicht vollkommen aus ...

Orakel

Zitat von: Gast35753 am 07. Juni 2015, 16:17:19
Solche Prestigeobjekte wie Stuttgart 21, BER, Elbphilharmonie oder der Schutz von sechs Regierungschefs und einer Regierungschefin im groben Wert von 130 Millionen Euro für ein "schönes" Wochenende aktuell, sind da immer noch drin.

:clever:  Gut, dass du das auch noch einmal angesprochen hast. Und nun wieder BTT

Gast18959

Zitat von: Gast35753 am 07. Juni 2015, 16:17:19Das Druck ausüben und die Ausgrenzung sind mindestens im bürgerlichen Lager schlicht und einfach Programm!

Ja, das ist erklärtes Ziel. Aber die Frage ist, ist das so rechtens.

Zitat von: Orakel am 07. Juni 2015, 16:07:34Der Vorschlag des DRB gehört endlich in das Haus mit der Glaskuppel ... Dort sind glasklare Entscheidungen gefragt ... Ich fürchte allerdings, darauf können wir lange warten ...

Das ist doch längst dort, die Argumentation der verantwortlichen Politiker entspricht den Aussagen der verbündeten Richter zu 100 Prozent.

Zitat von: Orakel am 07. Juni 2015, 15:47:38Hinzu kommt, dass bislang nirgends in "irgendetwasgeldfuffzich" festgeschrieben wurde, was "sozio-kulturelles Existenzminimum" ist. Das BVerfG darf es nicht, weil ihm legislative Befugnisse nicht zustehen, der Gesetzgeber tut es nicht - aus welchen Gründen auch immer.

Weiss nicht wo du das herleitest
Der Gesetzgeber wurde vom BVerfG verpflichtet die Bedarfe festzustellen.
Das hat der Gesetzgeber auch gemacht und herausgekommen ist die Summe X.
Heute 399 Euro


Gast2063

1. Der Druck auf Arbeitslose muss erhöht werden
2. Niemand darf sich in der sozialen Hängematte ausruhen
3. Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen


Das ist die unverhohlene Sprache der marktradikalen Sozialnazis in diesem Land.