Sozialgericht Gotha hält Hartz IV Sanktionen für verfassungswidrig

Begonnen von Diskus, 27. Mai 2015, 15:25:32

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MichaK

#660
Zitat von: Gast18959 am 19. Juli 2016, 20:15:18Einschränkungen kann ich im Beschluss nicht erkennen.

die waren ja auch nicht nötig, da Gegenstand des Verfahrens die Leistungen für den Regelbedarf für Alleinstehende, für zusammenlebende Volljährige sowie für Jugendliche im Alter zwischen 15 und 18 Jahren und für Kinder bis zu sechs Jahren waren.
Ich sehe da keinen ähnlichen Sachverhalt.
Mit einem solchen Sachverhalt hat sich das BVerfG schlicht noch nicht befasst bzw. befassen wollen.

Gast18959

Zitat von: MichaK am 19. Juli 2016, 21:50:09Ich sehe da keinen ähnlichen Sachverhalt.
Mit einem solchen Sachverhalt hat sich das BVerfG schlicht noch nicht befasst bzw. befassen wollen.

Gilt das nur für mich/uns, nicht auch für die "soziale" Richterschaft ?

Es wird doch fleissig zitiert :

ZB.
Zitat5. Der Senat hat außerdem keine verfassungsrechtlichen Bedenken .....
......
Dem Grundgesetz ist nämlich kein Normbefehl auf Gewährung von voraussetzungslosen steuerfinanzierten Staatsleistungen zu entnehmen (BVerfG, Beschluss vom 07.07.2010, 1 BvR 2556/09, SozR 4-4200 § 11 Nr. 33, S.Knickrehm/Hahn, Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 31 Rn. 7).
http://openjur.de/u/691341.html

MichaK

Zitat von: Gast18959 am 20. Juli 2016, 13:38:21Gilt das nur für mich/uns, nicht auch für die "soziale" Richterschaft ?


soweit waren wir doch schon lange. Quod licet jovi, non licet bovi .

Gast18959

Ohh, ein Rechts staatliches Prinzip ?

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

A verbis legis non est recedendum


MichaK

Zitat von: Gast18959 am 20. Juli 2016, 21:18:49
Ohh, ein Rechts staatliches Prinzip ?

Du sagst es.

Mal beim Klassiker nachgeschaut:

Es hängt ,,in gewissem Grade von der offiziellen Gesellschaft (= herrschende Klasse) ab, bestimmte Verletzungen ihrer Regeln als Verbrechen oder nur als Vergehen zu stempeln. Diese Differenz in der Beurteilung, ... entscheidet über das Schicksal von Tausenden von Menschen und über den moralischen Ton der Gesellschaft. Das Gesetz selbst kann nicht nur das Verbrechen bestrafen, sondern es auch hervorrufen ..." K. Marx

Gast18959

Naja, der olle Karl ist nicht mehr so gut gelitten, im politischen Ringen um eine bessere Welt jedenfalls nich, unter Ökonomen wird er ab und an erwähnt.

Ich sehe sehr wohl einen Zusammenhang bei Regelsatz und Sanktionen um beim Thema zu bleiben.

BVerfG :

Zitata) Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfGE 125, 175 <223>; 132, 134 <160, Rn. 64>).
http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20140723_1bvl001012.html

Sozialgericht :

ZitatDer Verfassungsmäßigkeit genügt das geltende Sanktionsrechts (§§ 31 ff. SGB II) in einem solchen Falle dadurch, dass der Gesetzgeber selbst bei einem vollständigen Wegfall der Leistungen eine "letzte Grundversorgung" (zur Abgrenzung zum soziokulturellen Minimum vgl. Soria, JZ 2005, S. 644 ff.) sicherstellt. Durch ein differenziertes Regelungssystem wahrt der Gesetzgeber das physische Existenzminimum (neben Obdach und ausreichender medizinischer Versorgung auch ausreichende Nahrung und Kleidung - BSG, Urteil vom 22.04.2008, B 1 KR 10/07 R, juris).
https://openjur.de/u/855502.html

Gast35185

ZitatDas Sozialgericht Gotha hält Hartz-IV-Sanktionen weiterhin für verfassungswidrig. Darum wird es erneut das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anrufen. Dies habe eine Verhandlung am Dienstag ergeben, sagte ein Behördensprecher gegenüber jW. In den nächsten Tagen werde die Kammer eine zweite Richtervorlage in Karlsruhe einreichen.

Gothaer Sozialrichter rufen erneut Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an. Dies hatte eine Vorlage zuvor wegen Formfehlern abgelehnt

Gast18959

SUUUUPAA, Danke für die erfreuliche Nachricht @aggie    :clever:

:grins:

Meck

Zitat von: Gast35185 am 02. August 2016, 19:39:35
Gothaer Sozialrichter rufen erneut Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an. Dies hatte eine Vorlage zuvor wegen Formfehlern abgelehnt


Noch ergänzend -->>

Erneute Verfassungsklage gegen Hartz IV Sanktionen

Wir erinnern uns, das Sozialgericht Gotha hatte die Hartz IV Sanktionen als Verfassungswidrig eingestuft und das Verfahren an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet. Dieses hatte die Richtervorlage aufgrund eines Formfehlers abgelehnt. Nun will sich das Sozialgericht allerdings nicht damit zufrieden geben. Die Kammer hat nun die zweite Vorlage des gleichen Falls eingreicht.

Im konkreten Fall hat ein Hartz IV Bezieher aus Erfurt geklagt. Er wurde im Jahre 2014 gleich zwei Mal mit Leistungskürzungen bestraft. Zunächst hatte der Kläger ein Jobangebot seitens des Jobcenters abgelehnt. Daraufhin wurde dem Kläger das Arbeitslosengeld II im ersten Schritt um 30 Prozent (117,30 Euro) gekürzt.


-->> http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/erneute-verfassungsklage-gegen-hartz-iv-sanktionen.php
Finde das grosse Glück in den kleinen Dingen des Lebens und empfinde dadurch wahre Zufriedenheit. LG Meck :bye:

Meck

Erneute Verfassungsklage gegen Hartz IV Sanktionen

Wir erinnern uns, das Sozialgericht Gotha hatte die Hartz IV Sanktionen als Verfassungswidrig eingestuft und das Verfahren an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet. Dieses hatte die Richtervorlage aufgrund eines Formfehlers abgelehnt. Nun will sich das Sozialgericht allerdings nicht damit zufrieden geben. Die Kammer hat nun die zweite Vorlage des gleichen Falls eingreicht.

Im konkreten Fall hat ein Hartz IV Bezieher aus Erfurt geklagt. Er wurde im Jahre 2014 gleich zwei Mal mit Leistungskürzungen bestraft. Zunächst hatte der Kläger ein Jobangebot seitens des Jobcenters abgelehnt. Daraufhin wurde dem Kläger das Arbeitslosengeld II im ersten Schritt um 30 Prozent (117,30 Euro) gekürzt.


-->> http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/erneute-verfassungsklage-gegen-hartz-iv-sanktionen.php
Finde das grosse Glück in den kleinen Dingen des Lebens und empfinde dadurch wahre Zufriedenheit. LG Meck :bye:

MichaK

#670
Zitat von: Gast18959 am 13. Juli 2016, 01:30:08die Behauptung,- "die Verfassung gebietet nicht die Gewährung von bedarfsunabhängigen, voraussetzungslosen Sozialleistungen" - basiert auf einer Lüge, weil der Sinn des Zitat´s aus dem Zusammenhang gerissen, somit ins Gegenteil verkehrt wird ...

man kann das s o lesen, dass die Eigenschaften, die durch Komma getrennt werden, für sich stehen. Aber auch bei dieser Lesart steht der folgende Satz im Wege.
Außerdem ist m.W. das Unerlässliche auch eine Sozialleistung, die aber von der Voraussetzung Pflichtverhalten befreit ist. Insofern ist die Aussage auch unrichtig. Die Verfassung kann nicht gleichzeitig etwas gebieten und nicht gebieten, oder?
Bliebe noch, einen freiwilligen Würdeverzicht zu unterstellen.

Gast18959

Zitat von: MichaK am 06. August 2016, 16:50:57man kann das s o lesen, dass die Eigenschaften, die durch Komma getrennt werden, für sich stehen.

Können wir ja mal durchspielen.

Der Ursprüngliche Satz hiess :

Zitat von: Gast18959 am 13. Juli 2016, 01:30:08Die Verfassung gebietet nicht die Gewährung von bedarfsunabhängigen, voraussetzungslosen Sozialleistungen.

Im ersten LSG-Urteil war der Satz noch vollständig zitiert.
Teilen wir ihn, steht da :

ZitatDie Verfassung gebietet nicht die Gewährung von bedarfsunabhängigen,   -   (Sozialleistungen)

Im Umkehrschluss gebietet die Verfassung also die Gewährung von bedarfsabhängigen   -  (Sozialleistungen)

stellen wir den zweiten Teil für sich :

Zitat(Die Verfassung gebietet nicht die Gewährung von)    -     ,voraussetzungslosen Sozialleistungen.

ergibt sich im Umkehrschluss - unter bestimmten Voraussetzungen (erster Satzteil) gebietet die Verfassung die Gewährung von Leistungen.


daraus wurde dann vom Bayerischen LSG zum Dritten :

ZitatInsbesondere sind vom Bundesverfassungsgericht keine voraussetzungslosen steuerfinanzierten Staatsleistungen gefordert worden

Erinnert mich irgendwie an die "Stille Post".



Gast38171

Sie lassen nicht locker: Sozialrichter aus Gotha legen dem Bundesverfassungsgericht erneut die Sanktionen im SGB II vor. Und die aus Leipzig mögen keine unpassenden SGB III-Maßnahmen
http://aktuelle-sozialpolitik.blogspot.de/2016/08/173.html

Na vllt. ist das BVerfG diesmal bereit es anzunehmen und zu urteilen, anstaat sich hinter Formfehlern zu verstecken!