Sozialgericht Gotha hält Hartz IV Sanktionen für verfassungswidrig

Begonnen von Diskus, 27. Mai 2015, 15:25:32

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Orakel

Und worin besteht nun der Verstoß gegen das Grundgesetz???

Für dich (und natürlich alle anderen "Hartz-IV-muss-weg-Kämpfer") habe ich auch einen Link: Aktionsbündnis für ein Sanktionsmoratorium

Interessant die Liste der Erstunterzeichner; keine (oder kaum) Leistungsberechtigte, auch keine Personen, die glauben, dass sie etwas bewegen, wenn sie einen Kreidekreis auf das Pflaster malen und laufend in eine Kamera grinsen.

Vergeigt haben das Aktionsbündnis Leistungsberechtigte, weil sie ihre Unterstützung versagt haben!!!


Gast38171

#691
Existenzsicherung geht vor Arbeitsvermittlung. Somit verstößt die BA mit ihrer Anordnung gegen Art.1 in Verbindung mit Art. 20

Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2010/02/ls20100209_1bvl000109.html

Der Gesaltungsspielraum bezieht sich auf die Höhe aber nicht auf die Voraussetzung das die Arbeitsvermittlung vorgeht!


Bezüglich der EAO, hier ein Auszug aus meiner Korrespondenz mit einer einigermaßen sozialen Partei:
"Durch die Erreichbarkeits-Verordnung der BA wird in der Tat die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt über die Existenzsicherung gestellt. Das ist zutreffend. Frau xxx hält berechtigterweise die BA für diesen Eingriff nicht berechtigt (verfassungswidrig) und will daher wissen, wie man sich gegen die Anordnung der BA wehren kann.
>
> Dazu noch mal ergänzend: die Regelungen zur Verfügbarkeit finden sich in dem Gesetz selber und zwar im § 7 Abs. 4a SGB II (ab 1.1.2011 mit neuer Regelung).
> Die BA rechtfertigt die einschlägigen Bestimmungen wie folgt:
> "Zweck der Residenzpflicht ist es, dem Vorrang der Vermittlung in Arbeit (§§ 1, 2) vor der Gewährung von Leistungen Geltung zu verschaffen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sollen grundsätzlich nur dann Leistungen erhalten, wenn sie ohne Verzug jede zumutbare Beschäftigung aufnehmen können."
> http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mdk1/~edisp/l6019022dstbai377919.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI377922
>
> Ob diese Regel in verfassungswidriger Weise gegen die Freizügigkeit verstößt, bleibt letztlich dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts überlassen. Mögliche Wege das Bundesverfassungsgericht zu einer Befassung mit dem Thema zu bewegen, sind etwa eine Verfassungsbeschwerde (individuelle Klage gegen Grundrechtsbeeinträchtigung) oder eine Richtervorlage (wenn ein Richter die Rechtslage genauso einschätzt und dies für einen konkreten anliegenden Fall entscheidungsrelevant ist).
>
> Ob und ggf. wie man rechtlich gegen Anordnungen der BA vorgehen kann, weiß ich tatsächlich auch nicht. Da dies Organe der Selbstverwaltung sind, greift womöglich tatsächlich das Verwaltungsgericht nicht. Ich befürchte, dass man als Bürger nicht unmittelbar dagegen vorgehen kann. Soweit ich das einschätze, kann Frau xxx damit die Anordnung nicht direkt rechtlich angehen, sondern müsste gegen Sie belastende Verwaltungsakte aufgrund dieser Anordnung klagen - letztlich bis zum BVerfG.
>
> Mit welcher Berechtigung die BA durch ihre Erreichbarkeits-Anordnung Regelungen des SGB II konkretisieren darf, ist in der Tat zweifelhaft. Allerdings ist in der alten Fassung im SGB II ausdrücklich auf diese Verordnung Bezug genommen worden. Es ist also durch den Gesetzgeber legitimiert worden.
> In der neuen Fassung gibt es eine eigenständige Verordnungsermächtigung (§ 13 Abs. 3. SGB II). Mir wäre allerdings nicht bekannt, dass eine solche verabschiedet worden ist. Solange gilt der Verweis auf die alte Regelung (§ 77 SGB II)."

Orakel

Zitat von: Gast38171 am 09. August 2016, 00:58:03
Der Gesaltungsspielraum bezieht sich auf die Höhe aber nicht auf die Voraussetzung das die Arbeitsvermittlung vorgeht!

Das sagt wer???

Immer noch aktuell: Wenn man den Durchblick hat

Gast38171

#693
Zitat von: Orakel am 09. August 2016, 01:16:45Das sagt wer???

Das geht aus der Entscheidung hervor.

Zitat von: Gast38171 am 09. August 2016, 00:58:03Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat

Orakel

Zitat von: Gast38171 am 09. August 2016, 01:28:17
Das geht aus der Entscheidung hervor.

Wenn DU das sagst. Die Verfassungsrichter werden allerdings nicht auf dich hören, wetten?

Warten wir doch einfach die Entscheidung des BVerfG ab ...

MichaK

Zitat von: Orakel am 09. August 2016, 00:03:50
Hat sich eigentlich von den "Hartz-IV-muss-weg-Kämpfern" schon mal jemand Gedanken zu einer Musterklage wegen der "Verfassungswidrigkeit" der Sperrfristen im Rechtskreis des SGB III gemacht? Oder zu den Zumutbarkeitsregeln? Den Bestimmungen zur Erreichbarkeit?...

Dein Hinweis ist berechtigt und wäre noch um eine Vielzahl von Rechtskreisen zu ergänzen. Beispielsweise SGB XI, Eingliederungshilfe - künftig Bundesteilhabegesetz . Nur irgendwo muss doch die Menschenwürde mal Gestalt annehmen in Form unveräußerlichen Rechtes und nicht in Form von Gnaden. Darum geht es doch und nicht um Egoismen von einer Gruppe (Hartz IV).


Orakel

Zitat von: MichaK am 09. August 2016, 10:49:55
... Egoismen von einer Gruppe (Hartz IV).

Genau DAS ist aber das Problem!

Gast38171

Zitat von: Orakel am 09. August 2016, 11:14:46Genau DAS ist aber das Problem!

Dem möchte ich widersprechen, das Problem liegt in den Egoismen der Wirtschaft, die Arbeitssklaven im Niedriglohnsektor wollen um möglichst viel Profit abzuschöpfen. Dadurch kommt es zum Abbau im sozialen Sektor, wo auch vor Grundrechtsverletzungen nicht halt gemacht wird, da unsere Regierung ja auch gern ihren Teil haben möchte. Nur möglichst nicht von den Geldbonzen!

Orakel


Gast38171

Zitat von: Orakel am 09. August 2016, 11:34:50Was ist das???

Das
Zitat von: Gast38171 am 09. August 2016, 11:19:48die Arbeitssklaven im Niedriglohnsektor wollen um möglichst viel Profit abzuschöpfen.

Orakel

Im Juni 2016 betrug die Anzahl der Erwerbstätigen mit Wohnsitz in Deutschland 43.480.000 - alles "Arbeitssklaven"? Wegen der "Egoismen der Wirtschaft?

Quelle

MichaK

Zitat von: Orakel am 09. August 2016, 11:14:46
Genau DAS ist aber das Problem!

wie meinst du das denn? Subjektiv oder objektiv ?

Orakel

Objektiv!

Schau dir doch nur die Aktivitäten der "Aktivistinnen" und "Aktivisten" der "Hartz-IV-muss-weg-Bewegung" an ...

Die Sanktionen sind verfassungswidrig, die Sperrfristen im Rechtskreis des SGB III sind okay ... um nur ein Beispiel zu nennen ...

Wie wäre es mit einer Angleichung der Sanktionen an die Sperrfristen, in einem ersten Schritt??? Genau das war u.a. das Ziel des Aktionsbündnisses für ein Sanktionsmoratorium. Das war aber denen, um die es dabei ging, nicht genug ... daran ist es gescheitert ... alles oder nichts, lautete die "Kampfparole" ...und daran hat sich bis heute nichts geändert!

Gast38171

Zitat von: Orakel am 09. August 2016, 12:20:42Im Juni 2016 betrug die Anzahl der Erwerbstätigen mit Wohnsitz in Deutschland 43.480.000 - alles "Arbeitssklaven"? Wegen der "Egoismen der Wirtschaft?

Davon werden wohl noch welche von ihrer Hände Arbeit leben können. Nee, ich meine vielmehr Die hier:
http://business-panorama.de/news.php?newsid=374386

Zum Wohle der Wirtschaftsbonzen wurde Hartz IV erfunden und in Gesetz gegossen, egal 0b die arbeitenden Bevölkerung dadurch Grundrechtsverletzungen und Armut ,Altersarmut und Kinderarmut hinnehmen muss, Hauptsache man macht Profit und wächst!

Zitat von: Orakel am 09. August 2016, 12:40:21Die Sanktionen sind verfassungswidrig, die Sperrfristen im Rechtskreis des SGB III sind okay ... um nur ein Beispiel zu nennen ...
Da dürfte es gar keine Sperrzeiten geben, da man in eine extra Versicherung (Arbeitslosenversicherung) eingezahlt hat und somit auch Anspruch zumindest auf die eingezahlten Gelder, ganz egal wodurch man den Job verlor.

Orakel

Dann mach dich mal mit dem Begriff "Solidargemeinschaft" vertraut. Da ist für "Egoismen" nämlich kein Raum!