9. SGB II-ÄndG beschlossen - erhebliche Änderungen treten am 01.08.2016 in Kraft

Begonnen von Ottokar, 21. Juli 2016, 16:53:10

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TazD

Zitat von: oldhoefi am 06. August 2016, 00:19:50Auch wenn ALG II Leistungen ab 01.08.2016 gem. § 42 Abs. 4 SGB II nicht mehr pfändbar sind, im Moment auf keinen Fall auf ein reguläres Giro-Konto ohne Pfändungsschutz umstellen!
Bitte Vorsicht mit dieser Aussage.

§ 42 Abs 4 SGB II lautet:
Zitat(4) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden

Ich habe das Entscheidende hervorgehoben, denn es ist lediglich der Anspruch geschützt, nicht jedoch die Leistung selbst.

Man kann das auch anders erklären:
Wenn A mit B einen Kaufvertrag abschließt, dann hat A einen Anspruch auf Herausgabe der Ware und B einen Anspruch auf die Zahlung des Kaufpreises. B könnte aber diesen Anspruch auf Kaufpreiszahlung an C abtreten, weil er bei C Schulden hat oder C könnte mittels Pfandungs- und Überweisungsbeschluss diesen Anspruch pfänden. Dann müsste A an C zahlen. Das ist über den § 42 Abs 4 SGB II aber ausgeschlossen.

Auf die Konstellation JC und LE übertragen heißt das: Der LE hat aus einem Bewilligungsbescheid heraus einen Anspruch gegen das JC auf Auszahlung der Leistungen. Dieser Anspruch ist nicht pfändbar.

C muss also warten, bis das Geld tatsächlich an B (bzw. den LE) überwiesen ist und kann dann erst pfänden. Hierbei greift aber der Schutz eines P-Kontos, sofern B eins hat.

oldhoefi

Zitat von: TazD am 13. August 2016, 00:25:12§ 42 Abs 4 SGB II lautet:
(4) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden

Zitat von: TazD am 13. August 2016, 00:25:12Ich habe das Entscheidende hervorgehoben
Aber o. g. nicht vollständig, sondern aus dem Kontext gerissen.

Zitat von: TazD am 13. August 2016, 00:25:12(4) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden
In diesem Zusammenhang richtig gelesen ergibt einen völlig anderen Sinn, in Bezug auf das SGB II.

Mit meiner Auffassung stehe ich übrigens nicht alleine da.

Zitat von @Ottokar aus dem Eingangsbeitrag:

§ 42 Abs. 4
Die Unpfändbarkeit von ALG II wird wieder im Gesetz festgeschrieben. ALG II kann danach nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.
(Positiv für alle von Pfändung Betroffenen, da viele Banken nach wie vor erhebliche Verständnisprobleme mit der Umsetzung des Pfändungsschutzes bei P-Konten haben.)

coolio

Versteh ich hier irgendwas?
Unabhängig von der Hervorhebung?
ZitatZitat von: oldhoefi am 06. August 2016, 00:19:50
Auch wenn ALG II Leistungen ab 01.08.2016 gem. § 42 Abs. 4 SGB II nicht mehr pfändbar sind, im Moment auf keinen Fall auf ein reguläres Giro-Konto ohne Pfändungsschutz umstellen!
Mag ja Zuflüsse geben, die dem ALG II nicht zuzurechnen sind - aber nur unter dieser Prämisse macht die Warnung Sinn.

oldhoefi

Zitat von: coolio am 13. August 2016, 03:02:24nur unter dieser Prämisse macht die Warnung Sinn
Meine ,,Warnung" macht durchaus Sinn, da bei den meisten Banken die Gesetzesänderung noch nicht angekommen ist – hatte ich bereits geschrieben.

Außerdem habe ich mich zwischenzeitlich noch bei anderen Banken kundig gemacht. Das Nichtwissen und die Inkompetenz ist demnach nicht nur der vermuteten Spass-Kasse zuzuordnen.

Macht was Ihr wollt – ich werde mich zu dieser Thematik jedenfalls nicht mehr äußern. :bye:

TazD

Zitat von: oldhoefi am 13. August 2016, 02:55:52
Zitat von: TazD am 13. August 2016, 00:25:12(4) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden
In diesem Zusammenhang richtig gelesen ergibt einen völlig anderen Sinn, in Bezug auf das SGB II.
Der Sinn bleibt der gleiche. Etwas anderes wäre es wenn da folgendes stehen würde:
Zitat(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes können nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden
Dann wären tatsächlich die Leistungen geschützt und nicht nur lediglich der Anspruch.

Ottokar

Zitat von: TazD am 13. August 2016, 00:25:12
Zitat von: oldhoefi am 06. August 2016, 00:19:50Auch wenn ALG II Leistungen ab 01.08.2016 gem. § 42 Abs. 4 SGB II nicht mehr pfändbar sind, im Moment auf keinen Fall auf ein reguläres Giro-Konto ohne Pfändungsschutz umstellen!
Bitte Vorsicht mit dieser Aussage.

§ 42 Abs 4 SGB II lautet:
Zitat(4) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden

Ich habe das Entscheidende hervorgehoben, denn es ist lediglich der Anspruch geschützt, nicht jedoch die Leistung selbst.
Diese Aussage ist falsch.
Offensichtlich fehlt es hier am, zugegebenermaßen nicht einfachen, Verständnis der schuldrechtlichen Termini und deren Bedeutung.

Gepfändet wird lt. § 54 SGB I und § 850e Nr. 2a ZPO immer der Anspruch auf eine Sozialleistung.
Wenn schon der Anspruch unpfändbar ist, dann ist die aus dem Anspruch resultierende Auszahlung der Leistung ebenso unpfändbar, was im Übrigen § 829 ZPO i.V.m. § 850e Nr. 2a ZPO regelt.
Bei einer Kontopfändung gegen die Bank als Drittschuldner gilt nichts anderes als bei einer Direktpfändung beim (Erst)Schuldner oder beim Zweitschuldner JC.
Grundlage einer Pfändung ist, dass der Gläubiger seinen Anspruch gegen den (Erst)Schuldner bei einem Anderen, gegen den der Schuldner einen Anspruch hat, an Stelle des Schuldners geltend machen kann. Der Andere wird dabei Zweitschuldner. Hat der Zweitschuldner schon an einen Dritten geleistet (Bank), wird der Dritte Drittschuldner.
Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach § 829 ff ZPO ist also nichts anderes, als eine gerichtlich angeordnete Zwangsabtretung eines (Teil-)Anspruches, den der Schuldner gegen einen Anderen hat, so dass der Andere die Leistung die er dem Schuldner schuldet direkt an den Gläubiger erbringt.
Gepfändet und übertragen wird also immer der Anspruch des Schuldners auf eine Leistung, die ein Anderer dem Schuldner schuldet. Voraussetzung dafür ist, dass dieser Anspruch grundsätzlich pfändbar ist.
Wenn also schon der Anspruch auf die Leistung beim Schuldner oder JC nicht pfändbar ist, ist er auch nicht bei der Bank als Drittschuldner pfändbar.

Unabhängig davon ergibt sich auch aus der in § 42 Abs 4 SGB II geregelten generellen Nichtübertragbarkeit lt. § 851 ZPO eine Unpfändbarkeit der vom JC an den Schuldner erbrachten Leistung.
Die Regelung in § 42 Abs 4 SGB II ist mit der in § 17 Abs. 1 SGB XII identisch.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
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oldhoefi

@Ottokar,

danke Dir für Deine Ausführungen - so präzise hätte ich es nicht auf den Punkt bringen können. :sehrgut:

Ottokar

Um das abschließend nochmal für die Kontopfändung auf den Punkt zu bringen:
Gepfändet wird lt. §§ 829 ff ZPO dabei der Anspruch des Kontoinhabers, den dieser gegenüber der Bank auf Auszahlung seines Kontoguthabens hat.
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amazone

frage zur neuen heizkostenpauschale
sind schon höchstgrenzen festgelegt worden? habe für hamburg noch nichts im internet gefunden.
konkret: ich habe eine nachzahlung heizkosten für jahresabrechnung 2015 erhalten. würde die evtl. neue pauschale schon rückwirkend für 2015 geltend gemacht werden können?
wer nicht das unmögliche wagt, wird das mögliche niemals erreichen (bakunin)
freiheit ist immer die freiheit des andersdenkenden
(nach rosa luxemburg)

Ottokar

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Gast40964

@amazone, du meinst wohl die gesamte Pauschale sprich; WM und HZK ?

Da das Gesetz erst zum 01.08.2016 in Kraft getreten ist wird es noch eine gute Weile dauern, denn die selbstständigen Kommunen müssen erstmal einen Beschluss erlassen und den zuständigen JCern grünes Licht geben und das kann bis zum Frühjahr dauern.

Die noch laufende Bewilligungsbescheide sind geschützt jedoch ab dem neuem dürfen wir etwas bibern.... Jedenfalls kann kein JC eigenmächtig ohne Beschluss der Landesbehörde die KdU ( gesamt) pauschalieren und mindern.

Sollte es dann soweit sein und jemand einen neuen Leistungsbescheid mit pauschlierter KdU ( alles zusammen) bekommen und aus dem Regelsatz zahlen müssen dann unbedingt Widerspruch einlegen denn ab hier muss eine ganz neue Rechtsprechung vom BSG ausgesprochen werden da die bisherige Rechtsprechung vor der neuen Gesetzregelung ausgsprochen wurde .

Und sonst:
die neuen Gesetzte sind schon im Internet unter Jurion und Buzzle abrufbar.

Gast40964

Anhang dazu hier § 22 a SGB II

[gelöscht durch Administrator wegen Erreichen der Speicherfrist]

Ottokar

Sofern sich die Frage auf § 22 Abs. 10 SGB II bezieht: darin geht es um die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze und keiner Heizkostenpauschale.
Die Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II hat absolut nichts mit einer Satzung § 22a SGB II zu tun.
Die zur Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zugrunde zu legenden Heizkosten sind lt. § 22 Abs. 10 S. 2 SGB II und der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Heizkosten lt. Heizspiegel DMB, oder  - sofern vorhanden, die des örtlichen Heizspiegels.
Das war bisher auch schon so.
Lt. BSG sind für die Angemessenheit der Kosten "für Unterkunft und Heizung" nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II die Gesamtkosten maßgeblich.
Dabei ist es zulässig, dass sich innerhalb der angemessenen Gesamtkosten z.B. eine höhere Kaltmiete und geringere Heizkosten ausgleichen, und umgekehrt.
Hier wurde im Prinzip nur die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG seit 2005 zu § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II Gesetz.
Daran, wie lt. höchstrichterlicher Rechtsprechung des BSG die Angemessenheit der Kosten "für Unterkunft und Heizung" nach § 22 SGB II zu ermitteln ist, ändert sich dadurch gar nichts:

Maßgeblich für die Bestimmung der angemessenen Kaltmiete(1) je qm ist lt. BSG ein aktueller qualifizierter Mietspiegel.
Maßgeblich für die Bestimmung der angemessenen Nebenkosten(2) (ohne HK und WW) je qm ist lt. BSG ein aktueller Betriebskostenspiegel, örtlich oder bundesweit lt. DMB.
Maßgeblich für die Bestimmung der angemessenen Heizkosten(3) (inkl. WW) je qm ist lt. BSG ein aktueller Heiz(kosten)spiegel, örtlich oder bundesweit lt. DMB.
Maßgeblich für die Bestimmung der jeweiligen Summen der angemessenen Kaltmiete, angemessenen Nebenkosten und angemessenen Heizkosten ist lt. BSG die nach Personenzahl zulässige Wohnungsgröße lt. landesrechtlichen Vorschriften des sozialen Wohnungsbaues(4).
Maßgeblich für die Angemessenheit der Kosten "für Unterkunft und Heizung" nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II sind lt. BSG die, aus den Summen der angemessenen Kaltmiete(1x4), angemessenen Nebenkosten(2x4) und angemessenen Heizkosten(3x4), zu ermittelnden Gesamtkosten (1x4 + 2x4 + 3x4).
Das Ganze nennt das BSG "schlüssiges Konzept".

Die meisten Kommunen werden auch weiterhin die Vorgaben des BSG für ein solches schlüssiges Konzept vorsätzlich missachten, um Kosten zu sparen.
Dazu beauftragen einige davon externe Dienstleister mit der Erstellung eines vermeintlichen schlüssigen Konzepts. Allerdings ist nicht relevant, was drauf steht, sondern was drin steht, und so sind sind die Meisten davon nach dem Motto "Sagen sie uns, was sie raus haben wollen, wir rechnen es ihnen hin." erstellt und halten einer genauen inhaltlichen Prüfung nicht stand.
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Gast34759

Weiß jemand, wo man das schlüssige Konzept prüfen lassen kann? Ich habe nämlich Zweifel an der Richtigkeit des Konzeptes im Landkreis.

Gast40964

Hallo Ottokar  :bye:

amzona nannte keinen Paragraphen sondern schrieb von Heizkostenpauschale und dass er eine für das KJ 2015 eine Nahczahlung leisten muss - und in diesem Sinne habe ich geantwortet - das § 22a was mit §10 SGB II zu tun hat stand meinerseits nicht im Raum.

@amazone, dass du unsicher bist wg der HZK-NZ aus 2015  versteh ich nicht - das JC muss diese übernehmen sofern du "nur" mit strom oder Gas oder Öl heizt.

Ebenso gehören Wartungsarbeiten für eine Heizkörper zu den KdU - und ich hoffe das es auch so bleibt -. überhaupt hoffe ich dass sich NICHTS ändert!!!!!!!!!!!

Da habe ich bei meinem JC berechtigte Zweifel... :nea: