Mehrbedarf für Ernährung SGB II und SGBXII, Empfehlung Deutscher Verein

Begonnen von kämpfer, 10. Mai 2022, 12:25:00

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kämpfer

Der Deutsche Verein hat zum 01.01.2021 eine neue Empfehlung für ein Mehrbedarf bezüglich Ernährung herausgebracht, schaue ich mir z.b. aktuell das SGBXII §30 Abs.5 dazu an, ist folgendes hinterlegt.

"Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht."

Somit müssten ja die Vordrucke für MB im SGBII und SGBXII rechtswidrig sein.
Der Arzt kann ja hier nur eine  krankheitassoziierte Mangelernährung lt. den Empfehlungen des Deutschen Vereins attestieren.

Dies steht doch m.E. im Zwiespalt mit dem SGBXII und SGBII. 

Möglich wäre noch eine Zöliakie, Niereninsuffizienz mit Dialyse und Mukoviszidose. Hier gibt es ja Ernährungsrichtlinien die von einer allgemeinen Ernährung ( Vollkost ) abweichen.




Ratlos

Zitat von: kämpfer am 10. Mai 2022, 12:25:00Niereninsuffizienz
Für Niereninsuffizienz gilt bereits ein erhöhter Bedarf, gleichgültig ob mit oder ohne Dialyse.
Aber auch wenn die Krankheit von 2 Fachärzte diagnostiziert ist und zusätzlich durch eine Szintygraphie bestätigt ist, muss man sich beim jahrelangen Hausarzt und dem ganzen Personal als ALG2-Empfänger outen weil der Arzt einen amtlichen Vordruck (Formblatt) ausfüllen muss.

kämpfer

Zitat von: Ratlos am 10. Mai 2022, 12:42:30
Zitat von: kämpfer am 10. Mai 2022, 12:25:00Niereninsuffizienz
Für Niereninsuffizienz gilt bereits ein erhöhter Bedarf, gleichgültig ob mit oder ohne Dialyse.
Aber auch wenn die Krankheit von 2 Fachärzte diagnostiziert ist und zusätzlich durch eine Szintygraphie bestätigt ist, muss man sich beim jahrelangen Hausarzt und dem ganzen Personal als ALG2-Empfänger outen weil der Arzt einen amtlichen Vordruck (Formblatt) ausfüllen muss.

Ratlos wo steht das man bei einer Niereninsuffizienz ohne Dialyse ein Mehrbedarf bekommt?

Hier das aktuelle Formular!
https://www.arbeitsagentur.de/datei/anlagemeb_ba013060.pdf



kämpfer

Ratlos hast du ein Link für die Fachanweisung?

zur Niereninsuffizienz:

Bei der chronischen Niereninsuffizienz ohne Dialysetherapie wird ernährungswis- senschaftlich eine Beschränkung der Eiweiß- und Kochsalzzufuhr empfohlen. Die Mengenempfehlungen für die Proteinzufuhr entsprechen dem allgemein für Er- wachsene empfohlenen Wert der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE.36 Es besteht daher kein ernährungsbedingter Mehrbedarf.
Hat die Niereninsuffizienz die Phase der Dialysetherapie erreicht, liegt der Schwerpunkt der Ernährungstherapie in der Vermeidung einer Mangelernährung. Durch die Dialyse ergibt sich außerdem ein erhöhter Proteinbedarf. Weiterhin be
steht die Ernährungstherapie aus einer Begrenzung der Flüssigkeitsaufnahme und der Kochsalzzufuhr. Es wird zudem eine kalium- und phosphatarme Kost empfohlen.
Im Vergleich zur Vollkosternährung ergeben sich bei terminaler Niereninsuffizienz mit Dialyse Mehrkosten für Ernährung. Der Deutsche Verein empfiehlt einen Mehr- bedarf i.H.v. 5 % der Regelbedarfsstufe 1. Der Mehrbedarf besteht bis nach erfolg- reicher Nierentransplantation dauerhaft.
Bei der terminalen Niereninsuffizienz mit Dialysetherapie liegt häufig auch eine krankheitsassoziierte Mangelernährung vor (vgl. IV. 1.). Der Deutsche Verein emp- fiehlt in diesen Fällen einen kumulierten Mehrbedarf von 15 % der Regelbedarfs- stufe 1.

Hier der Link des Deutschen Verein

https://www.deutscher-verein.de/de/uploads/empfehlungen-stellungnahmen/2020/dv-12-20_kostenaufwaendige-ernaehrung.pdf

Schaue dir bitte das mal das Formular vom Mehrbedarf an was ich weiter oben verlinkt habe.

Ratlos

Ich suche dir den Link wieder raus. Aber bitte erst morgen. Mir geht es heute echt besch....

kämpfer

Zitat von: Ratlos am 10. Mai 2022, 16:21:04Ich suche dir den Link wieder raus. Aber bitte erst morgen. Mir geht es heute echt besch....

Danke


kämpfer

Zitat von: Ratlos am 10. Mai 2022, 16:21:04Ich suche dir den Link wieder raus. Aber bitte erst morgen. Mir geht es heute echt besch....
... von mir natürlich auch gute Besserung :smile:

kämpfer

Danke Ratlos über gemeinsamen Austausch per PN.

Wollte hier nochmals anmerken, dass ein Mehrbedarf auch addiert werden darf. Die Empfehlung des deutschen Verein schreibt auch einen rückwirkenden Mehrbedarf wäre möglich.

Zum Thema fortgeschrittene Erkrankungen....
Seite 12/13 der Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung des Mehrbedarfs (aktuelle)

Ich habe das so verstanden, das z.b. bei einer fortgeschrittenen Erkrankungen (z.b. Niere, Lunge, Leber) der Mehrbedarf wegen einer krankheitsassoziirenden Mangelernährung  nicht  zwingend regelmäßig geprüft werden müsste, da es sich um eine unheilbare Erkrankung handelt.
Erst wenn z.b. eine Transplantation erfolgte, sollte man einen Mehrbedarf erneut prüfen, da man ggf. dann von einer wesentlichen Besserung ausgehen könnte

Würdet Ihr das auch so interpretieren?

https://www.deutscher-verein.de/de/uploads/empfehlungen-stellungnahmen/2020/dv-12-20_kostenaufwaendige-ernaehrung.pdf

Flip

Ist das nicht egal? Das BSG hat doch mehrfach entschieden, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins kein antizipiertes Sachverständigengutachten darstellen und immer auf den Einzelfall abzustellen ist.

kämpfer

Zitat von: Flip am 13. Mai 2022, 18:36:26Ist das nicht egal? Das BSG hat doch mehrfach entschieden, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins kein antizipiertes Sachverständigengutachten darstellen und immer auf den Einzelfall abzustellen ist.

Ich kenne nur das  Urteil von 2011 und Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
https://dserver.bundestag.de/btd/19/240/1924034.pdf
Seite 9

Egal ist es nicht, die Sozialämter kommen dieser "Empfehlung" nach und die Amtsärzte orientieren sich danach, selbst die JC haben die ärztliche Bescheinigung MEB an diese Empfehlung angepasst.





Ratlos

Zitat von: kämpfer am 13. Mai 2022, 16:36:05Würdet Ihr das auch so interpretieren?
Ja, diese Intrpretation ist richtig!
Zitat von: Flip am 13. Mai 2022, 18:36:26Das BSG hat doch mehrfach entschieden, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins kein antizipiertes Sachverständigengutachten darstellen und immer auf den Einzelfall abzustellen ist.
Auch das ist richtig!
Aber der Antragsweg und die ganzen Untersuchungen sind für kranke Leute oft zu schwierig, bis man endlich die 5 % vom RS erhält.
Die vorhandenen fachärztlichen Bestätigungen interessieren eigentlich nur als Anhaltspunkte.