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Sammelthema: Hartz IV wird zu Bürgergeld, zu mehr wird's nicht

Begonnen von Ottokar, 15. August 2022, 14:07:27

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Subkulturmann

#45
Ich sah mir viele Internetseiten von Trägern an, die auch seit langem "aufsuchendes Coaching" bzw. Ganzheitliche Betreuung nur als eine von vielen Möglichkeiten verstehen, Teilnehmer daheim zu besuchen und dies sinngemäß als freiwillige Option zu verstehen ist. Das Gespräch kann auch beim Träger stattfinden, es muss eben nicht daheim beim Teilnehmer stattfinden, es wurde von einem Träger geschrieben, an einem neutralen Ort auch möglich, z.B. Cafe. Es wird bei den vielen Trägern nicht als Zwang ausgelegt, sondern als Angebot bzw. Möglichkeit.
Dieses Instrument gibt es schon lange für Langzeitarbeitslose und aufsuchendes Coaching daheim soll als Hilfe im Alltag eher für Drogenabhängige, Alkoholiker, Obdachlosgefaehrdeten, Alleinerziehende, Verschuldete, dienen. Denen es also massiv schlecht geht im privaten Umfeld neben ihrer Arbeitslosigkeit auf Dauer. Hier wird halt geschaut, ob sie im Alltag zurecht kommen, damit diese Betroffenen nicht sich selbst überlassen sind. Es werden auch Ämterbegleitungen angeboten oder Gänge zu verschiedenen Hilfeanlaufstellen. Ich hatte Mal ne Kollegin in einer Massnahme, welche keine Krankenversicherung hatte und daheim vom Mann terrorisiert wurde. Die haben ihr freiwillig halt einen Besuch abgestattet, aber sie würde vorher gefragt und daran wird sich als Hilfe zu verstehen, nix aendern. Die Träger weisen aber auf ihren Internetseiten auf das Einverständnis des Betroffenen hin. D.h. wie weit er es selbst zulässt. Hier kann keiner von Zwang reden, ätsch, du lässt uns nicht in deine Wohnung und wirst sanktioniert... Eben falsch verstanden!
Also hier wird das nicht richtig verstanden. Es gibt keine zwangseingeleiteten Hausbesuche, wenn vorgeschlagen, dann freiwillig. Klar, bei einem Praktikum wird man vom Coach besucht im Betrieb, aber das alles war schon immer so, nichts neues mit dieser Betreuung. Es zielt eher auf die beschäftigungsbegleitende Betreuung hin. Privater Bereich wird nur an den Betroffenen gefragt, ob er da einen Bedarf in seinem privaten Alltag sieht. Falls er Hilfe braucht, findet das Gespräch halt daheim statt. Wenn Rechtsanwälte schon meinen, dass man keine Jobcentermitarbeiter in die Wohnung lassen muss, und das ohne Sanktionskonsequenz, dann muss sich sowieso der Träger ebenso daran halten. Googlet einfach Mal nach den Trägern "aufsuchendes Coaching" und "Ganzheitliche Betreuung".  Zumal haben die gar nicht für jeden vielen Einzelnen einen Coach, der 24  Stunden das Leben durchleuchten will und dann meint hmmmmh, nee, ich beeinflusse jetzt jeden Winkel Deines Lebens und du musst 100%ig das im Alltag machen...

talokatel823

Zitat von: Subkulturmann am 17. August 2022, 13:27:50Wenn Rechtsanwälte schon meinen, dass man keine Jobcentermitarbeiter in die Wohnung lassen muss, und das ohne Sanktionskonsequenz, dann muss sich sowieso der Träger ebenso daran halten.
Die JC halten sich ja auch so oft daran, was sie nicht dürfen.  :lol:

Yasha

#47
Zitat von: Subkulturmann am 17. August 2022, 13:27:50Ich sah mir viele Internetseiten von Trägern an

In 2023 wird es Ergänzungen in der Ausrichtung und Konzeption geben. Aktuelles Beispiel "mobiles Gesundheitscoaching" einer Optionskommune mit fa:z Fallsteuerungskonzept. Sehr interessant und wesentlich genauer -als auf irgendwelchen PR Seiten im Internet. Die enthalten nicht alles -was wirklich die gesamte Maßnahme Konzeption beeinhaltet.

Guck Dir besser eine solche faktische Konzeption von der Basis insgesamt an. Hier wäre das die Leistungsbeschreibung der Verdingung. Kannst Du nach dem Anklicken des blauen Schriftzugs im Reiter Dokumente finden und downloaden  -6te -von oben gezählt -rechts.In der folgenden Verlinkung:

https://www.deutsche-evergabe.de/dashboards/dashboard_off/d1f36c62-b2c7-45bc-9a7d-4b5a9cc8e515

Ottokar

Zitat von: Subkulturmann am 17. August 2022, 13:27:50Also hier wird das nicht richtig verstanden. Es gibt keine zwangseingeleiteten Hausbesuche, wenn vorgeschlagen, dann freiwillig.
Das steht leider so nicht im Gesetz.

Ich zitiere mal aus dem Gesetzesentwurf:

ZitatGanzheitliche Betreuung (Coaching)
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte weisen häufig vielfältige und komplexe Problemlagen
auf, die ihre Beschäftigungsfähigkeit grundlegend beeinträchtigen. Diese erfordern eine
ganzheitliche Betreuung (Coaching), die die jeweilige Lebenssituation insgesamt in den
Blick nimmt und dem Ziel eines grundlegenden Aufbaus (und in der Folge Stabilisierung)
der Beschäftigungsfähigkeit dient. ,,Aufbau der Beschäftigungsfähigkeit" bedeutet, dass das
Coaching mit den betreffenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten an allen Problemla-
gen arbeitet, die diesem Ziel im Weg stehen. Zugleich eröffnet das Coaching auch die
Chance, deren Potenziale stärker wahrzunehmen und zu nutzen.
Die Interventions- und Beratungsformen des Coachings ergeben sich aus dem individuellen
Bedarf und werden deshalb gesetzlich nicht festgelegt. Aufgabe des Coachings ist u.a.,
erwerbsfähige Leistungsberechtigte über Leistungen Dritter zu beraten und auf die Inan-
spruchnahme dieser Leistungen hinzuwirken. Das Coaching umfasst nach diesem Ver-
ständnis folglich auch Beratungsaufgaben. Insbesondere steht der Coach den betreffenden
Leistungsberechtigten zur Seite und stärkt sie darin, ihre Lebenssituation selbst zu verbes-
sern. Dabei gilt zugleich, dass die Fallverantwortung in jedem Fall beim Jobcenter verbleibt.
Da die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses beim Coaching nach § 16k eine wesentli-
che Grundlage des Erfolgs ist, werden erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht mit
Rechtsfolgen verbunden zur Teilnahme am Coaching verpflichtet. Das Coaching kann auch
aufsuchend oder beschäftigungsbegleitend erfolgen.
Danach wird bereits grundsätzlich die Meinung vertreten, dass die Mehrzahl ("häufig") der Leistungsbezieher eine ganzheitliche Betreuung zwingend benötigt. Schon das lässt tief blicken.
Die Aussage "erwerbsfähige Leistungsberechtigte (werden) nicht mit Rechtsfolgen verbunden zur Teilnahme am Coaching verpflichtet" wird durch §§ 15, 15a und 16k SGB II ad absurdum geführt, denn eine "Verpflichtung" setzt die Aufnahme des Coaching nach §§ 15 und 15a in den Kooperationsplan voraus, womit die fehlende Mitwirkung als Verwaltungsakt eingefordert werden soll.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Yasha

#49
Zitat von: Ottokar am 17. August 2022, 15:50:56Ich zitiere mal aus dem Gesetzesentwurf:
ZitatGanzheitliche Betreuung (Coaching)
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte weisen häufig vielfältige und komplexe Problemlagen
auf, die ihre Beschäftigungsfähigkeit grundlegend beeinträchtigen...

 :grins: Schon diese Anfangspassage ist Teil einer rein systemisch geprägten Textbausteinphrase -die es so seit Beginn der Konzeption "aufsuchendes Coaching"  ab 2018 - in den Leistungsbeschreibungen  der Ausschreibungen  gab und weiterhin gibt. Mittlerweile findet man diese Phrasen auch gehäuft in den Arbeitsmarktprogrammen der jeweiligen Jobcenter. Fakt ist aber eher tatsächlich, dass den JC die Eingliederung der Langzeitarbeitslosen nur  zu teuer und auch zu aufwendig ist. Denn ansonsten bliebe ja nichts zur Umschichtung in das Verwaltungsbudget übrig. Oftmals werden die Umschichtungssummen schon am Anfang des Jahres von den JC  fest einkalkuliert. Die Summen können sogar überwiegend in den Arbeitsmarktprogrammen vermerkt sein.

Augenfällig ist für mich zudem, dass die Unterstellungen der komplexen Problemlagen Maßnahmen erst begann, wo die Verwaltungskosten der JC erstmals exorbitant stiegen..

Diese Konzeption bezieht Ihr "Stimuli" zur Erfindung neuer Zielgruppen Coachings aus der Erkenntnis dessen, was alles bislang als Vermittlungshemmnis zum Ausbau dessen dienlich sein kann oder wo die Elo selbst die Phantasie beflügelten. Ob es wirklich integrationsrelvant ist oder sein kann -das ist zweitrangig und rechtfertigt nicht die mittlerweile ausufernden und übergriffigen Konzeptionen der JC und daraus resultierenden, übergriffigen Ansprüche an den Elo.

Zudem -Was nützt der Mutter von 5 - 10 Kindern solch ein Coaching. Zum Beispiel.  Es nützt nur der Kennzahl der JC Statistik.

CCR

Zitat von: Yasha am 16. August 2022, 16:12:40Das sollten sich die JC aktuell mal selbst fragen. Werden sie aber eher nicht.Denn es mutet beispielsweise schon sehr selbstherrlich an, wenn beispielsweise das JC Offenbach allen Ernstes so ungefähr  4300 Elo ab 2023 in 16i verfrachten will, mittels einer Vorschaltmaßnahme. Davon sollen 65 Prozent Migranten sein. :lachen:
ja und die sollen auch Deutschkure und wie man Einkauft lernen.

Zitat von: HansiHansen am 17. August 2022, 13:02:28Die Meisten scheinen vergessen zu haben wer Hartz4 eingeführt hat.

die sind doch alle weg bis auf Frau Nahles.

Schnuffel01

Zitat von: Yasha am 17. August 2022, 16:46:05Es nützt nur der der Kennzahl der Statistik.
Das reicht doch.  :cool:  Was anderes ist doch sowieso nicht gewollt.
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."   Jean-Claude Juncker

Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.   Marie von Ebner-Eschenbach

Penny

Zitat von: Der Friese am 16. August 2022, 15:29:11Die ganzheitliche Betreuung wird dann auch in den ganzen Marxlohs dieser Republik eingeführt ?

Nix gegen Marxlüh  :grins:

Yasha

Zitat von: derduisburger am 17. August 2022, 17:02:39Nix gegen Marxlüh  :grins:

Falls Dein Username Programm ist,dann läuft bei dem JC da grad aktuell ein Coaching -bis 2024, nennt sich "Stabilisierung der Beschäftigung" -für "Chancenlose"

Entwicklung einer Lebens und Berufsperspektive, gesunde Lebensführung -sinngemäß. Entwicklungsfördernde Beratung und Einzelfallhilfe.

Der Clou: Keine Quoten Vorgabe zur Eingliederung. Teilnahmedauer 3, 6 oder 12 Monate.

Kenne die Konzeption. Meine Meinung;  08/15

Reiner1970

Ich brauche keinen "Coach" der sich in mein Privatleben einmischt und mir vorschreiben will, wie ich dieses zu führen habe

Das beste "Coaching" bringt nichts, wenn es keine geeigneten freien Arbeitsstellen gibt. Letztendlich entscheidet immer noch der Arbeitgeber wen er einstellt

Ottokar

@Yasha
Das ist eine mögliche Interpretation.
Leider kenne ich genügend Fallbeispiele, in denen den Fallmanagern das Mittel einer Zwangsbetreuung gefehlt hat, um ihren Willen durchzusetzen, und es steht leider zu befrüchten, dass ein solches exzessiv genutzt werden wird.
Da erinnere ich mich an Fälle, wo
- das JC Probleme mit dem Wechselmodell bei der Kinderbetreuung hatte,
- Mütter aufgefordert wurden, ihr Kind bereits vor dem 3. LJ fremdbetreuen zu lassen, um wieder aktiv vermittelt werden zu können,
- vermutet wurde, dass der LE einen negativen Lebenswandel führt, uvm.
Um es kurz  zu machen: Überall dort, wo die Eingriffsrechte der JC bislang durch das Gesetz beschränkt sind, steht zu befürchten, dass die "Ganzheitliche Betreuung" als "Leistungen zur Eingliederung" zur Anwendung gebracht wird, z.B. um
- Kunden zu überwachen und auszuspähen, die ein Wechselmodell praktizieren, mit einem Untermieter zusammenwohnen, sich im ersten Jahr einer VuE befinden,
- Leistungsempfänger zu unzulässigen Handlungen zu nötigen, z.B. um Eltern vor dem 3. LJ eines Kindes wieder aktiv zu vermitteln,
uvm.
Es gibt so viele Möglichkeiten, z.B: stellt der Ganzheitliche Betreuer beim Hausbesuch fest, man würde
- sich ungesund ernähren, was sich negativ auf die Allgemeinverfassung und damit Vermittelbarkeit auswirkt,
- die Kinderbetreuung vernachlässigen, oder mit dem Kleinkind nicht klarkommen (=> Jungendamt, Pflicht zur KiTa),
- die Wohnung verlottern lassen, die Hygiene vernachlässigen (neg. Vermittelbarkeit),
- Gegenstände besitzen, die man sich als Leistungsempfänger nicht leisten kann (Verdacht auf Leistungsmissbrauch und Schwarzarbeit),
und das ist nur, was mir spontan einfällt, die Missbrauchsmöglichkeiten sind faktisch grenzenlos und als Leistungsempfänger hat man faktisch keine Möglichkeit der Gegen- oder Abwehr.
Der Ganzheitliche Betreuer hat das beim Hausbesuch festgestellt, wie will man sowas widerlegen?
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Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Reiner1970

"wie will man sowas widerlegen" Indem man solche Typen erst gar nicht in die Wohnung lässt

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_13.html


Ottokar

Zitat von: Reiner1970 am 18. August 2022, 11:43:40"wie will man sowas widerlegen" Indem man solche Typen erst gar nicht in die Wohnung lässt
Das wäre dann ein Verstoß gegen die Pflichten aus dem Kooperationsplan, woraufhin diese als Verwaltungsakt erlassen werden, und die nächste Weigerung, den Ganzheitlichen Betreuer in die Wohnung zu lassen, zieht dann umgehend eine Sanktion nach sich.
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angi

Zitat von: Ottokar am 18. August 2022, 15:01:51Das wäre dann ein Verstoß gegen die Pflichten aus dem Kooperationsplan, woraufhin diese als Verwaltungsakt erlassen werden, und die nächste Weigerung, den Ganzheitlichen Betreuer in die Wohnung zu lassen, zieht dann umgehend eine Sanktion nach sich.

Es muß heißen "würde eine Sanktion nach sich ziehen".
Das würde nur passieren, wenn diese 'Ganzheitliche Betreuung' nicht verfassungsrechtlich unzulässig wäre.
Doch genau das ist sie : verfassungsrechtlich unzulässig.
Kann nicht durchkommen.
Oder wie will man dem Volk erklären, dass alle Armen in Zukunft nicht nur arm sind sondern auch unmündig?

Ottokar

Soll ich jetzt anfangen, Beispiele dafür zu benennen, was seit 2005 gängige Jobcenterpraxis war und ist, obwohl verfassungswidrig?
Einiges davon sogar vom BVerfG verbindlich als solches festgestellt.

Zitat von: angi am 18. August 2022, 15:28:59Oder wie will man dem Volk erklären, dass alle Armen in Zukunft nicht nur arm sind sondern auch unmündig?
Das hat man doch schon längst.
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