Rückzahlung einer Bargeldauslage als Einkommen?

Begonnen von michox, 13. September 2024, 16:54:29

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michox

Hallo Zusammen,

Ich erhalte seit Anfang August Bürgergeld zur Überbrückung bis mein neuer Job anfängt. Ich bin an einem Projekt der Universität Stuttgart beteiligt und musste im Mai aus meinen Ersparnissen etwa 600€ Auslegen um Bauteile zu kaufen, welche ich dann von der Universität zurückforderte. Leider dauerte die Bearbeitung an der Universität sehr lange und ich erhielt die Rückerstattung Anfang August. Ich habe keine nennenswerten Ersparnisse.

Nun sagt die Sachbearbeitung am Jobcenter mir, dass diese 600€, die ich der Universität geliehen und nun zurückerhalten habe, nicht zu meinen Ersparnissen, sondern als ein zu berücksichtigendes Einkommen sind, welches meinen Bedarf mindert. Nach dieser Logik müsste ich ja, wenn ich etwas bei Amazon bestelle und die Bestellung dann wieder zurücksende auch das meinen Bedarf senken? Das kann doch nicht das Gesetz sein? Zumindest in diesen Hinweisen zum SGB XII (ich weiß Bürgergeld ist SGB II) steht, dass eine solche Rückzahlung kein Einkommen ist... (https://www.tacheles-sozialhilfe.de/files/Weisungen/Sozi/2023/Hinweis-zu-82-Abs-1-SGB-XII-Einkommen-Stand-01-2023.pdf)

Ist das rechtens? Wenn nein, auf welche öffentliche Quelle kann ich mich hierzu beziehen?

Mit herzlichen Grüßen

Sheherazade

Hast du die Forderung (Darlehen Universität €600) denn bei Antragstellung auf Bürgergeld angegeben, ich glaube in der Anlage VM hat man die Möglichkeit dazu?
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Ottokar

Die bloße Erstattung von Auslagen ist kein Einkommen. Dazu musst du aber nachweisen können, dass du entsprechende Aufwendungen für Dritte hattest und das sich die Erstattung darauf bezieht.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


michox

Vielen Dank für die Antworten! Leider hat mir die Seite keinen Alarm geschickt obwohl es aktiviert ist...  :sad:

Zitat von: Sheherazade am 13. September 2024, 18:43:46Hast du die Forderung (Darlehen Universität €600) denn bei Antragstellung auf Bürgergeld angegeben, ich glaube in der Anlage VM hat man die Möglichkeit dazu?
Die Antragstellung lief über das Portal in Stuttgart, da gab es keine solche Möglichkeit.

Zitat von: Ottokar am 14. September 2024, 10:21:51Die bloße Erstattung von Auslagen ist kein Einkommen. Dazu musst du aber nachweisen können, dass du entsprechende Aufwendungen für Dritte hattest und das sich die Erstattung darauf bezieht.
Den Nachweis kann ich erbringen. Kann ich die Sachbearbeiterin auf eine öffentliche Quelle verweisen wo das steht? Oder sollte ich formell Einspruch erheben? Der Meinung war ich nämlich auch, aber die Sachbearbeiterin ist der Meinung:

"Einnahmen, die Ihnen zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehen mindern Ihren Bedarf an steuerfinanzierten Sozialleistungen. "

Was schlicht und ergreifend falsch ist wenn man sich das SGBII anschaut, aber einen spezifischen Bezug auf meine Situation habe ich leider nicht gefunden...

malsumis

Bereite Mittel sind halt zur Lebenssicherung zu verwenden.

Sheherazade

Zitat von: michox am 17. September 2024, 15:44:30
Zitat von: Ottokar am 14. September 2024, 10:21:51Die bloße Erstattung von Auslagen ist kein Einkommen. Dazu musst du aber nachweisen können, dass du entsprechende Aufwendungen für Dritte hattest und das sich die Erstattung darauf bezieht.
Den Nachweis kann ich erbringen.

Dann mach das.

ZitatOder sollte ich formell Einspruch erheben?

Gegen was? Hast du schon was schriftliches diesbezüglich?
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michox

Zitat von: Sheherazade am 17. September 2024, 16:04:42
Zitat von: michox am 17. September 2024, 15:44:30
Zitat von: Ottokar am 14. September 2024, 10:21:51Die bloße Erstattung von Auslagen ist kein Einkommen. Dazu musst du aber nachweisen können, dass du entsprechende Aufwendungen für Dritte hattest und das sich die Erstattung darauf bezieht.
Den Nachweis kann ich erbringen.

Dann mach das.

ZitatOder sollte ich formell Einspruch erheben?

Gegen was? Hast du schon was schriftliches diesbezüglich?

Den Nachweis habe ich bereits erbracht. Ja, ich habe den Berechnungsbogen vor mir liegen, dort wird die Rückzahlung als "Sonstiges" unter Einkommen aufgezählt.

Ronald BW

Es ist aber kein Einkommen
Aus dem Vermögen raus und jetzt in das Vermögen rein
Am sparen sollst du ja nicht gehindert werden.

Sheherazade

Zitat von: michox am 17. September 2024, 19:23:44Den Nachweis habe ich bereits erbracht.

In welcher Form, d. h. wie sieht dieser Nachweis aus?
 
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Ottokar

Zitat von: malsumis am 17. September 2024, 15:59:38Bereite Mittel sind halt zur Lebenssicherung zu verwenden.
Das ist so Pauschal ganz klar falsch.

Zitat von: michox am 17. September 2024, 19:23:44Den Nachweis habe ich bereits erbracht. Ja, ich habe den Berechnungsbogen vor mir liegen, dort wird die Rückzahlung als "Sonstiges" unter Einkommen aufgezählt.
Dann lege gegen diesen Bescheid umgehend Widerspruch ein und lege entsprechende Nachweis bei.
Begründung: es handelt sich um die Erstattung von Auslagen.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


michox

Zitat von: Sheherazade am 18. September 2024, 08:51:42
Zitat von: michox am 17. September 2024, 19:23:44Den Nachweis habe ich bereits erbracht.

In welcher Form, d. h. wie sieht dieser Nachweis aus?
 

Die Rückerstattungsanträge, Rechnungen mit der Universität als Rechnungsempfänger sowie Kontoauszüge auf denen der Betrag sichtbar ist.

Zitat von: Ottokar am 18. September 2024, 10:42:04
Zitat von: malsumis am 17. September 2024, 15:59:38Bereite Mittel sind halt zur Lebenssicherung zu verwenden.
Das ist so Pauschal ganz klar falsch.

Zitat von: michox am 17. September 2024, 19:23:44Den Nachweis habe ich bereits erbracht. Ja, ich habe den Berechnungsbogen vor mir liegen, dort wird die Rückzahlung als "Sonstiges" unter Einkommen aufgezählt.
Dann lege gegen diesen Bescheid umgehend Widerspruch ein und lege entsprechende Nachweis bei.
Begründung: es handelt sich um die Erstattung von Auslagen.

okay, werde ich, danke! Kann/soll ich mich auf § 11a Abs. 3 SGB II beziehen? "Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen". Ich würde schreiben "Der Zweck ist ausdrücklich die Rückerstattung von Ersparnissen."

Sheherazade

Zitat von: michox am 18. September 2024, 11:49:58Die Rückerstattungsanträge, Rechnungen mit der Universität als Rechnungsempfänger sowie Kontoauszüge auf denen der Betrag sichtbar ist.

Mit diesen Nachweisen ist es aber anrechenbares Einkommen.

ZitatIch würde schreiben "Der Zweck ist ausdrücklich die Rückerstattung von Ersparnissen."

Das würde nur mit einem Darlehensvertrag funktionieren.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Ottokar

Zitat von: michox am 18. September 2024, 11:49:58Kann/soll ich mich auf § 11a Abs. 3 SGB II beziehen?
Nein.
Rechtsgrundlage ist hier § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II, danach sind vom Einkommen individuell (d.h. auf das jeweilige Einkommen bezogen) "die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben" abzusetzen. Maßgeblich ist dabei der kausale Zusammenhang zwischen Einkommen und Ausgaben.
D.h. hier ist vom Rückerstattungsbetrag der Rechnungsbetrag abzusetzen.
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michox

Zitat von: Ottokar am 18. September 2024, 15:31:48
Zitat von: michox am 18. September 2024, 11:49:58Kann/soll ich mich auf § 11a Abs. 3 SGB II beziehen?
Nein.
Rechtsgrundlage ist hier § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II, danach sind vom Einkommen individuell (d.h. auf das jeweilige Einkommen bezogen) "die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben" abzusetzen. Maßgeblich ist dabei der kausale Zusammenhang zwischen Einkommen und Ausgaben.
D.h. hier ist vom Rückerstattungsbetrag der Rechnungsbetrag abzusetzen.

:danke:   :sehrgut:

Nur bin ich mir fast schon sicher, dass zurückkommt, dass der Zeitpunkt des Zuflusses zählen soll, da ich zum Zeitpunkt der Aussage kein Bürgergeld bezogen habe. Kann man die Aussage zur Kausalität noch irgendwie stützen? Ich würde gerne unnötiges hin und her verhindern da ich das Geld brauche...

Vielen herzlichen Dank schonmal für die tolle Unterstützung hier im Forum :)

Ottokar

Natürlich zählt der Zeitpunkt des Zuflusses, trotzdem sind "die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben" abzusetzen, auch wenn diese länger zurückliegen.
Der Begriff der monatlichen Absetzung aus § 11 SGB II a.F. (neu § 11b Abs. 2 SGB II) bezieht sich nicht auf das Zuflussprinzip, sondern auf den Zeitraum, in dem das Einkommen erarbeitet worden ist (BSG-Urteil vom 17.07.2014, B 14 AS 25/13 R).
Damit muss das JC gemäß § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II die Aufwendungen aus Mai auf denen der Zufluss im August beruht absetzen.

Wenn du im Mai noch kein Bürgergeld bezogen hast, kann man das Ganze auch noch von der Vermögensseite aus angehen.
Durch die Auslagen im Auftrag der Uni ist dir im Mai ein Vermögensschaden entstanden, der im August von der Uni entschädigt wurde. Du hast damit wertmäßig nichts dazu erhalten, da dieser Betrag schon immer zu deinem Vermögen gehörte.
Das Ganze stellt ein zinsloses Darlehen an die Uni dar.
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