Rückzahlung einer Bargeldauslage als Einkommen?

Begonnen von michox, 13. September 2024, 16:54:29

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

michox

Leider kam nun ein negativer Widerspruchsbescheid...

Im Grunde wird der Punkt, das "die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben" abzusetzen sind, komplett ignoriert und nicht in einem einzigen Wort erwähnt. Stattdessen wird darauf beharrt, dass meine Argumentation, dass es eher ein zinsloses Darlehen sei, die einzige Argumentation ist und dieser wird unbegründet widersprochen. Der wesentliche Teil unten in fett.

ZitatDem Widerspruch kann nicht abgeholfen werden, weil der angefochtene Bescheid vom
09.09.2024 rechtmäßig ist und Sie nicht in Ihren Rechten verletzt.
Die Widerspruchsstelle hat die angefochtene Entscheidung geprüft. Anhaltspunkte für eine
falsche Entscheidung sind nicht ersichtlich. Der angefochtene Bescheid entspricht den
gesetzlichen Bestimmungen.
Auf die diesbezügliche Begründung wird verwiesen, Sie wird zum Gegenstand des
Widerspruchsbescheids.
Erklärend wird ausgeführt, dass die Berücksichtigung von Einkommen in S 11 SGB Il geregelt
ist.
(1) IAIs Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach S 1 Ib
abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in S Ila genannten Einnahmen sowie
Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne
dieses Buches zu berücksichtigen sind. 2Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im
Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines
Jugendfreiwilligendienstes zufließen. 3Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch
Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt
dienen. 4Der Kinderzuschlag nach S 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen
dem jeweiligen Kind zuzurechnen. 5Dies gilt auch für das Kindergeld für zur
Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung
des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach S 28, benötigt wird.
(2) IEinnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. 2Dies gilt auch
für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen
Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.
(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung
zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem
Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig
aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden
monatlichenT eilbetrag zu berücksichtigen.
Nach der gesetzlichen Regelung erfolgte die Anrechnung des Einkommens zutreffend. Ihrem
Konto wurde am 02.08.2024 ein Betrag von 653,88 € € gutgeschrieben aus einer Erstattung
der Uni.
Sie hatten hier aus Ihrem monatlichen Einkommen im Mai 2024 Ausgaben getätigt, die Sie
am 02.08.2024 erstattet bekommen haben. Es handelt sich somit weder um ein zinsloses
Darlehen oder Vermögen, sondern eher um vormals geliehenes und nun zurückerhaltenes
Geld aus Ihren monatlichen Zahlungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes.
Zutreffend wurde daher über Ihren Antrag für den Monat August 2024 entschieden.
Der Widerspruch war zurückzuweisen.


Ich schätze der nächste Schritt wäre Klage zu erheben. Hauptsächlich möchte ich es einfach nicht durchgehen lassen, dass man damit durchkommt wenn man nur oft genug sagt "ich habe recht" aber eine echte Begründung zu liefern und die guten Argumente schlichtweg ignoriert...

Ist aber die Frage, ob sich das bei diesem Betrag lohnt. In meiner Situation möchte ich nämlich ungern auf Anwaltskosten sitzen bleiben und wer weiß wie lange sich das zieht.

Was meint ihr?

Ottokar

Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


michox

okay, danke, dann werde ich das in Erwähnung ziehe. Gibt es hier irgendwelche Vorlagen / Hilfestellung die ihr empfehlen könnt?

Rotti

#18
Zitat von: michox am 13. September 2024, 16:54:29Ich bin an einem Projekt der Universität Stuttgart beteiligt und musste im Mai aus meinen Ersparnissen etwa 600€ Auslegen um Bauteile zu kaufen, welche ich dann von der Universität zurückforderte.
Man bezahlt doch nicht 600€ für eine Arbeit die nichs Einbringt ausser man hat VM wo man das Geld Nachweist als Hobby oder Fortbildung und dann auch nur im Bürgergeldbezug.
ZitatSie hatten hier aus Ihrem monatlichen Einkommen im Mai 2024 Ausgaben getätigt, die Sie
am 02.08.2024 erstattet bekommen haben.
Vom Genossen Erich zum Genossen Gerhard auch nicht besser

michox

Zitat von: Rotti am 07. November 2024, 18:27:04
Zitat von: michox am 13. September 2024, 16:54:29Ich bin an einem Projekt der Universität Stuttgart beteiligt und musste im Mai aus meinen Ersparnissen etwa 600€ Auslegen um Bauteile zu kaufen, welche ich dann von der Universität zurückforderte.
Man bezahlt doch nicht 600€ für eine Arbeit die nichs Einbringt ausser man hat VM wo man das Geld Nachweist als Hobby oder Fortbildung und dann auch nur im Bürgergeldbezug.
ZitatSie hatten hier aus Ihrem monatlichen Einkommen im Mai 2024 Ausgaben getätigt, die Sie
am 02.08.2024 erstattet bekommen haben.

Tut mir Leid aber den Kommentar verstehe ich nicht wirklich

Sensoriker

Zitat von: michox am 07. November 2024, 07:06:02Ist aber die Frage, ob sich das bei diesem Betrag lohnt.
Zitat von: Ottokar am 07. November 2024, 11:56:20Beim SG kannst du auch ohne Anwalt klagen.

Es geht hier um 600,-. Ich würde da definitiv klagen.

Besorge dir sonst einen Beratungshilfeschein und besprich das mit einem RA.
Wer sich beim JC nicht wehrt hat schon verloren
Meine Antworten basieren auf eigenen Erfahrungen mit dem JC sowie auf der Lektüre zahlreicher Threads auf diesem (und ein paar anderen) Boards.
Ansonsten halte ich es wie beim Lotto. Alle Antworten ohne Gewähr.

Rotti

#21
Zitat von: michox am 08. November 2024, 10:57:53Tut mir Leid aber den Kommentar verstehe ich nicht wirklich
Du hattest die 600€ ausgegeben von deinem Einkommen wo du nicht im Bürgergeld warst und dein Geld wiederbekommen im Bürgergeldbezug deshalb wird es vom JC als Einkommen gewertet. Das JC hat dir ja schon die 600€ als Ausgaben bestätigt sie wissen also wo das Geld herkommt somit bleibt nur Klage beim SG.
Vom Genossen Erich zum Genossen Gerhard auch nicht besser

michox

Für den Fall dass jemand nochmal über dieses Thema mit einem ähnlichen Problem stolpert, möchte ich noch aufklären wie es ausgegangen ist.

Ich habe beim lokalen Landesgericht Beratungshilfe beantragt und mit einem Rechtsanwalt Klage eingereicht, wobei ich das aber auch selber hätte machen können, denn die Sache war sowohl dem Richter, als auch der Verteidigerin sofort klar. Anscheinend kam eine neue (offensichtlich unqualifizierte) Führungsperson die Anweisungen gegeben hat, dass alle Zuflüsse als Einkommen zu werten sind. :wand:

Die Verteidigerin war auch sichtlich genervt von der Absurdität der Klage, brauchte aber eine offizielle Stellungnahme. Der Richter wollte sich das Gerichtsurteil aber ersparen und so wurde sich auf folgende Erläuterung im Protokoll durch den Richter geeinigt.

Der Vorsitzende weist sodann darauf hin, dass es sich vorliegend erkennbar nicht um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II handeln dürfte. Dieser Begriff setzt notwendiger-weise stets einen wertmäßigen Zuwachs voraus, was im vorliegenden Fall einer vorüber-gehenden Leihe bzw. der Verauslagung von Kosten für den Auftraggeber bzw. Arbeitge-ber und der dann inhaltsgleichen Rückzahlung dieser Ausgaben erkennbar nicht anzu-nehmen ist. Insofern stand dem Kläger im vorliegenden Fall bereits bei der Tätigung der Ausgabe ein entsprechender Rückzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber zu, sodass die dann tatsächlich erfolgte Rückzahlung keinen wertmäßigen Zuwachs und somit keine Einnahme darstellt.
Sollte in entsprechenden Weisungen der Beklagten insofern eine anderweitige Vorge-hensweise vorgeschrieben sein, dürfte diese dem Gesetzeswortlaut und auch der ein-schlägigen Kommentarliteratur sowie der gefestigten Rechtsprechung, in der für die Zu-grundelegung von Einkommen stets auf das Vorliegen eines wertmäßigen Zuwachses abgestellt wird, entgegenstehen. In zeitlicher Hinsicht mag es insofern möglich sein, allein auf den Zufluss von Einkommen abzustellen. Bevor man jedoch den Zeitpunkt des Zu-flusses erörtert, muss zunächst festgestellt werden, dass es sich überhaupt um Einkom-men im dargelegten Sinne handelt.
Dies ist im vorliegenden Fall insofern ausgeschlossen. Zudem ließe sich die von der Be-klagten vorgenommene strikte Anwendung auch ad absurdum führen. Insofern würde beispielsweise eine Rückzahlung aufgrund einer Retoure von Käufen, die der Leistungs-berechtigte im Wege des Fernabsatzes erworben und im Rahmen seines Verbraucher-rückgaberechts zurückgegeben hat, ebenfalls als Einkommen berücksichtigen lassen, was dem Gesetzeszweck in keiner Weise Rechnung tragen würde.

Nach einiger Zeit kam nun dann auch endlich die Zahlung des übrigen Betrags. Ich möchte mich bei euch allen Bedanken und diejenigen ermutigen, die mit solch Absurditäten konfrontiert werden, sich dadurch nicht unterkriegen zu lassen und für eure Rechte einzustehen!

PetraL

Super, michox, das gibt mir den Glauben an die Gerechtigkeit zurück  :ok:  :ok:  :ok:

hko

für mich bleibt die Frage: bezahlt jetzt das JC auch den Rechtsanwalt?

Gruß hko

Ottokar

 :ok:
Offenbar hat, nach Erläuterung der Sach- und Rechtslage durch den Richter, der JC-Vertreter ein Anerkenntnis abgegeben.
(Ja, das JC muss hier die Kosten der Rechtsverfolgung erstatten.)
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.