Sozialgericht Gotha hält Hartz IV Sanktionen für verfassungswidrig

Begonnen von Diskus, 27. Mai 2015, 15:25:32

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Gast9483

Zitat von: Gast36005 am 05. Juni 2015, 11:48:41
Zitat von: Gast9483 am 05. Juni 2015, 03:19:29
Äh, Moment. Für LBs gibt es einen Arbeitszwang, aber diesen Arbeitszwang gibt es nicht? Wow, das ist ja Doppeldenk in Reinkultur!  :schock:
Du irrst. Es gibt keinen Arbeitszwang.
Wurde doch grad erklärt.
Du balancierst von Pflicht über --->Obliegenheit --->zumutbares Angebot aus unwichtigem Grund nicht annehmen--->Pflichtverletzung ---> deswegen Sanktion---> bis zu Zwang.
Du irrst und stürzt ab.
Nein, ich irre nicht! Wenn man für die Nichterfüllung von irgendwelchen Dingen bestraft wird, so ist das Zwang!!!!
Aber immer wieder schön zu sehen wie im schönsten Juristensprech Sachverhalte in sich so verdreht werden, dass sie am Schluss so klingen als würden sie nicht zutreffen!!!  :wand:

Gast22317


Zitat von: Gast9483 am 05. Juni 2015, 15:38:55
Wenn man für die Nichterfüllung von irgendwelchen Dingen bestraft wird, so ist das Zwang!!!! 

... und in diesem Fall wohl auch ein Verstoß gegen internationales Recht:
Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.Dezember 1966
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/ICESCR/icescr_de.pdf

Artikel 6
(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht auf Arbeit an, welches das Recht jedes einzelnen auf die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenommene Arbeit zu verdienen, umfasst, und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz dieses Rechts.

Neulich beim Aufräumen meiner Festplatte wieder gefunden:
Der UN Bericht vom Mai 2011:

No. 19
"Der Ausschuss stellt mit Besorgnis fest, dass Regelungen des Vertragsstaates [Deutschland, DSB] im Rahmen der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe, einschließlich der Auflage für Empfänger von Arbeitslosengeld, jede zumutbare Arbeit' anzunehmen, was in der Praxis als nahezu ,jede Arbeit' ausgelegt werden kann, und der Einsatz von Langzeitarbeitslosen für unbezahlte gemeinnützige Arbeit zu Verstößen gegen die Artikel 6 und 7 des Pakts führen kann. (Art. 6, 7 und 9)

Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass seine Arbeitslosenunterstützungssysteme das Recht des Einzelnen, frei eine Beschäftigung seiner Wahl anzunehmen, sowie das Recht auf gerechtes Entgelt achten."

Gast35753

Zitat von: Gast22317 am 05. Juni 2015, 20:03:41
.... Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass seine Arbeitslosenunterstützungssysteme das Recht des Einzelnen, frei eine Beschäftigung seiner Wahl anzunehmen, sowie das Recht auf gerechtes Entgelt achten."

Und ich dachte, dass ist mit den regelmäßigen Diätenerhöhungen längst umgesetzt  :lachen:

MichaK

Zitat von: Gast22317 am 05. Juni 2015, 20:03:41Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass seine Arbeitslosenunterstützungssysteme das Recht des Einzelnen, frei eine Beschäftigung seiner Wahl anzunehmen, sowie das Recht auf gerechtes Entgelt achten."

und welche Sanktion ist für den Fall vorgesehen, dass der Vertragsstaat der Aufforderung nicht nachkommt?

Gast22317


Gast22317


Auf der Schnelle finde ich nichts.
Steht auch noch als Download zur Verfügung:
http://www.tagesspiegel.de/downloads/4365526/1/UN-Bericht

Werde zu dem Thema bei Gelegenheit mal kräftig googeln.

Gast28527

Wird sich möglicherweise auch nichts finden lassen. Bisher lässt sich internationales Recht im Nationalstaat nicht einfordern. Deswegen schauen auch viele EU Bürger immer wieder nach Griechenland. Da ist die Frage: Entweder wird Griechenland sich der Troika ergeben, oder es werden in ganz EU neue Sozialstandart –zumindest Schrittweise erstellt, wenn man nicht gar letztlich den EU Austritt der Griechen will.  :zwinker:

Gast35753

Zitat von: Gast28527 am 06. Juni 2015, 09:25:22
Wird sich möglicherweise auch nichts finden lassen. Bisher lässt sich internationales Recht im Nationalstaat nicht einfordern. ...
Es kommt darauf an. Wenn Du Weltpolizist Obama überzeugst, rollen wieder die German Tanks Richtung Elbe :schock:

Orakel

Ich habe bislang selten solch einen Schwachsinn gelesen!!!

Gast35753

Zitat von: Orakel am 06. Juni 2015, 09:38:48
Ich habe bislang selten solch einen Schwachsinn gelesen!!!
Wenn ein UN-Beschluss beknackt ist, dann ist die Sichtweise zwar in Deutschland systemkonform, ändert aber nichts an der Tatsache, nachzulesen selbst in den Urteilen des BVerfG, dass in Deutschland eiskalt Menschenrecht gebrochen wird!

AlterGaul

Zitat von: Gast35753 am 06. Juni 2015, 09:46:01
Wenn ein UN-Beschluss beknackt ist, dann ist die Sichtweise zwar in Deutschland systemkonform, ändert aber nichts an der Tatsache, nachzulesen selbst in den Urteilen des BVerfG, dass in Deutschland eiskalt Menschenrecht gebrochen wird!

Dann gebe doch mal bitte diesbezüglich Quellen und Beweise an.
Wo wird in Deutschland bestätigtes Menschenrecht gebrochen? Bitte Urteile mit Aktenzeichen.
"The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants."
Thomas Jefferson

Gast18959

ECLI:DE:BVerfG:2012:ls20120718.1bvl001010

L e i t s ä t z e

zum Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2012

- 1 BvL 10/10 -
- 1 BvL 2/11 -

    Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantiert ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfGE 125, 175). Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht. Er umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.
http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20120718_1bvl001010

§ 31a
Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Bei der ersten wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Arbeitslosengeld II um 60 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 entfällt das Arbeitslosengeld II vollständig.

http://dejure.org/gesetze/SGB_II/31a.html

Hier wird das höchstrichterlich festgestellte Menschenrecht auf gesicherte Existenz an Pflichterfüllung und Wohlverhalten gekoppelt.
Ein Menschenrecht kann aber nicht eingeschränkt werden, es entfaltet immer und vollständig Rechtskraft.

:sleep:



Gast2063

Hier wird das höchstrichterlich festgestellte Menschenrecht auf gesicherte Existenz an Pflichterfüllung und Wohlverhalten gekoppelt.

Ich bezeichne das als ein Verbrechen!

Gast36005

Zitat von: Gast9483 am 05. Juni 2015, 15:38:55
Nein, ich irre nicht! Wenn man für die Nichterfüllung von irgendwelchen Dingen bestraft wird, so ist das Zwang!!!!
Nö, dann ist das eine Pflichtverletzung. Und auch nur, wenn man das ohne wichtige Gründe tut.
Aber du kannst gern Zwang dazu sagen.
Nicht die Juristen hier oder anderswo, sondern der Gesetzgeber hat eben die Pflichterfüllung <---> Pflichtverletzung gesehen und die Konsequenz ins Gesetz geschrieben.
Zwang/Zwingen geht NICHT---was geht, ist Nichtgewährung von Leistungen.

Die Sachverhalte verdrehst du, weil du einfach dabei bleiben willst, es sei Zwang.

@H4Opfer
Das Pochen auf Einhaltung von Gesetzen als Gegenleistung für Sozialleistungen---sei ein Verbrechen??
Guten Morgen: Das BGE ist noch nicht eingeführt.

Wie hoch hat das BVerG das menschenwürdige Ex-minimum beziffert?


Gast2063

Das Pochen auf Einhaltung von Gesetzen als Gegenleistung für Sozialleistungen---sei ein Verbrechen??

Unterlasse deine Umdeutungen, wie du genau weißt bezog ich mich exakt hierauf:
,,Hier wird das höchstrichterlich festgestellte Menschenrecht auf gesicherte Existenz an Pflichterfüllung und Wohlverhalten gekoppelt."

Menschenrecht ist für mich nicht verhandelbar - daher wie schon geschrieben - die Koppelung in diesem Kontext ein Verbrechen.
Das meine ich genau so und nicht anders. Ob es dir gefällt oder nicht.