Bitte freundlich um Hilfe bei Eingliederungsvereinbarung

Begonnen von so-so, 28. Dezember 2021, 11:48:52

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so-so

Hallo,

ich hab heute Morgen dieses Schreiben aufgesetzt und via Einschreibebrief zur Post gebracht.

Jetzt bin ich gespannt, wie die Sachbearbeiterin darauf reagiert  :weisnich:

Ich hoffe, ich habe es einigermaßen gut hinbekommen und mich verständlich gemacht,- nämlich erst Untersuchung und danach ggf. die Eingliederungsvereinbarung.
Ziemlich sicher bin ich mir, dass ihr das Schreiben noch besser hinbekommen hättet,- ich bin aber schon froh, daß ich das überhaupt hingekriegt habe.
Hätte ich nicht geschafft, ohne eure wertvolle Unterstützung...und deshalb... ein aufrichtiges Dankeschön an euch ! :sehrgut:

Jetzt liegt der Ball beim Jobcenter...und wenn ich hierzu wieder Nachricht erhalte,- werde ich es euch wissen lassen  :grins:

Bis dahin...liebe Grüße an euch :flag:

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Gast32644

Zitat von: vanessa am 29. Dezember 2021, 15:23:04
Zitat von: Gast32644 am 29. Dezember 2021, 10:01:50Also gibt es auch eine Vorgeschichte
Vermutlich schon, trotzdem kann man Änderungen an der EGV vorschlagen.
Die Aktuelle kann man eh nicht Unterschreiben, weil falsches Datum genannt wurde, was ja gut für @TE ist ;-)

Möglich auch, es ist schon mal Post nicht angekommen, daher der Satz mit dem Briefkasten.
Welcher aber für TE keinerlei Bedeutung haben dürfte.
(er kann ja kaum einen Sicherheitsdienst zur Überwachung beauftragen)

Du hast mich bezüglich der Vorgeschichte falsch verstanden:

Die TE schreibt, dass sie chronisch krank ist, dazu zählt auch eine lange zurückliegende Sportverletzung. D.h. dass bereits bei ihrer 1. EGV grobe Fehler gemacht wurden, weil nicht feststeht, ob sie überhaupt arbeitsfähig ist.

Deshalb hab ich nach der Vorgeschichte gefragt. Das kann doch nicht sein, dass erst in der 2. oder 3. EGV auffällt, dass sich bisher niemand um ihre Gesundheit/Arbeitsfähigkeit gekümmert hat.

Frogger

Zitat von: Ottokar am 29. Dezember 2021, 16:18:44Wird das JC daraufhin nicht tätig, sollte man unter Verweis auf die gesetzliche Pflicht lt. § 44a SGB II das JC (gegebenenfalls unter Fristsetzung) dazu auffordern, Umfang und Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit festzustellen bzw. feststellen zu lassen.
Wenn doch aber der § 44a keine eigene Anspruchsgrundlage bietet, geht doch auch die Fristsetzung ins Leere, da der SB diese getrost ignorieren kann. Im Zusammenhang mit einer Fristsetzung könnte die Androhung einer Beschwerde aber nützlich sein. Vor allem bei gemeinsamen Einrichtungen in Verbindung mit der FW zum § 15, kann dies durchaus zum Erfolg führen. In Anwesenheit eines Beistandes kann man die Teamleitung bitten hinzuziehen. Kommt alles auf die Situation an.
Zitat von: Ottokar am 29. Dezember 2021, 16:18:44Es bietet sich an, dies als Inhalt einer EinV zu fordern, wenn das JC sich quer stellt.
Die Feststellung der Leistungsfähigkeit ist doch Teil der Potenzialanalyse. Die Potenzialanalyse selbst kann doch nicht durch die EinV geregelt werden.
Zitat von: Ottokar am 29. Dezember 2021, 16:18:44Man kann auch jederzeit selbst bei der Rentenversicherung eine solche Feststellung veranlassen, indem man dort einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung stellt.
Absolut, nur wenn man die Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt, lässt die Rentenversicherung auch nicht begutachten.

Zitat von: Ottokar am 29. Dezember 2021, 16:18:44Das sozialmedizinische Gutachten ist zwar kein Verwaltungsakt, insofern kann man nicht im sozialrechtlichen Sinn Widerspruch einlegen, jedoch kann man den darin gemachten Feststellungen sehr wohl widersprechen.
Man kann widersprechen, aber nur im Sinne vom Ausdruck der Unzufriedenheit. Wirksam widersprechen im Sinne eines Rechtsbehelfs kann man nicht.

Zitat von: Ottokar am 29. Dezember 2021, 16:18:44Und auch der Leistungsbezieher kann den Feststellungen widersprechen, z.B. mit gegensätzlichen Darstellungen und ärztlichen Attesten.
Den Feststellungen als solches kann man nicht widersprechen.

Zitat§ 44a SGB II regelt interne Entscheidungsprozesse der SGB II-Leistungsträger und anderer Sozialleistungsträger. Die nach dieser Vorschrift zu treffenden Feststellungen sind nur Elemente der Bewilligungsentscheidung. Sie stellen gegenüber dem Leistungsberechtigten keine Verwaltungsakte dar und sind nicht selbstständig anfechtbar. Mangels Rechtsschutzbedürfnis wäre auch eine Feststellungsklage unzulässig. Rechtsbehelfe des Leistungsberechtigten können sich nur gegen den Leistungs- bzw. Ablehnungsbescheid insgesamt richten.

30Auch im Innenverhältnis der Leistungsträger stellt die jeweilige Feststellung keinen Verwaltungsakt dar. Im Gesetz (§ 44a SGB II) sind Bindungswirkungen und Widerspruchsmöglichkeiten der beteiligten Träger untereinander abschließend geregelt.
Oestreicher/Schumacher SGB II § 44a Rn. 29, 30

Man kann aber den Verwaltungsakten widersprechen, die aufgrund der fehlerhaften Feststellung ergehen. So kann man einem EinV-VA widersprechen und am Ende durch das Sozialgericht die Leistungsfähigkeit prüfen lassen. Dort sogar den Arzt des ÄD anhören lassen.

Gegensätzliche Darstellungen kann man gegenüber dem ÄD erklären, fraglich ist aber, ob er dies berücksichtigt und seine Stellungnahme ändert. Man hat im Widerspruchsverfahren aber erneut die Möglichkeit darauf hinzuweisen oder anzuregen, dass eine nochmalige Feststellung durchgeführt wird, weil Atteste nicht berücksichtigt wurden oder offensichtlich falsch interpretiert wurden etc.. Nur auch darauf besteht kein eigenhändiger Anspruch.

Nur wie nackig macht man sich dann gegenüber seinem SB, um seine Entscheidung zu beeinflussen. Dass er eine nochmalige Feststellung beauftragt, scheint doch sehr fragwürdig.
Spätestens das Sozialgericht wird im Klageverfahren eine Begutachtung veranlassen.

Die Feststellung der Leistungsfähigkeit/Erwerbsfähigkeit/Hilfebedürftigkeit habe ich als größten Mist erlebt. Man kann letztendlich nur über Umwege was erreichen und ist rein Sozialrechtlich recht gearscht. Ich habe es schon erwähnt, mir gegenüber hat der Richter beim Sozialgericht beim Erörterungstermin in der Sache einer Untertätigkeitsklage (Antrag auf Feststellung nach §44a) sehr offen geredet und deutlich gemacht, dass ich keine Möglichkeit habe, das Jobcenter zu einer Feststellung nach §44a zu bewegen. Ich selbst gegen die Feststellung als solche nicht vorgehen kann.

Wie gesagt, ich möchte hier niemandem auf die Füße treten. Ich bin neu hier und komme mit neuen Ansätzen daher. Ich  hoffe sehr, dass in meiner Wortwahl entsprechender Respekt auch ersichtlich ist. Ich hab in dem Bereich nur über zu viele Jahre so einiges mitgemacht, bin nicht auf Krawall gegen das JC gebürstet und würde gerne mein Wissen teilen und würde mich freuen, wenn gerade die alten Hasen meine Ansätze überprüfen und für sich übernehmen können.

Zitat von: so-so am 29. Dezember 2021, 20:00:08ich hab heute Morgen dieses Schreiben aufgesetzt und via Einschreibebrief zur Post gebracht.
Schön dass du bereit bist 3 Stunden am Tag zu arbeiten^^ Bei den drei Stunden geht es um die Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 SGB II. Ansonsten gepfeffertes Schreiben und mal sehen wie der Ball nun zurückkommt.

Zitat von: Gast32644 am 29. Dezember 2021, 20:04:20Die TE schreibt, dass sie chronisch krank ist, dazu zählt auch eine lange zurückliegende Sportverletzung. D.h. dass bereits bei ihrer 1. EGV grobe Fehler gemacht wurden, weil nicht feststeht, ob sie überhaupt arbeitsfähig ist.
Wenn tatsächlich bereits in der ersten EinV diese groben Fehler gemacht wurden un dieser als VA ergangen ist, dann wäre das wirklich gut zu wissen.

Ottokar

Zitat von: Frogger am 29. Dezember 2021, 20:41:52Wenn doch aber der § 44a keine eigene Anspruchsgrundlage bietet, geht doch auch die Fristsetzung ins Leere, da der SB diese getrost ignorieren kann.
Könnte sie, dann könnte man aber diese Pflicht mittels Klage beim SG einfordern, denn die Feststellung nach § 44a SGB II ist eine einklagbare gesetzliche Pflichtleistung.

Zitat von: Frogger am 29. Dezember 2021, 20:41:52Die Feststellung der Leistungsfähigkeit ist doch Teil der Potenzialanalyse. Die Potenzialanalyse selbst kann doch nicht durch die EinV geregelt werden.
Das ist richtig, jedoch interessiert das die allermeisten JC nicht, diese bestehen trotzdem auf einer EinV, wieso also sollte man das dann nicht nutzen?

Zitat von: Frogger am 29. Dezember 2021, 20:41:52Absolut, nur wenn man die Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt, lässt die Rentenversicherung auch nicht begutachten.
Jein.
Im Antrag gibt es ein Feld (Nr. 10.5.1 "Liegt der Antragstellung eine Aufforderung der Agentur für Arbeit oder eines Jobcenters zugrunde?"), wo man ankreuzen kann, dass das JC zur Antragstellung aufgefordert hat. In diesen Fällen erfolgt aufgrund § 109a SGB VI auch dann eine Begutachtung, wenn die sonstigen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt sind.

Zitat von: Frogger am 29. Dezember 2021, 20:41:52Den Feststellungen als solches kann man nicht widersprechen.
Natürlich kann man das, habe ich selbst in den letzten Jahren mehrfach erfolgreich getan.
In einem Fall hat der äD daraufhin sein Ergebnis komplett geändert (von "uneingeschränkt erwerbsfähig" in "vorr. mehr als 6 Monate voll erwerbsgemindert"). In einem weiteren Fall wurde die RV beauftragt und statt der vom äD festgestellten vollschichtigen Erwerbsfähigkeit stellte diese gutachterlich eine dauerhafte volle Erwerbsminderung fest.
Um mal zwei Beispiele zu nennen.

Zitat von: Frogger am 29. Dezember 2021, 20:41:52Man hat im Widerspruchsverfahren aber erneut die Möglichkeit darauf hinzuweisen oder anzuregen, dass eine nochmalige Feststellung durchgeführt wird, weil Atteste nicht berücksichtigt wurden oder offensichtlich falsch interpretiert wurden etc.. Nur auch darauf besteht kein eigenhändiger Anspruch.
Auch das ist ein Irrtum.
Dieser Anspruch resultiert aus der Pflicht des JC gemäß § 44a SGB II i.V.m. den Richtlinien der RV für sozialmedizinische Gutachten.
Denn solange inhaltliche Widersprüche bestehen, wurde die tatsächliche Erwerbsfähigkeit nicht festgestellt und das JC hat seine diesbezügliche Pflicht noch nicht erfüllt.
Hinzu kommt, dass unzutreffende Gutachten falsche Gesundheitszeugnisse i.S.d. Strafgesetzbuches sind.
Es gibt also sehr wohl Mittel und Wege.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Kopfbahnhof

Zitat von: Gast32644 am 29. Dezember 2021, 20:04:20hast mich bezüglich der Vorgeschichte falsch verstanden
Nicht unbedingt, weil es sicher eine gibt, auf die gesamte Situation.

Darum war mein Tipp es auch mal bei der RV mit einer EM Rente zu Versuchen.
Da wäre das JC erst mal komplett raus, so lange der Antrag dort bearbeitet wird.

Frogger

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 09:39:32Könnte sie, dann könnte man aber diese Pflicht mittels Klage beim SG einfordern, denn die Feststellung nach § 44a SGB II ist eine einklagbare gesetzliche Pflichtleistung.
Sah der Richter beim Sozialgericht anders. Als Kläger ist man nur beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Die § Feststellung nach § 44a ist weder eine Ermessens- noch eine Pflichtleistung  keine eigene Anspruchsgrundlage bietet, kann er auch keine einklagbare Leistung sein. Durch die Unterlassung eine Feststellung nach § 44a herbeizuführen, ist man per se nicht beschwert. Nur in Verbindung mit einem VA. Genau hier liegt doch der Hase begraben. Wenn das alles tatsächlich möglich wäre, würden viele LB diese Möglichkeit missbrauchen.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 09:39:32Das ist richtig, jedoch interessiert das die allermeisten JC nicht, diese bestehen trotzdem auf einer EinV, wieso also sollte man das dann nicht nutzen?
Der Inhalt der Eingliederungsvereinbarung richtet sich nach den in § 15 Abs. 2 S. 1 SGB II genannten, für die Eingliederung erforderlichen Leistungen. Es geht also auch  hier mal wieder um Leistungen. Selbst wenn die Vorstellung beim ÄD geregelt als Pflicht des JC geregelt sein sollte, hat man dennoch keinen Rechtsanspruch. Was ich aber habe ist eine Eingliederungsvereinbarung, in der nicht nur dieser Part geregelt ist. Die ärztliche Untersuchung ist notwendig für die Potenzialanalyse. Am Ende geht es um die EinV-VA vor dem Sozialgericht oder wie in meinem eigenen Fall wird einfach keine neue EinV abgeschlossen. Ohne die EinV bin ich rechtlich besser gestellt. Kann Bewerbungskosten beantragen, kann Eingliederungsmaßnahmen beantragen, Schuldnerberatung, Psychosoziale Beratung usw.. Alles, was innerhalb einer EinV geregelt wird, kann ich so auch beantragen.
Stellenangebote mit Rechtsfolgebelehrung,  Maßrahmenzuweisungen etc. führt alles wieder ins Widerspruchsverfahren, wo es immer wieder um die Feststellung der Leistungsfähigkeit geht. Gerade bei der eingeschränkten Leistungsfähigkeit fahre ich mit der Schiene doch extrem gut. Wenn immer wieder neue Angebote oder Zuweisungen kommen, ist die Fach- oder Dienstaufsichtsbeschwerde in Verbindung mit einer Äußerung der Besorgnis der Befangenheit ein adäquates Mittel, um so zu nerven, dass entweder endlich eine Feststellung erfolgt oder keine Angebote mehr kommen.
Wenn man von der eigenen vollen Erwerbsminderung ausgeht, sollte man auch nochmals eine andere Strategie fahren.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 09:39:32In diesen Fällen erfolgt aufgrund § 109a SGB VI auch dann eine Begutachtung, wenn die sonstigen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt sind.
Ich denke auch hier irrst du. Der § 109a SGB VI regelt, dass die Begutachtung im Widerspruchsfall nach § 44a Abs. 1 SGB II durch den Rentenversicherungsträger erfolgt. Also erfolgt die Begutachtung nur, wenn die einer der genannten Stellen Widerspruch einlegt. Das gesetzte Kreuz informiert nur über die Tatsache, dass man aufgefordert wurde. Es löst auch nicht aus, dass der Rentenversicherungsträger nichts selbst die Voraussetzungen für die Erwerbsminderung überprüft und danach entscheidet eine Begutachtung durchzuführen.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 09:39:32Natürlich kann man das, habe ich selbst in den letzten Jahren mehrfach erfolgreich getan.
Du hast aber keinen Rechtsanspruch darauf, dass der ÄD deine Nachträge und Einwände berücksichtigt. Eine Widerspruchsmöglichkeit im rechtlichen Sinne hast du nicht. Bei deinem geschilderten Fall gehe ich mal von einer offensichtlichen Fehleinschätzung aus. In Verbindung mit deiner deutlichen Argumentation kann sowas natürlich auch helfen. Nur wer kann denn schon so argumentieren? Wer hat denn die Chance auf entsprechende Wortakrobatik zurückzugreifen? Was mich tatsächlich interessieren würde, wie du es geschafft hast, dass der ÄD die RV mit der Begutachtung beauftragt hat und ob das nur in besonderen Fällen oder aber allg. umsetzbar ist. Ob dies nur beim Verdacht auf voller Erwerbsminderung oder eben schon bei Einschränkungen möglich ist. Worum es ja hier im Thread geht.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 09:39:32Dieser Anspruch resultiert aus der Pflicht des JC gemäß § 44a SGB II i.V.m. den Richtlinien der RV für sozialmedizinische Gutachten.
Ich denke auch hier irrst du. Aus dem Widerspruchsverfahren des Leistungsempfängers bzgl. eines beschwerten VA aufgrund der fehlerhaften Feststellungen nach § 44a SGB II resultiert keine Pflicht den Rentenversicherungsträger mit der Begutachtung zu beauftragen. Diese Pflicht nach § 44a Absatz 1 Satz 4 und 5 resultiert nur im Widerspruchsfall der nach § 44a Absatz 1 Satz 1 genannten Stellen.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 09:39:32Denn solange inhaltliche Widersprüche bestehen, wurde die tatsächliche Erwerbsfähigkeit nicht festgestellt und das JC hat seine diesbezügliche Pflicht noch nicht erfüllt.
Solange keiner der in Absatz 1 genannten Stellen widerspricht, gilt das von der Agentur für Arbeit festgestellte.
Anders natürlich, wenn im Rahmen einer Rehamaßnahme etc. oder einem Antrag auf Erwerbsminderungsrente der Rentenversicherung zu einem anderen Ergebnis gelangt.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 09:39:32Hinzu kommt, dass unzutreffende Gutachten falsche Gesundheitszeugnisse i.S.d. Strafgesetzbuches sind.
Jetzt weiß ich aber schon mal wie du wohl beim ÄD argumentiert hast. Den Part habe ich tatsächlich noch nicht berücksichtigt. Nur muss der Fehler des ÄD dann sehr offensichtlich sein.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 09:39:32Es gibt also sehr wohl Mittel und Wege.
Ja, natürlich. Nur muss man in aller Regel die Sache über Umwege erreichen, weil es leider keinen direkten Weg gibt.
Bei Leistungsbezieher bei einer Optionskommune kommen nochmals ganz andere Dinge hinzu, denn eigentlich soll dort ja die Feststellung direkt durch die RV erfolgen, wird aber auch sehr oft mit dem eigenen Vertragsarzt umgegangen.

Es kommt also auf den individuellen Fall an. Ich hoffe weiterhin du fühlst dich nicht auf die Füße getreten. In Textform können Dinge auch ungewollt aggressiv oder anmaßend erscheinen.
Ich bin bei der Sache auf einen sehr verständnisvollen Richter gestoßen und er hat mir gesagt, dass er nach Umdeutungsmöglichkeiten gesucht hat und es keine Konstellation gibt in der er das JC zu einer eigenständigen Feststellung nach § 44a verpflichten könnte.

Zitat von: vanessa am 30. Dezember 2021, 15:40:35Darum war mein Tipp es auch mal bei der RV mit einer EM Rente zu Versuchen. Da wäre das JC erst mal komplett raus, so lange der Antrag dort bearbeitet wird.
Warum sollten durch diesen Antrag die Eingliederung in Arbeit des JC gehemmt werden? Solange das Jobcenter selbst von einer vollen Leistungsfähigkeit ausgeht, dürfte da nichts ruhen und die SB hier will den TE offensichtlich einfach nur so schnell wie möglich loswerden. Ohne großartig eigene Arbeit zu leisten.

Kopfbahnhof

Zitat von: Frogger am 30. Dezember 2021, 16:36:02Warum sollten durch diesen Antrag die Eingliederung in Arbeit des JC gehemmt werden?
Ich meinte einen Antrag auf EM Rente, weil da eben erst mal die Erwerbsfähigkeit festgestellt werden muss.
So lange dies nicht klar ist, muss das JC die Füße still halten.

Ottokar

Zitat von: Frogger am 30. Dezember 2021, 16:36:02Sah der Richter beim Sozialgericht anders.
Selbstverständlich handelt es sich bei § 44a SGB II um eine gesetzliche Pflichtleistung.
Bitte mal das Aktenzeichen zur Prüfung, danke.

Zitat von: Frogger am 30. Dezember 2021, 16:36:02Der Inhalt der Eingliederungsvereinbarung richtet sich nach den in § 15 Abs. 2 S. 1 SGB II genannten, für die Eingliederung erforderlichen Leistungen.
In § 15 SGB II werden klar erkennbar keine Leistungen genannt und gemäß §§ 53 ff SGB X besteht auf die in einer EinV vereinbarten Leistungen ein einklagbarer Rechtsanspruch.

Zitat von: Frogger am 30. Dezember 2021, 16:36:02Ich denke auch hier irrst du. Der § 109a SGB VI regelt, dass die Begutachtung im Widerspruchsfall nach § 44a Abs. 1 SGB II durch den Rentenversicherungsträger erfolgt.
§ 109a Abs. 3 SGB VI regelt, dass die RV eine gutachterliche Stellungnahme zu § 44a SGB II abgibt. Nicht geregelt wird indes, dass zuvor ein Widerspruch gegen eine anderstlautende Entscheidung des äD der AfA ergangen sein muss.
Die RV kann sehr wohl auch ohne das zuvor der äD der AfA eingeschalten wurde, auf Ersuchen des JC eine gutachterliche Stellungnahme abgeben.
Außerdem sollte man der Weitergabe von Daten des äD, AfA oder JC an die RV widersprechen.

Zitat von: Frogger am 30. Dezember 2021, 16:36:02Du hast aber keinen Rechtsanspruch darauf, dass der ÄD deine Nachträge und Einwände berücksichtigt.
Darum geht es auch gar nicht, sondern um den Fakt, dass bei widersprüchlichen medizinischen Daten eine Feststellung nach § 44a SGB II de facto nicht erfolgt ist.
Genau darauf basiert die von dir genannte Verteidigung im Widerspruchs- und Klagefall gegen einen unter Bezug auf ein unzutreffendes sozialmed. Gutachten erlassenen Verwaltungsakt.

Zitat von: Frogger am 30. Dezember 2021, 16:36:02Ich denke auch hier irrst du.
Wie schon geschrieben handelt es sich bei § 44a SGB II um eine gesetzlich geregelte Pflicht des JC und jede gesetzlich geregelte Pflichtleistung ist einklagbar, sobald die Vorausssetzungen dafür gegeben sind.

Zitat von: Frogger am 30. Dezember 2021, 16:36:02Solange keiner der in Absatz 1 genannten Stellen widerspricht, gilt das von der Agentur für Arbeit festgestellte.
Nur für JC und AfA. Jedoch darf ein SB eine Entscheidung nicht auf ein sozialmed. Gutachten stützen, wenn dieses erkennbar falsch ist, weil anderstlautende fachärztliche Gutachten vorliegen.
Und fertigt die RV ein Gutachten, gilt dieses.

Zitat von: Frogger am 30. Dezember 2021, 16:36:02Jetzt weiß ich aber schon mal wie du wohl beim ÄD argumentiert hast.
So habe ich weder beim äD noch der RV argumentiert, da standen mir wesentlich wirksamere Argumente zur Verfügung.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Frogger

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 19:28:16Bitte mal das Aktenzeichen zur Prüfung, danke.
Da keine Entscheidung aufgrund meiner Rücknahme erfolgte und ich diese Hinweise beim Erörterungstermin erhalten habe, kann ich dir hierfür nichts Schriftliches geben. Die Hinweise decken sich aber mit der Literatur. Wo diesbezüglich auch keinerlei Abweichende Feststellungen getroffen werden. author=Ottokar am 30. Dezember 2021, 19:28:16]In § 15 SGB II werden klar erkennbar keine Leistungen genannt und gemäß §§ 53 ff SGB X besteht auf die in einer EinV vereinbarten Leistungen ein einklagbarer Rechtsanspruch.[/quote]
Zitat(2) Die Agentur für Arbeit soll im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person unter Berücksichtigung der Feststellungen nach Absatz 1 die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). In der Eingliederungsvereinbarung soll bestimmt werden,)
Es geht also um die Regelung von Eingliederungsleistungen, für die der SB einen Ermessensspielraum hat.
ZitatDie Prüfung der Leistungsberechtigung nach den §§ 7, 8 SGB II als solche kann nicht in einer EGV geregelt werden.
Plagemann, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht Rn. 336

ZitatGegenstand der Eingliederungsvereinbarung können nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 nur die für die Eingliederung in Arbeit erforderlichen Leistungen nach dem Kap. 3 Abschnitt 1 sein. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff.) dürfen nicht mit einbezogen werden.
Münder/Geiger, SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende, Rn 32
ZitatDie Erwerbsfähigkeit selbst ist Voraussetzung einer Eingliederungsvereinbarung, so dass die Vorfrage, ob überhaupt Erwerbsfähigkeit vorliegt, und hierauf bezogene Obliegenheiten (zB zur Wahrnehmung von Untersuchungsterminen) nicht Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung sein dürfen
Münder/Geiger, SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende, Rn 33

Auch der einklagbare Rechtsanspruch schadet aus, da nach § 53 Abs. 2 SGB X ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen nur geschlossen werden kann, soweit die Erbringung der Leistung im Ermessen des Leistungsträgers steht. Ich gehe davon aus, dass es bei der Feststellung nach § 44a weder um eine Ermessens- noch um eine Pflichtleistung handelt. Du gehst zudem davon aus, dass es sich um eine Pflichtleistung handelt. Da es keine Ermessensleistung, wäre dies also definitiv nicht einklagbar, weil zumindest dieser Teil des Vertrages nichtig wäre.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 19:28:16§ 109a Abs. 3 SGB VI regelt, dass die RV eine gutachterliche Stellungnahme zu § 44a SGB II abgibt. Nicht geregelt wird indes, dass zuvor ein Widerspruch gegen eine anderstlautende Entscheidung des äD der AfA ergangen sein muss.
Ich würde schon sagen, dass genau dies dort geregelt ist. Der § 109a Abs. 3 regelt, dass ein Gutachten nach § 44a Absatz 1 Satz 5 zu erstellen ist. Satz 4 regelt abschließend, dass das Gutachten im Widerspruchsfall einzuholen ist und Satz 5 regelt, wer das Gutachten anfertigt. Damit ist der Widerspruchsfall die Voraussetzung für gutachterliche Stellungnahme.

So auch:
ZitatGrundlage für die Widerspruchsentscheidung ist nach Abs. 1 Satz 4 eine von der AA einzuholende gutachterliche Stellungnahme. Diese erstellt nach Satz 5 der nach § 109 a Abs. 4 SGB VI zuständige Träger der Rentenversicherung, dh bei Versicherten der Träger der Rentenversicherung, der für die Erbringung von Leistungen zuständig ist, und bei sonstigen Personen der Regionalträger, der für den Sitz des Trägers der Sozialhilfe zuständig ist (§ 109 a Abs. 4 SGB VI).
Münder/Geiger, SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende, Rn 18

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 19:28:16Wie schon geschrieben handelt es sich bei § 44a SGB II um eine gesetzlich geregelte Pflicht des JC und jede gesetzlich geregelte Pflichtleistung ist einklagbar, sobald die Vorausssetzungen dafür gegeben sind.
Dann sei so gut und nenne mir die Klageart, mit der du dies einklagen würdest. Wenn dies möglich wäre, dann bräuchten sich niemand mehr mit dem SB rumquälen um die Feststellung zu erreichen.

Zitat von: Ottokar am 30. Dezember 2021, 19:28:16Nur für JC und AfA. Jedoch darf ein SB eine Entscheidung nicht auf ein sozialmed. Gutachten stützen, wenn dieses erkennbar falsch ist, weil anderstlautende fachärztliche Gutachten vorliegen.
Dafür müsste der SB eine medizinische Ausbildung haben. In die anderslautenden fachärztlichen Gutachten hat der SB zudem kein Einsichtsrecht. Müsste diese sogar ungelesen an den ÄD weiterleiten. Eine solche Feststellung obliegt dem SB nicht. Außerdem kann aus einer fachärztlichen Einschätzung nicht auf eine ebensolche sozialmedizinische Einschätzung geschlossen werden. Würde man dem SB solche Rechte unterbreiten, dann wäre der Leistungsbezieher am A****.

Ottokar

#39
Was in eine EinV darf und was nicht, ist mir durchaus bekannt, dazu benötige ich keine Kommentierungen. Der entscheidende Punkt ist aber, dass die allermeisten JC sich nicht daran halten - warum also sollte man das nicht selbst nutzen. Hier geht es allein um die Praxis beim JC.
Schafft man es, das die Prüfung der Erwerbsfähigkeit in die EinV aufgenommen wird, wird das JC dies auch tun.
Ich kenne keinen Fall, in dem das JC sich trotz dieser Regelung in einer EinV geweigert hat, die Erwerbsfähigkeit feststellen zu lassen. Und selbst wenn es so weit kommen würde, hätte man als Leistungsbezieher gute Chancen, denn für fehlerhafte Inhalte haftet allein das JC, während sich der Leistungsbezieher auf Treu und Glauben berufen kann was bedeutet, dass das JC durchaus zu einer Leistung verurteilt werden kann, die zwar nicht Inhalt einer EinV sein darf, auf die der Leistungsbezieher jedoch trotzdem einen Anspruch hat, sei es ein genereller gesetzlicher oder ein aus einer vertraglich vereinbarten und erbrachten Gegenleistung resultierender.
Es ist also i.d.R. weder erforderlich, die Leistung "Feststellung der Erwerbsfähgkeit" aus der EinV einzuklagen (§ 54 Abs. 5 SGG), noch hier seitenlang zu erörtern, dass ohne vorherige Feststellung der Erwerbsfähigkeit eine EinV unzulässig bzw. dies gemäß §§ 53 und 55 SGB X eigentlich gar nicht Inhalt einer EinV sein dürfte.

Was § 109a Abs. 3 SGB VI betrifft, habe ich selbst dazu mit der RV gesprochen, als es um eben einen solchen Antrag ging. Ich empfehle dir, es in einem solchen Fall ebenfalls zu tun.
Der Betroffene hatte und hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, weil er die Versicherungszeiten nicht erfüllt, das stand bereits vor Antragstellung fest. Die beantragte Rente wurde deshalb auch abgelehnt. Trotzdem wurde im Ablehnungsbescheid die volle dauerhafte Erwerbsminderung festgestellt. Ich habe den Bescheid vorliegen.

Wenn ich dem SB ein Gutachten vorlege, wonach ich nicht schwer heben darf, ist der SB verpflichtet, dies aufgrund § 10 Abs. 1 SGB II zu beachten, auch wenn das Gutachten des äD etwas Anderes aussagt. Dazu benötigt kein SB medizinisches Fachwissen, das ist vielmehr eine Obliegenheitspflicht jedes SB.

Die statthafte Klageart für gesetzlich geregelte Pflichtleistungen ist die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Frogger

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 10:40:18Was in eine EinV darf und was nicht, ist mir durchaus bekannt, dazu benötige ich keine Kommentierungen. Der entscheidende Punkt ist aber, dass die allermeisten JC sich nicht daran halten -
Jetzt blicke ich bei deiner Argumentation nicht mehr durch. Erst ist für dich klar erkennbar, dass keine Leistungen im § 15 genannt werden. Nun geht es nur um die Tatsache, dass die JC sich daran nicht halten. Wenn sich die JC nicht an die Vorgabe des § 15 halten, dann liegt doch genau hier der Anknüpfungspunkt. Der lautet keine EinV ohne Potenzialanalyse.

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 10:40:18Der entscheidende Punkt ist aber, dass die allermeisten JC sich nicht daran halten - warum also sollte man das nicht selbst nutzen. Hier geht es allein um die Praxis beim JC. Schafft man es, das die Prüfung der Erwerbsfähigkeit in die EinV aufgenommen wird, wird das JC dies auch tun.
Ohne die EinV ist man dennoch besser gestellt und die Feststellung, dass das JC dies dann auch tun wird kann nicht sicher sein. Gerade bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit gibt es keinen Grund eine EinV ohne Feststellung der Leistungsfähigkeit abzuschließen. Es ergibt keinen Sinn, die Feststellung der Leistungsfähigkeit regeln zu lassen.

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 10:40:18Ich kenne keinen Fall, in dem das JC sich trotz dieser Regelung in einer EinV geweigert hat, die Erwerbsfähigkeit feststellen zu lassen.
Ja, weil dies durch das JC selbst veranlasst wird. Wenn der SB nicht feststellen lassen will, wird er dies auch nicht in die EinV aufnehmen.

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 10:40:18Und selbst wenn es so weit kommen würde, hätte man als Leistungsbezieher gute Chancen, denn für fehlerhafte Inhalte haftet allein das JC, während sich der Leistungsbezieher auf Treu und Glauben berufen kann was bedeutet, dass das JC durchaus zu einer Leistung verurteilt werden kann, die zwar nicht Inhalt einer EinV sein darf, auf die der Leistungsbezieher jedoch trotzdem einen Anspruch hat, sei es ein genereller gesetzlicher oder ein aus einer vertraglich vereinbarten und erbrachten Gegenleistung resultierender.
" Treu und Glauben" findet doch beim öffentlich-rechtlichem Vertrag keine Anwendung.

Wenn der SB bereit ist, die Feststellung der Erwerbsfähigkeit in die Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen, dann kann ich ihn auch dazu bewegen, erst die Feststellung zu beauftragen und danach eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Ich würde diese Regelung nicht mit aufnehmen lassen, da ich damit auch anderen Regelung verpflichten muss und mich der Gefahr einer Sanktion aussetze.

Nur im Fallmanagement könnte die EinV dann Sinn machen, da dort in der Regel nur Eingliederungsleistungen wie IFD, psychosoziale Beratung, Schuldnerberatung etc geregelt ist und im Gegenzug der Leistungsbezieher keine direkten Verpflichtungen hat. Spätestens im Fallmanagement kommt es aber von sich aus in der Regel zu einer Feststellung der Leistungsfähigkeit.

Ich kenne einen Fall wo ein Betroffener zu seiner selbständigen Tätigkeit noch aufstockt. Eingeschränkt leistungsfähig und arbeitet knapp 4 Stunden am Tag. Das JC versucht seit Jahren eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, ist aber nicht bereit eine Potenzialanalyse durchzuführen. Stellenangebote gehen zurück mit dem Vermerk der fehlenden Leistungsfähigkeit . Der erste EinV-VA wurde nach Antrag auf aufschiebende Wirkung aufgehoben. Seit dem gibt es bei Wechsel des SB diese Diskussion und es gibt keine Eingliederungsvereinbarung. Er kann weiter sein Ding durchziehen und keinerlei Sanktion vom JC zu erwarten.

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 10:40:18Was § 109a Abs. 3 SGB VI betrifft, habe ich selbst dazu mit der RV gesprochen, als es um eben einen solchen Antrag ging. Ich empfehle dir, es in einem solchen Fall ebenfalls zu tun.
Der Betroffene hatte und hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, weil er die Versicherungszeiten nicht erfüllt, das stand bereits vor Antragstellung fest. Die beantragte Rente wurde deshalb auch abgelehnt. Trotzdem wurde im Ablehnungsbescheid die volle dauerhafte Erwerbsminderung festgestellt. Ich habe den Bescheid vorliegen.
Ich kenne die Konstellation und dem Fall nicht. Würde es aber nicht als Regelfall einstufen. Den rechtlichen Anspruch jedenfalls, den du nach § 109a Abs. 3 SGB VI abgeleitet hast, gibt es nicht.


Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 10:40:18Wenn ich dem SB ein Gutachten vorlege, wonach ich nicht schwer heben darf, ist der SB verpflichtet, dies aufgrund § 10 Abs. 1 SGB II zu beachten, auch wenn das Gutachten des äD etwas Anderes aussagt. Dazu benötigt kein SB medizinisches Fachwissen, das ist vielmehr eine Obliegenheitspflicht jedes SB.
Wenn die Einschränkungen nicht offensichtlich sind (Rollstuhl, Gehilfe, Blind etc.) dann müssen natürlich medizinsiche Nachweise erbracht werden. Der SB darf die entsprechenden Nachweise aber nicht auswerten, sondern muss für die Prüfung der Unzumutbarkeitsgründe den ÄD einschalten. Er muss bis dahin aber die Vermittlung einstellen, damit dem § 10 Rechnung getragen wird.

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 10:40:18Die statthafte Klageart für gesetzlich geregelte Pflichtleistungen ist die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG.
Diese Klageart kommt in Betracht, wenn der Kläger ausschließlich die Verurteilung des Beklagten zur Leistung anstrebt. Im Wortlaut wird klargestellt, dass diese Klageart nur dann statthaft ist, wenn die Leistung vom Beklagten ohne Verwaltungsakt zu erbringen ist.

Zitat§ 44a SGB II regelt interne Entscheidungsprozesse der SGB II-Leistungsträger und anderer Sozialleistungsträger. Die nach dieser Vorschrift zu treffenden Feststellungen sind nur Elemente der Bewilligungsentscheidung. Sie stellen gegenüber dem Leistungsberechtigten keine Verwaltungsakte dar und sind nicht selbstständig anfechtbar. Mangels Rechtsschutzbedürfnis wäre auch eine Feststellungsklage unzulässig. Rechtsbehelfe des Leistungsberechtigten können sich nur gegen den Leistungs- bzw. Ablehnungsbescheid insgesamt richten.
30Auch im Innenverhältnis der Leistungsträger stellt die jeweilige Feststellung keinen Verwaltungsakt dar. Im Gesetz (§ 44a SGB II) sind Bindungswirkungen und Widerspruchsmöglichkeiten der beteiligten Träger untereinander abschließend geregelt.
Oestreicher/Schumacher SGB II § 44a Rn. 29, 30

Elementen einer Entscheidung können keinen eigenen Leistungsanspruch begründen. Die Klageart nach § 54 Abs. 5 II ist demnach ganz offensichtlich nicht statthaft.

Es gibt also nur drei rechtlich statthafte Möglichkeiten, die Feststellung der Leistungsfähigkeit zu erreichen.

- Die Potenzialanalyse im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung / Feststellung der Zumutbarkeit
- Die Beantragung von Eingliederungsmaßnahmen
- Der Antrag auf Feststellung der Erwerbsminderung



Ottokar

Zitat von: Frogger am 31. Dezember 2021, 13:31:51Ohne die EinV ist man dennoch besser gestellt
Das ist deine Meinung.

Zitat von: Frogger am 31. Dezember 2021, 13:31:51" Treu und Glauben" findet doch beim öffentlich-rechtlichem Vertrag keine Anwendung.
Seit wann?

Zitat von: Frogger am 31. Dezember 2021, 13:31:51Der SB darf die entsprechenden Nachweise aber nicht auswerten, sondern muss für die Prüfung der Unzumutbarkeitsgründe den ÄD einschalten.
Seit wann?

Zitat von: Frogger am 31. Dezember 2021, 13:31:51Diese Klageart kommt in Betracht, wenn der Kläger ausschließlich die Verurteilung des Beklagten zur Leistung anstrebt. Im Wortlaut wird klargestellt, dass diese Klageart nur dann statthaft ist, wenn die Leistung vom Beklagten ohne Verwaltungsakt zu erbringen ist.
Wie z.B. die Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach § 44a SGB II.
Es geht hierbei auch nicht um einen Rechtsbehelf, sondern die Einforderung einer gesetzlichen Pflichtleistung.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Frogger

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 15:42:22Das ist deine Meinung.
Das Gegenteil deine Meinung.

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 15:42:22Seit wann?
Ist die herrschende Meinung zu lesen z.B. Tiedemann, in: BeckOK VwVfG, 28. Edition Stand: 1. Juli 2015, § 36 Rn. 49.1

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 15:42:22Seit wann?
Zitat2.1 Unzumutbarkeit aus körperlichen, geistigen und seelischen Gründen
(1) Geben Leistungsberechtigte an, bestimmte Arbeiten aufgrund
körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigungen nicht ausüben zu können, ist dies vom Ärztlichen Dienst und/oder Berufspsychologischen Service (oder beauftragten Dritten) festzustellen, soweit die Beeinträchtigung nicht offenkundig ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 1). Gutachten anderer Träger der Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. Arbeitsagenturen, DRV usw.) können anerkannt werden. Darüber hinaus können auch Gutachten behandelnder Ärzte zur Beurteilung der körperlichen, geistigen oder seelischen Leistungsfähigkeit für eine bestimmte Arbeit herangezogen werden.
Fachliche Weisung zum § 10 SGB II, Festlegung des Grundes (10.10)
Danach hat der SB kein Ermessenspielraum. Der Ärztliche Dienst etc. muss noch nicht mal das Gutachten andere ÄD oder de DRV akzeptieren. Die Bindung an das Gutachten besteht nur im Widerspruchsfall.

Zitat von: Ottokar am 31. Dezember 2021, 15:42:22Wie z.B. die Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach § 44a SGB II.
Es geht hierbei auch nicht um einen Rechtsbehelf, sondern die Einforderung einer gesetzlichen Pflichtleistung.
Nein eben nicht wie die Feststellung der Erwerbsfähigkeit. Die Feststellung nach § 44a ist nur ein Element einer Entscheidung, für das keinen gesonderten Anspruch gibt. Nach § 38 SGB I handelt es sich bei den Pflichtleistungen rein um Sozialleistungen. Die Feststellung nach § 44a ist keine Sozialleistung. Sie kann auch nicht gesondert beantragt werden, sodass ein rechtlicher Anspruch abgeleitet werden kann. Es kann also keine Pflichtleistung sein.

Nach all den genannten Quellen irre ich mich nicht. Ich bin auch nicht festgefahren. Die Literatur deckt sich 1 zu 1 mit den Aussagen des Richters in meinem Fall. Ich habe selbst lange recherchiert. Mein Anwalt hat auch nichts anderes gefunden. Es ist bewusst vom Gesetzgeber so gewollt, dass der Leistungsbezieher in der Sache selbst keine rechtlichen Möglichkeiten hat.

Ottokar

Zitat von: Frogger am 31. Dezember 2021, 17:13:58BeckOK VwVfG, 28. Edition Stand: 1. Juli 2015, § 36 Rn. 49.1
§ 36 VwVfG? Echt jetzt?

Zitat von: Frogger am 31. Dezember 2021, 17:13:58Danach hat der SB kein Ermessenspielraum.
Wo auch immer du das liest, jedenfalls steht es auch dort nicht. Im Gegenteil:
Zitatsoweit die Beeinträchtigung nicht offenkundig ist
Ein ärztliches Gutachten ist ja wohl offenkundig. Und da die RV die oberste Gutachterinstanz ist, ist deren Gutachten für alle Sozialleistungsträger verbindlich, auch wenn sich die BA hier in ihrer internen Weisung Anderes einbildet.

Zitat von: Frogger am 31. Dezember 2021, 17:13:58Nein eben nicht
Eben nicht? Tolle Argumentation.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Frogger

Zitat von: Ottokar am 01. Januar 2022, 11:30:16§ 36 VwVfG? Echt jetzt?
Es geht doch um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, oder etwa nicht? Warum sollten diese Erkenntnise nicht analog im Sozialrecht anwendbar sein? Diese Erkenntnisse tangieren auch keine Abgrenzung vom Sozial- und Verwaltungsrecht, sondern betreffen die grundsätzlichen Elemente es öffentlich-rechtlichen Vertrages

Zitat von: Ottokar am 01. Januar 2022, 11:30:16Wo auch immer du das liest, jedenfalls steht es auch dort nicht. Im Gegenteil:
Zitat von: Frogger am 31. Dezember 2021, 17:13:58körperlicher, geistiger oder seelischer Beeinträchtigungen nicht ausüben zu können, ist dies vom Ärztlichen Dienst und/oder Berufspsychologischen Service (oder beauftragten Dritten) festzustellen,
Also kein Ermessensspielraum. Eigens bei offenkundigen, also eindeutig erkennbare Einschränkungen wie fehlende Gliedmaßen, entfällt diese Pflicht.

Zitat von: Ottokar am 01. Januar 2022, 11:30:16Und da die RV die oberste Gutachterinstanz ist, ist deren Gutachten für alle Sozialleistungsträger verbindlich, auch wenn sich die BA hier in ihrer internen Weisung Anderes einbildet.
Die Interne Weisung gibt hier geltendes Recht wieder. Die Funktion der obersten Gutsachterinstanz gilt nur in Verbindung mit dem § 44a SGB II und bezieht sich ausschließlich auf die Erwerbsfähigkeit. Gesetzgeber spricht auch davon, dass der Rentenversicherungsträger über das Vorliegen einer Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsfähigkeit entscheidet.

Und da ist auch der große Gedankenfehler. Es muss unterschieden werden zwischen der Feststellung der Zumutbarkeit und der Erwerbsfähigkeit. Auch, wenn sich diese Feststellungen bei der Feststellung der fehlenden Erwerbsfähigkeit vermischen. Also aus einer Zumutbarkeitsprüfung kann sich eine fehlende Erwerbsfähigkeit ergeben. Der Rentenversicherungsträger entscheidet aber nicht über die Zumutbarkeit des Erwerbsfähigen. Natürlich müsste der ÄD eine Abweichung begründen, ist aber nicht zwingend an das Ergebnis z.B. bei der Einschätzung von bestimmten Tätigkeiten gebunden. Dass dies in der Praxis im Regelfall nicht vorkommen wird, dürfte klar sein. Natürlich kommt es aber auch darauf an, wie alt das Gutachten ist. Faktisch ist der ÄD z.B. weder an medizinische Gutachten noch sozialmedizinische Gutachten gebunden und kann eigene Ergebnisse zur Zumutbarkeit fällen.

Natürlich spricht man hierbei im allg. von der Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach § 44a, weil 1. es die einzige Stelle im SGB II ist, wo von sowas überhaupt direkt die Rede ist und 2. die Feststellung der Erwerbsfähigkeit die Prüfung der Zumutbarkeit mit einschließt. Außerdem ist es eine einfache Argumentation, wo selbst der doofste SB wissen muss, was damit gemeint ist und was er jetzt zu tun hat. 

Zitat von: Ottokar am 01. Januar 2022, 11:30:16Eben nicht? Tolle Argumentation.
Dann formuliere ich es um in "Auf gar keinen Fall wie die Feststellung der Erwerbsfähigkeit."