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Gegen Widerspruchsbescheid klagen bei BG/HG

Begonnen von PetraL, 11. Juli 2022, 14:17:23

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0 Mitglieder und 7 Gäste betrachten dieses Thema.

Günni

Das galt nur für eine Übergangszeit, wie das BSG in der genannten Entscheidung ausführt:

ZitatFür eine Übergangszeit (bis 30. Juni 2007) sind dabei Klageanträge (maßgeblich: Antragszeitpunkt) wegen der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und daraus resultierenden Zweifel in Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien danach zu beurteilen, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten höheren Leistungen zu erhalten, es sei denn, einer solchen Auslegung wird durch die betroffenen Personen widersprochen bzw eine Bedarfsgemeinschaft bestritten oder einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind offensichtlich vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen (etwa: §§ 7 Abs 4, 28 Abs 1 S 1 SGB II).

Ab 01.07.2007 ist daher diese Möglichkeit der einfachen Erweiterung ausgeschlossen:

ZitatVorliegend ist demgegenüber die Möglichkeit eines Klageerfolgs der Beschwerdeführerin aus Rechtsgründen auszuschließen. Das Begehren, ihr unterhaltssichernde Leistungen für ihren Ehemann G. H. zu gewähren, kann keinen Erfolg haben, weil es sich bei den begehrten unterhaltssichernden Leistungen in materiell-rechtlicher Hinsicht um einen Individualanspruch des jeweiligen Leistungsempfängers handelt, der im gerichtlichen Verfahren nur von diesem selbst geltend gemacht werden kann (§ 7 Abs. 1 und 2 SGB II, vgl. dazu namentlich BSG, Urteil vom 07. November 2006, Az. B 7b AS 8/06 R, insbesondere auch zu den Grenzen einer "großzügigen Betrachtungsweise" während einer bis zum 30. Juni 2007 befristeten Übergangszeit).

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/legacy/133539#suchwort=B+7b+AS+8%2F06+R+%C3%9Cbergangszeit+%C2%A7+38

Zitat2. Eine Heranziehung der Auslegungsgrundsätze für die inhaltliche Ausgestaltung eines Klageantrages kann nicht mehr generell auch für die Frage, welche Person überhaupt Klage erhoben hat, herangezogen werden. Die vom Bundessozialgericht vorgesehene Übergangszeit (bis 30.06.2007) für die entsprechende Anwendung ist längst abgelaufen.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/legacy/150236#suchwort=B+7b+AS+8%2F06+R+%C3%9Cbergangszeit+%C2%A7+38



PetraL

Zitat von: Ottokar am 16. Juli 2022, 17:02:09Ich habe mich nochmal belesen.
Zitat von: Ottokar am 16. Juli 2022, 17:02:09Damit sollte sich dieses Problem lösen lassen.
Vielen lieben Dank für deine Mühe, @Ottokar  :yes:

Zitat von: Günni am 16. Juli 2022, 18:40:29Ab 01.07.2007 ist daher diese Möglichkeit der einfachen Erweiterung ausgeschlossen:
Danke auch dir für die Klarstellung, @Günni

Ottokar

@Günni
Du hast meine Ausführungen nicht verstanden.
Es geht hier um keine Auslegung, sondern eine Vertretung und Untervertretung.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Günni

Aufgrund dessen, dass eine Auslegung nach dem Meistbegünstigtenprinzip vom BSG in der von dir genannten Entscheidung nur für eine Übergangszeit bis 30.06.2007 zulässig war, ist eine Aufnahme der Tochter als Klägerin nicht mehr möglich. Egal, ob da nun eine Vollmacht nachgereicht wird oder nicht.

Wurde die Tochter nicht als Klägerin aufgeführt, kann das jetzt nicht mehr geheilt werden. Das habe ich selbst bereits vor Gericht erlebt.

Ottokar

Wie schon geschrieben: Du hast meine Ausführungen nicht verstanden. Es geht nicht um die von dir zitierte Übergangsregelung zur Auslegung des § 38 SGB II in Klagen, bei welcher eine Vollmacht tatsächlich keine Rolle spielte, sondern um die in § 73 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGG gesetzlich normierte Vertretung und Untervertretung.
Die Tochter beauftragt die Mutter mit ihrer Mit-Vertretung (Mit-Vertretung deshalb, weil sich die Mutter in gleicher Sache selbst vertritt), die Mutter beauftragt den Anwalt anschließend damit, sie zu vertreten. Damit vertritt der Anwalt die Mutter, die ihrerseits die Tochter vertritt. Somit wird die Tochter über die Mutter Mit-Klägerin.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Günni

Das kann man aber für die bereits anhängigen Klagen nicht mehr heilen, wenn der Anwalt sie im Klageantrag nicht als Klägerin aufgeführt hat:

ZitatDie Klage wurde vorliegend nach Ablauf des vom BSG angenommenen Übergangszeitraums erhoben und ist daher in Bezug auf die Person des Klägers einer erweiternden Auslegung nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz nicht (mehr) zugänglich. Aus der Klageschrift und dem weiteren schriftsätzlichen Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin innerhalb der Klagefrist ergeben sich keine Hinweise für die Geltendmachung von Ansprüchen des Kindes Paul. Die Klage wurde ausschließlich namens und im Auftrag der Klägerin erhoben. Auch der Klagebegründung können keine Hinweise für die Geltendmachung von Ansprüchen des Kindes Paul entnommen werden.

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/legacy/208707#suchwort=B+7b+AS+8%2F06+R+%C3%9Cbergangszeit+%C2%A7+38

Das ist tatsächlich ein oft gemachter Fehler von Anwälten, die selten Fälle nach dem SGB II bearbeiten. Das Innenverhältnis zwischen Mutter und Kind durch die Vollmacht spielt da erstmal keine Rolle. Die Tochter muss als Klägerin benannt werden.

Ratlos

Zitat von: Günni am 16. Juli 2022, 22:46:18Wurde die Tochter nicht als Klägerin aufgeführt, kann das jetzt nicht mehr geheilt werden.
So sehe ich das auch!
Die Klagefrist der Tochter ist abgelaufen. Durch die Nachreichung einer Vollmacht wird die Tochter nicht automatisch Klägerin im laufenden Verfahren.
Vielleicht? aber nur vielleicht? wäre folgendes ein noch möglicher Weg, der aber von einem Sozial-Fachmann auf die Erfolgsaussicht überprüft werden müsste.

Ich rege an für die Tochter könnte doch sofort ein Überprüfungsantrag gestellt werden. Die Begründung dafür hat @ ottokar in einem vorherigen Beitrag bereits benannt.
Auf den Ü-Antrag hin wird mit Sicherheit ein ablehnender Bescheid erfolgen.
Gegen diesen könnte der RA gerichtlich vorgehen und in einem ergänzenden Schriftsatz die Zusammenfassung beider Klagen beantragen.
Das SG würde dem mit Sicherheit zustimmen.
Der Vorteil wäre der, dass auch vor dem LSG die Sache in 1 Verfahren abgehandelt wird.

rioreisender

Zitat von: Ratlos am 17. Juli 2022, 11:25:49
Zitat von: Günni am 16. Juli 2022, 22:46:18Wurde die Tochter nicht als Klägerin aufgeführt, kann das jetzt nicht mehr geheilt werden.
So sehe ich das auch!
Sehe ich auch so.
Meine Beiträge stellen ausnahmslos meine laienhafte Meinung dar, rechtlich verbindliche Aussagen können daraus in keinem Fall abgeleitet werden. Für eine rechtlich verbindliche Aussage wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt.

Ottokar

Ich sehe das anders, warum habe ich begründet.
Ein Ü-Antrag wirkt hier nur bis zum 01.01.2021 zurück und macht imho nur Sinn, wenn der Anwalt mit dem Vertretungskonstrukt beim Gericht nicht durchdringt.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


PetraL

Moin Moin und einen gesegneten Sonntag, ihr Lieben.
Vielen, vielen Dank für eure Hilfe!  :yes:
Ich habe mir das Wesentliche raus kopiert und werde den RA darauf ansprechen.
Bin auch schon etwas milder ihm gegenüber gestimmt, weil es anscheinend ja doch öfters vorkommt, dass RAs das nicht berücksichtigen. Was auch wieder bestätigt, dass ein Laie das wohl erst recht nicht wissen kann, wenn sogar studierte Juristen das nicht durchschauen! 
Ich melde mich dann wieder, wenn ich mit ihm gesprochen habe.
LG und schönen Sonntag noch

Ratlos

Zitat von: Ottokar am 16. Juli 2022, 12:45:26das Fehlen ihrer Person in der Klageschrift als Irrtum fingieren
Das wäre ein Rechtsirrtum. Dem sind relativ enge Grenzen gesetzt und es gibt nur 3 verschiedene anerkannte Rechtsirrtümer.
Persönlich glaube ich nicht dass der RA im Nachhinein damit durchdringt.
Wenn nach dem Willen der PetraL die Tochter als Rechtsfolge zum Vertragsinhalt mit dem RA gehören hätte sollen. Dann irrt der RA bereits über den Geschäftsinhalt des RA-Vertrages.

Zitat von: PetraL am 17. Juli 2022, 12:19:45Ich habe mir das Wesentliche raus kopiert und werde den RA darauf ansprechen.
Bin auch schon etwas milder ihm gegenüber gestimmt, weil
Ich würde den RA nicht direkt mit seinem Fehler konfrontieren. Den kennt er selber.
Eine direkte Konfrontation ist gleichbedeutend mit einer Anwaltsrüge und gibt ihm die Gelegenheit das Mandat niederzulegen.
Ich würde erstmal naiv fragen was man denn jetzt noch tun kann und den § 73 ins Spiel bringen.
Damit kann - wenn das greift - der RA sein Gesicht dir gegenüber wahren.

Günni

Der 73 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 SGG sagt doch nur, dass die Mutter das Kind vor dem Sozialgericht zu vertreten darf. Dazu muss aber das Kind überhaupt erstmal Beteiligter (hier: Kläger) des Verfahrens sein.

Und das ist es nicht, wenn es nicht im Klageantrag aufgeführt wurde.


Ratlos

Ich habe schon 3 mal darum gebeten,dass Petra die Klagebegründung des RA hier rein stellt.
Bisher ohne Erfolg leider.

PetraL

Zitat von: Ratlos am 17. Juli 2022, 12:32:47Ich habe schon 3 mal darum gebeten,dass Petra die Klagebegründung des RA hier rein stellt.
Bisher ohne Erfolg leider.
Ah, sorry, bin noch nicht dazu gekommen, das rauszusuchen (muss ich meine Emails durchforsten) - habe gerade zu viele Baustellen. Kommt aber noch.
LG und schönen Sonntag noch - widme mich heute noch dem IU-Thema und vielleicht auch noch ein bisschen Privatleben  :zwinker:  :bye:

Ratlos

@ Petra - beachte bitte unbedingt meinen Beitrag Nr. 85 dort den Abs. 2